OGH 6Ob168/19b

OGH6Ob168/19b20.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagten Parteien 1. A*****, 2. M*****, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 73.790,02 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. August 2019, GZ 2 R 78/19s-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00168.19B.0220.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz jener 39.821,29 EUR, die er im Zeitraum 14. 2. 2013 bis 1. 2. 2014 seinem damaligen Arbeitgeber gestohlen und in von der R***** GmbH betriebenen Lokalen an illegalen Glückspielautomaten verloren hat. Im Verfahren AZ 8 Cg 61/14v des Landesgerichts Feldkirch wurde die Gesellschaft, deren jeweils allein vertretungsbefugte Geschäftsführer der Erstbeklagte vom 21. 3. bis 3. 9. 2013 und der Zweitbeklagte vom 14. 8. 2013 bis 29. 4. 2016 gewesen waren, zur Zahlung des genannten Kapitals samt Zinsen und der Kosten verpflichtet; Betreibungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft, die zwischenzeitig infolge Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht wurde, scheiterten.

Der Kläger stützt seine Ansprüche – neben dem genannten Betrag macht er auch die Prozess- und die Betreibungskosten geltend – zum einen auf einen Direktanspruch gegen die beiden Beklagten; diese hätten im Glückspielgesetz vorgesehene Bestimmungen zum Spielerschutz und damit Schutzgesetze nach § 1311 ABGB verletzt, wodurch ihm der genannte Schaden an Kapital, Zinsen und Kosten entstanden sei. Zum anderen macht der Kläger geltend, dieses Verhalten der Beklagten habe außerdem dazu geführt, dass auch der Gesellschaft ein Schaden insofern entstanden sei, als sie im Vorverfahren zur Zahlung an ihn verpflichtet worden sei. Für diesen Schaden, den er gepfändet und sich zur Einziehung überweisen habe lassen, hätten die Beklagten gemäß § 25 GmbHG einzustehen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen übermittelte der Kläger bereits am 5. 5. 2014 ein Forderungsschreiben an die Gesellschaft, in dem er Schadenersatz in Höhe von 100.000 EUR wegen des in deren Lokalen bei illegalen Glückspielen verspielten Geldes forderte. Die Klage gegen die Beklagten machte er jedoch erst am 17. 10. 2018 gerichtsanhängig, zu welchem Zeitpunkt die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB bereits abgelaufen war. Dem Verjährungseinwand hielt der Kläger lediglich entgegen, es sei ihm erst im Jahr 2017 klar gewesen, dass die Ansprüche gegen die Gesellschaft uneinbringlich seien und dass ihm (auch) Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten zustünden.

1.1. Dem Kläger waren bereits im Jahr 2014 Schaden, Schadensursache und Schädiger bekannt, wobei er ohne weiteres auch die Namen der Beklagten als (vormalige) Geschäftsführer der Gesellschaft hätte in Erfahrung bringen können. Gegenteilige Behauptungen hat der Kläger jedenfalls nicht aufgestellt.

1.2. Aus dem Umstand, dass sich – möglicherweise – die Uneinbringlichkeit seiner Forderung gegenüber der Gesellschaft erst im Jahr 2017 herausstellte, ist für den Kläger nichts zu gewinnen. Macht der Geschädigte innerhalb der Verjährungsfrist gegen den Schädiger seine Ansprüche nicht geltend, dann müsste er nach der Entscheidung 9 ObA 2300/96t zumindest konkrete Umstände behaupten und beweisen, die sein Vertrauen auf die Einbringlichkeit der Forderung vom primär Ersatzpflichtigen objektiv rechtfertigen hätten können. Derartige Behauptungen hat der Kläger nicht aufgestellt, sodass auf diese Rechtsprechung nicht weiter einzugehen ist.

2.1. Das Berufungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass zwar Geschäftsführer nach § 25 GmbHG nur für eigenes, schuldhaftes Verhalten und grundsätzlich nur der Gesellschaft, nicht aber einzelnen Gesellschaftern oder Gläubigern haften, dass aber Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen, und zwar (unter anderem) bei schuldhafter Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB (vgl bloß 8 Ob 62/16z RWZ 2016/80 [Wenger] = EvBl 2017/46 [Burtscher]), und dass die Spielerschutzvorschriften des Glückspielgesetzes derartige Schutzgesetze sind (RS0128696). Damit lag aber im Verhalten der Beklagten nicht bloß ein Pflichtenverstoß, der die Gesellschaft über deren Zurechnung als Organe nach außen schadenersatzpflichtig machte (Vorverfahren), sondern hätten die Beklagten vom Kläger auch persönlich in Anspruch genommen werden können (zur Verjährungsproblematik vgl allerdings 1.).

2.2. Wird nun die Gesellschaft zur Haftung herangezogen, stellt sich die Frage der Innenhaftung bzw des Rückgriffs auf die pflichtwidrig handelnden Organe. Besteht außerdem – wie im vorliegenden Fall – eine eigene Haftung der Organe nach außen, liegt Solidarhaftung vor; es kommt § 896 ABGB zur Anwendung. Gemäß § 1313 Satz 2 ABGB bleibt demjenigen, der für fremdes Verschulden haftet, der Rückgriff gegen den Schuldigen vorbehalten. Haftet auch der Schuldige dem Geschädigten selbst, trifft § 1313 ABGB eine Aussage über das besondere Verhältnis unter den Solidarschuldnern im Sinn des § 896 ABGB. Demnach hat im Innenverhältnis der Gehilfe die gesamte Schuld zu tragen. Der Regressanspruch entsteht aber erst mit Zahlung durch den für fremdes Verschulden Haftenden, Regress kann nur bis zur Höhe der Verbindlichkeit des Schuldigen nach außen genommen werden (vgl allgemein Perner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2008] § 896 ABGB Rz 1, 9; vgl auch 1 Ob 279/99g; 1 Ob 20/03b). Eine tatsächliche Zahlung der Gesellschaft an den Kläger haben die Vorinstanzen nicht festgestellt, womit eine Regresspflicht der Beklagten an die Gesellschaft ausscheidet; der Kläger kann sich somit auch nicht auf eine ihm überwiesene gültige Forderung stützen.

Stichworte