European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00065.19M.1009.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Celal Z***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB (I) und des Vergehens der Herbeiführung einer unrichtigen Beweisaussage nach § 292 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
(I) vom 14. Oktober 2015 bis Ende März 2017 gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten, nämlich der zuständigen Richter im Verfahren AZ ***** des Arbeits- und Sozialgerichts Wien, unrechtmäßig zu bereichern, diese durch die Vorgabe, infolge schwerer Krankheit pflegebedürftig und invalid (vgl § 255 ASVG) zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Zuerkennung von Pflegegeld und Invaliditätspension ab dem 1. November 2015 zu verleiten versucht, wodurch die Pensionsversicherungsanstalt in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag geschädigt werden sollte sowie
(II) am 5. Juli 2016 einen anderen, nämlich Dr. Kurt G*****, durch die zu I beschriebene Täuschung über Tatsachen dazu verleitet, im genannten Verfahren des Arbeits- und Sozialgerichts Wien ein unrichtiges Gutachten zu erstatten, mithin eine falsche Beweisaussage (§ 288 StGB) abzulegen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) hat das Erstgericht die begehrten Beweisaufnahmen (soweit möglich) durch zeugenschaftliche Vernehmung Dris. Salih V***** und Dris. Edmund C***** sowie durch Beischaffung von Unterlagen des Krankenhauses S***** zur Krankengeschichte des Beschwerdeführers durchgeführt (ON 24 S 27 iVm 30 S 3 ff und ON 46a S 5 ff sowie ON 38 und Blg ./B zu ON 46a). Zur ursprünglich ebenfalls beantragten zeugenschaftlichen Vernehmung „des informierten Vertreters der Abteilung für Rheumatologie“ dieses Krankenhauses (ON 24 S 27) teilte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung mit, dass es laut Auskunft des S***** dort keinen den Beschwerdeführer behandelnden Arzt gebe, dieser vielmehr „immer in der Ambulanz erschienen“ sei. Daraufhin wurde – nach dem unbedenklichen Protokoll über die Hauptverhandlung (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 312) – „einverständlich auf die Ladung des Arztes verzichtet“ (ON 46a S 15).
Auf den Beweisantrag ergänzendes Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde war wegen des insoweit geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen (RIS‑Justiz RS0099618).
Die von der Mängelrüge geltend gemachte Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt nicht vor. Denn das Erstgericht hat die Aussagen der Zeugen Dr. G***** und Dr. C***** erörtert (US 14). Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details ihrer Angaben war es mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0106642).
Gegenstand der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist die von der Gesamtheit des festgestellten Sachverhalts ausgehende methodengerechte Darlegung, dass dem Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts ein (materieller) Rechtsfehler unterlaufen ist (RIS‑Justiz RS0099810). Diese Vorgaben gesetzmäßiger Darstellung verfehlt der Beschwerdeführer, indem er unter teilweiser Wiederholung des zur Mängelrüge erstatteten Vorbringens „materielle Wertungsfehler“ behauptet, ohne im Einzelnen darzulegen, welche Feststellungen er konkret vermisst (RIS‑Justiz RS0099620).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Bleibt festzuhalten, dass das Urteil zu I keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die rechtliche Konsequenz gewerbsmäßiger Begehung des Betrugs enthält. Diese setzt nämlich die Absicht voraus, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat über längere Zeit hindurch ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Dass sich der Täter eine dauernde Einnahmequelle durch eine einzige Tat verschaffen will, genügt diesen Anforderungen nicht ( Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 70 Rz 9). Nach dem Urteilssachverhalt wäre dem Beschwerdeführer „bei Stattgebung des Klagebegehrens Invaliditätspension und Pflegegeld für 25 Jahre zu gewähren gewesen“, worauf im Übrigen die Konstatierung eines angestrebten Schadens von mehr als 300.000 Euro aufbaut (US 10 f). Die Urteilspassage, dem Beschwerdeführer sei es darauf angekommen, „sich durch wiederkehrende falsche Angaben“ eine „fortlaufende, über unzählige Jahre hinweg beträchtliche Einnahme in einem 300.000,- Euro übersteigenden Umfang zu verschaffen“ (US 13), bleibt demnach ohne Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090). Da sich der Subsumtionsfehler (Z 10) nicht auf den Strafrahmen auswirkte und auch sonst ohne erkennbare nachteilige Wirkung für den Beschwerdeführer blieb (vgl US 16), sah sich der Oberste Gerichtshof nicht zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) veranlasst.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Es ist dabei nicht an den aufgezeigten Subsumtionsfehler gebunden (RIS‑Justiz RS0118870).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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