OGH 5Ob206/13z

OGH5Ob206/13z27.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. H***** S*****, geboren am 15. September 1949, 2. E***** M*****, geboren am 31. Dezember 1964, beide *****, beide vertreten durch Mag. Dr. Heike Berner‑Baumgartner, Rechtsanwältin in Feldbach, wegen Grundbuchseintragungen in der EZ 17 KG ***** über den Revisionsrekurs der Antragsteller sowie der M***** T*****, geboren am 18. November 1920, *****, vertreten durch Mag. Dr. Heike Berner‑Baumgartner, Rechtsanwältin in Feldbach gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 25. Juli 2013, AZ 4 R 103/13s, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 13. März 2013, TZ 1288/2013, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 30. 11. 2012 verkaufte die Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 17 KG *****, M***** T*****, diese an die beiden Antragsteller um den Gesamtkaufpreis von 105.000 EUR. Dieser Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

„3. Kaufpreisentrichtung

Der vereinbarte Gesamtkaufpreis [...] wird verrechnet und berichtigt wie folgt:

Die Käufer haben unmittelbar vor Vertragsunterfertigung einen Teilkaufpreis von [...] bezahlt und bestätigt die Verkäuferin den Erhalt dieses Betrages.

Die Käufer verpflichten sich den Restkaufpreis von [...] binnen 4 Wochen auf das Treuhandkonto der Vertragsverfasserin [...] abzugsfrei einzubezahlen.

Im Falle des Zahlungsverzuges [...] steht dem Verkäufer jedenfalls im Falle des Verzuges ein einseitiges Rücktrittsrecht zu diesem Vertrag unter Setzung einer 14‑tägigen Nachfrist zu. [...]

4. Treuhandauftrag

[...]

Die Vertragsteile erteilen sohin der Vertragserrichterin einvernehmlich und einseitig unwiderruflich den Auftrag:

[...]

und aus dem bei ihr erliegenden Kaufpreis nach Vorliegen der Anmerkung und Zustellung des Rangordnungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung bei unverändertem Lastenstand beim Kaufobjekt [...] nach Eintritt der Rechtswirksamkeit dieses Vertrages den Kaufpreis auf das Konto des Verkäufers zuzüglich Zinsen abzüglich Spesen zu überweisen.

[...]

Die Vertragserrichterin wird angewiesen den gegenständlichen Vertrag erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises im Grundbuch durchzuführen, wobei dies lediglich eine Anweisung an die Vertragserrichterin darstellt und dem Grundbuchsgericht nicht nachzuweisen ist.

[...]

20. Vollmacht

Die Vertragparteien beauftragen und bevollmächtigen die Vertragserrichterin [...] mit der grundbücherlichen, agrar‑, grundverkehrs‑ und finanzbehördlichen Durchführung des Vertrages und ermächtigen und bevollmächtigen sie, sämtliche hiezu erforderlichen Anträge zu stellen und Erklärungen im Namen beider Vertragsparteien abzugeben sowie allenfalls hiefür erforderliche Vertragsnachträge, ‑berichtigungen oder ‑ergänzungen im Namen sämtlicher Vertragsparteien zu fertigen, allenfalls auch Rangordnungen auch wiederholt zu unterfertigen und zu diesem Zweck auch selbst zu kontrahieren, dies alles in der dafür notwendigen Form [...], soweit dies dem wirtschaftlichen Zweck des gegenständlichen Vertrages nicht widerspricht [...] “.

Unter Berufung auf die ihr im Vertrag vom 30. 11. 2012 erteilte Vollmacht (unrichtig: Vollmacht vom 26. 11. 2012) verfasste die Vertragsverfasserin als Machthaberin namens der Verkäuferin und der Käufer am 1. 3. 2013 einen „Nachtrag zum Kaufvertrag vom 30. 11. 2012“, womit sämtliche Vertragsparteien des Kaufvertrags vom 30. 11. 2012 die in Vertragspunkt „4. Treuhandauftrag“ enthaltene Anweisung des Wortlauts, „Die Vertragserrichterin wird angewiesen den gegenständlichen Vertrag erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises im Grundbuch durchzuführen, wobei dies lediglich eine Anweisung an die Vertragserrichterin darstellt und dem Grundbuchgericht nicht nachzuweisen ist“ „vollinhaltlich aufheben, sodass diese als nicht erteilt gilt“.

