European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126372
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei sowie ihrem Nebenintervenienten die jeweils mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen zu ersetzen.
Begründung:
Die klagende Wohnungseigentümerin begehrte die Feststellung der Haftung der beklagten Eigentümergemeinschaft für künftige Schäden aus einer nicht bzw nicht fachgerecht, weil ohne Ursachenforschung erfolgten Sanierung von im Wohnungseigentumsobjekt aufgetretenen Schimmel.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu folgenden Fragen zu: 1. Schadenersatzrechtliche Haftung der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer wegen Verzugs mit Instandhaltungspflichten betreffend ernster Schäden des Hauses. 2. Steht das Unterlassen einer Antragstellung iSd § 30 Abs 1 Z 1 WEG einem auf künftige Schäden gestützten Feststellungsbegehren entgegen?
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten und ihrem Nebenintervenienten jeweils beantwortete Revision der Klägerin ist entgegen diesem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch nicht zulässig.
1. Die Behebung eines ernsten Schadens (im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG) des Hauses oder eines Wohnungseigentumsobjekts ist stets ordentliche Verwaltung und fällt damit in die Zuständigkeit der dafür zahlungspflichtigen Eigentümergemeinschaft (RIS-Justiz RS0112445; 5 Ob 170/11b mwN). Eine die Bausubstanz angreifende Schimmelbildung im Wohnungseigentumsobjekt zählt die Rechtsprechung – anders als oberflächliche Schimmelflecken – zu ernsten Schäden iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG (RS0102183; vgl RS0069886 [T1]).
2. Nach § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren von den übrigen Wohnungseigentümern verlangen, dass Erhaltungsarbeiten (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG) binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Einen derartigen Antrag hat die klagende Wohnungseigentümerin nicht eingebracht.
3. Die dem Zulassungsausspruch zugrunde gelegten Fragen des Umfangs der Erhaltungspflicht und die Rechtsfolgen bei deren Verletzung durch die Eigentümergemeinschaft, insbesondere das Verhältnis zwischen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren durchzusetzenden Minderheitsrechten und Schadenersatzansprüchen sind im vorliegenden Fall nicht zu klären.
4. Wie bereits das Berufungsgericht erkannt hat, haftet die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung mangels eines vertraglichen Verhältnisses zum einzelnen Wohnungseigentümer für schädigende Handlungen oder Unterlassungen des Hausverwalters nur deliktisch, dies ohne Einschränkung durch § 1315 ABGB (RS0114886; zuletzt ausführlich 5 Ob 37/19f). Diese deliktische Schadenersatzhaftung setzt iSd § 1296 ABGB ein Verschulden des Verwalters, dessen Verhalten der Eigentümergemeinschaft zugerechnet wird, voraus.
5. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beauftragte der Hausverwalter nach dem erstmaligen Auftreten von Schimmel im Wohnungseigentumsobjekt eine „Fachfirma“ mit der Schimmelbekämpfung. Das Wohnungseigentumsobjekt der Klägerin war zuvor 40 Jahre lang ohne jeglicher Schimmelbildung bewohnt worden. Für den Hausverwalter gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB, Sachverständiger für bautechnische Fragen ist er jedoch nicht (6 Ob 3/14f; 8 Ob 112/18f). Die Klägerin behauptet nicht, dass der Hausverwalter eine Unzulänglichkeit der Sanierungsmaßnahmen erkannt hat oder erkennen hätte müssen. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine schadenersatzrechtliche Haftung der Eigentümergemeinschaft mangels – im Einzelfall zu prüfenden (8 Ob 112/19f) – Verschuldens des Verwalters ausscheidet, zieht sie in der Revision, in der sie sich auf das Vorliegen eines ernsten Schadens und die Erhaltungspflicht konzentriert, nicht substanziiert in Zweifel.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und ihr Nebenintervenient haben in den Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Ein Streitgenossenzuschlag steht aber nicht zu, weil dem Nebenintervenient nur eine Partei gegenüberstand.
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