OGH 2Ob49/17w

OGH2Ob49/17w16.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 31. Oktober 2011 verstorbenen G***** H*****, über die außerordentlichen Revisionsrekurse I. der erbantrittserklärten Erben 1. T***** K*****, 2. DI S***** H*****, 3. Mag. E***** H*****, 4. DI W***** H*****, und 5. Mag. G***** W*****, alle vertreten durch Dr. Günther Sulan, Rechtsanwalt in Wien, sowie II. des erbantrittserklärten Erben Dr. E***** A*****, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 13. Jänner 2017, GZ 21 R 355/16a, 357/16w‑265, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00049.17W.0516.000

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Revisionsrekurs gegen die Abänderung des Beschlusses ON 246:

1. Gemäß § 810 Abs 1 erster Satz ABGB idF FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, hat der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet.

Ohne die Bestellung eines Verlassenschaftskurators hätten die Erben im Rahmen ihrer Vertretungsbefugnis Veräußerungen vornehmen können. Die nach § 810 Abs 2 ABGB erforderliche Genehmigung wäre nur zu versagen gewesen, wenn dies für die Verlassenschaft offenbar nachteilig gewesen wäre. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass diese Vorgangsweise zwingend eine gemeinschaftliche Ausübung der Vertretungsbefugnis voraussetzt (2 Ob 41/15s EvBl 2016/95 [ Apathy ] = ecolex 2016/368 [ Melcher ]; RIS‑Justiz RS0123139). Sind sich die erbantrittserklärten Erben einig, können sie daher die Voraussetzungen für eine Zivilteilung des Nachlasses schon vor der Einantwortung herbeiführen. Eine Veräußerung aufgrund des Willens bloß der Mehrheit oder gar der Minderheit der verwaltenden Erben käme hingegen nicht in Betracht (2 Ob 41/15s).

2. Im vorliegenden Fall wurde ein Verlassenschaftskurator bestellt und mit der Verwaltung und Vertretung des Nachlasses betraut. Gemäß § 173 Abs 1 Satz 2 AußStrG endete damit die Vertretungsbefugnis der Erben. Ab diesem Zeitpunkt hatte nur der Verlassenschaftskurator zu beurteilen, ob die Veräußerung einzelner Nachlassgegenstände im Interesse des Nachlasses und damit der Erbengemeinschaft ist oder nicht. Die diesbezügliche Entscheidung des Kurators ist im Genehmigungsverfahren durch das Verlassenschaftsgericht zu prüfen, wobei die Veräußerung von Liegenschaften nach § 167 Abs 3 ABGB (analog) iVm § 223 ABGB nur genehmigt werden darf, wenn sie zum offenbaren Vorteil des Nachlasses und damit der materiell vom Kurator vertretenen Erben erfolgt (2 Ob 41/15s; 2 Ob 45/15d EvBl 2016/44 [Verweijen] = EF‑Z 2016/18 [A. Tschugguel] = iFamZ 2016/37 [Mondel]).

3. Die Entscheidung des Rekursgerichts, das der Veräußerung der das sogenannte „B*****“ bildenden Grundstücke durch den Verlassenschaftskurator die Genehmigung versagte, hält sich im Rahmen der erörterten Rechtsprechung und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Dabei fällt vor allem ins Gewicht, dass sich einer der Miterben, der die Realteilung anstrebt, schon im Vorfeld des Vertragsabschlusses unmissverständlich gegen den Verkauf und eine Zivilteilung ausgesprochen hat. Die zur Realteilung wechselseitig erstatteten Vorschläge haben zwar bisher noch zu keiner Einigung geführt. Es besteht jedoch, wie der Senat in 2 Ob 45/15d unter Hinweis auf A. Tschugguel (in EF‑Z 2014/56) bereits klarstellte, kein Anlass, dem Verlassenschaftskurator zu gestatten, das Schicksal des Nachlasses nachhaltig zu gestalten oder endgültige Weichen für die Zukunft zu stellen. Er hat daher auch dem Ergebnis eines künftig allenfalls zu führenden Teilungsprozesses nicht vorzugreifen.

4. Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen, ohne dass es noch darauf ankäme, ob der erzielte Kaufpreis den aktuellen Verkehrswert der Liegenschaft erreicht oder übersteigt.

II. Zum Revisionsrekurs gegen die Bestätigung des Beschlusses ON 248:

1. Richtig verweist der Erbe auf den fehlenden Bewertungsausspruch des Rekursgerichts. Nach ständiger Rechtsprechung sind Entscheidungen im Verlassenschaftsverfahren regelmäßig rein vermögensrechtlicher Natur (RIS-Justiz RS0122922). Maßgeblich ist stets der Entscheidungsgegenstand der Hauptsache und zwar selbst dann, wenn es um die Beurteilung verfahrensrechtlicher Fragen geht (RIS-Justiz RS0010054). Das gilt auch für die hier zu beurteilende Frage der Enthebung eines Verlassenschaftskurators (6 Ob 300/98f).

Fehlt der Bewertungsausspruch, so ist er vom Rekursgericht nachzutragen (RIS-Justiz RS0007073). Eine Nachholung des Bewertungsausspruchs ist jedoch entbehrlich, wenn sich schon aus der Begründung des Beschlusses ergibt, dass das Rekursgericht von einem 30.000 EUR übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands ausging (vgl 2 Ob 219/09h mwN; RIS-Justiz RS0042390 [T3]).

Im vorliegenden Fall geht aus der Begründung des zweitinstanzlichen Beschlusses in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt klar hervor, dass der Wert des vom Verlassenschaftskurator zu verwaltenden und vertretenden Nachlasses weit über 30.000 EUR liegt. Unter dieser Prämisse erweist sich ein Ergänzungsauftrag an das Rekursgericht als entbehrlich.

2. Der Rechtsmittelwerber bestreitet nicht, dass (jedenfalls seit August 2013) Uneinigkeit zwischen den Erben über die Verwaltung und Vertretung des Nachlasses besteht. Es liegen daher die Voraussetzungen des § 173 Abs 1 AußStrG vor. Die Ablehnung der Enthebung des Verlassenschaftskurators durch die Vorinstanzen entspricht dieser Rechtslage und wirft keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

3. Die Umbestellung des Kurators auf eine andere Person hat der Rechtsmittelwerber in erster Instanz nicht beantragt. Es erübrigt sich daher, auf die diesbezüglichen Erwägungen des Rekursgerichts einzugehen.

4. Auch der Revisionsrekurs des Erben ist daher zurückzuweisen.

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