European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00240.21M.0131.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin deren mit jeweils 939,24 EUR (darin je 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
[1] Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Verjährung allfälliger Gewährleistungsansprüche des Klägers aus dem Ankauf eines Gebrauchtwagens von der Beklagten strittig.
[2] Das Erstgericht verneinte die Verjährung und gab dem Begehren auf Ersatz der Verbesserungskosten statt.
[3] Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe keine eigenhändigen Verbesserungsversuche unternommen, sondern den Kläger zum Auslesen des Fehlerspeichers an eine Vertragswerkstätte verwiesen. Dies reiche nicht aus, um einen Verbesserungsversuch der Beklagten anzunehmen. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers seien daher verjährt.
[4] Die Revision ließ es – über Abänderungsantrag des Klägers – nachträglich mit der Begründung zu, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung, ob der Verweis an einen Dritten zum Auslesen des Fehlerspeichers, somit zur Prüfung, ob Gewährleistungsansprüche bestehen, für sich allein ein Verbesserungsversuch des Übergebers sei, der die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche unterbreche.
[5] Der Kläger strebt in seiner ordentlichen Revision die Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an.
[6] Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[7] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig, sie kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
[8] 1.1. Gemäß § 1497 ABGB wird der Fristenlauf – auch von Gewährleistungsfristen (RIS‑Justiz RS0018790) – durch ein Anerkenntnis unterbrochen. Schon ein deklaratives Anerkenntnis reicht dafür aus (RS0033015).
[9] 1.2. Für die Unterbrechung der Gewährleistungsfrist durch Anerkenntnis genügt nach der Rechtsprechung jede Handlung des Schuldners, die in irgendeiner Weise sein Bewusstsein, aus dem betreffenden Schuldverhältnis dem Gläubiger (dem Grunde nach [RS0034529]) verpflichtet zu sein, zum Ausdruck bringt. Abzustellen ist auf den objektiven Erklärungswert der Willensäußerung (RS0034516).
[10] 1.3. Anerkennung im Sinn des § 1497 ABGB ist jede Rechtshandlung des Schuldners, die eine Anerkennung des Rechts des Gläubigersdenknotwendig voraussetzt oder seine Absicht, die Schuld anzuerkennen deutlich erkennen lässt (RS0034477). Ein deklaratives Anerkenntnis wäre bei bloßer Bestätigung oder Bekräftigung eines vom Schuldner als bestehend angenommenen Rechtsverhältnisses im Sinn einer Wissenserklärung anzunehmen (vgl 7 Ob 146/15v). Eine Erklärung des Schuldners, aus der sich nicht deutlich entnehmen lässt, dass er das Bestehen der Forderung zugibt, reicht zur Annahme eines Anerkenntnisses im Sinn des § 1497 ABGB nicht aus (RS0034477 [T2]; 7 Ob 146/15v [zum Verweis des Beklagten auf eine künftig zu treffende Lösung und ein Gentlemen´s Agreement]).
[11] 1.4. Letztlich hängt die Frage, ob eine Erklärung als Anerkenntnis zu werten ist, von den Umständen des Einzelfalls ab und wirft daher – abgesehen von Fällen krasser Fehlbeurteilung – grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0044468 [T1, T3]). Das vom Berufungsgericht zur Begründung des Zulassungsausspruchs verwendete Argument, Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle, reicht nicht aus, um eine erhebliche Rechtsfrage zu begründen (RS0122015 [T4]). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen einer höchstgerichtlichen Entscheidung zu einem „vergleichbaren Sachverhalt“, müsste der Oberste Gerichtshof in vielen Fällen die Sachentscheidung fällen, obwohl sie in Wahrheit keine erhebliche Rechtsfrage, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufwirft (RS0122015 [T2]). Ein solcher Fall liegt hier vor.
