OGH 12Os7/23f

OGH12Os7/23f23.2.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Februar 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * D* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D* gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 13. September 2022, GZ 29 Hv 31/22s‑35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00007.23F.0223.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Jugendstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten * D* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Relevanz – * D* des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGBschuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 2. Oktober 2021 in H* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem sie den vor einem Haus gelagerten Sperrmüll unter Verwendung von Kerzen anzündeten, wodurch die Hausfassade des angrenzenden Hauses der Siedlungsgenossenschaft „W*“ und eine Straßenlaterne der Stadtgemeinde H* sowie ein PKW zerstört wurden und drei namentlich genannte Personen eine Rauchgasvergiftung erlitten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * D*, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Tatrichter begründeten die subjektive Tatseite in Ansehung der Herbeiführung einer Feuersbrunst mit den örtlichen Gegebenheiten, der gezielten Positionierung der Kerzen in der Nähe eines bestimmten Gegenstands im Sperrmüllhaufen und dem Entzünden eines offenen Feuers (US 12). Die Kritik, diese Erwägungen der Tatrichter stellten Scheingründe dar, erschöpft sich in einer bloßen Behauptung, die ihrerseits einer Begründung entbehrt. Scheingründe sind im Übrigen der Sache nach – anders als hier – zirkuläre Überlegungen, die den zu beweisenden Tatumstand stillschweigend im Rahmen der Beweisführung als bewiesen voraussetzen, mit anderen Worten an die Stelle einer Begründung eine Behauptung setzen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 446).

[5] Mit den dazu weiters vorgebrachten eigenen Schlussfolgerungen aus dem – vom Erstgericht gewürdigten (US 12) – Umstand, dass der Stoff, den die Angeklagten in Brand setzten, feucht war, bezeichnet die Rüge einen Begründungsmangel nicht deutlich und bestimmt, sondern kritisiert sie bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0099455 [insbes T16]). Gleiches gilt für den Einwand, dass „keinerlei Anhaltspunkte“ für einen die Herbeiführung einer Feuersbrunst umfassenden Vorsatz vorlägen.

[6] Die (der Sache nach offenbar eine Beurteilung nach § 169 Abs 2 StGB anstrebende) Subsumtionsrüge (Z 10; nominell Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zur Fremdheit oder dem Fehlen einer Einwilligung der Eigentümer, lässt aber die gerade dazu (teils disloziert) getroffenen Konstatierungen (US 7 und 12; vgl auch US 15) außer Acht und verfehlt damit den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

[7] Gleiches gilt für die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die eine Beteiligung (§ 12 StGB) des Beschwerdeführers an der strafbaren Handlung bestreitet, dabei aber die Feststellungen, wonach beide Angeklagte die Teelichter an einer für das Entzünden des Brandes günstigen Stelle platzierten (US 7), vernachlässigt.

[8] Mit der Kritik des Fehlens von „Feststellungen zu Art und Umfang des in Brand geratenen Sperrmülls“, legt die (der Sache nach eine rechtliche Beurteilung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB anstrebende) Subsumtionsrüge (Z 10, nominell Z 9 lit a) nicht dar, weshalb derartige Sachverhaltsannahmen trotz konstatierter subjektiver Tatseite hinsichtlich der Herbeiführung einer Feuersbrunst (US 12) und angesichts rechtlicher Gleichwertigkeit der Versuchsstrafbarkeit (RIS‑Justiz RS0122138) für die Schuldfrage von Bedeutung und aus diesem Grund das Tatbild des § 169 Abs 1 StGB nicht erfüllt sein sollte (RIS‑Justiz RS0094987 [T1], RS0116565; 11 Os 137/03; vgl Murschetz in WK² StGB § 169 Rz 14).

[9] Zudem orientiert sich die (offenbar auf die Voraussetzungen des § 15 Abs 3 StGB abzielende) Behauptung, der Brand hätte sich nicht auf das Wohnhaus ausbreiten können, nicht am Urteilssachverhalt, wonach ein Übergreifen durch das Einschreiten der Feuerwehr verhindert wurde (US 7; vgl aber erneut RIS‑Justiz RS0099810).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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