Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 29.920,58 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 4.986,76 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei erhob folgende Klagebegehren:
Es werde zwischen der klagenden und den beklagten Parteien festgestellt, dass die erstbeklagte Partei schuldig ist, der durch die klagende Partei vertretenen Arbeitnehmerschaft, in eventu: den (ehemaligen) Auslandsmonteuren der erstbeklagten Partei, in eventu:
der zweitbeklagten Partei) Zug um Zug... den Betrag von S 3,665.037,40 sA zu übergeben (zu zahlen), in eventu: es werde festgestellt, dass die zweitbeklagte Partei verpflichtet ist, den Auslandsabgabenfonds ab 1. 4. 1996 mit einer zusätzlichen Dotierung von S 3,665.037,40 weiter zu führen.
Hiezu brachte sie im Wesentlichen vor, dass die Erstbeklagte bis zum Betriebsübergang an die Zweitbeklagte mit 31. 3. 1996 Arbeitgeber unter anderem von ca 90 Monteuren, die auch im Ausland eingesetzt wurden, gewesen sei. Mit Vereinbarung vom 31. 7. 1985 sei ein "Auslandsabgaben-Fonds" eingerichtet worden. Seine Aufgabe sei es gewesen, die während längerer Auslandsmontagen anfallenden ausländischen Lohnsteuern gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer zu verteilen. Man habe vermeiden wollen, dass das tatsächliche Einkommen auf den diversen Auslandsbaustellen von den Zufälligkeiten schwankender ausländischer Steuerforderungen abhing. Jeder Arbeitnehmer habe einen fixen Prozentsatz seines Bruttoauslandsbezuges in diesen Fonds (zunächst 2 %) eingezahlt. Daraus seien alle Steuerforderungen abgedeckt worden. Nachdem eine Unterdeckung aufgetreten sei, sei dieser Prozentsatz in der Folge erhöht worden (4 % seit 1. 1. 1987). Zahlungen des Arbeitgebers seien nie vorgesehen gewesen noch seien solche geleistet worden. Diese Vereinbarung sei in der Folge geringfügig modifiziert und auch arbeitsvertraglich mit den einzelnen Auslandsmonteuren vereinbart worden (Ergänzung des Entsendungsvertrages). Der Fonds habe sich seit der Erhöhung der Beiträge positiv entwickelt und am 31. 3. 1996 einen Stand von S 3,619.548,50 erreicht, der sich noch durch eine Steuerrückzahlung erhöht habe. Dieser Fonds sei eine Wohlfahrtseinrichtung, die ausschließlich aus Beiträgen der Arbeitnehmer gespeist wurde und niemals Eigentum der erstbeklagten Partei gewesen sei. Diese habe lediglich die Administration namens und auf Rechnung der Arbeitnehmerschaft durchgeführt. Steuerschuldner sei jeweils der einzelne Arbeitnehmer gewesen. Der Betriebsübergang habe an Bestand dieser Wohlfahrtseinrichtung nichts geändert. Die Arbeitnehmerschaft habe, weil sich die erstbeklagte Partei weigere, diesen in ihrer Gewahrsame befindlichen Fonds den Arbeitnehmern herauszugeben, einen Herausgabeanspruch und auch einen Anspruch auf Verzinsung seit dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges. In eventu liege eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts der betroffenen Arbeitnehmer vor.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Die klagende Partei mache einen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch geltend. Es seien keine einzelnen Arbeitnehmer betroffen. Es liege kein abgegrenztes Sondervermögen vor, sondern es handle sich lediglich um eine Rechenpost im Rechnungswesen der erstbeklagten Partei und um eine Nettolohnvereinbarung. Die zweitbeklagte Partei bestritt ihre Passivlegitimation, aber auch die Verpflichtung, den von ihr als Treuhandvermögen geführten Fonds mit dem von der klagenden Partei genannten Betrag zu dotieren.
Im Übrigen wurde die Zulässigkeit einer besonderen Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG bestritten.
