OGH 2Ob153/19t

OGH2Ob153/19t26.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Stefano Alessandro, Rechtsanwalt in St. Andrä‑Wördern, gegen die beklagte Partei W***** R*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit‑Partnerschaft in Wien, wegen 60.190,16 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Juli 2019, GZ 15 R 66/19i‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00153.19T.0526.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Eine Festsetzung der Kosten eines Privatbeteiligten im Rahmen des Strafverfahrens ist nur dann statthaft, wenn das Strafgericht zumindest über einen Teil der geltend gemachten Ersatzansprüche im Adhäsionsverfahren erkannt hat (RS0101257). Wurde hingegen über die privatrechtlichen Ansprüche nicht entschieden, dann kommt die Bestimmung der Vertretungskosten für den Rechtsbeistand des Privatbeteiligten durch das Strafgericht nicht in Betracht; diese Kosten können ausschließlich beim Zivilgericht geltend gemacht werden (12 Os 85/00; vgl 14 Os 30/09g [Zurückweisung der Anschlusserklärung]; 6 Ob 650/80 [Nichtzulassung des Privatbeteiligten]).

2. Der Geschädigte kann die Kosten der Privatbeteiligung nur dann selbständig im Rechtsstreit (als Hauptforderung) geltend machen, wenn der Hauptanspruch noch vor Einleitung des Zivilverfahrens wegfällt, etwa durch Zahlung oder Vergleich (RS0045791; RS0035894; vgl RS0111906). Besteht hingegen die Möglichkeit, den Ersatz von Privatbeteiligtenkosten im Prozess über den zivilrechtlichen Anspruch zu verlangen, bleibt der akzessorische Charakter der Kostenforderung erhalten; solche Kosten können daher nicht in einem eigenen Verfahren begehrt werden (8 Ob 244/80 = RS0035951). Dies gilt in einem vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens geführten Zivilprozess sowohl für jene Privatbeteiligtenkosten, die vor dem Schluss der Verhandlung erster Instanz des Zivilprozesses angefallen sind, als auch für jene, die danach angefallen sind. Erstere können nur zuerkannt werden, wenn sie in das Kostenverzeichnis aufgenommen werden (vgl RS0036070), letztere sind gemäß § 54 Abs 2 ZPO als nachträglich entstandene Kosten geltend zu machen (8 Ob 244/80).

3. Die Frage der Kostenersatzpflicht im Zivilprozess ist ausschließlich durch die Bestimmungen der ZPO geregelt. Durch die Kostenentscheidung wird über die Kostenersatzpflicht zwischen den Parteien des konkreten Verfahrens endgültig entschieden. Die Kostenfrage kann zwischen ihnen auch nicht in einem Folgeprozess, etwa gestützt auf Schadenersatz, neuerlich aufgerollt werden (6 Ob 41/18z; RS0023616). Prozesskosten können nur dann Gegenstand eines Schadenersatzanspruchs sein, wenn zwischen den Prozessparteien nicht nach den öffentlich‑rechtlichen Verfahrensvorschriften zu erkennen ist (10 Ob 6/05p; RS0022827).

4. Im vorliegenden Fall wurde im Strafverfahren gegen den Beklagten die Erklärung der klagenden Partei, sich als Privatbeteiligter anzuschließen, wegen des im parallel zum Strafverfahren zwischen den Streitteilen geführten Vorprozess mittlerweile ergangenen Urteils, in welchem ein rechtskräftiger Zuspruch an den Kläger erfolgte, zurückgewiesen. Kann schon der Hauptanspruch gleichzeitig im Strafverfahren und im Zivilprozess geltend gemacht werden (zur fehlenden Streitanhängigkeit vgl Spenling in Fuchs/Ratz , WK‑StPO [Stand 1. 10. 2018] Vor §§ 366–379 Rz 37), gilt dies jedenfalls auch für die Kosten der Privatbeteiligung.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger hätte die bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz im Vorprozess aufgelaufenen Privatbeteiligtenkosten in der Kostennote des Vorprozesses geltend machen müssen und die danach aufgelaufenen als nachträgliche Kosten des Vorprozesses gemäß § 54 Abs 2 ZPO, weshalb der Geltendmachung dieser Kosten mittels selbständiger Klage die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs entgegenstehe, findet Deckung in der dargelegten Rechtsprechung. Davon, dass dem Kläger die Verzeichnung dieser Kosten während des Strafverfahrens im Zivilprozess „ausdrücklich verboten“ bzw „nicht erlaubt“ gewesen sei, wie im Revisionsrekurs argumentiert wird, kann hingegen keine Rede sein.

5. Im vorliegenden Fall liegt kein Anhaltspunkt vor, weshalb der Anwendungsbereich der Grundrechte‑Charta (GRC) eröffnet sein sollte (vgl 8 Ob 7/13g; RS0128689).

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