European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:009OBA00065.23H.1018.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, gegenüber der klagenden Partei als Zusatz zum zwischen der beklagten Partei und der klagenden Partei abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 2008 binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang folgende unbedingte, rechtsgeschäftliche Willenserklärung schriftlich und von ihr unterfertigt abzugeben:
Der Arbeitnehmerin gebührt ein erweiterter Kündigungsschutz. Sie darf seitens der Arbeitgeberin gemäß § 19 der Betriebsvereinbarung vom 6. Februar 2020 nur aus einem der nachstehend angeführten Gründe gekündigt werden, nämlich wenn
• die Arbeitgeberin im Falle einer dauernden Einstellung oder Einschränkung des Betriebes dem zuständigen Gremium den Nachweis erbringt, dass die Arbeitnehmerin trotz ihres Verlangens an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb ohne erheblichen Schaden nicht weiter beschäftigt werden kann,
• die Arbeitnehmerin unfähig wird, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmerin nicht zu erwarten ist und der Arbeitgeberin die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin oder die Erbringung einer anderen Dienstleistung durch die Arbeitnehmerin, zu deren Verrichtung sich diese bereit zu erklären hat, nicht zugemutet werden kann,
• nach eingehender Prüfung und unter Beiziehung von Fachpersonen und in Abklärung mit allen zuständigen Gremien der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist,
wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 836,57 EUR (darin 139,43 EUR USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 609,67 EUR (darin 101,61 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 502,70 EUR (darin 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist seit 1. 9. 2004 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt.
[2] Die Beklagte und deren Betriebsrat schlossen am 6. 2. 2020 eine Betriebsvereinbarung mit Datum des Inkrafttretens am 1. 7. 2010 ab. Diese lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 19 Erweiterter Kündigungsschutz
19.1. Nach 10 Dienstjahren gebührt der/dem AN der erweiterte Kündigungsschutz. Dieser wird von der GF (Anm: Geschäftsführung der Beklagten) als Zusatz zum Arbeitsvertrag schriftlich verankert.
19.2. Die Kündigung eines/einer AN, dem/der der erweiterte Kündigungsschutz zuerkannt wurde, darf nur aus einem der nachstehend angeführten Gründen erfolgen, nämlich wenn
- die * (Anm: Beklagte) im Falle einer dauernden Einstellung oder Einschränkung des Betriebes dem zuständigen Gremium den Nachweis erbringt, dass es die/den betroffene/n AN trotz seines/ihres Verlangens an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb ohne erheblichen Schaden nicht weiter beschäftigen kann,
- der/die AN unfähig wird, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung seiner/ihrer Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und der Partei die Weiterbeschäftigung oder die Erbringung einer anderen Dienstleistung durch den Angestellten/die Angestellte, zu deren Verrichtung sich dieser/diese bereit zu erklären hat, nicht zugemutet werden kann,
- nach eingehender Prüfung und unter Beiziehung von Fachpersonen und in Abklärung mit allen zuständigen Gremien und dem BR eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.“
[3] Seit dem 6. 2. 2020 kam es bei der Beklagten zu keiner Kündigung, bei welcher der gekündigte Arbeitnehmer der Betriebsvereinbarung unterfallen wäre.
[4] Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten, als Zusatz zum zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 17. 10. 2008 die im Spruch der Entscheidung ersichtliche unbedingte, rechtsgeschäftliche Willenserklärung schriftlich und von ihr unterfertigt abzugeben. Dazu brachte die Klägerin vor, dass sie aufgrund der Betriebsvereinbarung einen Rechtsanspruch auf Ausstellung dieses schriftlichen Zusatzes zum Arbeitsvertrag habe. Sollte es sich um eine freie Betriebsvereinbarung handeln, sei die Regelung ausdrücklich und konkludent zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags geworden.