Nach Erörterung der Klagebegehren und der Schlüssigkeit der Klage wies das Erstgericht sämtliche Begehren ab. Das Klagebegehren sei als Leistungsbegehren zu verstehen, zu dessen Erhebung die klagende Partei als Vertreter der Belegschaft nicht berechtigt sei. Der Betriebsausschuss sei mangels Rechtsfähigkeit nicht in der Lage, im eigenen Namen einen Geldbetrag zu fordern. Eine von der klagenden Partei behauptete Wohlfahrtseinrichtung liege nicht vor, weil sie weder aus Geldern des Arbeitgebers gespeist noch vom Betriebsrat verwaltet werde. Ein Anspruch auf Herausgabe könne nicht bestehen, weil eine betriebliche Wohlfahrtseinrichtung im Eigentum des Arbeitgebers, eine belegschaftseigene jedoch im Eigentum des Betriebsrats stehen müsste. Die Arbeitnehmerschaft als solche sei auch kein Privatrechtssubjekt, könne daher weder Eigentum haben noch Forderungen und somit auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme. Es sei nicht ersichtlich, wieso den ehemaligen Auslandsmonteuren der erstbeklagten Partei ein Geldbetrag gezahlt werden sollte. Dies gelte für das erste und zweite Eventualbegehren. Bezüglich des dritten Eventualbegehren sei unklar, wem die "Dotierung" zukommen solle. Die Klage sei im Übrigen unschlüssig. Für das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fehle ein entsprechendes Tatsachensubstrat. Wie auch dafür, warum die erstbeklagte Partei der zweitbeklagten Partei etwas zahlen solle. Auch für die Weiterführung des Auslandsabgabenfonds und für die Dotierung durch die zweitbeklagte Partei sei keine Rechtsgrundlage vorhanden. Die Klagebehauptungen seien nicht geeignet, über eine Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG zu erkennen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG seien nicht gegeben. Inwieweit mindestens drei Arbeitnehmer und deren Rechtsverhältnisse konkret betroffen seien, sei trotz Anleitung der klagenden Partei nicht erkennbar. Insgesamt seien lediglich Leistungsbegehren erhoben worden, wofür der Betriebsrat nicht legitimiert sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, in Stattgebung der Revision das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren, in eventu dem Eventualbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die erstbeklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Voraussetzung eines besonderen Feststellungsverfahrens nach § 54 Abs 1 ASGG sind Rechte oder Rechtsverhältnisse mindestens dreier Arbeitnehmer, deren Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll. Bei mindestens drei konkret betroffenen Arbeitnehmern muss ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung gegeben sein (9 ObA 392/97f mwN). Das behauptete Betroffensein von etwa 90, wenn auch namentlich nicht genannten Monteuren erfüllt grundsätzlich diese Voraussetzung hinsichtlich mindestens dreier Arbeitnehmer, wenn auch nicht klar ist, in welchem Ausmaß die einzelnen Arbeitnehmer hievon betroffen sind. Es kommt nur darauf an, dass das Verfahren Angelegenheiten von im aktiven Dienst stehenden Arbeitnehmern oder zumindest Nachwirkungen aus den seinerzeitigen Arbeitsverhältnissen betrifft. Der Betriebsrat macht im Fall des § 54 Abs 1 ASGG nicht materiell eigene Rechte geltend, sondern im eigenen Namen der Belegschaft zustehende Rechte im Sinne des § 50 Abs 1 ASGG (Kuderna ASGG2 346). Hier sind Rechte der einzelnen Arbeitnehmer an der Verwaltung bzw der Ausfolgung des "Auslandsabgabenfonds" bzw an diesem betroffen.
Gegenstand einer Feststellungsklage ist das Bestehen eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses (8 ObA 232/94). Das Klagebegehren ist dabei so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klageerzählung von der klagenden Partei gemeint ist. Es kommt daher nicht auf den strikten Wortlaut an, sondern auf den wahren Sinn des Begehrens, was die klagende Partei nach dem Sinngehalt ihres Sachvorbringens begehrt. Deshalb hindert auch ein als Leistungsbegehren formuliertes Klagebegehren grundsätzlich die Erledigung als zulässiges Feststellungsbegehren nicht. Auch steht der Umstand, dass die berechtigten Arbeitnehmer bereits allenfalls eine Leistungsklage erheben könnten, den Voraussetzungen des § 228 ZPO nicht entgegen (Kuderna aaO 349). Dass der klagende Betriebsausschuss hier nicht auf Leistung, sondern auf Feststellung klagen wollte, ergibt sich nicht nur aus dem untechnisch formulierten Begehren und dem Sinngehalt der Klage, sondern auch aus der Bestimmung des § 54 Abs 1 ASGG, wonach auch der Betriebsausschuss nur zu einer Feststellungsklage legitimiert ist und ihm nur in diesem Bereich die gesetzliche Vertretereigenschaft der Belegschaft zukommt.
