European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00100.19B.1024.000
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Im Firmenbuch ist zu FN ***** seit 24. 2. 1972 die D***** GmbH mit Sitz in D***** eingetragen, wobei die Gründungskostenregelung gemäß § 7 GmbHG ihres ursprünglichen Gesellschaftsvertrags vom 23. 7. 1971 lautete:
Die mit der Errichtung und Registrierung der Gesellschaft verbundenen Kosten und Abgaben werden bis zum Höchstbetrag von 25.000 ATS (in Worten: fünfundzwanzigtausend Schilling) von der Gesellschaft getragen. Die Gründungskosten sind mit der Höhe der tatsächlich aufgewendeten Beträge als Ausgaben in die erste Jahresrechnung einzustellen.
Am 1. 7. 1975 wurde der Gesellschaftsvertrag neu gefasst; die Gründungskostenregelung lautete nunmehr:
Die Kosten der Errichtung des Gesellschaftsvertrags und der handelsgerichtlichen Protokollierung werden von der Gesellschaft bis zur Höhe von 25.000 ATS getragen. Diese Kosten werden mit der Höhe der tatsächlich aufgewendeten Beträge als Ausgabe in die nächste Jahresrechnung eingestellt.
Am 19. 10. 2005 wurde der Gesellschaftsvertrag wiederum neu gefasst; die Gründungskostenregelung lautete nunmehr:
Die Kosten der Errichtung des Gesellschaftsvertrags und der handelsgerichtlichen Protokollierung werden von der Gesellschaft getragen. Diese Kosten werden mit der Höhe der tatsächlich aufgewendeten Beträge als Ausgabe in die nächste Jahresrechnung eingestellt.
Schließlich kam es am 14. 12. 2018 wiederum zu einer Neufassung des Gesellschaftsvertrags, wobei die Gründungskostenregelung nunmehr lautet:
12. KOSTEN
12.1. Die Kosten der Errichtung des Gesellschaftsvertrags und der handelsgerichtlichen Protokollierung werden von der Gesellschaft getragen.
12.2. Diese Kosten werden mit der Höhe der tatsächlich aufgewendeten Beträge als Ausgabe in die nächste Jahresrechnung eingestellt.
Am 18. 12. 2018 beantragte die Gesellschaft durch ihre beiden kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer die Eintragung des neuen Gesellschaftsvertrags in der Fassung des außerordentlichen Generalversammlungsbeschlusses vom 14. 12. 2018 einschließlich der letztgenannten Gründungskostenregelung in das Firmenbuch.
Die Vorinstanzen wiesen das Eintragungsbegehren zur Gänze ab; das Rekursgericht sprach darüber hinaus aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist. In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht unter zahlreichem Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur folgende Auffassung:
Nach § 7 Abs 2 GmbHG kann Ersatz der Kosten der Errichtung der Gesellschaft nur innerhalb des für die Gründungskosten im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Höchstbetrags begehrt werden. Zweck der Festsetzung der Gründungskostenin den Statuten ist es, dass die Gesellschafter diese im Gründungsstadium getragenen Kosten von der Gesellschaft allenfalls unter dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 1037 ABGB) begehren können. Ohne eine wirksame gesellschaftsvertragliche Verankerung können Gründungskosten weder von den Gesellschaftern begehrt noch diesen gewährt werden (verbotene Einlagenrückgewähr) und sind daher zunächst von den Gründungsgesellschaftern und später von den Gesellschaftern zu tragen.
Die einen Ersatzanspruch der Gesellschafter begründende statutarische Verankerung im Gesellschaftsvertrag erfordert die Erfüllung dreier Kriterien: Zum einen muss der Gründungskostenersatz im Gesellschaftsvertrag enthalten sein und klarstellen, dass nur die tatsächlich angefallenenAufwendungen und Kosten als Gründungskosten ersetzt werden. Andererseits müssen die Gründungskosten mit einem ziffernmäßigen Höchstbetrag festgelegt werden. Eine Regelung, die einen unlimitierten Ersatz von Gründungskosten vorsieht wie hier im Gesellschaftsvertrag laut außerordentlichem Generalversammlungsbeschluss vom 14. 12. 2018 ist unzulässig.
