European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00051.23P.1017.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Gewerblicher Rechtsschutz
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass Spruchpunkt 2. der einstweiligen Verfügung des Erstgerichts wiederhergestellt wird, welcher lautet:
Den beklagten Parteien und Antragsgegnern wird ab sofort und bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die gleichzeitig erhobene Klage mit Wirkung für Österreich geboten, zu unterlassen
2. Digitale Mautprodukte der A* entgegen vertraglicher Veräußerungsbeschränkungen gewerbsmäßig anzubieten bzw. zu vertreiben, wenn deren Gültigkeitsbeginn für Verbraucher 18 Tage oder mehr nach Kauf liegt.
2. Der Revisionsrekurs der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die klagende Partei hat drei Fünftel ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz vorläufig und zwei Fünftel davon endgültig selbst zu tragen und ist schuldig, den beklagten Parteien zwei Fünftel ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens 1. Instanz, das sind 1.597,31 EUR (darin 255,03 EUR USt [19 %]) zu ersetzen. Die klagende Partei hat drei Viertel ihrer Kosten des Rekursverfahrens vorläufig und ein Viertel davon endgültig selbst zu tragen und ist schuldig, den beklagten Parteien ein Viertel ihrer Kosten des Rekursverfahrens, das sind 1.537,96 EUR (darin 94,80 EUR USt [19 %] und 944,21 EUR Barauslagen), zu ersetzen. Insgesamt ist die klagende Partei sohin schuldig, den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand 3.135,27 EUR (darin 349,83 EUR USt [19 %] und 944,21 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses und der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig und die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses und der Revisionsrekurs-beantwortung endgültig selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Klägerin ist ein Unternehmen der öffentlichen Hand, welches die Finanzierung, die Planung, den Bau und die Erhaltung von österreichischen Bundesstraßen samt Infrastruktur betreibt und von den Benutzern zeit- und fahrleistungsabhängige Mauten einhebt. Sie bietet auch eine digitale Vignette an, indem das Kennzeichen des Kundenfahrzeugs in ihrem Mautsystem elektronisch registriert wird. In ihren Allgemeinen Nutzungsbedingungen (ANB), die sie jedem Vertrag zugrunde legt, wird ua geregelt, dass bei Verbrauchern die digitale Vignette bei Bezug im Fernabsatz frühestens 18 Tage nach Bezug in Gültigkeit gesetzt wird und dass die gewerbliche Weiterveräußerung der digitalen Vignette „ohne Verkürzung des Gültigkeitsbeginns der 18 Tage für Verbraucher ohne der ausdrücklichen Zustimmung“ der Klägerin untersagt ist.
[2] Die Erstbeklagte, eine deutsche Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, betreibt Websites mit den Top‑Level Domains at und de und bewirbt die digitalen Vignetten für die österreichischen Autobahnen. Sämtliche Produkte werden dabei auch für Verbraucher als „sofort gültig“ beworben und veräußert. Sie veräußern digitale Mautprodukte der Klägerin auch dergestalt gewerblich weiter, dass ihre Gültigkeit mehr als 18 Tage ab Kauf beginnt. Die Beklagten nennen ihren Kunden gegenüber Pauschalpreise, ohne mitzuteilen, dass sich der Gesamtpreis inklusive einer Servicegebühr versteht und dass die von den Beklagten verrechneten Preise höher sind als der reine Vignettenpreis. Die Servicegebühr ist auf der Website der Beklagten schwer zu finden. Die Beklagten belehren ihre Kunden in ihren AGB, dass das Widerrufsrecht 14 Tage ab Vertragsabschluss beträgt. Die Information ist allerdings so formuliert, dass der Verbraucher vermeint, kein Widerrufsrecht mehr zu haben, sobald die Erstbeklagte den Erwerb der digitalen Mautprodukte erfolgreich „vermittelt“ hat.
[3] Die Erstbeklagte betreibt ein Kundenkonto bei der Klägerin, in das sie das Kennzeichen, die E‑Mail‑Adresse und die Zahlungsdaten ihrer eigenen Kunden eingibt. Bei der Abwicklung gibt die Erstbeklagte gegenüber der Klägerin immer an, Unternehmerin zu sein. Verbraucher verwechselten die Website der Beklagten häufig mit jener der Klägerin und beschwerten sich bei dieser, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie bei der Erstbeklagten einen höheren Preis als den Vignettenpreis der Klägerin bezahlt hatten. Die Klägerin sperrte darauf die Erstbeklagte vom Zugang des Webshops der Klägerin, worauf die Erstbeklagte ein Kartellverfahren wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung anstrengte. In diesem trug das Kartellobergericht der Klägerin (dortige Antragsgegnerin) zu 16 Ok 1/21i mittels einstweiliger Verfügung auf, der Erstbeklagten Zugang zum Webshop der Klägerin zu gewähren, um ihr den Erwerb von digitalen Mautprodukten, jedoch nur für den Eigenbedarf und für die gewerbliche Weiterveräußerung mit einem Gültigkeitsbeginn von weniger als 18 Tagen ab Kauf (neues Produkt) an Verbraucher zu ermöglichen.