[12] 2.1. Das Berufungsgericht bezweifelt nicht, dass vom Schuldner unternommene Verbesserungsversuche ein deklaratives Anerkenntnis der Forderung bewirken und damit den Lauf der Gewährleistungsfrist unterbrechen (RS0018762) und dass dies auch für Verbesserungszusagen gilt (RS0018762 [T1]; RS0018921 [T10]). Das bloße In‑Aussicht‑Stellen einer Überprüfung ist allerdings kein Anerkenntnis (vgl Reischauer in Rummel/Lukas ABGB4 § 933 Rz 107 mwN). Die Zurücknahme unter Vorbehalt (RS0061241) oder die Rücksendung der Sache ohne Verbesserungsversuch (vgl 6 Ob 302/01g) wurden in der Rechtsprechung nicht als deklaratives Anerkenntnis durch Verbesserungszusage gewertet. Auch Handlungen oder Erklärungen eines vom Gewährleistungspflichtigen verschiedenen Dritten sind nach bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung nur dann geeignet, die Gewährleistungsfrist zu unterbrechen, wenn der Dritte auch berechtigt ist, den Gewährleistungspflichtigen rechtsgeschäftlich zu berechtigen oder zu verpflichten. Die Frage hängt daher von der Vertretungsmacht des erklärenden Dritten ab (vgl 7 Ob 150/10z [zur Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers bei Weiterverweisung des seine Ansprüche geltend machenden Geschädigten durch den Schädiger]). Wird der erklärende Dritte weder als Verhandlungsgehilfe eingesetzt noch ihm zumindest beschränkte Vertretungsmacht erteilt, können Erklärungen des Dritten keine Unterbrechungswirkung entfalten (vgl hiezu auch Mayerhofer, Hemmung und Unterbrechung der Gewährleistungsfrist [2017] 132).
[13] 2.2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, hier habe die (allenfalls) gewährleistungspflichtige Beklagte den Kläger zwar zum Auslesen der Fehlermeldung an eine Vertragswerkstätte verwiesen, daraus sei aber weder ein Anerkenntnis eines Mangels noch eine Verbesserungszusage oder ein deklaratives Anerkenntnis allfälliger Gewährleistungsansprüche abzuleiten, entspricht bisheriger Rechtsprechung und ist daher nicht korrekturbedürftig. Dass die Beklagte nach dem objektiven Erklärungswert ihrer Erklärung ihr Bewusstsein zum Ausdruck gebracht hätte, aus dem Schuldverhältnis dem Kläger verpflichtet zu sein, lässt sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableiten. Dass sie die Kosten des Auslesens des Fehlers in der Vertragswerkstätte übernommen hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt. Auch eine Äußerung der Beklagten, die der Kläger in dem Sinn auffassen hätte dürfen, sie werde die Vertragswerkstätte mit der Verbesserung (auf eigene Kosten) beauftragen, steht nicht fest. Soweit der Revisionswerber behauptet, die Beklagte habe die Vertragswerkstätte mit weiterer Fehlerbehebung beauftragt, ist dies feststellungsfremd und die Rechtsrüge daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Dass die Vertragswerkstätte Beauftragte oder auch nur Verhandlungsgehilfe der Beklagten gewesen wäre, wurde weder behauptet noch festgestellt. Nach den Feststellungen wandte sich der Kläger nur einmal (Ende April beim erstmaligen Aufleuchten der Warnleuchte) aus diesem Grund – bei unauffälliger Motorleistung – an die Beklagte, in weiterer Folge nahm er bei Wiederauftreten dieser Fehlermeldung (ohne Einschaltung der Beklagten) jeweils direkt Kontakt mit der Vertragswerkstätte auf. Dass das Berufungsgericht den Umstand, dass der Mitarbeiter der Beklagten den Kläger im April 2017 zum Auslesen der Fehlermeldung einmalig zur Vertragswerkstätte schickte, ohne ihm weitere Zusagen in Bezug auf den (zu diesem Zeitpunkt nicht objektivierten) Mangel zu machen, nicht als die Verjährungsfrist unterbrechendes deklaratives Anerkenntnis wertete, begegnet daher keinen Bedenken.
[14] 3. Die Revision war damit zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
[15] 4. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat der Kläger der Beklagten und der Nebenintervenientin die jeweils tarifgemäß verzeichneten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen zu ersetzen, in denen sie auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben.
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