OGH 14Os20/21d

OGH14Os20/21d23.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. März 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Nieschlag in der Strafsache gegen ***** T***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten T***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Jänner 2021, GZ 82 Hv 130/20t-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00020.21D.0323.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden ***** T***** und ***** M***** jeweils eines Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach haben sie am 26. August 2020 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) gewerbsmäßig (§ 70 [zu ergänzen: Abs 1] Z 1 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in Wohnstätten

A/ ***** Ma***** weggenommen, nämlich im angefochtenen Urteil näher bezeichnete Gegenstände im Gesamtwert von 4.000 Euro, indem M***** die Wohnungseingangstür mittels Riegelzugs aufbrach, während T***** dabei Aufpasserdienste leistete und beide anschließend die Beute an sich nahmen und in ihren Rucksäcken verbargen;

B/ in drei weiteren (im Urteil einzeln angeführten) Fällen wegzunehmen versucht, wobei sie die Tatausführung wegen der Anwesenheit von Hausparteien jeweils für aussichtslos hielten und aufgaben (US 5 f).

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus den Gründen der Z 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T***** ist nicht im Recht.

[4] Die Kritik der Subsumtionsrüge (Z 10), zur Gewerbsmäßigkeit seien keine ausreichenden Feststellungen zur (qualifizierten Vorsatzform der) Absichtlichkeit getroffen worden, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0099810). Nach diesem „kam es“ dem Beschwerdeführer (unter anderem) „darauf an“ (vgl § 5 Abs 2 StGB; RIS-Justiz RS0089333 [T2]; Reindl‑Krauskopf in WK 2 StGB § 5 Rz 24), „sich selbst durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch in Wohnstätten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen“ (US 7).

[5] Indem die weitere Subsumtionsrüge kritisiert, das Erstgericht habe die Annahme der Gewerbsmäßigkeit auf eine frühere Verurteilung gestützt, die nicht wegen einer „solchen Tat“ (vgl RIS‑Justiz RS0130965) ergangen sei, vernachlässigt sie die Feststellungen zum Einsatz besonderer Mittel im Sinn des § 70 Abs 1 Z 1 StGB, nämlich unter anderem eines Brecheisens (US 7; vgl RIS-Justiz RS0130766 [T2]), sowie zur Begehung von insgesamt vier solcher Taten (US 5 f), weshalb das Vorliegen der Voraussetzung des § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB ab der dritten Tat zufolge der zu bildenden Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) auf die rechtliche Beurteilung sämtlicher Taten durchschlägt (RIS-Justiz RS0130965 [T2]).

[6] Der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) zuwider hat das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Strafschärfung nach § 39 StGB hinreichend deutlich festgestellt. Aus den konstatierten Vollzugsdaten der Freiheitsstrafen, die aus den früheren Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten resultieren (17. November 2011 und 19. Oktober 2016 [US 4]), ergibt sich unmissverständlich, dass zwischen der Verbüßung der jeweils früheren Strafe bis zur folgenden Tat nicht mehr als fünf Jahre vergangen sind (vgl § 39 Abs 2 StGB).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[8] Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass das angefochtene Urteil in Bezug auf die Konfiskation nicht geltend gemachte Nichtigkeit zum Nachteil der Angeklagten aufweist, die von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[9] Das Erstgericht sprach – ohne diese Strafe (vgl RIS-Justiz RS0129178) einem der beiden Angeklagten zuzuordnen – gemäß § 19a Abs 1 StGB die Konfiskation der „sichergestellten Gegenstände, nämlich des Brecheisens, des Schlitzschraubenziehers, des Rollgabelschlüssels und des Schweizer Taschenmessers“ aus (US 4). Es traf zwar Feststellungen zur Verwendung dieser Gegenstände durch M***** bei Begehung der von Punkt A des Schuldspruchs erfassten Straftat (US 7), nicht jedoch zum Eigentum an ihnen zur Zeit der Entscheidung erster Instanz (vgl aber § 19a Abs 1 StGB).

[10] Da das – in Überschreitung der Strafbefugnis ergangene (Z 11 erster Fall) – Konfiskationserkenntnis von keinem der beiden Angeklagten angefochten wurde (vgl RIS‑Justiz RS0130617 [zu T*****]), war es bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) und die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung zu verweisen (zur Zuständigkeit des Einzelrichters vgl § 445 Abs 2a iVm Abs 2 StPO analog; zum Verfall RIS‑Justiz RS0100271 [T13, T14]).

[11] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf die mit dem amtswegigen Vorgehen verbundenen Kosten (RIS-Justiz RS0101558).

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