[4] Die Klägerin beantragte zur Sicherung ihrer klageweise geltend gemachten Unterlassungsansprüche die Erlassung der einstweiligen Verfügung, den Beklagten möge mit Wirkung für Österreich verboten werden, (zusammengefasst und eingeschränkt auf die im Revisionsrekursverfahren wesentlichen Punkte),
1. Digitale Vignetten und/oder Digitale Streckenmaut für Autobahnen in Österreich („Digitale Mautprodukte“ der [Klägerin]) ohne klare, eindeutige und bei jeder Preisangabe vorhandene, getrennte Ausweisung vom Mauttarif [der Klägerin] einerseits und von Aufschlägen, insbesondere „Serviceentgelten“, andererseits, gewerbsmäßig anzubieten bzw zu vertreiben, insbesondere – aber nicht einschränkend – im Webshop der erstbeklagten Partei unter www.[...].de bzw www.[...].at oder dazu ausgestellten Rechnungen der erstbeklagten Partei;
2. Digitale Mautprodukte der [Klägerin] ohne die ausdrückliche Zustimmung der [Klägerin] ohne Verkürzung des Gültigkeitsbeginns der 18 Tage für Verbraucher gewerbsmäßig anzubieten bzw zu vertreiben, insbesondere – aber nicht einschränkend – im Webshop der erstbeklagten Partei unter www.[...].de bzw www.[...].at;
3. [...]
4. Digitale Mautprodukte der [Klägerin] derart gewerbsmäßig anzubieten, dass die Verbraucher nicht transparent und gesetzmäßig über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht bzw Widerrufsrecht informiert werden bzw dass sie von Verbrauchern nicht-gesetzmäßige Erklärungen abverlangen, nämlich dadurch, dass
a) der Eindruck erweckt wird, dass das gesetzliche Rücktrittsrecht erlöschen würde, sobald die beklagten Parteien „ihre Vermittlungstätigkeit“ beim Bezug der digitalen Mautprodukte der [Klägerin] vollständig erbracht hätten, wie insbesondere durch die Angabe bzw Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen: „Das Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn wir die Dienstleistung vollständig erbracht haben und wir mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen haben, nachdem Sie dazu Ihre ausdrückliche Zustimmung gegeben haben und gleichzeitig Ihre Kenntnis davon bestätigt haben, dass Sie Ihr Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch uns verlieren“;
und/oder
b) [...]
und/oder
c) nicht transparent darauf hingewiesen wird, dass die „vollständige Vertragserfüllung“, die zum gesetzlichen Verlust des Rücktrittsrechts bzw Widerrufsrechts – nach entsprechender Erklärung des Verbrauchers gemäß § 10 FAGG – führt, (auch) die Dauerleistung der [Klägerin], nämlich Bereitstellung der vom Bezieher benützbaren Straßen umfasst, somit erst nach Ablauf der Laufzeit des digitalen Mautprodukts erfolgt;
und das insbesondere – aber nicht einschränkend – auf dem Webauftritt der erstbeklagten Partei unter www. [...].de bzw www.[...].at.
[5] Der Bezug der digitalen Mautprodukte sei ein gesetzliches Schuldverhältnis, wobei die gestattende Partei zwingend die Klägerin sei. Mit ihrem Angebot würden die Beklagten gegen das in den Allgemeinen Nutzungsbedingungen (ANB) enthaltene Verbot der gewerblichen Weiterveräußerung verstoßen. Ein im Fernabsatz mit Verbrauchern geschlossener Vertrag über die Benützung der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen falle unter die Anwendbarkeit des FAGG, sodass zwingend die Informationspflichten des FAGG zu erfüllen seien; der Verlust des Widerrufsrechts nach Aufforderung des Verbrauchers und vollständiger Erfüllung – aufgrund des Erfordernisses der vollständigen Erfüllung sämtlicher Dienstleistungen innerhalb der Widerrufsfrist – komme schon rein faktisch nur bei 10‑Tages‑Vignetten oder Einzelfahrten der Streckenmaut in Frage. Ansonsten bestehe zwingend das Rücktritts- und Widerrufsrecht. Die Beklagten würden ihrer Informationspflicht nach dem FAGG nicht nachkommen. Sie verstießen daher gegen das Lauterkeitsrecht (UWG Anhang Z 18). Deutsches Recht komme nicht zur Anwendung, weil das Herkunftslandprinzip des § 20 ECG aufgrund der Ausnahme des § 21 Z 6 ECG nicht anwendbar sei. Die Beklagten verwiesen in ihren AGB ausschließlich auf deutsches Recht und würden so den Verbrauchern suggerieren, dass ihnen kein Widerrufsrecht zustünde. Solcherart versuchten die Beklagten, die Verbraucher an der Ausübung ihrer Widerrufsrechte zu hindern. Überdies würden die Beklagten „Gesamtpreise“ ausweisen, womit sie gegen UWG Anhang Z 18 verstießen. Die Klägerin sei außerdem durch mannigfaltige Beschwerdemeldungen im Wettbewerb behindert.