Im Nachtrag wird dazu festgehalten, dass diese Anweisung an die Vertragserrichterin aufgehoben wird, „da dies ansonsten als Bedingung ausgelegt werde könnte, was bedeuten würde, dass der Erhalt des Kaufpreises von der Verkäuferin dem Grundbuch in beglaubigter Form nachzuweisen ist“.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehren die Antragsteller unter Vorlage des Kaufvertrags vom 30. 11. 2012, des Nachtrags zum Kaufvertrag vom 1. 3. 2013, des Rangordnungsbeschlusses vom 6. 12. 2012, eines rechtskräftigen Bescheids der Grundverkehrsbehörde Bezirkshauptmannschaft F***** sowie unter Vorlage der Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragsteller jeweils zur Hälfte im Rang der Ranganmerkung sowie die Einverleibung von wechselseitigen Vorkaufsrechten im Sinne des Punkts 8 des Kaufvertrags vom 30. 11. 2012.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Unter Berufung auf höchstgerichtliche Rechtsprechung beurteilte es Punkt 4 des Kaufvertrags dahin, dass damit die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags vom Nachweis der Bezahlung des Kaufpreises abhängig sei, wobei den Parteien keine Disposition über Form und Inhaltserfordernisse iSd §§ 26 ff GBG für den Nachweis des Eintritts einer vereinbarten Bedingung zustehe. Der Nachtrag vom 1. 3. 2013 zum Kaufvertrag stelle keine geeignete Urkunde zum Nachweis der Kaufpreiszahlung dar, auch wenn darin Punkt 4 des Kaufvertrags abgeändert worden sei.

Dem dagegen von den Antragstellern und der Verkäuferin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung eine (auch) als Bedingung des Verbücherungsanspruchs des Erwerbers auszulegende Vertragsklausel zur Bewilligung des Einverleibungsbegehrens den formgerechten Nachweis der Bezahlung des Kaufpreises voraussetze. Es komme darauf an, ob nach dem Wortlaut der Vertragsklausel von Parteien auch beabsichtigt gewesen sein könnte, den Anspruch des Käufers auf Verbücherung vom Nachweis der Bezahlung des Kaufpreises abhängig zu machen (RIS‑Justiz RS0060364 [T3]). Eine Disposition über die Form des dem Grundbuchgericht zu erbringenden Nachweises sei den Parteien nach ständiger Rechtsprechung verwehrt (RIS‑Justiz RS0060364 [T5]; 5 Ob 187/06w mwN).

Diese Bedenken bestünden auch hinsichtlich der Formulierung des Punktes 4 des Kaufvertrags vom 30. 11. 2012, und zwar dahin, ob nicht doch beabsichtigt gewesen sein könnte, den Einverleibungsanspruch der Käufer von der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises abhängig zu machen. Eine konditionale Verknüpfung des Verbücherungsanspruchs mit der Kaufpreiszahlung könne nicht ausgeschlossen werden.

Zum Nachtrag vom 1. 3. 2012 führte das Rekursgericht Folgendes aus:

Die der Vertragsverfasserin im Kaufvertrag unter Punkt 20 erteilte Vollmacht entspreche zwar den Voraussetzungen des § 31 Abs 1 und 6 GBG, sei aber in ihrem Umfang und ihrer Bedeutung unklar. Dass die Vertragsverfasserin beauftragt und ermächtigt werde, neben anderen Handlungen auch für die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags erforderliche Vertragsnachträge im Namen sämtlicher Vertragsparteien zu fertigen, lasse offen, ob damit nur zweckmäßige Vertragsänderungen gemeint seien oder jene, die erforderlich in dem Sinn seien, dass ohne sie die grundbücherliche Durchführung scheitern würde. Im ersteren Fall wäre die Unterfertigung des Nachtrags vom 1. 3. 2013 von der Vollmacht laut Vertragspunkt 20 gedeckt, im zweiten jedoch nicht, weil die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags auch ohne diesen Nachtrag ‑ wenn auch unter der Voraussetzung des Nachweises der vollständigen Kaufpreisberichtigung ‑ erfolgen könnte. Eine Auslegung der insoweit unklaren Vertragsbestimmung sei dem Grundbuchgericht aber verwehrt (RIS‑Justiz RS0060878). Der Fall, dass nur der logische Schluss auf ein nach juristischer Wertung einzig mögliches Ergebnis denkbar sei, liege nicht vor. Daran scheitere eine Bewilligung des Gesuchs auf der Grundlage des Kaufvertrags vom 30. 11. 2012 in der Fassung des Nachtrags vom 1. 3. 2013 (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG).

