OGH 8Nc42/15s

OGH8Nc42/15s29.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** S*****, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der ***** verstorbenen M***** M*****, vertreten durch die Erbin DI Dr. J***** M*****, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 113.340 EUR sA und Rechnungslegung, aufgrund der Befangenheitsanzeigen der Hofräte des Obersten Gerichtshofs M***** und D***** aus Juli 2015 im Revisionsverfahren zu AZ *****, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00042.15S.0929.000

 

Spruch:

Die Hofräte des Obersten Gerichtshofs M***** und D***** sind als Ersatzmitglieder des 2. Senats im Verfahren über den Revisionsrekurs der beklagten Partei zu AZ ***** befangen.

Begründung

Das zugrunde liegende Verfahren betrifft Pflichtteilsansprüche der Klägerin. Gegenstand der im Revisionsrekursverfahren bekämpften Entscheidungen sind Anträge, den Separationskurator als Vertreter der beklagten Partei dem Verfahren beizuziehen und diesem Akteneinsicht zu gewähren. Gegen den dazu vom Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht gefassten Beschluss vom 4. März 2015 erhob die beklagte Partei Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof.

Für die Behandlung dieses Rechtsmittels ist nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 2. Senat zuständig. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. Mai 2015, 8 Nc 27/15k, wurden bereits drei Mitglieder des 2. Senats in diesem Verfahren für befangen erklärt. Mit Noten jeweils aus Juli 2015 zeigten die nach der Geschäftsverteilung als Ersatzmitglieder des 2. Senats berufenen Hofräte des Obersten Gerichtshofs M***** und D***** ihre Befangenheit an und führten aus, dass sie mit der Klägerin seit vielen Jahren kollegial-freundschaftlich verbunden seien und bei regelmäßigen persönlichen Kontakten auch private Gespräche mit ihr führen würden. Zum Teil hätten sie auch Kenntnis vom zugrunde liegenden Rechtsstreit. Sie fühlten sich daher auch subjektiv als befangen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn ‑ bei objektiver Betrachtungsweise ‑ ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (8 Nc 40/15x). Dafür kommen etwa private persönliche Beziehungen zu einer Prozesspartei oder deren Vertreter in Betracht, die über einen rein kollegialen Kontakt hinausgehen (8 Nc 27/15k).

Aufgrund des nicht nur kollegialen Verhältnisses, sondern einer darüber hinausgehenden freundschaftlichen Verbundenheit mit der Klägerin, die von persönlichen Kontakten und teilweise auch privaten Gesprächen begleitet ist, erweisen sich die Befangenheitsanzeigen als begründet. Für einen Verfahrensbeteiligten müsste unweigerlich der Eindruck bestehen, die richterliche Willensbildung der Hofräte des Obersten Gerichtshofs M***** und D*****, die sich auch subjektiv als befangen betrachten, könnte von der beschriebenen persönlichen Verbundenheit mit der Klägerin und damit von sachfremden Motiven beeinflusst sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte