European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00017.19D.0828.000
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 4.837,86 EUR (darin 806,31 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab. Die Entscheidung kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO):
A. Zum Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts:
Das Berufungsgericht hat den Rekurs gegen seine Entscheidung zugelassen, weil „sich der Oberste Gerichtshof – soweit ersichtlich – mit der Frage, welche Parameter bei der schadenersatzrechtlichen Differenzrechnung in einer Konstellation wie vorliegend, nämlich wenn ein endfälliger Kreditvertrag über Jahre in Schweizer Franken gewährt wird und nicht, wie es bei richtiger Beratung geschehen wäre, in Euro, heranzuziehen sind, noch nicht befasst hat“. Diese Rechtsfrage greift die Beklagte in ihrem Rekurs nicht erkennbar auf, weshalb auf diese nicht einzugehen ist (3 Ob 116/12y; vgl RS0102059 [T8]).
B. Zum Rekurs der Beklagten:
1. Die Beklagte ist der Meinung, dass sie – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht verpflichtet gewesen sei, die Klägerin näher über das Risiko der Stop-Loss-Order aufzuklären. Damit zeigt die Beklagte keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1.1. Zu Inhalt und Umfang der Beratungspflichten des Anlageberaters oder einer Bank – auch bei Abschluss oder Änderung eines Fremdwährungskredits – liegt bereits umfangreiche Judikatur vor. Sie sind von der Art des jeweiligen Rechtsgeschäfts, vom Anlagemodell und von der Person des Kunden abhängig. Ausgehend vom angestrebten Anlageziel und der konkreten Risikovorstellung des Kunden sind die typischen Risiken der in Aussicht genommenen Anlage darzulegen. Zudem muss über die Auswirkung des Risikogehalts des Finanzprodukts auf das verfolgte Anlageziel aufgeklärt werden (allgemein dazu RS0026135; RS0029601). Der Umfang der Aufklärungspflicht hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0026135 [T5]). Ob und in welchem Umfang eine Aufklärungs- oder Warnnotwendigkeit besteht, kann nämlich nur nach Lage des einzelnen Falls beurteilt werden (RS0026135 [T7]).
1.2. Das Berufungsgericht hat bereits zutreffend und sorgfältig die Rechtsprechung zu Bedeutung und Funktion einer – auch hier vereinbarten – Stop-Loss-Order dargestellt (allgemein dazu 2 Ob 74/12i; RS0128899). Sie hat im Allgemeinen den Zweck, das Risiko des Bankkunden zu begrenzen, ihn also gegen drohende Verluste zu schützen und bereits erzielte Gewinne zu sichern (RS0128900).
1.3. Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, eine Änderung der Währungspolitik der Schweizer Nationalbank sei nicht vorhersehbar gewesen, weshalb eine Aufklärungspflicht der Banken über diese Möglichkeit zu verneinen sei (vgl 7 Ob 28/17v; 6 Ob 25/19y). Damit wurde zur Beratung bei einer Stop-Loss-Order wohl auch implizit eine besondere Pflicht zur Aufklärung über das „Stützungsrisiko“ abgelehnt (vgl 6 Ob 132/18g; 4 Ob 176/18p; 6 Ob 25/19y). Dieses generelle Risiko ist im vorliegenden Kontext aber für eine fragliche Beratungspflicht der Beklagten nicht allein entscheidend.
1.4. Vielmehr hat bereits das Berufungsgericht zutreffend jene besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls herausgearbeitet, die eine weitergehende Aufklärung durch die Beklagte als gerechtfertigt erscheinen lassen können. Hier ging zunächst die Kontaktaufnahme wegen der festgestellten Finanzierungslücke von der Beklagten aus, die der Klägerin ein neues Finanzierungskonzept als notwendig und gerade zur Risikominimierung eine Stop-Loss-Order als ein wirksames Mittel darstellte. Die vereinbarte Stop-Loss-Order war dann ganz besonders dahin gestaltet, dass in einem fett umrandeten Rechteck in deutlich größeren Lettern als der restliche Text der maßgebliche „Kundenkurs“, ab dem die Konvertierung erfolgen konnte, ausgewiesen war. Schließlich haben die Mitarbeiter der Beklagten zur Darstellung des verbleibenden Risikos (Worst-Case-Szenario) den vereinbarten Stop-Loss-Kurs als Berechnungsgrundlage herangezogen. Wenn das Berufungsgericht bei dieser spezifischen Konstellation davon ausging, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin auch darauf hinweisen hätten müssen, dass der nächstmögliche Devisen-Verkaufskurs, zu dem die Konvertierung stattfindet, noch sehr deutlich unter dem in Fettdruck dargestellten Kundenkurs liegen, sich bei Verwirklichung der Stop-Loss-Order also deren Risiko noch viel gravierender zum Nachteil der Klägerin entwickeln könne, so ist diese Beurteilung jedenfalls dann, wenn dem Kunden gerade der Eindruck des Restsrisikos (Worst-Case-Szenario) vermittelt werden soll, keine Überspannung der Aufklärungspflicht. Diese Rechtsansicht des Berufungsgericht hält sich vielmehr im Rahmen der für Beratungs- und Aufklärungspflichten von Banken entwickelten Grundsätze.
1.5. Auf den von der Beklagten erstmals im Rekurs erkennbar erhobenen Mitverschuldenseinwand ist als unzulässige Neuerung nicht einzugehen.
2. Die Beklagte ist weiters der Rechtsansicht, dass die Klägerin nicht Zahlung begehren dürfe, sondern den vermeintlich durch vertragswidrige Buchung auf ihrem Konto bewirkten Nachteil durch den entgegengesetzten Buchungsvorgang im Sinn des Prinzips der Naturalrestitution gemäß § 1323 ABGB geltend machen müsse. Auch damit zeigt die Beklagte keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Im vorliegenden Fall ist eine Konvertierung durch die Beklagte erfolgt, damit ein „Spekulieren auf dem Rücken des Beraters“ ausgeschlossen (vgl dazu 10 Ob 51/16x; 1 Ob 190/16x), der Schaden der Klägerin damit bezifferbar und ein Geldleistungsbegehren daher zulässig ist. Diese Ansicht des Berufungsgerichts entspricht vorliegender Rechtsprechung (vgl 4 Ob 214/16y), während die von der Beklagten dagegen ins Treffen geführte Entscheidung 3 Ob 196/04a keinen Kreditvertrag, sondern ein mit einem Girovertrag verbundenes Kontokorrentverhältnis betraf.
C. Ergebnis und Kostenentscheidung:
1. Die Beklagte zeigt insgesamt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Der Rekurs ist daher nicht zulässig und zurückzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Beklagten hingewiesen.
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