OGH 4Ob85/21k

OGH4Ob85/21k27.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätin Dr. Kodek sowie den Hofrat MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin F***** GmbH, *****, vertreten durch Hauswirth‑Kleiber Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Beklagte H*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Olischar, MBA, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seiten der Beklagten 1. T***** GmbH, *****, vertreten durch Frieders Tassul & Partner Rechtsanwälte in Wien, 2. H***** GmbH, *****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. E***** GmbH, *****, vertreten durch Sparlinek Piermayr Prossliner Rechtsanwälte OG in Linz, wegen 1.054.126,85 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Februar 2021, GZ 3 R 52/20v‑173, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00085.21K.0727.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Im Fall der überholenden Kausalität hat der Schadenersatzpflichtige nur den durch die Vorverlegung des Schadenseintritts entstehenden Nachteil zu ersetzen. Dem Schädiger werden derartige Folgen bis zu dem Zeitpunkt zugerechnet, bis zu dem die Erkrankung (bzw wie hier der Sachschaden: vgl RIS‑Justiz RS0022634 [T5]) auch sonst eingetreten wäre. Für die Berücksichtigung der überholenden Kausalität muss feststehen, dass der gleiche Erfolg auch ohne das schädigende Ereignis eingetreten wäre; der maßgebende Zeitpunkt muss mit einiger Sicherheit bestimmt werden können (RS0106534). Die Behauptungslast und Beweislast für die Voraussetzungen der überholenden Kausalität trägt der Schädiger (RS0106535). Allerdings reicht der Beweis, dass der Schaden irgendwann in der Zukunft eingetreten wäre, nicht aus (RS0106535 [T2]). Für die Berücksichtigung überholender Kausalität muss daher feststehen, dass der gleiche Erfolg auch ohne das (reale) Schadensereignis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten wäre; es genügt nicht, dass der Erfolg „irgendwann“ eintreten wird (1 Ob 175/01v).

[2] 2. Unter Anwendung dieser Rechtsprechung liegen nach den Feststellungen die Voraussetzungen für die Entlassung der Beklagten aus der Haftung für die Ausführungsmängel aufgrund des Instituts der überholenden Kausalität nicht vor. Es steht weder fest, dass durch die Planungsfehler der Klägerin der gleiche Erfolg eingetreten wäre, weil nicht festgestellt werden konnte, wie das Schadensbild bei Eintritt der Reserveursache (Planungsfehler) aussehen würde, noch wurde der maßgebliche Zeitpunkt, auch nicht in Form eines Zeitraums (vgl RS0106535) festgestellt.

[3] 3. Letztlich geht auch der Verweis auf das rechtmäßige Alternativverhalten fehl, denn die Haftungsfreistellung des Schädigers tritt nur ein, wenn er denselben Nachteil (und zwar Schadensablauf und rechnerischer Schaden) auch durch ein rechtmäßiges Verhalten herbeigeführt hätte (vgl RS0058374, RS0111706), was hier keineswegs erwiesen ist.

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