OGH 12Os67/23d

OGH12Os67/23d27.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Rechtspraktikant Obergruber LL.M. im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * H* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. März 2023, GZ 9 Hv 26/22b‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00067.23D.0727.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum untergebracht.

[2] Danach hat er unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, psychischen und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch/psychotische Störung, psychischen und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch/ Abhängigkeitssyndrom sowie eines organischen Psychosyndroms, wobei er im Zeitpunkt der Tat wegen dieser Störung zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war, am 20. September 2022 in G* * S* eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Feuerzeug, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat gegen S* Gewalt anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, indem er diesem einen Faustschlag versetzte, als er versuchte, sein Feuerzeug wieder an sich zu bringen, somit eine Tat begangen, die als das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 5 dritter Fall und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.

[4] Der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider besteht zwischen den Feststellungen, wonach der Betroffene wusste, dass es sich bei dem Feuerzeug nicht um seines handelte, und er die Absicht hatte, sich durch die Gewaltanwendung das Diebesgut zu erhalten (US 4), und den beweiswürdigenden Erwägungen, wonach es aufgrund seines Krankheitsbildes bei ihm zu Verwirrtheit, Orientierungsstörungen, Stimmungsschwankungen, Halluzinationen und Aggressionstendenzen komme (US 6), kein Widerspruch. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn zwei Aussagen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen als unvereinbar zu werten sind (RIS‑Justiz RS0117402 [T1, T4, T5], RS0119089). Die Konstatierung eines entsprechenden Täterwillens ist vielmehr Voraussetzung (auch) der Anordnung einer Unterbringung im Sinn des § 21 Abs 1 StGB (RIS‑Justiz RS0090295; Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 14).

[5] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet die substratlose Verwendung der verba legalia für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, ohne jedoch darzulegen, welcher weiteren – über die bereits vorliegenden, mit dem Sachverhalt sehr wohl verknüpften Feststellungen (US 4) hinausgehenden – Konstatierungen zur subjektiven Tatseite es in Ansehung des Verbrechens des räuberischen Diebstahls bedurft hätte (RIS‑Justiz RS0099620 [T7]). Damit verfehlt sie die Ausrichtung am Prozessrecht (RIS‑Justiz RS0099810).

[6] Auch mit der Behauptung, beim Betroffenen hätte ein „zustandsbedingt beachtlicher Tatbildirrtum“ vorgelegen, erschöpft sich die Rüge entgegen der Prozessordnung in der Bestreitung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (neuerlich US 4; RIS‑Justiz RS0095939).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

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