European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00253.23D.0123.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 826,80 EUR (darin enthalten 137,80 EUR USt.) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Kläger erwarben am 24. 1. 2014 ein von der Beklagten hergestelltes, mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattetes, Fahrzeug.
[2] Das Berufungsgericht sprach mit Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO aus, dass die von den Klägern gegen die Fahrzeugherstellerin erhobene Schadenersatzforderung nicht verjährt sei, weil aufgrund mittlerweile offenkundig gewordenen strafbaren Verhaltens eines Repräsentanten der Beklagten die lange Verjährungsfrist des § 1489 zweiter Satz ABGB zur Anwendung komme. Die Revision ließ es zur (verjährungsrechtlichen) Zurechenbarkeit von Repräsentantenverhalten und zu der Frage zu, in welchem Umfang in den Dieselfällen offenkundige Tatsachen (ohne Erörterung) einer Entscheidung zu Grunde gelegt werden können.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[4] 1. Der Oberste Gerichtshof hat sich der (in der Literatur bereits überwiegend vertretenen) Argumentation mittlerweile angeschlossen und ausgesprochen, dass der Anspruch gegen eine juristische Person erst in 30 Jahren verjährt, wenn deren Organ einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt. Beim Handeln eines Organs für die juristische Person geht es – anders als bei der Haftung für Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB oder für Repräsentanten – nicht um das Einstehenmüssen für fremdes Verhalten, sondern um Eigenhandeln der juristischen Person selbst (6 Ob 160/21d Rz 14 mwN).
[5] 2. Auf die verjährungsrechtliche Zurechnung (auch) von Repräsentantenverhalten kommt es im vorliegenden Fall nicht entscheidend an, weil das Erstgericht – wenn auch disloziert, aber von der Beklagten unbekämpft – ohnehin qualifiziert strafbares Organverhalten gegenüber den Klägern iSd § 1489 ABGB festgestellt hat.
[6] 3. Ein allenfalls dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensverstoß durch Zugrundelegung von Repräsentantenverhalten als offenkundig ohne vorherige Erörterung (vgl RS0043057; RS0042151 [insbes T6]) erfüllt daher schon mangels abstrakter Eignung, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen, nicht den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO (RS0043027). Die bloße Annahme der Notorietät von Tatsachen, die – wie hier – ohnehin auch Gegenstand des Verfahrens erster Instanz waren, bewirkt (noch) keine Nichtigkeit wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (vgl 10 Ob 57/16d Pkt 2.1.).
[7] 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihnen im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtsmittels Kostenersatz gebührt (vgl RS0123222 [T10]). Die Bemessungsgrundlage beträgt aber lediglich 7.098 EUR.
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