[6] Die Beklagten wendeten ein, dass aufgrund des Herkunftslandprinzips des § 20 ECG (die Beklagten haben ihren Sitz in Deutschland) deutsches Recht zur Anwendung käme. Die Klägerin unterliege als marktbeherrschendes Unternehmen dem Gleichbehandlungsgebot und gehe rechtsmissbräuchlicherweise nur gegen die Beklagten vor, nicht jedoch gegen andere Konkurrenten. Die Beklagten würden den Bedarf des Marktes nach sofort gültigen digitalen Vignetten bedienen und ihren Kunden das Widerrufsrecht gewähren, sofern sie Verbraucher seien. Die Erstbeklagte betreibe ein Kundenkonto bei der Klägerin, in welchem sie als Unternehmerin deklariert sei. Die Kunden der Erstbeklagten würden ausschließlich mit ihr einen Vertrag nach ihren AGB und nach deutschem Recht abschließen. Die Erstbeklagte übermittle der Klägerin die Daten ihrer Kunden über ihr eigenes Kundenkonto, sodass Vertragspartnerin der Klägerin immer die Erstbeklagte werde. Dieser Vertrag zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten sei ein Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten der Kunden der Beklagten. Die Erstbeklagte deklariere ihre Kunden gegenüber der Klägerin nicht als Unternehmer, sondern sie selbst sei Unternehmerin. Die Erstbeklagte verkaufe keine digitalen Vignetten weiter; ihre Dienstleistung bestehe im Registrieren der Kunden-Kennzeichen bei der Klägerin (Dreiecksgeschäft zugunsten Dritter). Ein Weiterverkauf liege nicht vor, weil die Erstbeklagte von der Klägerin nichts erwerbe und auch nichts weitergebe. Die die gewerbliche Weiterveräußerung untersagende Klausel der ANB der Klägerin finde auf das Geschäft der Beklagten keine Anwendung. Außerdem sei sie erst 2022 eingeführt worden und daher schon deswegen der Erstbeklagten gegenüber, die bereits seit 2020 Kundin der Klägerin sei, nicht anwendbar. Die Klausel sei zudem gröblich benachteiligend und eine Verkaufsbeschränkung gemäß Art 4 lit b VO 220/2010 . Nach Erbringung der Leistung durch die Erstbeklagte bestehe für den Verbraucher kein Widerrufsrecht mehr (§ 10 iVm § 18 Abs 1 Z 1 FAGG). Es liege auch keine irreführende Preiswerbung vor, weil es keine gesetzliche Verpflichtung gebe, bei jeder Gelegenheit alle Preisbestandteile eines Gesamtpreises auszuweisen.
[7] Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung zu den Punkten 1, 2, 3, 4.a und c. Gemäß Art 6 Rom II‑VO sei auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staats anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden seien. Das Verhalten der Beklagten beeinträchtige den österreichischen Markt. Es komme daher österreichisches Recht zur Anwendung. Die Beklagten verstießen in mehrfacher Hinsicht gegen UWG Anhang Z 18. Einerseits wiesen die Beklagten ihren Kunden gegenüber während des Bestellvorgangs nur einen Pauschalpreis aus, der das Entgelt für die Maut und ein Serviceentgelt enthalte. Nur wenn der Kunde aktiv die Website nach Preislisten durchsuche, finde er Informationen zur Höhe der Servicegebühr. Dies habe zur Folge, dass die Kunden der Beklagten die höheren Preise für die digitalen Mautprodukte nicht unmittelbar und deutlich erkennen könnten. Anderseits verstoße die Erstbeklagte gegen UWG Anhang Z 18, weil sie Mautprodukte über ihr Kundenkonto erwerbe und sie dann an Verbraucher ohne Einhaltung der Wartezeit weiterveräußere. Die Beklagten verstießen zudem gegen UWG Anhang Z 18, weil sie Verbraucher in ihren AGB nicht über ihr Rücktrittsrecht umfassend aufklären würden. Ein durchschnittlicher Verbraucher könne nicht wissen, dass die Leistung der Erstbeklagten eine Dauerleistung sei, die erst mit Ablauf der Vignette vollständig erbracht sei und das in ihren AGB geregelte vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts daher nur bei der 10‑Tages‑Vignette zur Anwendung kommen könne. Zudem berufe sich die Erstbeklagte in ihren AGB irreführend auf das deutsche Recht. Das Weiterveräußerungsverbot laut den ANB der Klägerin sei zudem bei jedem Verkaufsvorgang mit der Erstbeklagten wirksam vereinbart worden, sodass sich die Klägerin darauf berufen könne.
