OGH 5Ob91/21z

OGH5Ob91/21z10.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin R***** GmbH, *****, vertreten durch Hieke Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob der EZZ ***** je KG *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 17. März 2021, AZ 17 R 9/21a, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 4. Jänner 2021, TZ 9588/2020, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00091.21Z.0610.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin kaufte vom damaligen bücherlichen Alleineigentümer mit Kaufvertrag vom 3. 7. 2018 mehrere Liegenschaften. Dessen „Punkt VI. Aufschiebende Bedingung“ lautet:

(1) Dieser Kaufvertrag wird unter der aufschiebenden Bedingung des Vorliegens eines behördlich genehmigten Teilungsplans abgeschlossen, demgemäß die kaufgegenständlichen Grundstücke so vereint bzw wiederum geteilt werden, sodass diese letztlich zwei Einlagezahlen (EZ) inneliegen werden. Mit dem Entwurf des Teilungsplans wurde [...] bereits vor Vertragsunterfertigung beauftragt. Hintergrund dieser aufschiebenden Bedingung ist die Ermöglichung einer möglichst kostenextensiven Erfüllung der landesrechtlichen Stellplatzverpflichtungen im Rahmen des von der Käuferin geplanten Bauträgerprojekts.

(2) Der Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung gilt mit Einbringung des Grundbuchsgesuches dem zuständigen Grundbuchsgericht gegenüber als nachgewiesen.

[...]

[2] Unter Vorlage dieses Kaufvertrags, des Teilungsplans vom 6. 11. 2018, des Planbescheinigungsbescheids des Bundesamts für Eich‑ und Vermessungswesen vom 28. 3. 2019 sowie eines Bescheids des Magistrats Wiener Neustadt als Baubehörde vom 14. 3. 2019 beantragte die Antragstellerin die Einverleibung ihres Eigentumsrechts.

[3] Das Erstgericht bewilligte die beantragten Grundbuchshandlungen.

[4] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des (vormaligen) bücherlichen Eigentümers statt und wies den Grundbuchsantrag ab. Eine Bindungswirkung der zuvor erfolgten Abweisung des Einverleibungsgesuchs sei zu verneinen. Allerdings fehle der Nachweis des Eintritts der im Kaufvertrag vereinbarten aufschiebenden Bedingung. Die formellen Voraussetzungen, unter denen eine Grundbuchseintragung zu erfolgen habe, seien der Parteidisposition entzogen, der Eintritt der aufschiebenden Bedingung eines behördlich genehmigten Teilungsplans sei vielmehr nach den §§ 26 ff GBG nachzuweisen, Punkt VI.2. des Kaufvertrags sei unbeachtlich. Eine behördliche Genehmigung nach § 39 Abs 1 VermG liege vor. Gemäß § 10 Abs 1 NÖ BauO bedürften Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland auch der Bewilligung der Baubehörde. Der diesbezügliche Bescheid des Magistrats der Stadt Wiener Neustadt enthalte seinerseits eine aufschiebende Bedingung, nämlich den Nachweis, dass Gebäude auf näher bezeichneten Grundstücken abgebrochen wurden. Den Eintritt dieser Bedingung habe die Antragstellerin aber nicht urkundlich nachgewiesen, daher sei nach den vorgelegten Urkunden die vereinbarte aufschiebende Bedingung der behördlichen Genehmigung des Teilungsplans (noch) nicht eingetreten. Dass die Baubehörde den Nachweis des Eintritts der Bedingung erst für die – hier nicht gegenständliche – grundbücherliche Durchführung des Teilungsplans vorschreibe, ändere daran nichts.

[5] Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es bei einer vertraglich vereinbarten aufschiebenden Bedingung einer behördlichen Genehmigung auf den von der Behörde vorgesehenen Zeitpunkt des Nachweises des Bedingungseintritts ankomme.

[6] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem sie (der Sache nach) die Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Bewilligungsbeschlusses anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 126 Abs 2 GBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG) Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, er kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.

