European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00117.23D.0627.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Schadenersatz nach Verkehrsunfall
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Im Revisionsverfahren ist allein die Höhe des angemessenen Schmerzengeldes für die vom Kläger bei einem Motorradunfall (in erster Linie im Bereich des linken Beins) erlittenen Verletzungen strittig. Das Berufungsgericht erachtete ein Schmerzengeld von 45.000 EUR als angemessen, der Kläger strebt den Zuspruch weiterer 35.000 EUR an.
[2] 2. Die Beurteilung der Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet. Anderes gilt nur im Fall einer eklatanten Fehlbemessung, die völlig aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt (RS0042887 [T10], RS0031075 [T7]). Eine solche Fehlbemessung durch das Berufungsgericht zeigtder Kläger nicht auf:
[3] 3. Das Schmerzengeld soll grundsätzlich eine einmalige Abfindung für Ungemach sein, das der Verletzte voraussichtlich zu erdulden hat. Es soll den gesamten Komplex der Schmerzempfindungen, auch so weit es für die Zukunft beurteilt werden kann, erfassen (RS0031307). Es kann nur nach § 273 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falls, der körperlichen und seelischen Schmerzen sowie der Art und Schwere der Verletzung festgesetzt werden (RS0031415 [T12]). Schmerzperioden können dabei zur Orientierung als Bemessungshilfe herangezogen werden (RS0125618 [T2]), stellen jedoch keine Berechnungsmethode dar (5 Ob 50/21w Rz 8).
[4] 4. Der Kläger argumentiert in der Revision vor allem mit der Entscheidung 2 Ob 261/04b. In dieser habe der Senat bei einem verschobenen Bruch (nur) des äußeren Schienbeinkopfs und einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 % ein Schmerzengeld von (auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung aufgewertet – vgl RS0031075 [T10]) rund 50.000 EUR als angemessen erachtet. Der Kläger im vorliegenden Fall habe eine höhere Minderung der Erwerbsfähigkeit und zudem mehrfache Brüche erlitten, was einen jedenfalls deutlich über 50.000 EUR liegenden Zuspruch rechtfertige.
[5] Dieser Argumentation ist zu erwidern, dass der Senat in der Entscheidung 2 Ob 261/04b das angemessene Schmerzengeld nicht mit 35.800 EUR (ohne Valorisierung) ausmittelte, sondern bloß aussprach, dass die erlittenen Verletzungsfolgen keinen über die bereits erfolgten Zahlungen von 35.800 EUR hinausgehenden Zuspruch rechtfertigten.
[6] Im Übrigen bewegt sich die Ausmittlung des Schmerzengeldes durch das Berufungsgericht im Rahmen weiterer Entscheidungen des Senats:
[7] Dieser sprach etwa in der Entscheidung 2 Ob 61/02p bei mehrfachen Brüchen im Fußbereich, komplikationsvollem Heilungsverlauf mit mehrfachen Operationen und dem vorliegenden Fall in etwa vergleichbaren Schmerzperioden ein Schmerzengeld von knapp 30.000 EUR zu, was aufgewertet knapp 44.000 EUR entspricht.
[8] In der Entscheidung 2 Ob 241/05p reduzierte der Senat das Schmerzengeld von 100.000 EUR auf 30.000 EUR (valorisiert rund 43.000 EUR) bei einem Kläger, der (ungefähr im Alter des Klägers im vorliegenden Verfahren) mehrfache Brüche im Oberarmbereich erlitt, die zu fünf Operationen führten.
[9] Insgesamt vermag der Kläger damit keine Überschreitung des dem Berufungsgericht bei Ausmittlung des Schmerzengeldes zukommenden Beurteilungsspielraums aufzuzeigen.
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