OGH 2Ob12/23p

OGH2Ob12/23p21.2.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Johann Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*, vertreten durch Dr. Christoph Brandweiner und Dr. Gabriela Brandweiner‑Reiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 139.424,56 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. November 2022, GZ 2 R 151/22x‑63, denn

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00012.23P.0221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand der Revision ist die Frage der Verjährung eines aus § 786 Satz 2 ABGB aF abgeleiteten Anspruchs, den die Klägerin in Form einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO durchzusetzen beabsichtigt. Das Berufungsgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren mit den Streitteilen am 25. 6. 2015 zugestelltem Teilurteil statt.

[2] Die Vorinstanzen gingen von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens aus und wiesen das im Fortsetzungsantrag vom 2. 8. 2021 bezifferte Zahlungsbegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO nicht auf.

[4] 1. Die Vorinstanzen gingen von einer dreijährigen Verjährungsfrist aus. Die Klägerin wendet sich nur insofern gegen diese Rechtsansicht, als sie argumentiert, dass der zu beurteilende Anspruch bereicherungsrechtlicher Natur sei und daher einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliege. Dem ist zu erwidern, dass der Anspruch nach § 786 Satz 2 ABGB aF eine schuldrechtliche Teilnahme des Pflichtteilsberechtigten an der Entwicklung des Nachlasses zwischen Erbfall und wirklicher Zuteilung normiert (7 Ob 158/98f mwN) und damit nicht als bereicherungsrechtlich qualifiziert werden kann.

[5] 2. Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, dass die Klage gehörig fortgesetzt wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht gehörige Fortsetzung iSd § 1497 ABGB anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nichts mehr gelegen ist (RS0034765). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen, die im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein müssen (RS0034849). Wenn sich der Beklagte auf die Verjährung infolge nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens beruft, ist es Aufgabe des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit und die Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und zu beweisen (RS0034805).

[6] Ob nach diesen Grundsätzen eine ungewöhnliche Untätigkeit des Klägers vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 32/20z Punkt 5. mwN).

[7] 2.1. Das Berufungsgericht ging von einer ungewöhnlichen Untätigkeit der Klägerin aus, weil das Erstgericht nicht feststellen konnte, dass die Klägerin bzw deren Rechtsvertreter zwischen der ergänzenden Übermittlung von Unterlagen durch den Beklagten Anfang August 2018 und einem Telefonat im Juli 2021 irgendwelche dem Beklagten bzw dessen Rechtsvertreterin zur Kenntnis gelangten Schritte zur Durchsetzung ihres Anspruchs setzte. Mit dieser Rechtsansicht hat das Berufungsgericht den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

[8] 2.2. Dass das Berufungsgericht die Frage der ungewöhnlichen Untätigkeit der Klägerin einzig aus der subjektiven Perspektive des Beklagten und nicht nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt hätte, lässt sich dessen rechtlicher Beurteilung nicht entnehmen, sodass die Klägerin mit ihren dazu gemachten Ausführungen keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag.

[9] 3. Soweit die Klägerin argumentiert, die Rechnungslegung durch den Beklagten sei „evident unvollständig“, unterlässt sie es darzulegen, in welchen Punkten die umfassende Rechnungslegung durch den Beklagten konkret unvollständig geblieben und inwiefern er seiner Verpflichtung zur Legung einer formell vollständigen Rechnung (RS0004372) nicht nachgekommen sein sollte.

[10] 4. Den Feststellungen lässt sich weder ein Anerkenntnis durch den Beklagten noch das Führen zielgerichteter Vergleichsverhandlungen entnehmen, sodass die darauf gestützte Argumentation in der Revision ins Leere geht.

[11] 5. Das Berufungsgericht hat vertretbar darauf hingewiesen, dass der festgestellte Sachverhalt keine Grundlage für die Annahme eines gegen Treu und Glauben verstoßenden Verjährungseinwands des Beklagten (vgl RS0034537) bietet. Zu bedenken ist, dass die Rechtsanwältin des Beklagten im Dezember 2018 sogar wegen einer ausstehenden Reaktion der Klägerin auf die im August 2018 übermittelten Unterlagen nachfragte, der Rechtsanwalt der Klägerin jedoch entgegen seiner Ankündigung eine Stellungnahme nicht zeitnah übersandte, sondern rund zwei Jahre später erarbeitete und der Gegenseite gar erst im Sommer 2021 nachweislich übermittelte.

[12] 6. Insgesamt war die außerordentliche Revision damit zurückzuweisen.

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