[5] Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass die Normierung eines erweiterten Kündigungsschutzes nicht vom Ermächtigungstatbestand des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG umfasst sei. Eine einzelvertragliche Implementierung in den Arbeitsvertrag habe nicht stattgefunden. Der erweiterte Kündigungsschutz sei nie gelebt worden. Der in der Betriebsvereinbarung vorgesehene erweiterte Kündigungsschutz sei sittenwidrig, weil überschießend und völlig unbestimmt geregelt. Aufgrund einer nichtigen Regelung könne aber auch kein Rechtsanspruch abgeleitet werden, diese in einen Dienstvertrag zu verankern.
[6] Das Erstgerichtgab dem Klagebegehren statt. Die Vereinbarung eines erweiterten Kündigungsschutzes durch die Betriebsvereinbarungsparteien sei nach § 97 Abs 1 Z 22 Fall 1 ArbVG zulässig. Weder in einer derartigen Regelung noch in allenfalls schwammigen und undeutlichen Formulierungen derselben sei eine Sittenwidrigkeit gegeben. Die Klägerin habe daher aufgrund der Erfüllung der in Punkt 19.1 der Betriebsvereinbarung vorgegebenen Voraussetzung von zehn absolvierten Dienstjahren Anspruch auf Ergänzung ihres Arbeitsvertrags.
[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. § 19 der Betriebsvereinbarung stelle einen zulässigen Inhalt nach § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG dar. Da diese Bestimmungdie Betriebsvereinbarungsparteien ermächtige, Kündigungs- und Entlassungsgründe festzulegen, sei es auch zulässig, in einer Betriebsvereinbarung einen erweiterten Kündigungsschutz vorzusehen. Der Inhalt der – hier auslegungsbedürftigen – Betriebsvereinbarung sei weder sittenwidrig noch sonst nichtig. Der Anspruch auf einzelvertragliche Verankerung des erweiterten Kündigungsschutzes ergebe sich unmittelbar aus § 19.1 der Betriebsvereinbarung. Insoweit könne ein Kontrahierungsgebot – hier die Pflicht zum individualarbeitsvertraglichen Abschluss eines schriftlichen Zusatzes zum Arbeitsvertrag – durchaus zulässiger Inhalt einer Betriebsvereinbarung sein. Eine solche Regelung der Verpflichtung zur Abänderung individual-arbeitsrechtlicher Verträge bewirke daher keine Unzulässigkeit oder Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung.
[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG auch die Beschränkung des Kündigungsrechts auf bestimmte Kündigungsgründe regeln könne.
[9] In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[10] Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
[11] Die Revision ist zulässig und berechtigt.
[12] In ihrer Revision bestreitet die Beklagte zum einen, dass die Betriebsvereinbarung vom Kompetenztatbestand des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG umfasst sei. Zum anderen erachtet sie die gesamte Bestimmung des § 19.1 der Betriebsvereinbarung für nichtig und sittenwidrig und folgert daraus, dass aus einer nichtigen Regelung auch kein Rechtsanspruch abgeleitet werden könne, diese in einem Dienstvertrag zu verankern.
Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Rechtliche Beurteilung
[13] 1. Aus Anlass der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ist die materiell‑rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RS0043352).
[14] 2. § 19 Abs 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung sieht vor, dass der erweiterte Kündigungsschutz von der Geschäftsführung als Zusatz zum Arbeitsvertrag schriftlich verankert wird. Darauf stützt auch die Klägerin ihr Klagebegehren auf Abgabe einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willenserklärung. Insofern zutreffend geht daher auch das Berufungsgericht davon aus, dass die Betriebsvereinbarung im Sinn eines Kontrahierungsgebots vorsieht, dass der Einzelarbeitsvertrag anzupassen und hinsichtlich des erweiterten Kündigungsschutzes zu ergänzen ist.