[8] Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung zu den Spruchpunkten 1 und 4 und wies den Sicherungsantrag zu den Spruchpunkten 2 und 3 ab. Zudem sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs insbesondere zu Rechtsfragen zum Verhältnis von Kartellrecht und Lauterkeitsrecht und zum Wesen der digitalen Vignette zulässig sei. Zu Spruchpunkt 1 führte es aus, dass auf der von der Beklagten betriebenen Website während des gesamten Bestellvorgangs der Hinweis fehle, dass im Gesamtpreis das im Verhältnis zum Preis des Mautprodukts nicht unbeträchtliche verrechnete Serviceentgelt eingerechnet sei. Damit würden die Beklagten gegen das Transparenzgebot des § 4 FAGG verstoßen, was eine Irreführung iSv § 2 UWG begründe. Zu Spruchpunkt 2 führte es aus, dass das konkrete Weiterveräußerungsverbot gröblich benachteiligend und außerdem unklar sei, weil nicht erkennbar sei, ob sich die Klägerin die Zustimmung für jeden einzelnen Fall vorbehalten habe. Zu Spruchpunkt 4 könne sich die Beklagte aufgrund der in § 21 Z 6 ECG normierten Ausnahme nicht auf das Herkunftslandprinzip berufen.
[9] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, Spruchpunkt 2 der erstgerichtlichen Entscheidung wiederherzustellen (die Abweisung von Spruchpunkt 3 blieb unbekämpft), und der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Sicherungsantrag zur Gänze, sohin auch Spruchpunkte 1 und 4 abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[10] Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt, jener der Beklagten ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Zum Revisionsrekurs der Klägerin:
1.1.1. Punkt 14.1. der ANB der Klägerin lautet:
„Die gewerbliche Weiterveräußerung der Digitalen Vignette und/oder der Digitalen Streckenmaut ohne Verkürzung des Gültigkeitsbeginns der 18 Tage für Verbraucher, ist ohne der ausdrücklichen Zustimmung der [Klägerin] untersagt.“
[11] 1.1.2. Diese Formulierung ist evidentermaßen vor dem Hintergrund der Entscheidung des Kartellobergerichts 16 Ok 1/21i zu sehen. Demnach ist die Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Handelspartnern, die weder aktuelle noch potentielle Kunden des marktbeherrschenden Unternehmens sind, nur dann missbräuchlich, wenn der Marktbeherrscher einem Kontrahierungszwang unterliegt und keine sachliche Rechtfertigung für sein Verhalten vorliegt (Vartian/ Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG² § 5 Rz 78 f). Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen steht es grundsätzlich frei zu entscheiden, mit wem und auf welcher Grundlage kontrahiert wird, welche „Vertriebswege“ gewählt und welche Preise für die eigenen Produkte bzw Dienstleistungen berechnet werden (16 Ok 1/21i Rz 40 mwN). Daher muss die Klägerin nicht ganz allgemein den Zugang zu ihrem Webshop zum Zweck der gewerblichen Weiterveräußerung ihrer digitalen Mautprodukte im Sinn eines „schlichten Weitervertriebs“ gewähren, darf sie doch auch als Monopolistin die Gestaltung ihres Vertriebsnetzes autonom bestimmen (16 Ok 1/21i Rz 44). Hingegen ist der Beklagten Zugang zum Webshop der Klägerin zu gewähren, soweit dies für ein neues Produkt, nämlich den online-Vertrieb „sofort“ – dh innerhalb von weniger als 18 Tagen ab Kaufdatum – gültiger digitaler Maut‑Vignetten an Verbraucher, erforderlich ist.