Die Gründer können also durch den Gesellschaftsvertrag ihre Gründungskosten bis zur Höhe eines dort festgehaltenen Maximalbetrags auf die Gesellschaft überwälzen. Diese Festlegung eines Höchstbetrags im Gesellschaftsvertrag ist erforderlich, damit die dadurch eintretende Schmälerung des Gesellschaftsvermögens offenkundig wird und das Firmenbuchgericht bei der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung Missbräuchen im Sinn einer Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes entgegentreten kann: Es besteht nämlich die Gefahr, dass es durch übermäßig hohe Gründungskosten zu einer den Gläubigern und auch den übrigen Gesellschaftern nachteiligen Zurückzahlung der Einlagen der bezugsberechtigten Gründer kommt, was auf eine Kapitalherabsetzungohne die Einhaltung der dafür allenfalls im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Grundsätze und Verfahren sowie der gesetzlichen Kautelen hinausläuft. § 7 Abs 2 GmbHG wird deshalb dahin ausgelegt, dass der Höchstbetrag, der zu Lasten der Gesellschaft gehenden Gründungskosten bereits im Zeitpunkt der Erstanmeldung der neu zu gründenden Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag enthalten sein muss. Nach diesem Zeitpunkt darf weder eine erstmalige Festsetzung der Gründungskosten erfolgen noch eine Erhöhung des bereits hiefür eingetragenen Höchstbetrags wirksam vereinbart und eingetragen werden.
Diese Schlussfolgerung wird nicht nur aus Gläubigerschutzüberlegungen, nämlich wegen der drohenden Irreführung der Gläubiger über den Haftungsrahmen und der andernfalls drohenden Gläubigergefährdung, sondern auch aus Überlegungen des Gesellschafterschutzes angenommen. Nicht nur die Gläubiger müssen gegen eine willkürliche Verschiebung zwischen dem Vermögen der haftenden Gesellschaft, deren Vermögen den einzigen Befriedigungsfonds für Gläubiger bildet, und dem Vermögen der von jeder persönlichen Haftung freigestellten Gesellschafter geschützt werden, sondern auch die Gesellschafter selbst: Denn diese können ohne eine wirksame gesellschaftsvertragliche Verankerung von der Gesellschaft nicht – auch nicht allenfalls unter dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 1037 ABGB) – begehrt und müssen daher von den Gesellschaftern endgültig getragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Die Gesellschaft tritt im Revisionsrekursverfahren den – zutreffenden – Ausführungen des Rekursgerichts zur Unzulässigkeit der Gründungskostenregelung in Punkt 12. der nunmehr zur Eintragung angemeldeten Fassung des Gesellschaftsvertrags vom 14. 12. 2018 nicht entgegen, sodass darauf nicht mehr weiter einzugehen ist.
2. Allerdings meint die Gesellschaft, es sei am 14. 12. 2018 keine nachträgliche Änderung der Gründungskostenregelung gemäß § 7 Abs 2 GmbHG im Sinn einer nachträglichen Erhöhung der Gründungskosten beschlossen worden; die nunmehrige Formulierung weiche ihrem Sinn nach nicht von der Regelung des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom 19. 10. 2005 ab. Das Firmenbuch sei daher nicht berechtigt gewesen, bei Anmeldung einer Satzungsänderung nicht geänderte Bestimmungen zu überprüfen; die Gründungskostenregelung sei hier gar nicht Gegenstand des Firmenbuchantrags gewesen, womit dem Firmenbuchgericht ein Verstoß gegen § 405 ZPO unterlaufen sei.
2.1.
Das Firmenbuchgericht kann grundsätzlich nur das eintragen, was beantragt ist (RS0061530 [T3]), wobei bei satzungsändernden Beschlüssen eine sehr weitgehende Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts besteht (RS0061530 [T11]). Der Umfang dieser Prüfungspflicht ist im Gesetz nicht im Einzelnen festgelegt. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass ein Eintragungsbegehren im Rahmen der formellen und materiellen Prüfungspflicht unabhängig von einer absoluten Nichtigkeit des zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlusses in materieller Hinsicht dahin zu prüfen ist, ob zwingende gesetzliche Bestimmungen verletzt wurden (RS0112040 [T2], RS0108622 [T2] G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 15 Rz 22 mit zahlreichen Beispielen).
