OGH 3Ob321/05k

OGH3Ob321/05k15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Sailer, Dr. Grohmann und Dr. Musger als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F***** Limited, ***** vertreten durch Frieders, Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Thomas H*****, vertreten durch Dr. Stephan Petzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 51.029,53 EUR s.A., infolge ordentlichen und außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Oktober 2005, GZ 46 R 818/05t, 819/05i-30, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 31. August 2005, GZ 11 E 123/04w-19, zurückgewiesen und der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 5. September 2005, GZ 11 E 123/04w-22, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Drei Tage vor dem Versteigerungstermin beantragte die betreibende Gläubigerin beim Erstgericht die Aufschiebung des Versteigerungsverfahrens nach § 200a EO wegen Abschluss eines Ratenvergleichs, führte allerdings auf ihrem Antrag die Aktenzahl eines wegen derselben Forderung anhängigen Forderungsexekutionsverfahrens gegen den Verpflichteten an; auch die Angabe zur Höhe der betriebenen Forderung entsprach nicht jener des Versteigerungsverfahrens. Offenbar aus diesem Grund kam der Antrag nicht rechtzeitig zum Zwangsversteigerungsakt. Das Erstgericht führte daher die Versteigerung durch und erteilte den Zuschlag. Der Verpflichtete war dabei nicht anwesend. Den nachträglich zum Akt gekommenen Aufschiebungsantrag wies das Erstgericht als verspätet zurück.

Das Rekursgericht bestätigte die Zurückweisung des Aufschiebungsantrags und wies den Rekurs gegen die Zuschlagserteilung zurück. Der Aufschiebungsantrag habe nach Durchführung der Versteigerung nicht mehr bewilligt werden können, die Unzulässigkeit des Rekurses gegen die Zuschlagserteilung folge daraus, dass der Verpflichtete beim Versteigerungstermin nicht anwesend gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die bestätigende Entscheidung über den Aufschiebungsantrag richtet, ist er nach den §§ 78 EO, 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Eine Ausnahme von der Unbekämpfbarkeit bestätigender Beschlüsse gibt es im Exekutionsverfahren seit der EO-Novelle 2000 nur mehr in den Fällen der § 84 Abs 4 und § 402 Abs 1 letzter SatzEO (stRsp, 3 Ob 189/04x u. a.; RIS-Justiz RS0012387); die Entscheidung über Aufschiebungsanträge gehört nicht dazu.

2. Soweit die Zurückweisung des Rekurses gegen die Zuschlagserteilung bekämpft wird, ist der Revisionsrekurs des Verpflichteten zwar nicht jedenfalls, wohl aber mangels der Voraussetzungen des § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO unzulässig. Die Entscheidung des Rekursgerichts steht im Einklang sowohl mit dem Wortlaut des Gesetzes als auch mit der stRsp des Obersten Gerichtshofs.

Nach § 187 Abs 1 EO ist die Zuschlagserteilung nur in folgenden Fällen anfechtbar (RIS-Justiz RS0003206, RS0003253): (1) Der Rechtsmittelwerber war im Versteigerungstermin anwesend, gehört zu den Personen, die gemäß § 182 Abs 1 EO wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen waren, und macht eine Aktenwidrigkeit nach § 187 Abs 1 zweiter Satz EO geltend. (2) Der Rechtsmittelwerber war anwesend, wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen und macht einen der in § 184 EO angeführten Mängel geltend, deretwegen er im Versteigerungstermin erfolglos Widerspruch erhoben hatte. (3) Der Rechtsmittelwerber war im Versteigerungstermin nicht anwesend und macht binnen 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin iSd § 187 Abs 1 letzter Satz EO den im § 184 Abs. 1 Z 3 EO angeführten Mangel (unterbliebene Verständigung vom Termin) geltend. Diese Rechtsmittelbeschränkungen gelten auch für den Verpflichteten (stRsp, SZ 10/115 u.a., zuletzt 3 Ob 179/88 = EvBl 1989/94; RIS-Justiz RS0003200; Angst in Angst, EO, § 187 Rz 1). War er - wie hier - nicht zum Versteigerungstermin erschienen, kann er in seinem Rekurs gegen den Zuschlag daher nur den Mangel der nicht gehörigen Verständigung vom Termin geltend machen; die Berufung auf andere Widerspruchsgründe ist ihm verwehrt (3 Ob 179/88). Ob ihn ein Verschulden am Nichterscheinen traf, ist irrelevant (3 Ob 35/72).

