OGH 2Nc3/22x

OGH2Nc3/22x3.2.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R*, vertreten durch Dr. Thomas Hofer-Zeni, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH, als Masseverwalterin der K*, vertreten durch die Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, wegen 114.647,50 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige der Mitglieder des * Senats vom 21. Jänner 2022 im Revisionsverfahren *, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020NC00003.22X.0203.000

 

Spruch:

1. * ist als Mitglied des * Senats im Revisionsverfahren zu AZ * ausgeschlossen.

2. * und * sind als Mitglieder des * Senats im Revisionsverfahren zu AZ * befangen.

3. Die * und * sind dagegen als Mitglieder des * Senats im Revisionsverfahren zu AZ * nicht befangen.

 

Begründung:

[1] Für die Behandlung des im Spruch genannten Rechtsmittels ist nach der Geschäftsverteilung der * Senat des Obersten Gerichtshofs zuständig.

[2] Am 21. Jänner 2022zeigten die Mitglieder dieses Senats Gründe für ihre Ausgeschlossenheit bzw Befangenheit an (§ 22 GOG). Der Klagevertreter sei der Ehemann eines Senatsmitglieds. Zwei weitere Senatsmitglieder hätten zum Klagevertreter freundschaftlichen Kontakt, die anderen beiden Senatsmitglieder zeigten dagegen einen solchen näheren Kontakt nicht an.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Anzeigen sind teilweise begründet.

[4] 1. Nach § 20 Abs 1 Z 2 JN sind Richter von der Ausübung des Richteramtes in bürgerlichen Rechtssachen ua in Sachen ihrer Ehegatten ausgeschlossen.

[5] Auch ein Verwandtschaftsverhältnis des Richters zum Bevollmächtigten einer Partei hat grundsätzlich die Ausschließung des Richters im Sinne des § 20 Z 2 JN zur Folge (RS0045963). Der Richter (die Richterin) ist selbst dann ausgeschlossen, wenn sein als Parteienvertreter einschreitender Ehegatte erklärt, nur im Rechtsmittelverfahren (Revisionsverfahren) den Auftrag zum Tätigwerden zu haben und sich daher am vom Richter geleiteten Verfahren nicht aktiv zu beteiligen (RS0045960), oder der Ehegatte Gesellschafter oder Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, der nach § 21e RAO Vollmacht erteilt wurde und zwar auch dann, wenn der Ehegatte in diesem Verfahren tatsächlich nicht als Vertreter der Rechtsanwalts-Gesellschaft tätig wird (6 Ob 176/13w; RS0045963 [T8]).

[6] Nur für Fälle, in denen der Ehegatte mit dem Bevollmächtigten einer Partei lediglich in einer Kanzleigemeinschaft steht, sofern die Partei nicht auch ihm selbst Prozessvollmacht erteilt hat, oder bei einem nur angestellten Rechtsanwalt einer bevollmächtigten Rechtsanwalts‑Gesellschaft wurde die Ausgeschlossenheit verneint (RS0045942; RS0129010).

[7] Hier wurde dem Ehemann der Richterin selbst Vollmacht erteilt, sie ist daher im Sinne der dargestellten Judikatur von der Entscheidung in dieser Sache ausgeschlossen.

[8] 2. Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, wenn also eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung durch sachfremde psychologische Motive gegeben ist (RS0046052; RS0046076).

[9] Dafür kommen etwa private persönliche Beziehungen zu einer Prozesspartei oder deren Vertreter in Betracht, die über einen rein kollegialen Kontakt hinausgehen (8 Nc 42/15s; 8 Nc 27/15k). Ein freundschaftliches Verhältnis des Richters nicht nur zur Prozesspartei, sondern auch zu ihrem Vertreter ist als zureichender Grund anzusehen, die Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (vgl RS0046076).

[10] Ein solcher näherer, freundschaftlicher Kontakt besteht hier zwischen zwei Senatsmitgliedern und dem Klagevertreter, sodass deren Befangenheit festzustellen war.

[11] 3. Die Vermutung spricht aber für die Unparteilichkeit eines Richters, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (6 Ob 223/07y; 5 Nc 11/04v). Mangels weiterer als beruflicher oder kollegialer Kontakte ist eine objektive Entscheidung nicht gehindert und der Richter nicht als befangen anzusehen (vgl 8 Nc 11/08x; 5 Nc 11/04v zu Richtern des selben Gerichts).

[12] Dies kann auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Hinsichlich der beiden Senatsmitglieder, die keinen näheren Kontakt zum Klagevertreter haben, ist daher Befangenheit nicht anzunehmen.

[13] 4. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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