OGH 3Ob171/19x

OGH3Ob171/19x4.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Franz Bixner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichteten Parteien 1. R*****, vertreten durch Dr. Hans Rant & Dr. Kurt Freyler Rechtsanwalt KG in Wien, 2. P*****, 3. G***** und 4. J*****, zweit- bis viertverpflichtete Parteien vertreten durch Andrea Schaffarik, Kuratorin gemäß § 116 ZPO, *****, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft gemäß § 352 EO, hier Zuschlagserteilung, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 14. Mai 2019, GZ 21 R 149/19p‑19, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 26. Februar 2019, GZ 8 E 4850/18d‑12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00171.19X.1104.000

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der erstverpflichteten Partei zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte dem betreibenden Miteigentümer die Exekution nach § 352 EO (Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft) gegen die übrigen Miteigentümer als Verpflichtete. Das geringste Gebot wurde mit 6.600 EUR bestimmt. Am Versteigerungstermin nahmen nur der Betreibende und die Vertreterin der zweit- bis viertverpflichteten Parteien teil. Die Erstverpflichtete war vom Termin der Versteigerungstagsatzung verständigt, erschien allerdings nicht. Als Kaufinteressenten traten nur der Betreibende und ein weiterer Bieter auf. Die Liegenschaft wurde zunächst dem weiteren Bieter zu dessen höchstem Gebot von 151.000 EUR zugeschlagen, nachdem er das Bietgebot des Betreibenden von 150.000 EUR überboten hatte. Als der Meistbietende das Vadium nicht erlegen konnte, verhängte das Erstgericht über ihn eine Ordnungsstrafe und beschloss weiters, dass die Versteigerung ausgehend „von dem dem Bietgebot des Meistbietenden vorangehenden Bietgebot“ weitergeführt werde, „wobei alle seine Gebote für nicht abgegeben zu behandeln“ seien. In der Folge bot nur der Betreibende und erhielt die Liegenschaft um das „Meistbot“ von 6.600 EUR zugeschlagen.

Mit Beschluss vom 26. Februar 2019 sprach das Erstgericht aus, die Liegenschaft sei an den Betreibenden als Meistbietenden aufgrund der Versteigerungsbedingungen um das Meistbot von 6.600 EUR zugeschlagen worden.

Gegen die Zuschlagserteilung erhob die Erstverpflichtete am 20. März 2019 Rekurs, mit dem sie geltend machte, der Zuschlag sei nichtig, weil eine Schätzung der Liegenschaft unterblieben sei, und das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil der Zuschlag an den Betreibenden um 150.000 EUR erfolgen hätte müssen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstverpflichteten Folge, änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass die Liegenschaft dem Betreibenden um dessen Meistbot von 150.000 EUR zugeschlagen werde, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Dagegen wendet sich der Betreibende in seinem Revisionsrekurs wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des Revisionsrekurses ist der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufzuheben, weil dieses über einen unzulässigen Rekurs meritorisch entschieden hat:

1. Die §§ 352 ff EO sehen die Anwendung der Bestimmungen über die Zwangsversteigerung von Liegenschaften auf das vorliegende Exekutionsverfahren mit hier nicht relevanten Ausnahmen vor.

2.1 Gemäß § 187 Abs 1 EO ist die Zuschlagserteilung nur in folgenden Fällen anfechtbar (RS0003206, RS0003253): (1) Der Rechtsmittelwerber war im Versteigerungstermin anwesend, gehört zu den Personen, die gemäß § 182 Abs 1 EO wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen waren, und macht eine Aktenwidrigkeit nach § 187 Abs 1 zweiter Satz EO geltend. (2) Der Rechtsmittelwerber war anwesend, wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen und macht einen der in § 184 EO angeführten Mängel geltend, deretwegen er im Versteigerungstermin erfolglos Widerspruch erhoben hatte. (3) Der Rechtsmittelwerber war im Versteigerungstermin nicht anwesend und macht binnen 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin iSd § 187 Abs 1 letzter Satz EO den im § 184 Abs 1 Z 3 EO angeführten Mangel (unterbliebene Verständigung vom Termin) geltend.

2.2 Diese Rechtsmittelbeschränkungen gelten nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch für den Verpflichteten (RS0003200; 3 Ob 321/05k = RS0003253 [T3] = RS0003206 [T2]; Angst in Angst / Oberhammer , EO 3 § 187 Rz 1/1). War er – wie hier die Erstverpflichtete trotz Ladung – nicht zum Versteigerungstermin erschienen, kann er (sie) in seinem (ihrem) Rekurs gegen den Zuschlag daher nur den Mangel der nicht gehörigen Verständigung vom Termin geltend machen, was hier nicht der Fall war; die Berufung auf andere Widerspruchsgründe ist ihm (ihr) verwehrt; ein allfälliges Verschulden am Nichterscheinen ist irrelevant (3 Ob 321/05k = RS0003200 [T5]). Die Erstverpflichtete war daher zur Erhebung ihres Rekurses nicht legitimiert.

3. Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen wegen fehlender Rekurslegitimation mangels Parteistellung unzulässigen Rekurs meritorisch, so ist dieser Mangel der funktionellen Zuständigkeit vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des Revisionsrekurses als Nichtigkeit, die immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wahrzunehmen, und als Folge dessen ist der unzulässige Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz zurückzuweisen (RS0115201 [T5], RS0043969 [T5], RS0121264).

4. Eine Honorierung der – hier als „Äußerung zum Rekurs, in eventu Rekursbeantwortung“ vom Betreibenden bezeichneten – Rekursbeantwortung scheitert schon daran, dass darin auf die Unzulässigkeit des Rekurses mit keinem Wort hingewiesen wurde (RS0124565).

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