European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00132.21Z.0331.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * F* im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 14 Os 3/21d) des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in T* im Herbst 2019 nachgemachtes Geld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12 StGB) oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernommen, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, indem er auf der Internetplattform „wish“ 100 Stück gefälschte 10‑Euro‑Scheine kaufte, um diese als Zahlungsmittel zu verwenden.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter die (geständige) Verantwortung des Angeklagten zu allen anderen von der Anklage umfassten (dem im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch zugrundeliegenden) Taten ebenso wenig unberücksichtigt gelassen wie jene zu den Gründen für den Erwerb von Falschgeld (US 5 und 8). Die im Rechtsmittel reklamierte Aussage zu seinen nachträglichen Überlegungen, das nachgemachte Geld auszugeben, wurde in den Urteilsgründen ebenfalls beachtet (US 5). Indem die Beschwerde die (gewürdigten) Angaben des Angeklagten als „äußerst glaubwürdig“ bezeichnet und aus mehreren als übergangen reklamierten Details derselben – zu deren Erörterung das Schöffengericht mit Blick auf das Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verpflichtet war (RIS‑Justiz RS0106642) – den Vorsatz des Angeklagten auf das Inverkehrbringen von Falschgeld in Abrede stellt, bekämpft sie die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
[5] Mit einer Einschätzung des (ursprünglich Mitangeklagten) * M*, F* habe sicher nichts mit Falschgeld bezahlt, weil er zu große Angst gehabt habe, musste sich das Schöffengericht – der Rüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider – schon deshalb nicht auseinandersetzen, weil bloße Meinungen und Schlussfolgerungen vernommener Personen keine erörterungsbedürftigen Beweisergebnisse sind (vgl RIS‑Justiz RS0097540 [T2, T17, T18]).
[6] Die von der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung für die Feststellungen, dass die Übergabe des nachgemachten Geldes im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann erfolgte und dies vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war (US 4), befindet sich – für alle angesprochenen Aspekte gemeinsam – auf US 6. Das Schöffengericht stützte dieser zufolge die Sachverhaltsannahmen auf den Umstand, dass der Erwerb des Geldes auf einer Internetplattform erfolgte, auf der „diverse Verkäufer ihre Waren zu Billigstpreisen anbieten“, und verwies weiters darauf, dass – auch wenn der Verkäufer nicht zu eruieren gewesen sei – aufgrund der Vorgehensweise des Angeklagten (vgl US 3 f) am Wissen desselben um den Bezug des Falschgeldes vom Hersteller der Euroscheine, von einem an der Fälschung Beteiligten oder von einer Person, die die Scheine aufgrund des direkten Kontakts mit dem Hersteller im Einverständnis mit diesem im Rahmen einer ununterbrochenen einvernehmlichen Erwerbskette von diesem übernommen hat, kein Zweifel bestand.
[7] Indem die Beschwerde behauptet, bei einem „derartigen Kaufpreis“ der Geldscheine sei nicht davon auszugehen, dass es sich beim Verkäufer um einen an der Fälschung Beteiligten oder einen Mittelsmann gehandelt habe, und darauf hinweist, dass der Verkäufer der nachgemachten Banknoten nicht eruierbar gewesen sei, zeigt sie keinen Begründungsmangel auf, sondern übt in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik.
[8] Gleiches gilt für die Überlegungen, es würde niemand vom Erwerb von Falschgeld durch einen an der Fälschung Beteiligten ausgehen, wenn auf den Geldscheinen und im Internet auf einem Foto der angebotenen Ware der Aufdruck „Prop Copy“ angebracht sei, und die Kenntnis des Verkäufers sowie des Angeklagten von der Falschgeldqualität sei auch deshalb zu verneinen, weil der Erwerb nicht über das „Darknet“ erfolgt sei, der Übergeber nur Scherzartikel verkaufen habe wollen und deshalb den Aufdruck „Prop Copy“ angebracht habe, die Produkte auf der Internetplattform „wish“ größtenteils aus China geliefert würden, ein Verkäufer aus China keine „Kenntnis der Falschgeldqualität (beurteilt nach österreichischem Recht!)“ habe, und schließlich dem Angeklagten die Beurteilung der Verwechslungstauglichkeit im Zuge der Bestellung nicht möglich gewesen sei.
