European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00072.19Y.0903.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Noe M***** G***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 1 und Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. Oktober 2018 in M*****, Flughafen W*****, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 4.336,8 Gramm Cannabis (Reinsubstanz 76,9 Gramm Delta-9-THC und 812,6 Gramm THCA) von Spanien nach Österreich eingeführt, indem er das Suchtgift in seinem Reisegepäck transportierte, wobei er „die Straftat“ (nach § 28a Abs 1 SMG) gewerbsmäßig begangen hat und schon einmal (Urteil des Vantaa District Court, Finnland vom 20. Februar 2018, AZ 18/107557, R 18/422 [US 3]) wegen „Suchtgifthandels“ (US 3 f – Einfuhr von 2.675 Gramm Marihuana mit einer Reinsubstanz von mehr als 250 Gramm THCA von Spanien nach Finnland) verurteilt worden war.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen dem Einwand unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Urteilskonstatierungen zur Reinsubstanzmenge des tatverfangenen Suchtgifts (US 4) durch Außerachtlassung der Ergebnisse der vom Bundeskriminalamt durchgeführten chemischen Analyse (ON 21 S 7 ff), haben sich die Tatrichter auf das für unbedenklich erachtete (in der Hauptverhandlung ergänzte und erörterte) Gutachten des Sachverständigen DI Dr. Günter Gm***** (ON 35; ON 40 S 6 ff), der die Analyse mittels Hochdruckflüssigchromatographie und Diodenarray-Detektion durchführte (ON 35 S 3), gestützt und daraus die Reinsubstanzmenge des sichergestellten Suchtgifts errechnet (US 5). In diesem Gutachten berücksichtigte der Sachverständige auch die differenten Ergebnisse der Suchtgiftanalyse des Bundeskriminalamts und die angewandten Methoden (Untersuchung auf Cannabinoide mittels Dünnschichtchromatographie, gaschromatographische Bestimmung des THC-Gehalts; hochgerechnete Reinsubstanz von Cannabis 45 +/- 7,8 Gramm Delta-9-THC und 590 +/- 100 Gramm THCA [ON 21 S 7 ff]) und führte dazu aus, dass die gaschromatographische Analyse „auf dem Weg zum Ergebnis zumindest 30 % des Wirkstoffs“ verliere und die vom Sachverständigen gewählte Analysemethode (getrennte Quantifizierung der Substanzen THC und THCA) exakter sei (ON 40 S 6 ff). Somit setzte sich das – im Urteil erörterte – Gutachten des Sachverständigen DI Dr. Günter Gm***** eingehend mit den Analyseergebnissen des Bundeskriminalamts auseinander, weshalb diese auch Eingang in die – dem Gebot zu gedrängter Darstellung folgende (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS‑Justiz RS0106642), sie ersichtlich verwerfende – tatrichterliche Beweiswürdigung fanden (vgl US 5).
Mit dem Vorbringen, die Suchtgiftanalyse des Bundeskriminalamts ergäbe in ihrer „günstigsten Variante“ kein Überschreiten der „großen Menge“ (§ 28a Abs 2 Z 3 SMG), wird kein Begründungsmangel geltend gemacht (vgl RIS-Justiz RS0114524).
Die Subsumtionsrüge (Z 10), die sich gegen die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG wendet, da es – neben der festgestellten Vorverurteilung nach § 28a Abs 1 SMG – weiterer Konstatierungen zum „Hinzutreten einer Voraussetzung gemäß § 70 Abs 1 Z 1, 2 oder 3 StGB, hinsichtlich Z 3 daher der Begehung zweier Taten iSd § 28a Abs 1 SMG oder zumindest einer weiteren Verurteilung iSd § 28a Abs 1 SMG“ bedurft hätte, wird nicht methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet (RIS-Justiz RS0116962 [insb T3]). Denn sie stützt sich auf eine (den Geschehensablauf vernachlässigende) Kommentarstelle ( Schwaighofer in WK 2 SMG § 28a Rz 32/1), ohne sich mit der gegenteiligen (jüngeren) ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0130966) auseinanderzusetzen.
