OGH 2Ob67/21y

OGH2Ob67/21y5.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** K*****, vertreten durch Dr. Karin Prutsch und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. J***** S*****, vertreten durch Mag. Jörg Dostal, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 17.241,34 EUR sA und Feststellung (Streitwert 6.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 18. Februar 2021, GZ 3 R 12/21s‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00067.21Y.0805.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. § 19 Abs 4 StVO bestimmt, das sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ oder „Halt“ angebracht ist. Ist auf einer Zusatztafel ein besonderer Verlauf einer Straße mit Vorrang dargestellt, so haben die Fahrzeuge, die auf dem dargestellten Straßenzug kommen, den Vorrang.

[2] 2. Das Zeichen „Vorrang geben“ verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Wahrung des Vorrangs für die gesamte folgende Kreuzung (2 Ob 40/08h; 2 Ob 119/08a; RS0073405). Eine Kreuzung reicht von Baulinie zu Baulinie und umfasst zB auch Nebenfahrbahnen und Gehsteige (2 Ob 135/11h; 2 Ob 333/97b; RS0111086; RS0073454; RS0073469). Deshalb kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob das Zusammentreffen mehrerer Straßen als einheitliche Kreuzung oder als knappe Aufeinanderfolge zweier (oder mehrerer) selbständiger Kreuzungen anzusehen ist (vgl 2 Ob 214/97b; 2 Ob 119/08a), wobei diese Frage ohnehin nur im Einzelfall nach der gesamten straßenbaulichen Situation beurteilt werden kann (RS0111721).

[3] 3. Eine Straße ist nach § 2 Abs 1 Z 1 StVO eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen. Auch ein Geh- und Radweg ist daher eine Straße im Sinne der StVO (2 Ob 135/11h).

[4] 4. Wenn das Berufungsgericht daher hier ein vor einer querenden Einbahn angebrachtes Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ mit Zusatztafel nach § 54 Abs 5 lit d StVO dahin interpretierte, dass dieser Vorrang sich auch auf den danach folgenden, durch einen Grünstreifen abgeteilten, parallel zur Einbahn verlaufenden Radweg als Teil derselben Kreuzung bezog, begegnet dies keinen Bedenken.

[5] 5. Die Vernachlässigung einer bloß um einen Sekundenbruchteil verspäteten Reaktion des Klägers gegenüber der Vorrangverletzung durch die Beklagte steht mit der Rechtsprechung im Einklang (RS0074906).

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