Die Annahme des Vorliegens einer Wohlfahrtseinrichtung scheitert schon am Fehlen jeglicher Organisationsstrukturen des von den Arbeitnehmern in Form eines prozentuellen Lohnabzuges dotierten und vom Arbeitgeber verwalteten Fonds, aus dem ohne Bedachtnahme auf irgendwelche soziale Gesichtspunkte nur die Steuerforderungen ausländischer Staaten bezüglich der entsendeten Arbeitnehmer beglichen werden. Der Fonds diene und dient daher rein wirtschaftlichen Zwecken, nämlich einer einfacheren Abrechnung und Zahlung von ausländischen Steuern durch eine einfache gleichmäßige Finanzierung durch die Arbeitnehmer. Dass an soziale Gesichtspunkte überhaupt nicht gedacht war, ergibt sich auch daraus, dass durch die Dotierung alle Steuerforderungen abgedeckt werden sollten, bei einer Unterdeckung eine Erhöhung der Arbeitnehmerbeiträge die Folge war und der Arbeitgeber selbst nie Leistungen hiezu erbringen sollte. Selbst wenn nach den Behauptungen der klagenden Partei die Einrichtung des Fonds durch Betriebsvereinbarung erfolgt sein sollte, könnte keine wirksame Betriebsvereinbarung unterstellt werden. Eine Vereinbarung über die Zulässigkeit eines Lohneinbehaltes gehört, da Grundsätze der Entlohnung überhaupt nicht der Mitbestimmung unterliegen (Strasser in Floretta/Strasser HdKomm z ArbVG 531; Schwarz aaO Band 3 104, 114), nicht zu den Regelungsbefugnissen der Betriebsvereinbarung (Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht7 360 f). Demgemäß könnte die Lohnabzugsberechtigung und Dotierung des Fonds und dessen Einrichtung, wenn überhaupt, nur auf einer unzulässigen, sogenannten freien Betriebsvereinbarung beruhen. Freie Betriebsvereinbarungen und deren Inhalt können aber lediglich Grundlage der einzelvertraglichen Regelung sein (Arb 11.240; 9 ObA 2099/96h; 8 ObA 167/98m). Dies räumt auch die klagende Partei ein, soweit sie sich auf einzelvertragliche Regelungen stützt.
Damit bleibt nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien als Rechtsgrundlage nur die Verankerung in den jeweiligen Einzelverträgen. Wenn überhaupt, können daher nur einzelvertragliche Ansprüche der einzelnen betroffenen Arbeitnehmer bestehen, die aber nicht in einem Bruchteil des Überschusses des "Fonds" bestehen können, sondern nur - wenn überhaupt - bei jedem Arbeitnehmer in der Differenz zwischen den von ihm eingehobenen Beträgen und jenen, die für ihn an Steuer gezahlt wurden. Für einen indifferenzierten Globalanspruch aller Arbeitnehmer oder aller Auslandsmonteure auf gemeinsame Verwaltung und Übernahme des Fonds fehlt es an einer spezifischen Rechtsgrundlage. Das primäre Hauptbegehren (Leistung an die "Arbeitnehmerschaft") ist schon deshalb verfehlt, weil sich die (Teil)rechtsfähigkeit der Belegschaft nur auf bestimmte Angelegenheiten der Betriebsverfassung beschränkt (siehe dazu im Detail Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, aaO, 180 f, insb. 180 letzter Absatz). Eine Umdeutung, dass damit in Wahrheit global die Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer geltend gemacht werden sollen, scheidet schon deshalb aus, weil lediglich Differenzierung der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Leistung fehlt. Ein Globalanspruch der Gesamtsumme der Arbeitnehmer auf den gesamten Überschuss lässt sich aber aus den Einzelverträgen nicht ableiten.