[15] 3. Betriebsvereinbarungen können nur in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist (§ 29 ArbVG). Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf einzelvertragliche Ergänzung des erweiterten Kündigungsschutzes iSd § 19 der Betriebsvereinbarung erkennbar (mangels Berufung auf einen anderen Ermächtigungstatbestand) auf § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG. Nach dieser Bestimmung können Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten der „Kündigungsfristen und Gründe zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ abgeschlossen werden. Diese Ermächtigung betrifft die Schaffung von Inhaltsnormen, also von Bestimmungen, die den typischen Inhalt des Arbeitsvertrags, die gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, betreffen (vgl Reissner in ZellKomm3 § 31 ArbVG Rz 14). Inhaltsnormen entfalten gemäß § 31 Abs 1 ArbVG Normwirkung. Als Bestimmungen, die nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien regeln, sind sie innerhalb ihres Geltungsbereichs unmittelbar rechtsverbindlich. Normative Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung schaffen objektives Recht. Sie sind als Gesetze im materiellen Sinn zu qualifizieren und wirken auf die erfassten Arbeitsverhältnisse unmittelbar ein, ohne dass es zB einer Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer bedarf (Reissner in ZellKomm3 § 31 ArbVG Rz 10). Die Normwirkung setzt allerdings voraus, dass sich die Betriebsvereinbarung im Rahmen ihrer gesetzlichen oder kollektivvertraglich eingeräumten Regelungsbefugnisse bewegt und gehörig kundgemacht ist.
[16] 4. Der Ermächtigungstatbestand des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG umfasst nach seinem klaren Wortlaut aber nicht die Statuierung einer Kontrahierungspflicht auf einzelvertraglicher Ebene, wie sie § 19 Abs 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung vorsieht. Eine andere (ergänzende) Auslegung des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG stünde auch mit dem Grundsatz nicht in Einklang, dass die Betriebsvereinbarungsparteien grundsätzlich nicht befugt sind, sogenannte Abschlussnormen, also Normen betreffend das Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen zu statuieren (Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 31 ArbVG Rz 17; Reissner/Neumayr in Reissner/Neumayr [Hrsg], ZellHB BV Allgemeiner Teil Rz 0.54; Anzenberger in Reissner/Neumayr [Hrsg], ZellHB BV Besonderer Teil Rz 12.71; Kietaibl in Tomandl, Arbeitsverfassungsgesetz5 § 31 ArbVG Rz 44; Maier, Restrukturierungen und Arbeitsrecht2 Rz 6.81; Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 3/250).
[17] 5. Auch in der Entscheidung 8 ObA 136/01k wurde die in einer Betriebsvereinbarung verankerte Gewährung eines Treuebriefs als unzulässige [unechte] Betriebsvereinbarung iSd § 97 ArbVG qualifiziert.
[18] 6. Der Verweis des Berufungsgerichts auf den Ermächtigungstatbestand des § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG betrifft „Grundsätze der betrieblichen Beschäftigung von Arbeitnehmern, die im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung tätig sind“. Die Entscheidungen 8 ObA 108/06z und 8 ObA 54/11s, auf die das Berufungsgericht zur Begründung der Zulässigkeit der Verankerung eines Kontrahierungsgebots in einer Betriebsvereinbarung verweist, betreffen ebenfalls diesen Ermächtigungstatbestand. In 8 ObA 54/11s hat der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf 8 ObA 108/06z ausgesprochen, dass nicht nur die Bestimmung des zahlenmäßigen Verhältnisses überlassener Arbeitskräfte zum Stammpersonal, sondern unter anderem auch die Verpflichtung des Beschäftigers, den bisherigen Leiharbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen die Übernahme in ein Dienstverhältnis anzubieten, zum zulässigen Inhalt einer Grundsatz-Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG zählt. Diese Entscheidungen betreffen den Sonderfall der Arbeitskräfteüberlassung und stellen eine Ausnahmeregelung zum grundsätzlichen Verbot, Abschlussnormen in Betriebsvereinbarungen zu statuieren, dar. In der Lehre wird als Ausnahme von diesem Verbot auch die Festlegung einer Wiedereinstellungszusage in einem Sozialplan gesehen (Felten/Preiss in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht 36 § 97 ArbVG Rz 78; Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 31 ArbVG Rz 17; Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 11/273 ua). Auch hier ist – anders als in § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG – der entsprechende Ermächtigungstatbestand allgemein formuliert. Konkret können nach § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG „Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6, sofern diese wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt“ geschaffen werden.