[9] DerEinwand (Z 5 vierter Fall), der auf die Übernahme von nachgemachtem Geld gerichtete Vorsatz sei (nur) durch den „kurzen Nebensatz“, wonach „bei Bestellung von Waren und auch von derartigen Geldscheinen wohl auch die Maße dieser Scheine angeführt sind“ (US 6), „höchst bedenklich“ begründet worden, richtet sich mit Blick darauf, dass die Tatrichter die subjektive Tatseite auch auf die Vorgehensweise des Angeklagten gestützt haben (US 6), lediglich gegen die sachverhaltsmäßige Bejahung eines einzelnen als erheblich beurteilten Umstands, der keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache war (RIS‑Justiz RS0116737).
[10] Indem der Beschwerdeführer vermeint, das Erstgericht habe ihn entlastende Passagen seiner (ohnehin gewürdigten [US 5]) Verantwortung übergangen, bringt er den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht verfahrenskonform zur Darstellung.
[11] Den auf das Inverkehrsetzen von Falschgeld gerichteten Vorsatz hat das Erstgericht damit begründet, dass sich der Angeklagte – entgegen seiner für unglaubwürdig erachteten Verantwortung, bloß Spielgeld erworben zu haben – in der Folge eine Geldwurfmaschine nicht gekauft, Falsifikate an M* weitergegeben, die übrigen Geldscheine vorerst bei sich verwahrt und sich in einer schlechten finanziellen Situation befunden hat (US 5, 7). Warum es sich bei diesen Erwägungen um eine Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) handeln soll (vgl dazu RIS‑Justiz RS0099494 [T11, T12]), bleibt unklar. Die den genannten Vorsatz in Abrede stellende, auf Aussagen des Angeklagten basierende Argumentation erschöpft sich ebenso in – in dieser Form unzulässiger – Beweiswürdigungskritik wie derHinweis auf den Umstand, dass der Angeklagte trotz Begehung von Einbruchsdiebstählen das Falschgeld nie ausgegeben hat.
[12] Da die Eignung eines Falsifikats, den Eindruck zu erwecken, es handle sich um echtes Geld (vgl RIS‑Justiz RS0095642), eine Rechtsfrage ist (vgl 13 Os 134/10w; missverständlich hingegenSchroll in WK2 StGB § 232 Rz 7 und 26 sowie Oshidari SbgK § 232 Rz 22), kann sie nicht Gegenstand von Feststellungen und Bezugspunkt des Vorsatzes sein (vgl dazu RIS‑Justiz RS0092448 und RS0092538 [zu § 74 Z 5 StGB], RS0092160 [T1 zu § 107 StGB], RS0132824 [zu § 107b StGB], RS0133513 [zu § 310 StGB]).
[13] Soweit sich die Mängelrüge und die Tatsachenrüge (Z 5a) gegen in den Urteilsgründen enthaltene Aussagen zur Verwechslungstauglichkeit und zum darauf bezogenen Vorsatz (US 3 f, 5 und 6) – nicht jedoch gegen die diesen zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände – richten, gehen sie daher ins Leere.
[14] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das Vorbringen der Mängelrüge verweist und unter einem eine „denkgesetzwidrige Begründung“ behauptet, wird der wesensmäßige Unterschied der Nichtigkeitsgründe und das daraus resultierende Erfordernis getrennter Ausführung übersehen (RIS‑Justiz RS0115902).
[15] Mit Hinweisen auf die (oben genannte) Aussage M*s, das Aussehen der Falsifikate sowie auf zahlreiche Passagen der Verantwortung des Angeklagten weckt die Rüge keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0118780).
[16] Gleiches gilt für die Verweise auf das Aussageverhalten des Angeklagten und den Umstand, dass er das Falschgeld nicht ausgegeben hat (vgl RIS‑Justiz RS0099674).
[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
[18] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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