Demnach reicht für die Verwirklichung der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG eine einzige Vorverurteilung aus, sofern sie sowohl den Kriterien des § 28a Abs 2 Z 1 letzter Halbsatz SMG als auch jenen des § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB entspricht und seit ihrer Rechtskraft bis zur folgenden Tat (abzüglich Zeiten behördlicher Anhaltung) nicht mehr als ein Jahr vergangen ist (§ 70 Abs 3 StGB), wobei die Vorverurteilung und die nachfolgende Tat alle Tatbestandsmerkmale des § 28a Abs 1 SMG aufweisen müssen (RIS-Justiz RS0130966). Soweit es sich dabei um eine nach § 73 StGB zu berücksichtigende ausländische Vorverurteilung handelt, erfordert sie eine dem § 28a Abs 1 SMG in der geltenden Fassung inhaltlich entsprechende Verurteilung (vgl RIS-Justiz RS0123175 [T5], RS0126985).
Die Feststellung einer Verurteilung des Angeklagten mit Urteil des Vantaa District Court, Finnland vom 20. Februar 2018, AZ 18/107557, R 18/422, zu einer Freiheitsstrafe wegen Einfuhr von 2.675 Gramm Marihuana von Barcelona nach Finnland am 3. Dezember 2017 und die weitere Konstatierung, dass der Angeklagte „nach Finnland mehr als 250 Gramm THCA einführte“ (US 3 f), in Zusammenhalt mit der festgestellten Einfuhr von 4.336,8 Gramm Cannabis, beinhaltend eine Reinsubstanz von 76,9 Gramm Delta-9-THC und 812,6 Gramm THCA am 14. Oktober 2018 von Spanien nach Österreich in der Absicht, sich durch die „wiederholte Begehung derartiger Suchtgifteinfuhren über längere Zeit ein möglichst hohes, jedenfalls nicht nur geringfügiges Einkommen zu verschaffen (US 4 f) – entspricht somit den Kriterien des § 28a Abs 2 Z 1 letzter Halbsatz SMG und jenen des § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall iVm Abs 3 StGB.
Die gegen die Nichtannahme der Privilegierung nach § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) kritisiert – gestützt auf die isolierte Hervorhebung von Details der Aussage des Angeklagten (er sei drogenabhängig, konsumiere Suchtgift, fühle sich süchtig und habe beabsichtigt, die für die Tat in Aussicht gestellten 1.000 Euro für den Kauf von Drogen zu verwenden) – das Unterbleiben von Konstatierungen dazu, „ob der Angeklagte an Suchtmittel gewöhnt ist und ob er die Tat vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für den persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu verschaffen“.
Dieses Vorbringen übergeht jedoch die weitere Aussage des Angeklagten in der Hauptverhandlung, es sei schwierig gewesen, eine Arbeit zu finden, er sei drogenabhängig, durch den Drogenkonsum werde er faul, die 1.000 Euro hätten nicht sehr lange ausgereicht, er hätte damit [Suchtgift] „zum selber konsumieren gekauft und auch für eine Unterkunft bezahlt, er habe [mit solchen Taten] Geld verdient, um [s]einen Lebensunterhalt zu bezahlen“ (ON 28 S 4, 7, 11). Weshalb diese Gesamtverantwortung des Beschwerdeführers die Annahme indiziert hätte, er habe die Tat vorwiegend deshalb begangen, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen (vgl RIS-Justiz RS0125836, RS0124622), zeigt die Rüge nicht auf und macht solcherart einen Feststellungsmangel nicht gesetzmäßig geltend (RIS‑Justiz RS0118580). Da die Anwendung des § 28a Abs 3 zweiter Fall iVm § 27 Abs 5 SMG das kumulative Vorliegen beider darin genannter Voraussetzungen erfordert (11 Os 60/14d ua), war auf eine allenfalls aus den Verfahrensergebnissen indizierte Gewöhnung des Angeklagten an Suchtmittel nicht weiter einzugehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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