Andere als die aufgezählten Umstände können somit nicht mit Rekurs geltend gemacht werden (so 3 Ob 89/87 = JBl 1988, 122 [bei einem der Schätzung zugrunde liegendem unrichtigen Ausmaß der Liegenschaft] unter Ablehnung der E des OLG Graz ZBl 1935/123; RIS-Justiz RS0003206). Von dieser Rsp ist das Rekursgericht nicht abgewichen. In der Literatur erwogene weitere schwerwiegende Gründe (Heller/Berger/Stix, EO4 1382; Angst aaO; Breinl/Zbiral in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 187 Rz 11) wie mangelnde Rechtskraft der Exekutionsbewilligung oder ein die Versteigerungsbedingungen abändernder Beschluss oder ein Einstellungsbeschluss, wurden im Rekurs zu Recht nicht geltend gemacht, lag doch nur ein Einstellungsantrag der betreibenden Partei vor.

Die gegen diese Rsp vorgetragenen, im Wesentlichen einer Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz (RPflSlgE 1988/71) entnommenen Rechtsmittelargumente, auch ein von der betreibenden Partei gestellter Einstellungsantrag, der dem Richter in der Versteigerungstagsatzung, der der Verpflichtete fernblieb, nicht vorlag, berechtige das Rekursgericht dazu, den Zuschlag über Rekurs des Verpflichteten wegen analoger Anwendung des § 184 Abs 1 Z 4 EO (vom Einstellungsbeschluss auf den Einstellungsantrag) zu versagen, können nicht überzeugen.

Ziel des § 187 Abs 1 EO ist es ja, alle Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Versteigerung auf den Versteigerungstermin zu konzentrieren. Auch die Rechte des Verpflichteten - zu denen es zweifellos gehört, dass eine Versteigerung nicht stattfindet, wenn der (einzige) Gläubiger einen Aufschiebungsantrag nach § 200a EO gestellt hat - sollen primär dort gewahrt werden. Durch diese Rechtslage wird der Ersteher in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit des Zuschlags geschützt. Hat er sich von der ordnungsgemäßen Zustellung des Versteigerungsedikts überzeugt (was zumindest im Regelfall durch Einsicht in den Versteigerungsakt möglich ist), muss er nicht damit rechnen, dass der Zuschlag nachträglich aus einem im Termin nicht erörterten Grund aufgehoben wird. Er kann daher - vorbehaltlich eines allenfalls möglichen Überbots - aufgrund des Zuschlags disponieren.

Das im Rechtsmittel angesprochene Problem einer Gehörverletzung (Art 6 EMRK) liegt im konkreten Fall nicht vor. Der Verpflichtete hätte die Zuschlagserteilung im Versteigerungstermin verhindern können. Wenn der Hinweis auf den Aufschiebungsantrag dafür nicht genügt hätte, wäre ihm ein Widerspruch nach § 184 Abs 1 Z 4 EO zur Verfügung gestanden (Angst aaO § 184 Rz 8). Wie das Rekursgericht zutreffend ausführt, wäre es dem Verpflichteten auch zumutbar gewesen, sich vor der Versteigerung vom Einlangen des Antrags zu vergewissern und erforderlichenfalls entsprechende Schritte zu setzen. Sein rechtliches Gehör war damit gewahrt. Das Problem des Art 6 EMRK würde sich nur dann stellen, wenn der Verpflichtete vom Versteigerungstermin nicht verständigt worden wäre. Für diesen - hier nicht vorliegenden - Fall ist der Rekurs aber ohnehin zulässig (§ 187 Abs 1 iVm § 184 Abs 1 Z 3 EO). Eine Analogie wäre allenfalls zu erwägen, wenn der Verpflichtete aus einem Verhalten des Gerichts hätte ableiten können, die Versteigerung würde nicht stattfinden (vgl 3 Ob 179/88). Solche Umstände werden im konkreten Fall aber nicht behauptet, sie ergeben sich auch nicht aus dem Inhalt des Aktes. Der vom Verpflichteten angestrebten Zulässigkeit des Rekurses steht daher der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen (Angst aaO § 187 Rz 1).

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