Für das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren fehlt daher die Grundlage.
Das eventualiter erhobene Begehren auf Feststellung der Leistungspflicht an die ehemaligen Außendienstmitarbeiter muss ebenfalls aus dem zuletzt genannten Grund scheitern. Auch das würde einen undifferenzierten Globalanspruch der Gesamtheit der Außendienstmitarbeiter voraussetzen, der keinesfalls bestehen kann.
Die Rechtsprechung bejaht zwar unter bestimmten Umständen auch die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens, wonach das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis nicht notwendig ein solches zwischen den Parteien sein muss, sodass auch Rechtsverhältnisse zwischen einer Partei und einem Dritten oder nur zwischen Dritten feststellungsfähig sind (JBl 1978, 382; MietSlg 48.616; 9 ObA 16/97m). Hier geht es aber um das zwischen den Beklagten bestehende Rechtsverhältnis. Voraussetzung des rechtlichen Interesses der klagenden Partei ist, dass die Rechtsverhältnisse der Belegschaft durch die Rechtsverhältnisse zwischen den Beklagten unmittelbar berührt werden (9 Ob 16/97m). Dies ist nicht der Fall. Dieses Begehren muss schon deshalb abgewiesen werden, weil ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Zahlung des Überschusses an die Zweitbeklagte nicht besteht. Wenn überhaupt, kann jeder der betroffenen Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf Rückzahlung des zuviel von ihm eingehobenen haben. Infolge des Betriebsübergangs steht den betroffenen Arbeitnehmern dieser Anspruch auch gegen den Übernehmer zu. Dies ist aber nicht gleichbedeutend mit der Verpflichtung des Übergebers, einen Überschuss an die Beklagte herauszugeben. Diese Frage betrifft ausschließlich das Verhältnis zwischen den beiden Beklagten. Der Anspruch der Arbeitnehmer gegen die Zweitbeklagte ist - sofern er überhaupt besteht - nicht von der Auszahlung des Überschusses durch die Erstbeklagte an die Zweitbeklagte abhängig. Damit bleibt das im Laufe des Verfahrens erhobene Eventualbegehren, das die Feststellung der Verpflichtung der Zweitbeklagten anstrebt, "den Auslandsabgabenfonds weiterzuführen mit einer zusätzlichen Dotierung von S 3,665.037,40", worunter ein einheitliches Begehren - Weiterführung mit der angegebenen Dotierung - und nicht ein doppeltes Begehren - Weiterführung an sich und Dotierung im geltend gemachten Umfang - zu verstehen ist. Gegenstand des Verfahrens ist ja erkennbar nur der Überschuss des sog. Fonds. Dazu sind im Wesentlichen ähnliche Überlegungen anzustellen, wie zum zuletzt erörterten Eventualbegehren. Sofern ein Anspruch der einzelnen Arbeitnehmer auf Rückzahlung von Beträgen besteht, besteht er aufgrund des Betriebsüberganges auch gegen die Zweitbeklagte. Dass die Zweitbeklagte diese Ansprüche (so sie bestehen sollten) erfüllen muss, bedeutet aber nicht, dass sie den Fonds mit dem dem Überschuss bei der Erstbeklagten entsprechenden Betrag dotieren muss. Ob sie verpflichtet ist, den Fonds mit der zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme vorhandenen Dotierung und dem gegebenen Überschuss weiterzuführen, berührt im Übrigen wieder nicht Belange von Arbeitsrechtssachen im Sinne des § 50 Abs 1 ASGG, weil die auf dem Individualarbeitsvertrag gegründeten Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer, die die klagende Partei geltend macht, nur Individualansprüche aufgrund der bei den einzelnen Arbeitnehmern vereinbarungsgemäß vorgenommenen zweckgebundenen Lohnabzüge sind, nicht jedoch Globalansprüche auf Verwendung und Verwaltung oder Führung des gesamten Fonds.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Für die Anwendung des § 14 RATG fehlt jegliche Grundlage, weil selbst unter Bejahung eines zulässigen Feststellungsbegehrens der damit im tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehende in Geld ausgedrückte Wert des Auslandsabgabenfonds Grundlage des Streitwertes ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)