[12] 1.1.3. In diesem Sinn ist die im Begehren der Klägerin verwendete Formulierung „ohne Verkürzung des Gültigkeitsbeginns der 18 Tage für Verbraucher“ zu verstehen. Wenngleich die Formulierung insofern sprachlich wenig geglückt ist, als „verkürzt“ nur eine Frist, nicht auch ein (Beginn- oder sonstiger) Zeitpunkt werden kann, wird damit doch erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin damit auf ein Verbot des Vertriebs von elektronischen Vignetten abzielt, deren Gültigkeit im Fall der Bestellung durch Verbraucher frühestens 18 Tage nach der Bestellung beginnt, also ohne – in der Terminologie der ANB der Klägerin – die 18‑tägige Wartefrist bis zum Gültigkeitsbeginn zu „verkürzen“. Damit zielen die ANB der Klägerin auf Untersagung des Vertriebs desselben Produkts wie des von ihr selbst vertriebenen Produkts. Ein Verbot der Weiterveräußerung desselben Produkts, wie es die Klägerin direkt an Verbraucher verkauft, ist aber nach der bereits zitierten Entscheidung 16 Ok 1/21i kartellrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Von dieser Beurteilung abzugehen besteht kein Anlass.
[13] 1.2.1. Dass der benachteiligte Vertragspartner Unternehmer ist, steht der Anwendung des § 879 ABGB nicht entgegen, doch kann der Maßstab für die Bejahung strenger sein (Bollenberger/P. Bydlinski in KBB7 § 879 ABGB Rz 22 mwN).
[14] 1.2.2. Die Beklagten berufen sich darauf, dass die beanstandete Klausel der bereits länger laufenden Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen widerspreche und daher nicht wirksam vereinbart worden sei.
[15] 1.2.2.1. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich aus dem bescheinigten Sachverhalt kein einheitliches, durchgehendes Vertragsverhältnis bzw eine Rahmenvereinbarung über den laufenden Bezug von Mautprodukten zwischen den Streitteilen ergibt, sondern – ungeachtet des von der Erstbeklagten bei der Klägerin geführten Kundenkontos – jeweils gesonderte Erwerbsvorgänge durch die Erstbeklagte (samt Vereinbarung der jeweils gültigen ANB der Klägerin) vorliegen. Im Übrigen ist unstrittig, dass im Zuge des Provisorialverfahrens im Kartellverfahren auch eine Änderung der ANB der Klägerin zugunsten der Kunden erfolgte, sodass jedenfalls keine ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Pflichterweiterung der Kunden gegeben ist.
[16] 1.2.2.2. Aus den nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Sicherungsverfahren eingetretenen Entwicklungen kann die Aufnahme einer uneingeschränkten Geschäftsbeziehung zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin ebenfalls nicht abgeleitet werden.
[17] 1.2.2.3. Dazu kommt, dass die ANB der Antragsgegnerin durchgehend ein Weiterveräußerungsverbot enthielten. Dieses wurde ab 3. 2. 2022 lediglich im Sinn der zu 16 Ok 1/21i erlassenen einstweiligen Verfügung eingeschränkt. Die Antragstellerin konnte daher auch nicht davon ausgehen, die Antragsgegnerin sei bereit, mit ihr über den mit der Entscheidung 16 Ok 1/21i gebotenen Umfang hinaus in eine Geschäftsbeziehung zu treten.
[18] 1.2.2.4. Soweit die Beklagte meint, bei den mit ihren Kunden abgeschlossenen Verträgen handle es sich nicht um eine „Weiterveräußerung“ iSv Punkt 14 der ANB der Antragstellerin, kann dem nicht gefolgt werden. Das Gesetz spricht explizit vom „Erwerb […] im Wege des Fernabsatzes“ (vgl § 11 Abs 7 BStMG) und vom „Besitz“ digitaler Mautprodukte (§ 13 Abs 10 BStMG). Bereits in der Entscheidung 16 Ok 1/21i wurde das von der Antragsgegnerin betriebene Geschäftsmodell daher als gewerbliche Weiterveräußerung gewertet (vgl 16 Ok 1/21i Punkt 1. des Spruchs sowie Rz 39, 44, 59).
[19] 1.2.2.5. Bei Zugrundelegung des von den Beklagten angestrebten Verständnisses der ANB würde zudem das dort enthaltene Verbot der „Weiterveräußerung“ nie greifen. Ein derartiges Verständnis einer Vereinbarung ist aber jedenfalls im Zweifel nicht anzunehmen (zur Vermeidung der Funktionslosigkeit einer Norm im Rahmen der systematischen Gesetzesauslegung auch G. Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 6 Rz 85 mwN).