[19] 7.1. Jener Teil der Betriebsvereinbarung, der die schriftliche Verankerung des erweiterten Kündigungsschutzes als Zusatz zum Arbeitsvertrag vorsieht (§ 19 Abs 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung) stellt daher einen unzulässigen Regelungsgegenstand dar und ist daher nichtig (vgl RS0050981 [T12]). Demgemäß könnte diese Verpflichtung zur schriftlichen Verankerung des erweiterten Kündigungsschutzes als Zusatz zum Arbeitsvertrag, wenn überhaupt, nur auf einer unzulässigen, sogenannten freien Betriebsvereinbarung beruhen. Freie Betriebsvereinbarungen und deren Inhalt können aber lediglich Grundlage der einzelvertraglichen Regelung sein (9 ObA 314/99p mwN). Darauf stützt sich (eventualiter) auch die Klägerin.
[20] 7.2. Die Rechtswirkungen unzulässiger Betriebsvereinbarungen bestimmen sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (RS0050981 [T12]). Die Rechtsprechung sieht solche Betriebsvereinbarungen als Vertragsschablonen an, deren Inhalt ausdrücklich oder schlüssig zu einer Änderung bzw Ergänzung des Einzelvertrags führen kann. Regelungen einer unzulässigen Betriebsvereinbarung können daher – in der Regel nach Maßgabe des § 863 ABGB – eine einzelvertragliche Änderung oder Ergänzung des Arbeitsvertrags bewirken. Im Einzelnen kommt es für die Beurteilung der einzelvertraglichen Rechtswirksamkeit einer unzulässigen Betriebsvereinbarung vor allem auf den Wissensstand der Arbeitsvertragsparteien und den Inhalt der unzulässigen Betriebsvereinbarung an. Maßgebend ist, dass die Arbeitsvertragsparteien vom Abschluss und vom Inhalt der unzulässigen Betriebsvereinbarung Kenntnis hatten und (zumindest) schlüssig zu erkennen geben, sich dennoch an die Regelungen halten zu wollen (8 ObA 59/17k Pkt 3.1 mwN). Gibt nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die Gesamtheit der Arbeitnehmer durch ihr Verhalten eindeutig zu erkennen, dass sie sich an die Bestimmung einer unzulässigen Betriebsvereinbarung halten wolle, dann besteht kein Grund, an ihrer schlüssigen Unterwerfung unter die dort getroffenen Vereinbarungen und damit an einer entsprechenden Ergänzung der Einzelarbeitsverträge zu zweifeln (RS0018115).
[21] 7.3. Im vorliegenden Fall liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Betriebsvereinbarungsparteien zumindest schlüssig zu erkennen gegeben haben, dass sie sich an den unzulässigen Teil der Betriebsvereinbarung (§ 19 Abs 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung) halten wollten. Dem festgestellten Sachverhalt ist weiters nicht zu entnehmen, dass der Arbeitgeber und die Gesamtheit der Arbeitnehmer durch ihr Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben haben, dass sie sich an die Bestimmung des unzulässigen Teils der Betriebsvereinbarung halten wollen. Auch steht fest, dass es bislang bei der Beklagten zu keiner Kündigung gekommen ist, bei welcher der gekündigte Arbeitnehmer der Betriebsvereinbarung unterfallen wäre. Das Argument der Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung, die Beklagte habe im Vorfeld der Klage das Bestehen des in der Betriebsvereinbarung festgelegten erweiterten Kündigungsschutzes nicht bestritten, zielt alleine auf die Frage ab, ob dieser Teil der Betriebsvereinbarung schlüssig zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge der Arbeitnehmer der Beklagten geworden ist. Damit ist aber nichts für die Beurteilung des § 19 Abs 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung zu gewinnen.
[22] 8. Da die Klägerin daher mangels Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf Ausstellung des mit der Klage begehrten schriftlichen Zusatzes zum Arbeitsvertrag hat, musste auf die Rechtsfrage, ob die Festlegung eines erweiterten Kündigungsschutzes in einer Betriebsvereinbarung vom Kompetenztatbestand des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG umfasst ist, nicht mehr eingegangen werden.
[23] Der Revision der Beklagten ist daher Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern.
[24] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)