European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0240DS00002.23P.0322.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte
Spruch:
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten auf 800 Euro herabgesetzt werden.
Gründe:
[1] Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Salzburg vom 7. Juni 2021, DISZ/3‑18‑950.17‑60, wurde *, Rechtsanwalt in * des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt schuldig erkannt, und hierfür gemäß § 16 Abs 1 Z 2 und Abs 5 zweiter Satz DSt unter Bedachtnahme auf das zu D 3/17 ergangene Erkenntnis des Disziplinarrats der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer zu einer (Zusatz‑)Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt.
[2] Danach hat er sich am 11. Dezember 2017 der Sicherheitskontrolle durch das diensthabende Wachorgan beim Bezirksgericht Salzburg widersetzt und sich widerrechtlich Zutritt in das innere Foyer dieses Gerichts verschafft, nachdem ihm mangels Bereitschaft, sich der Sicherheitskontrolle zu unterziehen, der Zutritt verweigert worden war.
[3] Der dagegen erhobenen Berufung hat der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 6. Dezember 2022, AZ 24 Ds 1/22i, dahin Folge gegeben, dass er die Geldbuße auf 500 Euro reduzierte. Gleichzeitig wurde der Beschuldigte zum Ersatz der Kosten auch des Rechtsmittelverfahrens verpflichtet.
[4] Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Jänner 2023 setzte der Vorsitzende des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Salzburg die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten (§ 41 Abs 2 DSt) mit 1.190 Euro fest. Begründend führt der Beschluss aus, dass bei der Bemessung der Pauschalkosten auf den Umfang des Ermittlungsverfahrens und die Dauer der Disziplinarverhandlungen der ersten Instanz im Ausmaß von 3 Stunden und 20 Minuten (davon 5 Minuten für die Beratung) sowie des Berufungsverfahrens in der Dauer von 15 Minuten (davon 9 Minuten für die Beratung) Bedacht genommen worden sei. Wirtschaftliche Überlegungen wurden bei der Festsetzung der Pauschalkosten (erkennbar) nicht berücksichtigt.
Rechtliche Beurteilung
[5] Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten, mit der er in erster Linie die Nichtfestsetzung von Pauschalkosten und hilfsweise deren Reduzierung auf 50 Euro begehrt.
[6] Neben der mit den vorgeschriebenen Pauschalkosten verbundenen unbilligen Härte angesichts seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit (geringe Einkünfte aus einer Berufsunfähigkeitspension und erhebliche Schulden) führt der Beschuldigte begründend noch ins Treffen, dass der Disziplinarrat einen Großteil des Verfahrensaufwands durch verschiedene rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen selbst herbeigeführt habe, und dass im Übrigen die Pauschalgebühr in keinem angemessenen Verhältnis zur Strafe stünde.
[7] Die Beschwerde erweist sich als teilweise berechtigt.
[8] Gemäß § 41 Abs 2 DSt sind die Pauschalkosten nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens unter Vermeidung unbilliger Härten zu bemessen; sie dürfen 5 % des in § 16 Abs 1 Z 2 DSt genannten Betrags, das sind derzeit 2.250 Euro, nicht übersteigen. Bei der Kostenermittlung ist zwar von der tatsächlich vorgelegenen Belastung für die im Verfahren tätigen Organe in Bezug auf den die Kostenersatzpflicht auslösenden Schuldspruch auszugehen (§ 381 Abs 5 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt; RIS‑Justiz RS0078291), die Kosten sind jedoch nicht für die einzelnen in Anspruch genommenen Leistungen, sondern insgesamt für das gesamte Verfahren zu berechnen und zu bestimmen (30 Ds 3/18x). Auch sind zur Vermeidung unbilliger Härten die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Sorgepflichten des Disziplinarbeschuldigten heranzuziehen (Lehner in Engelhart et al RAO11 § 41 DSt, Rz 2 ff; König in Murko/Nunner-Krautgasser, Anwaltliches und notarielles Berufsrecht § 41 DSt Rz 3; Feil/Wennig, Anwaltsrecht8 § 41 DSt, 948 f; RIS-Justiz RS0078291 [T5 und T6]), ohne dass allerdings die anderen Komponenten für die Kostenermittlung, wie insbesondere der Verfahrensumfang, außer Acht gelassen werden dürfen (RIS-Justiz RS0057112).
[9] Soweit der Beschuldigte behauptet, ein Großteil der Verfahrenskosten wäre durch die Missachtung materiellen und formellen Rechts durch den Disziplinarrat entstanden, ist ihm entgegenzuhalten, dass diesem Vorbringen jegliche Tatsachengrundlage fehlt und dass die Pauschalkosten letztlich auf Basis des Erfolgsprinzips als Einheit zu behandeln sind (RIS-Justiz RS0078291 [T5, T6]). Wenn der Beschuldigte weiters moniert, der Verfahrensaufwand hätte durch die Verbindung der beiden Disziplinarverfahren, die getrennt vor der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg und der Rechtsanwaltskammer Salzburg geführt worden waren, erheblich vermindert werden können, so ist ihm entgegenzuhalten, dass es bei der Bestimmung der Pauschalkosten nicht auf einen fiktiven Aufwand, sondern auf den tatsächlichen Aufwand ankommt (RIS‑Justiz RS0078291; König in Murko/Nunner-Krautgasser, Anwaltliches und notarielles Berufsrecht § 41 DSt Rz 2). Im Übrigen sehen die im Disziplinarverfahren der Rechtsanwälte geltenden besonderen Zuständigkeitsvorschriften (§ 20 Abs 1 DSt, § 23 Abs 1 RAO, § 7 Abs 1 zweiter Satz EIRAG) keine Verbindung von in den Wirkungsbereich verschiedener Rechtsanwaltskammern fallenden Verfahren vor (RIS-Justiz RS0056813). Verfehlt ist schließlich auch der Einwand, die festgesetzten Pauschalkosten stünden in einem Missverhältnis zu der über den Beschuldigten verhängten Geldstrafe, das Gesetz sieht nämlich – innerhalb der Grenzen des § 41 Abs 2 DSt iVm § 16 Abs 1 Z 2 DSt – keine bestimmte Relation zur konkreten Geldstrafe vor (20 Ds 10/14t; 20 Ds 9/20h).
[10] Der durch die zahlreichen zur Gänze erfolglosen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel des Beschuldigten im Vorverfahren ausgelöste Aufwand würde die Höhe der im bekämpften Beschluss festgesetzten Pauschalkosten rechtfertigen. Allerdings blieb, was der Beschuldigte zu Recht beanstandet, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die erheblich unter dem durchschnittlichen Einkommen und Vermögen eines Rechtsanwalts liegt (Protokoll 7. 6. 2021, ON 58, S 9), unberücksichtigt. Aus diesen, ebenfalls zu berücksichtigenden Gründen waren daher die Pauschalkosten entsprechend zu mindern.
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