2.2. Nach herrschender Auffassung führt das Fehlen einer den Anforderungen von § 7 Abs 2 GmbHG entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gründungskosten zu einer Ablehnung des Eintragungsgesuchs (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG [2007] § 7 Rz 14; vgl auch OLG Wien NZ 1975, 76 = HS 9611, 9621 und NZ 1976, 31 = HS 9663, 9622). Da ein Gesellschaftsvertrag eine untrennbare Einheit bildet und damit eine Eintragung allein von mangelfreien Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nicht zulässig ist (6 Ob 123/99b am Ende; OLG Wien NZ 2004, 27), kann ein Gesellschaftsvertrag mit einer unzulässigen Gründungskostenklausel nicht eingetragen werden.
2.3. Der Oberste Gerichtshof hat zwar im Zusammenhang mit der Eintragung von Änderungen von Gesellschaftsverträgen mehrfach klargestellt, dass im diesbezüglichen Eintragungsverfahren andere Bestimmungen, die bereits eingetragen sind und nunmehr keine Änderung erfahren, nicht neuerlich zu prüfen sind (6 Ob 35/16i [ErwGr 5.2.] JBl 2016, 446 [Trenker] = GesRZ 2016, 289 [Brugger] = ecolex 2016/339 [Told]; 6 Ob 37/17k [ErwGr 3.] GesRZ 2017, 269 [Csoklich] = JEV 2017, 165/14 [Klampfl, 170]; vgl auch 6 Ob 271/03a).
In diesen Fällen wurde allerdings – im Gegensatz zur hier zu beurteilenden Sachlage – jeweils die Eintragung einzelner geänderter Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen bzw Stiftungsurkunden begehrt, nicht aber die Eintragung deren Neufassung mit inhaltlich (teilweise) unveränderten Klauseln. Für einen solchen Fall ist jedoch mit Birnbauer (Neufassung eines GmbH‑Gesellschaftsvertrags, GeS 2013, 507 [509])und aus Vertrauensschutzgründen zugunsten von Gläubigern davon auszugehen, dass dem Firmenbuchgericht eine Prüfungskompetenz hinsichtlich des gesamten, neu gefassten Gesellschaftsvertrags zukommt, auch wenn diese inhaltlich nicht geänderte Bestimmungen betrifft (ebenso für Deutschland Altmeppen, GmbHG9 [2019] § 54 Rz 27 mwN). Dafür spricht auch die Überlegung, würde man Vertragsbestimmungen nur prüfen, wenn sie sich materiell geändert haben, so führte dies zu Spannungen mit dem Antragsprinzip, wurde doch die Eintragung der gänzlichen Neufassung, nicht nur von Teilen davon beantragt. Auch wäre eine Abgrenzung schwierig, was im konkreten Fall eine inhaltlich geänderte Klausel ist, wenn nur ein anderer Wortlaut gewählt wird. Und schließlich müsste das Firmenbuchgericht erneut eine gesetzwidrige Klausel eintragen, was der Richtigkeit des Firmenbuchs widersprechen würde.
3. Die Gesellschaft meint im Revisionsrekursverfahren, der Änderung der Gründungskostenregelung komme keinerlei Bedeutung mehr zu, seien die Gründungskosten doch bereits angefallen und bezahlt worden. Die Gläubiger‑ und Gesellschafterschutzfunktion sei durch die Änderung der Satzung nicht gefährdet.
Tatsächlich liegt zwar die Gründung der Gesellschaft fast 50 Jahre zurück und wird man wohl davon ausgehen können, dass die Kosten für die Gründung schon längst bezahlt worden sind und die Gefahr einer unzulässigen Überwälzung der Gründungskosten auf die Gesellschaft nicht mehr besteht. Dies stellte sich allerdings im Jahr 2005 nicht viel anders dar, und trotzdem wurde die Gründungskostenregelung inhaltlich maßgeblich – und potenziell zu Lasten der Gesellschaft – verändert. Im Übrigen liegt der Zweck des § 7 Abs 2 GmbHG darin, das Stammkapital nicht durch den Ersatz überhöhter Gründungskosten zu belasten; es soll ein Rückfluss von Vermögen an die Gesellschafter nur in einem engen Rahmen möglich sein. Die Angabe der Höchstgrenze soll für Dritte Transparenz hinsichtlich des Stammkapitals schaffen. Es lässt sich schließlich auch keinerlei Rechtsgrundlage dafür finden, die es erlauben würde, nach einer gewissen Zeit von dieser Höchstgrenze Abstand nehmen zu können.
4. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs war damit ein Erfolg zu versagen.
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