OGH 14Os81/23b

OGH14Os81/23b24.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Gindl im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * K* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 25. April 2023, GZ 45 Hv 41/22h‑76a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00081.23B.1024.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des * K* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

[2] Danach hat er unter dem maßgeblichen Einfluss einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden (§ 11 StGB) schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer anhaltend wahnhaften Störung,

I/ in E*, in der Absicht, dass dieser seine Ankündigungen weitergeleitet würden, * Ko* D* gefährlich mit dem Tod bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er in Briefen an seine und Telefonaten mit seiner Mutter * Ko* Ka* zunächst wiederholt äußerte, in der Justizanstalt Eisenstadt befinde sich die „Creme de la Creme“ der ukrainischen Mafia, er habe mit dieser bereits Kontakte hergestellt, eine Ukrainerin geheiratet, weshalb die ukrainische Mafia nun „alles für ihn tun“ würde, alle Personen, die ihm etwas angetan hätten, würden zur Rechenschaft gezogen, und sodann unter Verweis darauf am 1. Mai 2022 (Punkt a) mitteilte, er werde Ko* D* umbringen sowie am 3. Mai 2023 (Punkt b), er habe die ukrainische Mafia in Gang gesetzt und diese beauftragt, Ko* D* umzubringen, es werde so aussehen wie ein Unfall;

II/ am 6. Oktober 2022 in S* den Justizwachebeamten * M* mit Gewalt, indem er seinen Fuß in die Tür des Haftraums stellte und mit seiner Hand in Richtung dessen Kopfes schlug, an seiner Einschließung im Haftraum nach einem Arztbesuch, mithin an einer Amtshandlung, zu hindern versucht,

somit Taten begangen, die als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (I) und des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (II) jeweils mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen (erkennbar) aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen ist nicht im Recht.

[4] Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung der Anträge auf „Beiziehung“ mehrerer Akten zu gerichtlichen Verfahren sowie darauf, „die Übersetzungen der Protokolle“ (aus einem in Ungarn geführten Strafverfahren) „vorzulegen“, beides zum Beweis dafür, „dass die“ Zeugin Ko* D* „die Unwahrheit spricht“ (ON 76.3, 46). Abgesehen davon, dass bei der Urteilsfällung nur auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel Rücksicht zu nehmen ist, was bei Urkunden deren – hier nicht beantragte – Verlesung erfordert (§ 258 Abs 1 StPO), setzt der Erfolg einer Verfahrensrüge voraus, dass der abgewiesene Antrag ein erhebliches Beweisthema betraf (RIS‑Justiz RS0116503). Zwar trifft dies auf die – hier angesprochene – Glaubwürdigkeit einer Zeugin grundsätzlich zu, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0028345). Dafür muss das Antragsvorbringen jedoch konkrete Hinweise darauf nennen, dass diese Zeugin in Bezug auf entscheidende Tatsachen die Unwahrheit gesagt hat (RIS‑Justiz RS0120109 [T3]). Da dies hier nicht der Fall war, wurden die Anträge zu Recht abgewiesen.

[5] Indem die weitere Rüge (erkennbar zu Punkt II) einwendet, zu dieser Tat sei am 10. Jänner 2023 „bereits eine Einstellung“ durch die Staatsanwaltschaft erfolgt (nominell § 281 „Abs 5 StPO“), releviert sie (der Sache nach Z 9 lit b) einen Verstoß gegen das prozessuale Verfolgungshindernis rechtswirksamer Verfahrenseinstellung (vgl § 17 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0130196). Sie scheitert indes schon daran, dass sie keinen Feststellungsmangel geltend macht (zu den Voraussetzungen prozessordnungsgemäßen Vorbringens vgl RIS‑Justiz RS0118580).

[6] Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau am genannten Datum – anlässlich der Einbringung eines Strafantrags wegen der zu Punkt II abgeurteilten Tat – ein gegen den Justizwachebeamten M* wegen des Vorwurfs der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB geführtes Ermittlungsverfahren „gemäß § 190 Z 2 StPO“ einstellte, wovon der Beschwerdeführer als Opfer verständigt wurde. Darüber hinaus sah sie gemäß § 35c StAG von einem Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einem (hier nicht gegenständlichen) Vorwurf mangels Anfangsverdachts ab.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[8] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[9] Auf eine vom Beschwerdeführer selbst verfasste „Ergänzung“ der Nichtigkeitsbeschwerde war nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kennt (RIS‑Justiz RS0100152).

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