OGH 4Ob8/23i

OGH4Ob8/23i31.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* GmbH, *, vertreten durch Dr. Bernhard Tonninger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Z* GmbH, 2. M*, beide *, vertreten durch Dr. Franz Martin Orou, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 52.300 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2022, GZ 2 R 179/22y‑22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00008.23I.0531.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Gewerblicher Rechtsschutz

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht gab dem Begehren der Klägerin, die Beklagten zur Unterlassung der Werbung mit dem Tirol‑Logo zu verhalten, sofern sie nicht über ein entsprechendes Lizenzrecht verfügen, sowie einem Urteilsveröffentlichungsbegehren statt.

[2] Die Beklagten machen mit ihrer außerordentlichen Revision geltend, dass sie in Bezug auf ihre Instagram-Seite nicht für fremde „getaggte“ Postings dritter Nutzer haften würden, dass jedenfalls keine Wiederholungsgefahr bestehe und weiters, dass das von ihnen angebrachte Logo nur sehr klein aufscheine, sodass es die Erheblichkeitsschwelle für die Kaufentscheidung nicht überschreite.

[3] Damit zeigen die Beklagten keine erheblichen Rechtsfragen auf. Die Revision ist somit nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1.1. Die Beklagten stützen sich zunächst auf § 16 ECG, wonach ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen speichert, für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen unter näher genannten Voraussetzungen nicht verantwortlich ist.

[5] 1.2. Aus § 19 ECG ist allerdings abzuleiten, dass das Haftungsprivileg nach § 16 Abs 1 ECG lediglich eine allfällige Schadenersatzhaftung und die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließt und nicht für verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gilt (RS0118734 [T1]). Der Unterlassungsanspruch nach § 2 UWG setzt kein Verschulden voraus (RS0078183 [T1]). Die Ausführungen der Beklagten zum Haftungsausschluss nach § 16 ECG gehen somit ins Leere.

[6] 2.1. Wer auf seiner Website einen Link zu einer fremden Website setzt, will und veranlasst demnach zurechenbar, dass der Internet-Nutzer von seiner Seite auch auf den Inhalt der über den Link erreichbaren fremden Seite zugreifen kann. Er vermittelt also den Zugriff auf die fremde Seite und trägt – gleichsam als Gehilfe des Verfügungsberechtigten der verwiesenen fremden Seite – zu deren Sichtbarmachung bei (RS0114467).

[7] 2.2. Wer seine Seite mit einer fremden Seite durch einen Link verknüpft, macht sich das Angebot auf der fremden Seite zu eigen und hat dafür lauterkeitsrechtlich einzustehen (4 Ob 274/00y; 4 Ob 219/03i).

[8] 2.3. Im vorliegenden Fall ist das Foto, auf dem sich Produkte mit dem Tirol-Logo finden, nicht erst nach Anklicken des Links, sondern bereits im Bereich „Markiert“ der Instagramseite der Beklagten zu sehen. Die Zurechnung der unberechtigten Verwendung des Tirol‑Logos an die Beklagte ist daher jedenfalls vertretbar.

[9] 3. Der begangene Verstoß und die Verteidigung der Rechtmäßigkeit des Handelns durch die Beklagten im Prozess indiziert nach ständiger Judikatur die Wiederholungsgefahr (RS0080119; RS0012055 [T1, T5]; RS0119007). Die Beklagten haben zudem nicht dargetan, dass eine Wiederholung ihrer Handlung ausgeschlossen oder äußerst unwahrscheinlich ist.

[10] 4. Der Verkehr ist es gewöhnt, dass Auszeichnungen auf Produktverpackungen nicht übermäßig groß abgebildet werden. Die Größe der Abbildung einer Auszeichnung korreliert nicht mit der Größe der Wertschätzung des Auszeichnenden (4 Ob 156/21a). Das Berufungsgericht hat daher das Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle auch hier vertretbar bejaht.

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