OGH 9ObA18/20t

OGH9ObA18/20t29.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Dr. Uwe Foidl, Rechtsanwalt in Fügen, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Peter Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 29.652 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. Dezember 2019, GZ 15 Ra 33/19v‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00018.20T.0429.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf die künftige Beendigung eines auf unbestimmte Dauer eingegangenen Dienstverhältnisses gerichtet ist (RS0028555) und mit dem Zugehen an den Empfänger wirksam wird, ohne dass es deren Annahme bedarf (vgl RS0028800). Die dem anderen Teil erklärte und diesem zugekommene Kündigung kann einseitig nicht mehr widerrufen werden (RS0028298).

Auch der sich aus der Kündigungserklärung ergebende Kündigungstermin kann nicht einseitig geändert werden (vgl RS0028298). Eine einvernehmliche Verkürzung oder Verlängerung der Kündigungsfrist und eine damit verbundene Verschiebung des Kündigungstermins ist aber auch nach Ausspruch der Kündigung grundsätzlich zulässig.

Eine Willensübereinstimmung der Vertragspartner über eine Verkürzung der Kündigungsfrist bewirkt im Zweifel noch keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Parteien sind sich in diesem Fall zwar über den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einig; es spricht aber nichts dafür, dass derjenige, der sich mit einer Reduzierung der Zeitspanne zwischen dem Zugehen der Kündigung und dem durch sie herbeizuführenden Ende des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt, damit zugleich auch einer Änderung des Rechtsgrundes für die Beendigung der vertraglichen Beziehungen zustimmen will (RS0028544).

2. Diese Grundsätze, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, werden in der außerordentlichen Revision nicht bestritten. Die Beklagte argumentiert jedoch, dass das Berufungsgericht zu Unrecht von einer einvernehmlichen Verkürzung der Kündigungsfrist ausgegangen sei und eine einseitige Verkürzung durch den gekündigten Arbeitnehmer unzulässig sei.

3. Ob eine zunächst einseitig erklärte Kündigung durch eine gemeinsame Abänderung des Kündigungstermins in eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses umgewandelt wurde, ist durch eine Auslegung der Willenserklärungen und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (RS0028544 [T2]). Dabei sind die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war (RS0014205). Dieser unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände objektiven Beurteilung kommt aber regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu.

4. Nach den Feststellungen hat der Beklagte den Kläger zum 31. 3. 2018 gekündigt und zugleich erklärt, dass der Kläger den Betrieb jederzeit vorher verlassen könne, wenn er etwas anderes finde. Im September teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er noch bis 21. 9. 2017 im Betrieb sei, danach Urlaub und Zeitausgleich nehme und das Dienstverhältnis mit 30. 9. 2017 ende.

Wenn das Berufungsgericht die Erklärung des Beklagten, dass das Arbeitsverhältnis auch zu einem früheren Termin beendet werden könne, aus der Sicht des Erklärungsempfängers als bindendes Offert zu einer einvernehmlichen Verkürzung der Kündigungsfrist wertet, das vom Kläger letztlich im September 2017 angenommen wurde, hält sich diese Rechtsauffassung im gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum. Da für diese Beurteilung auf den konkreten Sachverhalt abzustellen ist, kommt es auf die Vergleichbarkeit mit anderen Entscheidungen nur bedingt an.

Davon ausgehend bestehen auch keine Bedenken gegen die Beurteilung, dass die Parteien damit nur eine einvernehmliche Verkürzung der Kündigungsfrist und keine Änderung des Beendigungsgrundes herbeiführen wollten.

5. Dem Beklagten gelingt es nicht, in seiner Zulassungsbeschwerde (RS0107501) eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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