[20] 1.2.2.6. Würde man demgegenüber annehmen, dass die Erstbeklagte nicht zunächst die Vignette „erwirbt“ und anschließend „weiterveräußert“, sondern dass die Kunden der Erstbeklagten direkt digitale Mautprodukte bei der Klägerin erwerben, wäre die Angabe der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin, die Erwerber der Vignette seien Unternehmer, wahrheitswidrig.
[21] 1.2.2.7. Soweit die Beklagten den Abschluss von Verträgen zugunsten Dritter – nämlich ihrer Kunden – behaupten, ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sie die Vertragserklärungen der Klägerin in diesem Sinn verstehen durften und ihr die Bedeutung beilegen durften, dass ein solches Vertriebsmodell auch nach dem Vertragswillen der Klägerin vom Weiterveräußerungsverbot nicht erfasst sei, zumal – wie ausgeführt – das Kartellobergericht in der Entscheidung 16 Ok 1/21i das Geschäftsmodell der Beklagten ausdrücklich als „Weiterveräußerung“ qualifiziert hat.
[22] 1.2.3. Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts ist auch das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmung in den ANB der Klägerin nicht missverständlich. Dieses Erfordernis bezieht sich – wie sich aus der Formulierung „Die gewerbliche Weiterveräußerung der Digitalen Vignette“ zweifelsfrei ergibt – auf jede einzelne Weiterveräußerung. Da eine derartige Zustimmung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht vorliegt, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob eine solche generell erklärt werden kann oder in jedem einzelnen Fall gesondert erteilt werden muss.
[23] 1.2.4. Das gegenständliche Weiterveräußerungs- verbot ist aber auch bei Abwägung der jeweiligen Rechtspositionen der Vertragsparteien nicht gröblich benachteiligend für die Beklagten, entsteht doch der Klägerin durch die Weiterveräußerung desselben Produkts (der in ihrem Webshop erhältlichen digitalen Vignette) durch die Beklagten, welche von den Kunden einen Aufpreis verlangen, schon dadurch ein Nachteil, dass sich Kunden, die aufgrund der Aufmachung des Angebots der Beklagten der Auffassung sind, mit der Klägerin zu kontrahieren, bei dieser (über den Umstand des Aufpreises bzw „Serviceentgelts“, im Revisionsrekurs der Klägerin als „Abzocke“ bezeichnet) beschweren. Die Klägerin hat dadurch einen erhöhten Kundenbetreuungsaufwand und erleidet einen Imageschaden. Das Verbot der Weiterveräußerung des unveränderten Produkts (mit Aufpreis, ohne jeglichen Vorteil für den Endkunden) in den ANB der Klägerin ist daher nicht zu beanstanden (vgl 16 Ok 1/21i). Die Klägerin stellt solcherart ihre Entscheidungshoheit über die Gestaltung ihres Vertriebsnetzes für den schlichten Weitervertrieb der von ihr angebotenen digitalen Mautprodukte sicher.
[24] 1.2.5. Die Beklagten verstoßen nach dem bescheinigten Sachverhalt gegen das vertraglich (in den ANB der Klägerin) vereinbarte Weiterveräußerungsverbot in Bezug auf das unveränderte Produkt. Nach der Rechtsprechung ist ein Vertragsbruch nur dann auch lauterkeitswidrig iSv § 1 UWG, wenn sich die Sittenwidrigkeit aus besonderen Umständen ergibt (RS0078872). Im vorliegenden Fall liegen diese besonderen Umstände in den der Klägerin durch den Vertragsbruch der Beklagten unter Rücknahme einer zuvor abgegebenen Unterlassungserklärung verursachten Nachteilen in Form erhöhten Kundenbetreuungsaufwands und Imageschadens für die Klägerin, die einem Behinderungswettbewerb nahekommen. Somit ist die von der Klägerin beanstandete Lauterkeitsrechtsverletzung durch die Beklagten aufgrund des dargestellten Vertragsbruchs zu bejahen, sodass es keines Eingehens auf die Frage bedarf, ob sich aus den ANB der Klägerin auch eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung der Beklagten ergibt und ob eine solche Verpflichtung vom Klagsvorbringen erfasst ist.
[25] Dem Revisionsrekurs der Klägerin ist daher Folge zu geben und die einstweilige Verfügung des Erstgerichts zu Spruchpunkt 2 wiederherzustellen, und zwar mit der – dem Klagsvorbringen entsprechenden – Präzisierung bzw Verdeutlichung (RS0039357).
2. Zum Revisionsrekurs der Beklagten
[26] 2.1. Soweit sich die Beklagten diskriminiert fühlen, weil die Klägerin ausschließlich gegen sie gerichtliche Schritte unternommen hätte, wird dies schon durch das Verfahren zu 4 Ob 96/19z, das gegen andere Beklagte gerichtet war, widerlegt.