[8] 1. Die auf ständige Rechtsprechung des Fachsenats (5 Ob 206/13z; 5 Ob 187/06w; RIS-Justiz RS0105966, RS0060364 [T8]) gestützte Auffassung des Rekursgerichts, bei Einräumung eines Rechts unter einer Bedingung sei deren Eintritt auch dann urkundlich nachzuweisen, wenn diese Urkunde die Vereinbarung enthalte, dass es für die Eintragung im Grundbuch keines derartigen Nachweises bedarf, zieht die Revisionsrekurswerberin nicht in Zweifel. Sie hält nur die Auffassung des Rekursgerichts für verfehlt, die im Kaufvertrag vereinbarte aufschiebende Bedingung sei mangels urkundlichen Nachweises des von der Baubehörde als Bedingung genannten Abbruchs der Gebäude nicht eingetreten. Zwar sehe der behördlich genehmigte Teilungsplan eine aufschiebende Bedingung vor, „diese sei aber nicht Teil der zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Vereinbarung“.

[9] 2. Der von der Antragstellerin als Eintragungsgrundlage vorgelegte rechtskräftige Bescheid der Baubehörde lautet auszugsweise:

„Bewilligt wird:

Die Änderung der Grundstücksgrenzen der Grundstücke Nr ***** gemäß dem Teilungsplan der [...] gemäß § 10 Abs 5 NÖ BauO mit der aufschiebenden Bedingung des Nachweises, dass die Gebäude auf den Grundstücken Nr ***** und ***** abgebrochen wurden.

Vorgeschrieben wird:

1. Der Nachweis, dass die aufschiebende Bedingung erfüllt und die bestehenden Gebäude auf den Grundstücken Nr ***** und ***** abgebrochen wurden, ist bei der grundbücherlichen Durchführung des Teilungsplans vorzulegen.“

[10] 3. Hier wurde daher einerseits der Kaufvertrag zwischen der Antragstellerin und ihrem Rechtsvorgänger unter der aufschiebenden Bedingung des Vorliegens eines behördlich genehmigten Teilungsplans abgeschlossen. Andererseits enthält einer der für eine behördliche Bewilligung des Teilungsplans erforderlichen Bescheide, nämlich derjenige der Baubehörde über die Bewilligung der Teilung, seinerseits eine aufschiebende Bedingung.

[11] 4. Die Auswirkungen einer Bedingung auf die Wirksamkeit eines Bescheids sind in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und der verwaltungsrechtlichen Lehre geklärt. Eine Bedingung ist danach eine Nebenbestimmung, aufgrund derer die Wirksamkeit des Hauptinhalts eines Bescheids (der Berechtigung oder Verpflichtung) vom ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 43). Wird der Beginn der Wirksamkeit des Bescheids von einem solchen Ereignis abhängig gemacht, spricht man von einer aufschiebenden oder Suspensivbedingung (Hengstschläger/Leeb aaO; VwGH 14. 10. 1991, 91/10/0028; 21. 2. 2002, 2001/07/0106). Vom Eintritt der Bedingung ist die Wirksamkeit des Verwaltungsakts an sich abhängig (VwGH 17. 2. 1994, 93/06/0120; VwGH 9. 9. 2013, 2010/17/0274), die Rechtswirkungen in der Bedingung treten ohne weiteren Verwaltungsakt ipso iure ein (Hengstschläger/Leeb aaO Rz 44).

[12] 5. Hier besteht nach dem Wortlaut des Bescheids der Baubehörde kein Zweifel, dass dessen Wirksamkeit an den Eintritt der – auch ausdrücklich so bezeichneten – aufschiebenden Bedingung des Abbruchs der Gebäude auf den dort näher bezeichneten Grundstücken geknüpft sein sollte. Die Wirksamkeit des Bescheids – unabhängig davon, für welchen Zeitpunkt die Baubehörde den Nachweis dieser Bedingung angeordnet hat – davon abhängig zu machen, dass die Gebäude abgebrochen wurden, entspricht daher der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dem Obersten Gerichtshof kommt – entgegen der Zulassungsbegründung des Rekursgerichts – bei der Auslegung von derartigen, nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien keine Leitfunktion zu (RS0116438).

[13] 6. Die Auslegung der im Kaufvertrag vereinbarten aufschiebenden Bedingung des Vorliegens eines behördlich genehmigten Teilungsplans durch das Rekursgericht dahin, dass es sich dabei um eine rechtswirksame behördliche Genehmigung handeln müsse, orientiert sich am Wortlaut dieser Vertragsbestimmung und liegt nahe. Im Übrigen könnten Zweifelsfragen bei der Auslegung dieser Vertragsbestimmung (etwa anhand eines vom Wortlaut abweichenden Parteiwillens) ohnedies nicht im Grundbuchsverfahren als reinem Urkundenverfahren gelöst werden (vgl RS0060573 [T3, T4]).

[14] 7. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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