OGH 1Ob159/22x

OGH1Ob159/22x12.10.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Parzmayr und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. S*, und 2. J*, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. M*, wegen 179.587,14 EUR sA sowie Feststellung, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Juni 2022, GZ 12 Nc 4/22p‑3, mit dem ihr Ablehnungsantrag vom 14. März 2022 zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00159.22X.1012.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels endgültig selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die Kläger lehnten die Erstrichterin im Ausgangsverfahren (nachdem ihre Klage abgewiesen wurde), die Vorsitzende des zur Entscheidung über die Ablehnung berufenen Senats sowie den Vorsitzenden des zur Entscheidung über die letztgenannte Ablehnung berufenen Senats erfolglos ab.

[2] Die nunmehrige Ablehnung richtet sich gegen zwei Mitglieder des Berufungssenats. Als Ablehnungsgründe wurden eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung sowie Verfahrensfehler behauptet; die Ablehnung wurde außerdem darauf gestützt, dass die abgelehnten Richter in früheren Entscheidungen eine unrichtige Rechtsansicht vertreten hätten.

[3] Das Berufungsgericht wies – insofern als Erstgericht – den Ablehnungsantrag als unbegründet zurück.

[4] Der dagegen erhobene Rekurs der Ablehnungswerber ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Eine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Ablehnungsverfahrens liegt nicht vor.

[6] 1.1. Aus dem vermeintlichen Verstoß gegen § 183 Geo kann nach ständiger – dem Rechtsvertreter der Ablehnungswerber bekannter – Rechtsprechung keine Nichtigkeit abgeleitet werden (6 Ob 113/22v mwN).

[7] 1.2. Die Urschrift des angefochtenen Beschlusses wurde von allen drei im Kopf der Entscheidung als Senatsmitgliedern angeführten Richtern eigenhändig unterfertigt. Dass die Beisetzung des Datums der jeweiligen Unterfertigung nicht notwendig ist, wurde bereits mehrfach ausgesprochen (3 Ob 60/22b mwN). Warum ein Verstoß gegen § 429 Abs 1 ZPO vorliegen und die Entscheidung deswegen nichtig sein soll, ist nicht nachvollziehbar.

[8] 1.3. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO läge nur vor, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft wäre, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könnte, wenn die Entscheidung mit sich selbst im Widerspruch stünde oder diese keine Begründung enthielte. Davon kann hier keine Rede sein.

[9] 1.4. Warum der angefochtene Beschluss nichtig sein soll, weil „seine Erlassung als solche gegen unbedingt geltende gesetzliche Verbote verstieß“ (der Rekurs nennt in diesem Zusammenhang die Bestimmung des § 302 StGB), bleibt gänzlich unklar (vgl 5 Ob 76/22w).

[10] 2. Auch die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Aus dem vermeintlichen Verstoß gegen § 183 Geo kann ein solcher nicht abgeleitet werden (6 Ob 113/22v). Welche konkreten „Vorschriften über die Aktenführung“ bzw „Bestimmungen über die Paginierung“ nicht eingehalten worden seien und welche Relevanz einem solchen behaupteten Formalfehler zukommen soll, ist nicht ersichtlich.

[11] 3. Der Rechtsrüge kommt ebenfalls keine Berechtigung zu. Die Rekurswerber setzten sich mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund bildet (RS0111290; RS0045916) und es nicht Sache eines Ablehnungssenats ist, die Rechtsprechung eines anderen Senats zu überprüfen (RS0046047), nicht näher auseinander. Anhaltspunkte dafür, dass sich die abgelehnten Gerichtsorgane bei ihren Entscheidungen von unsachlichen Motiven leiten hätten lassen, wurden in erster Instanz nicht konkret behauptet. Auch der Rekurs enthält dazu keine nachvollziehbare Darlegungen. Das Ablehnungsverfahren soll den Parteien nicht die Möglichkeit bieten, sich eines ihnen nicht genehmen Richters zu entledigen (RS0111290). „Kaskadenartige“ Ablehnungen, die (wie hier) im Wesentlichen auf bloß wiederholte Pauschalvorwürfe gründen, erfolgen ganz offenkundig rechtsmissbräuchlich (RS0111658 [T7] = 1 Ob 209/19w). Dass das Erstgericht den Ablehnungsantrag bereits aufgrund des Vorbringens, das keinen tauglichen Ablehnungsgrund erkennen ließ, zurückwies, begegnet keinen Bedenken. Behauptete Feststellungsmängel liegen nicht vor.

[12] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 40 Abs 1  ZPO. Das Ablehnungsverfahren bildet einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RS0126588).

Stichworte