[27] 2.2.1. Die Beklagten wenden sich nicht gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, wonach auf die geltend gemachten Ansprüche an sich österreichisches Marktortrecht (vgl dazu allgemein RS0127138) anwendbar ist, bringen aber vor, dass sie nach dem in § 20 ECG geregelten Herkunftslandprinzip nur den Anforderungen liberaleren deutschen Rechts unterliegen würden.
[28] 2.2.2. Soweit das Herkunftslandprinzip des Art 3 der RL über den elektronischen Geschäftsverkehr (RL 2000/31/EG , „E‑Commerce‑RL“) anwendbar ist, darf die Anwendung dieses Rechts zu keinen strengeren Anforderungen führen, als sie im Recht jenes Staats vorgesehen sind, in dem der Diensteanbieter niedergelassen ist (RS0128815).
[29] 2.2.3. Das Herkunftslandprinzip wird aber durch eine Reihe von Ausnahmen durchbrochen. § 21 ECG enthält die in Art 3 Abs 3 in Verbindung mit dem Anhang der RL 2000/31/EG genannten Bereiche, welche allgemein von der Geltung des Herkunftslandprinzips ausgenommen sind (RS0127975). Es gilt ua nicht, soweit § 21 Z 6 ECG davon vertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Verbraucherverträge einschließlich der gesetzlichen Informationspflichten, die einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung zum Vertragsabschluss haben, ausnimmt; darunter fallen auch vorvertragliche Schutz‑ und Aufklärungspflichten (RS0127975 [T1]) sowie die Informationspflichten des § 4 FAGG (vgl Zankl, ECG2 § 21 Rz 422).
[30] 2.2.4. Hinsichtlich der gegenüber Verbrauchern einzuhaltenden Informationspflichten nach dem FAGG gilt das Herkunftslandprinzip der E‑Commerce‑RL daher nicht (vgl iZm § 22 ECG und § 2 UWG RS0119000). Die Beklagten müssen diese Bestimmungen daher bei ihrer Tätigkeit gegenüber österreichischen Verbrauchern einhalten.
[31] 2.2.5. Zu diesem – jedenfalls vertretbaren – Ergebnis ist bereits das Rekursgericht gelangt. Die Beklagten haben in ihrem Revisionsrekurs keine rechtserheblichen Argumente dagegen aufgezeigt.
[32] 2.3.1. Zu den Anforderungen an die Darstellung des Gesamtpreises (Spruchpunkt 1.) hat der Senat bereits in der Entscheidung 4 Ob 96/19z einen weitgehend vergleichbaren Sachverhalt beurteilt. Dabei wurde zunächst die Anwendbarkeit der Bestimmungen des FAGG auf den auch hier von den Beklagten praktizierten Vertrieb der digitalen Vignette bzw der digitalen Streckenmaut als Vertrag iSd § 1 Abs 1 FAGG bejaht. Zudem wurde ua auch die unvollständige Information über den Umstand, dass die dort Beklagten die digitalen Produkte der (auch hier auftretenden) Klägerin um einen Aufpreis verkauften – zusammen mit weiteren Umständen – als unlauter qualifiziert, wobei UWG Anhang Z 18 sowie die Informationspflicht des Unternehmers nach § 4 Abs 1 FAGG zugrunde gelegt wurde. Im dort zu behandelnden Sachverhalt war aber ausschließlich ein Pauschalpreis angegeben.
[33] 2.3.2. Im gegenständlichen Fall enthalten die AGB der Beklagten, deren Kenntnisnahme die Kunden vor der kostenpflichtigen Bestellung bestätigen müssen, eine Bestimmung, wonach die Preise neben einer Servicegebühr die Mautgebühren der Klägerin beinhalten, wobei zu den aktuellen Gebühren auf deren Seite verwiesen wird. Während des Bestellvorgangs wird hingegen lediglich der Pauschalpreis angezeigt. Informationen zur Gebühr der Klägerin erlangt der Kunde nur über mehrere Verweise ausgehend vom Ende der Startseite der Beklagten.
[34] 2.3.3. Die Informationspflichten des früheren § 5c KSchG dienten dem Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen; sie sollen dem Verbraucher den Vergleich mit anderen Angeboten erleichtern und ihm eine rationale Entscheidung über den Vertragsabschluss ermöglichen (RS0123551). An der zu § 5c KSchG vertretenen Bedeutung der Begriffe „klar“ und „verständlich“ ist auch zu § 4 Abs 1 FAGG festzuhalten (RS0123551 [T1]). Die Information muss ganz allgemein so „erteilt“ werden, dass sie vom Verbraucher – bei gehöriger Aufmerksamkeit – vor Vertragsabschluss überhaupt wahrgenommen wird (RS0123552). Ob diese Voraussetzung zutrifft, ist im Einzelfall nach der Maßfigur des durchschnittlich informierten und verständigen („europäischen“) Verbrauchers zu beurteilen (vgl 4 Ob 18/08p Pkt 2.2).