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil der Frage, ob eine Vertragserrichterin aufgrund einer ihr erteilten Gattungsvollmacht durch einen Nachtrag zum Kaufvertrag eine Vertragsbestimmung, hier den Auftrag an sie, den Kaufvertrag erst nach Einlangen des Kaufpreises verbüchern zu lassen, wirksam aufheben könne, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller sowie der Verkäuferin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Bewilligung ihres Grundbuchantrags.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Aufschiebend bedingte Rechte können nach herrschender Lehre und Rechtsprechung vor Eintritt der Bedingung im Grundbuch nicht eingetragen werden (RIS‑Justiz RS0060269; Hinteregger in Schwimann ³ Vor §§ 431 bis 446 ABGB Rz 19; Spielbüchler in Rummel ³ § 431 ABGB Rz 9 mwN). Wird der Rechtserwerb von einer aufschiebenden Bedingung, insbesondere der Erbringung einer Gegenleistung abhängig gemacht, ist für die Einverleibung auch der Eintritt der Bedingung urkundlich nachzuweisen.

Die oben wörtlich wiedergegebene Formulierung der Verpflichtung der Vertragsverfasserin, den Kaufvertrag erst nach Einlagen des Kaufpreises auf dem Treuhandkonto zu verbüchern, entspricht den durch den Obersten Gerichtshof bereits in den Entscheidungen 5 Ob 253/06a NZ 2007/690 [zustimmend Hoyer ], 5 Ob 172/08t SZ 2008/175 sowie zuletzt 5 Ob 120/13b beurteilten Vertragsklauseln. Auch der einer derart als Bedingung zu verstehenden Vertragsklausel beigefügte Verzicht einer Beweisführung vor dem Grundbuchgericht entbindet die Antragsteller nicht von ihrer Verpflichtung, deren Eintritt in grundbuchstauglicher Form nachzuweisen (5 Ob 120/13b). Die Entscheidung des Rekursgerichts steht in Einklang mit diesen Entscheidungen.

2. Die Antragsteller machen geltend, dass dieser Vertragspassus durch den Nachtrag (zum ursprünglichen Vertrag) vom 1. 3. 2013 aufgehoben und damit beseitigt worden sei.

Ganz zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass die Beseitigung dieses Vertragspunktes und damit das Erfordernis des Nachweises des Eintritts der Bedingung nur dann wirksam ist, wenn die Vertragsverfasserin durch die im Vertragspunkt 20 erteilte Vollmacht dazu legitimiert war.

Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Vollmacht in der materiell‑rechtlichen Frage ihres Umfangs, insbesondere im Hinblick auf die am 1. 3. 2013 vorgenommene Vertragsänderung, der Auslegung bedarf und keinesfalls einen logischen Schluss auf ein nach juristischer Wertung einzig mögliches Ergebnis zulässt (RIS‑Justiz RS0060878 [T27]), ist im Ergebnis richtig. Ohne Auslegung, die wertend zwischen mehreren vernünftig in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten abwägt (5 Ob 10/03m), ohne Feststellung des Parteiwillens oder Auslegung dieser rechtsgeschäftlichen Erklärung (5 Ob 166/02a) steht eben nicht unzweifelhaft fest, ob die Parteien die Vertragsverfasserin auch zu einer Vertragsänderung bevollmächtigt haben, die zur grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags nicht unbedingt erforderlich war. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass der Kaufvertrag ohnedies, wenn auch unter Nachweis der Kaufpreiszahlung, verbüchert werden könnte.

Entscheidend fällt aber ins Gewicht, dass der Vollmacht selbst eine Bedingung beigefügt war. Sie sollte nämlich nur reichen, „soweit dies dem wirtschaftlichen Zweck des gegenständlichen Vertrags nicht widerspricht“. Der „wirtschaftliche Zweck“ selbst ist in der Urkunde aber nicht näher definiert. Die Umstände, die die Parteien dabei im Auge hatten, lassen sich nur durch außerhalb des Urkundeninhalts liegende Tatsachen durch eine bestimmte Auslegung des Begriffs des „wirtschaftlichen Zwecks“ erschließen, wozu eine Ermittlung des Willens der Vertragsteile erforderlich wäre (5 Ob 67/02t). Es stellt aber ein Eintragungshindernis dar, wenn die Einräumung eines Rechts in der Urkunde von Umständen abhängig gemacht wird, die der Urkunde selbst nicht zu entnehmen sind, weil § 914 ABGB diesfalls die Erforschung der Parteienabsicht verlangt. Wenn sich das Problem einer Vertragsauslegung stellt, ist es dem Grundbuchgericht verwehrt, die Urkunde auszulegen (5 Ob 39/91; 5 Ob 153/92; 5 Ob 172/08t SZ 2008/175).

Mangels ausreichend wirksamer Vollmachtserteilung zur Vertragsänderung steht dem Verbücherungsbegehren somit das Fehlen des Nachweises der Erbringung der Gegenleistung entgegen.

Damit erweist sich das Rechtsmittel der Antragsteller als nicht berechtigt.

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