Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Oppositionsklägerin war mit S***** (im Folgenden: Ex-Ehemann) verheiratet. Im Jahre 2008 kam es zur Scheidung. Im Jahr 2009 und bis ins Jahr 2010 hineinreichend war der Ex-Ehemann mit der Oppositionsbeklagten liiert. Nach dem Bruch dieser Liaison kam es wieder zur Annäherung zwischen dem Ex-Ehemann und der Oppositionsklägerin.
Der Ex-Ehemann war Wohnungseigentümer eines Geschäftsraums, in dem er ein Espresso betrieb. Im Rahmen einer Zwangsversteigerung wurde das Objekt am 30. Juni 2009 von der Beklagten - unter Finanzierung von dritter Seite - ersteigert. Mit Kaufvertrag vom 18. Juni/2. Juli 2010 hat die Beklagte das Espresso an die Klägerin verkauft.
Gegenstand des im Jahr 2011 von der nunmehrigen Oppositionsbeklagten gegen die nunmehrige Oppositionsklägerin eingeleiteten Titelverfahrens war die Frage der Gültigkeit des Kaufvertrags. Das Verfahren endete mit einem am 1. Juni 2011 abgeschlossenen Vergleich, in dem die Streitteile erklärten, dass der Kaufvertrag vom 18. Juni/2. Juli 2010 wirksam ist. Die nunmehrige Klägerin verpflichtete sich, der nunmehrigen Beklagten bis 30. Juni 2011 einen Betrag von 10.000 EUR sA zu zahlen. Es wurden weitere Vereinbarungen getroffen, welche dazu dienen sollten, die nunmehrige Beklagte aus den Haftungen in Bezug auf das ersteigerte Objekt (Espresso) zu entlassen. Laut Punkt 5. wurden mit dem Vergleich „sämtliche wechselseitigen Forderungen der Streitteile gegeneinander aus der Vergangenheit für alle Zeiten bereinigt und verglichen“.
Das Espresso wird nunmehr auf Grundlage eines Pachtvertrags von Ba***** bewirtschaftet. Ein von der Klägerin angestrengtes gerichtliches Räumungsverfahren gegen diesen verzögerte sich.
Das Erstgericht hat der Oppositionsbeklagten mit Beschluss vom 28. Juli 2011, AZ 17 E 87/11d, zur Hereinbringung der Forderung von 10.000 EUR sA gegen die Klägerin die Exekution durch Zwangsversteigerung des Wohnungseigentumsobjekts bewilligt.
Am 9. November 2011 brachte die Klägerin eine Oppositionsklage ein, die auf ein Erlöschen der betriebenen Forderung durch Aufrechnung gestützt wird. Bei Abschluss des Vergleichs sei keine Bereinigungswirkung über die unmittelbar am Rechtsstreit Beteiligten hinaus erzielbar gewesen. Dem Ex-Ehegatten stünden aus verschiedenen Rechtsgründen Forderungen gegen die nunmehrige Beklagte zu, die er an die Klägerin abgetreten habe. In der Folge habe die Klägerin gegenüber der Beklagten die Aufrechnung mit Forderungen im Gesamtbetrag von 12.752 EUR erklärt und damit die betriebene Forderung getilgt. Der Betrag von12.752 EUR setze sich wie folgt zusammen:
a) 7.683,79 EUR an Verteidigerkosten im Strafverfahren: Durch frei erfundene Beschuldigungen im Jahre 2010 habe die Beklagte eine rund zweimonatige Untersuchungshaft des Ex-Ehegatten und daraus resultierend die Verteidigerkosten bis zur Hauptverhandlung am 26. November 2010 zu verantworten; der Ex-Ehegatte sei damals freigesprochen worden;
b) 900,51 EUR, die darauf zurückzuführen seien, dass die Beklagte das Arbeitslosengeld des Ex-Ehegatten während der Zeit von dessen Untersuchungshaft einkassiert habe;
c) 150 EUR durch Inkassieren einer dem Ex-Ehegatten zustehenden Zahlung;
d) 4.000 EUR aus einer Veruntreuung während der Tätigkeit im Fremdenverkehr im Winter 2009/10 in Tirol;
e) 400,03 EUR an Kosten der Privatbeteiligung des Ex-Ehemanns im Strafverfahren gegen die Beklagte wegen des unrechtmäßigen Inkassierens von dessen Arbeitslosenunterstützung;
f) 3.780 EUR an Haftentschädigung für 54 Tage Untersuchungshaft à 70 EUR;
g) schließlich stehe der Klägerin gegen die Beklagte eine „eigene“ Forderung in Höhe von 9.300 EUR an Mietentgang für den Zeitraum von Juni 2011 bis Klageeinbringung durch Mittäterschaft auf Seiten des Pächters zur Verzögerung der Räumung des Espresso zu.
Die Beklagte wandte ein, dass sie für die Folgen staatsanwaltschaftlicher Tätigkeit nicht zur Kasse gebeten werden könne. Für den Ex-Ehemann bestimmte Beträge, die sie inkassiert habe, habe sie nicht veruntreut, sondern gegen eigene Forderungen verrechnet. Bezüglich der Forderungen im Zusammenhang mit Mietzins und Betriebskosten von 9.300 EUR sei sie passiv nicht legitimiert. Weiters wandte die Beklagte verschiedene Gegenforderungen ein.
In der Streitverhandlung vom 15. Dezember 2011 erörterte der Richter mit den Parteien den Rechtsgrund der Abtretung, worauf die klagende Partei vorbrachte, dass der Rechtsgrund der Abtretung in den Ansprüchen der Klägerin gegen ihren Ex-Ehemann auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie der Abgeltung der Mitwirkung am Erwerb des anderen liege.
Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab. Es stellte als Hintergrund für die Abtretung fest, dass die Klägerin nunmehr wieder mit ihrem Ex-Ehemann zusammenlebt und damit ein gemeinsames Interesse an der Abwehr der Forderung der Beklagten besteht. Die Abtretungserklärung resultiere nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin im Gefolge der Scheidung Forderungen gegen ihren Ex-Ehemann auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, der ehelichen Ersparnisse sowie auf Abgeltung der Mitwirkung am Erwerb des anderen hat.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht die Abtretung mangels eines Titels als ungültig, mit der Folge, dass eine Aufrechnung mit den von der Klägerin geltend gemachten Forderungen gegen die betriebene Forderung der Beklagten nicht möglich sei.
Das Berufungsgericht bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und ließ die Revision mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, „inwieweit ein Oppositionskläger eine Gegenforderung in Form einer Zession zu seinen Gunsten zu beweisen“ habe.
Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision der Klägerin ist ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Die Revisionswerberin macht (als Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit) geltend, dass sich die Vorinstanzen nicht mit ihrer „eigenen“ Gegenforderung von 9.300 EUR befasst hätten. Im Übrigen sei während des anhängigen Berufungsverfahrens auf der Gegenseite ein Parteienwechsel von der Beklagten auf Be*****, den Bruder des Pächters Ba***** eingetreten, dem die Klägerin eine noch größere Gegenforderung entgegen halten könne als der Beklagten. Schließlich sei auch die Abtretung vom Ex-Ehemann auf die Klägerin wirksam erfolgt; dem Gericht stehe keine Überprüfungsbefugnis zu.
Dazu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Rechtsfrage, deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, wird von der Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht releviert, sodass darauf nicht einzugehen ist. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Frage der Beweislast in Wirklichkeit nicht stellt, weil sich die Klägerin auf ein bestimmtes Grundgeschäft der Zession berufen hat, dessen Existenz vom Erstgericht verneint wurde. Daher liegt keine non liquet-Situation vor, die erst zur Anwendung der Beweislastregeln führen würde. Käme es auf die Beweislast an, wäre auf die in RIS-Justiz RS0032510 [T2 und T3] enthaltene Rechtsprechung zu verweisen, wonach dann, wenn der Zessionsschuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet, die Beweislast für das Vorhandensein eines gültigen Grundgeschäfts denjenigen trifft, der sich auf die Zession beruft.
2. Das Fehlen einer rechtlichen Begründung zu einzelnen Fragen begründet keine Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0042203).
3. Richtig ist, dass die Klägerin bereits in derBerufung als Mangelhaftigkeit gerügt hat, dass sich das Erstgericht nicht mit ihrer „eigenen“ Gegenforderung auseinandergesetzt hat. Das Berufungsgericht ist auf dieses Berufungsvorbringen nicht eingegangen, sodass kein Fall eines „wiederholten“ Mangels vorliegt.
Ein relevanter Verfahrensmangel liegt jedoch nur dann vor, wenn er für die Entscheidung wesentlich war und sich auf diese auswirken hätte können (RIS-Justiz RS0116273). In Bezug auf die Gegenforderung von 9.300 EUR hat die Klägerin in der Oppositionsklage vorgebracht, dass weder der Pächter noch seine „Vertreter“ (darunter die Beklagte) auch nur einen Cent an Pachtzins zahlen würden, wodurch der Klägerin ein monatlicher Schaden von 1.550 EUR an Miete bzw Betriebskostenanteil entstehe, insgesamt bis zur Einbringung der Oppositionsklage 9.300 EUR. Die Geltendmachung dieses Betrags gegen die Beklagte werde darauf gestützt, dass diese alles unternehme, um den Pächter bei seinen Bestrebungen, die Räumung hinauszuzögern, zu unterstützen, und dadurch die Klägerin am Vermögen schädige.
Mit diesem Vorbringen zum Eintritt eines - von der Beklagten zu verantwortenden - Vermögensschadens wird aber nicht schlüssig ein Anspruch auf Ersatz dieses Schadens durch die Beklagte dargelegt. Ein Vermögensschaden ist nicht von jedermann zu ersetzen, sondern nur im Rahmen einer rechtlichen Sonderbeziehung, die aber nicht dargelegt wird. Das Fehlen eines Versuchs der Gerichte, eine Schlüssigstellung herbeizuführen, wurde im Rechtsmittelverfahren nicht gerügt und kann daher nicht mehr aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0037325).
4. Warum es im Fall eines Parteiwechsels im Zwangsversteigerungsverfahren auf Seite der betreibenden Partei mehr oder minder „automatisch“ auch im Oppositionsverfahren (noch dazu erst im Rechtsmittelverfahren) zu einem Parteiwechsel kommen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Das Verfahren über eine Klage nach § 35 EO ist kein Exekutionsverfahren, sondern ein Verfahren auf das die Bestimmungen der ZPO anzuwenden sind, darunter auch § 234 ZPO. Die Veräußerung einer Forderung hat zwar Einfluss auf die Parteistellung im Exekutionsverfahren, nicht aber auf die Parteistellung im Oppositionsprozess (RIS-Justiz RS0001882). Bei den behaupteten zusätzlichen Forderungen der Klägerin gegenüber Be***** handelt es sich um unzulässige Neuerungen (§ 482 Abs 1 ZPO).
5. Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht. Die Unwirksamkeit der Abtretung und den daraus folgenden Mangel der Gläubigerstellung der klagenden Partei kann die beklagte Partei als Zessionsschuldnerin der klagenden Partei gegenüber einwenden (RIS-Justiz RS0032510).
6. Mangels erheblicher Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ist die demnach unzulässige Revision zurückzuweisen.
7. Da die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, hat ihr die Klägerin gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
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