[35] 2.3.4. Dem in § 4 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 FAGG enthaltenen Gebot, die von diesen Bestimmungen erfassten Informationen in klarer und verständlicher Weise zu erteilen, steht es nicht grundsätzlich entgegen, wenn die Informationen (nur) in den AGB enthalten sind oder sich hinter einem aufklappbaren Textteil bzw einem Pop‑up‑Fenster verbergen, sofern der Webauftritt so gestaltet ist, dass im Zusammenhang mit der Produktpräsentation sichergestellt wird, dass der Verbraucher ausreichend deutlich (und rechtzeitig) auf den Auffindungsort und die Art der Information hingewiesen wird (5 Ob 110/19s).
[36] 2.3.5. Wenn das Rekursgericht nach den im Einzelfall vorliegenden Umständen davon ausgegangen ist, dass in der erst über mehrfaches Scrollen und mehrfache Verweise auffindbaren Information keine klare und verständliche Informationserteilung im Sinn der oben zitierten Rechtsprechung vorliegt, liegt darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Soweit sich die Beklagten mit ihrer („großzügigeren“) Interpretation des § 4 Abs 1 Z 4 FAGG auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen, scheitert diese schon an der Vorjudikatur zu 4 Ob 96/19z.
[37] 2.3.6. Das Rekursgericht hat das Unterlassungsgebot zu Spruchpunkt 1. auch vertretbar als nicht überschießend qualifiziert. Ein Unterlassungsgebot ist dann zu weit gefasst, wenn der Beklagte damit zu Unterlassungen verurteilt worden ist, zu denen er bei richtiger Auslegung des materiellen Rechts nicht verpflichtet wäre (RS0037461). Hier trifft das Unterlassungsgebot aber den Kern der Verletzungshandlung. Den Verbrauchern ist es derzeit eben nicht möglich, zu erkennen, welcher Teil des Entgelts auf die Mautgebühr der Klägerin und welcher Teil auf die von der Beklagten erbrachte Dienstleistung entfällt. Ein Ausweis dieser Bestandteile wäre – entgegen der Revisionsrekursausführungen – nicht irreführend, ist doch erst durch diese Information gesichert, dass die Verbraucher im Fall des Vertriebs eines neuen Produkts erkennen, dass die Beklagte hier ein anderes Produkt (sofort verfügbare Vignette) anbietet und dafür ein über die eigentliche Mautgebühr hinausgehendes Entgelt verzeichnet.
[38] 2.4.1. Zur Information über das Rücktrittsrecht bringen die Beklagten zusammengefasst vor, sie hätten aufgrund des anzuwendenden Herkunftslandprinzips und der insofern auf sie anzuwendenden deutschen Rechtslage kein Rücktrittsrecht zu gewähren.
[39] 2.4.2. Dass sich die Beklagten hinsichtlich ihrer Tätigkeit gegenüber österreichischen Verbrauchern an die Bestimmungen des österreichischen FAGG zu halten haben, wurde bereits oben dargelegt. Dass es zur deutschen Rechtslage aufgrund der dazu ergangenen Rechtsprechung eine vertretbare Rechtsauffassung geben mag, ändert an der Unterlassungspflicht der Beklagten nichts. Aufgrund der klaren Regelung des § 21 Z 6 ECG ist nämlich schon die Berufung auf die deutsche Rechtslage nicht vertretbar (4 Ob 96/19z Pkt 1.2). Es liegt somit auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vor. Der Revisionsrekurs der Beklagten ist folglich zurückzuweisen.
[40] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 43, 50 ZPO. Die Klägerin ist insgesamt mit 3/5 ihrer Ansprüche (im Rekursverfahren zu 3/4) durchgedrungen, sodass sie 3/5 ihrer Ansprüche vorläufig und 2/5 endgültig selbst zu tragen (im Rekursverfahren 3/4 vorläufig und 1/4 endgültig) und den Beklagten 2/5 der Kosten des Provisorialverfahrens 1. Instanz und 1/4 der Kosten des Provisorialverfahrens 2. Instanz zu ersetzen hat. Im Revisionsrekursverfahren hat die Klägerin zur Gänze obsiegt, sodass sie die Kosten ihres Revisionsrekurses und der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen hat und die Beklagten diese Kosten endgültig selbst zu tragen haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)