OGH 2Ob36/24v

OGH2Ob36/24v21.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Thunhart, MMag. Sloboda, Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2018 verstorbenen A*, wegen verlassenschaftsgerichtlicher Genehmigung eines Übergabsvertrags, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Witwe R*, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwalt in Wels, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 10. Jänner 2024, GZ 21 R 326/23z‑255, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00036.24V.0321.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Teil des Nachlasses ist ein im Miteigentum des 2018 verstorbenen Erblassers und seiner testamentarisch und erbvertraglich zur Alleinerbin eingesetzten Witwe stehender Erbhof. Neben der Witwe, die gestützt auf die genannten Berufungsgründe eine unbedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass abgab, erklärte auch eine der drei Töchter des Erblassers unter Hinweis auf eine behauptete Erbunwürdigkeit der Witwe gestützt auf das Gesetz einen bedingten Erbantritt. Das Verfahren über das Erbrecht ist anhängig.

[2] Die Vorinstanzen wiesen den Antrag der Witwe, einen mit dem Enkel des Erblassers abgeschlossenen Übergabsvertrag betreffend den Erbhof verlassenschaftsgerichtlich zu genehmigen, mangels Einigkeit aller (erbantrittserklärten) Erben und aufgrund offenbarer Nachteiligkeit für den Nachlass ab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Witwe ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

[4] 1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Entscheidungen im Verlassenschaftsverfahren regelmäßig rein vermögensrechtlicher Natur (RS0122922). Eine Rückstellung des Akts an das Rekursgericht zur Nachholung der unterbliebenen Bewertung ist aber entbehrlich, weil der Entscheidungsgegenstand im Hinblick auf den Gegenstand des Übergabsvertrags eindeutig 30.000 EUR übersteigt (RS0007073 [T10]), sodass ein außerordentlicher Revisonsrekurs erhoben werden kann (§ 62 Abs 5 AußStrG).

[5] 2. Die Veräußerung von Nachlassgegenständen bedarf auch nach Vorliegen von Erbantrittserklärungen zum gesamten Nachlass der verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung (RS0122155; 2 Ob 45/15d Pkt 2.2).

[6] 3. Diese Vorgangsweise setzt aber – bei mehreren Erben – zwingend eine gemeinschaftliche Ausübung der Vertretungsbefugnis voraus. Bei Uneinigkeit wäre demgegenüber gemäß § 173 Abs 1 AußStrG erforderlichenfalls ein Verlassenschaftskurator zu bestellen (2 Ob 41/15s Pkt 4.2. mwN; 2 Ob 49/17w Pkt I.1.).

[7] 4. Die Bestimmung sieht aber nicht nur bei Uneinigkeit über Vertretungshandlungen (erster Fall), sondern auch bei einzuleitendem Verfahren über das Erbrecht (zweiter Fall), also den Fall der Uneinigkeit über das Erbrecht, vor, dass „erforderlichenfalls“ mit der Bestellung eines Verlassenschaftskurators vorzugehen ist (2 Ob 243/07k; vgl RS0123138). Bei einander widerstreitenden Erbantrittserklärungen ist nämlich nicht (mehr) von einem hinreichenden Erbrechtsausweis iSd § 810 Abs 1 ABGB auszugehen (vgl schon 3 Ob 198/50; Welser in Rummel / Lukas , ABGB 4 § 810 Rz 26; Spitzer, Benützung, Verwaltung und Vertretung des Nachlasses, NZ 2006, 33 Pkt D.1.; Verweijen in Schneider/Verweijen , AußStrG § 173 Rz 6), sodass in einem solchen Fall keinem der Erbansprecher die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen bleiben kann (2 Ob 243/07k; 2 Ob 176/11p; vgl auch 9 Ob 35/14h Pkt 8.4.).

[8] 5. Die vom Gesetz im auch hier vorliegenden Fall eines anhängigen Verfahrens über das Erbrecht normierte Vorgangsweise in Bezug auf Vertretungshandlungen ist daher „erforderlichenfalls“ die Bestellung eines Nachlasskurators (§ 810 Abs 1 ABGB iVm § 173 Abs 1 AußStrG), nicht hingegen die Prüfung einer nur von einem erbantrittserklärten Erben vorgenommenen Vertretungshandlung auf ihre Genehmigungsfähigkeit nach § 810 Abs 2 ABGB.

[9] Die Abweisung des Genehmigungsantrags durch die Vorinstanzen ist daher schon deshalb nicht korrekturbedürftig.

[10] 6. Die vom Revisionsrekurs im Zusammenhang mit der Beurteilung der offenbaren Nachteiligkeit iSd § 810 Abs 2 ABGB relevierten Rechtsfragen stellen sich daher nicht. Die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel oder Aktenwidrigkeiten sind ebenfalls nicht entscheidungserheblich.

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