European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00165.18F.0227.000
Spruch:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, beide Nichtigkeitsbeschwerden sowie die Berufung des Privatbeteiligten werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last, soweit sie nicht durch die ganz erfolglosen Rechtsmittel des Privatbeteiligten L***** verursacht wurden. Dem Privatbeteiligten L***** werden die durch seine Rechtsmittel verursachten Kosten auferlegt.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Dominic M***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB (A/), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B/), des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (C/) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (E/) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
A/ am 20. Oktober 2011 eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Laptop des Gert‑Peter L***** im Wert von 700 Euro, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, indem er das Opfer in eine Glasvitrine stieß;
B/ am 18. November 2017 Stjepan S***** gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sinngemäß äußerte, dass er ihn mit einer Flasche schlagen werde;
C/ im Anschluss an die und „unabhängig von der unter Pkt B angeführten Straftat“ Stjepan S***** vorsätzlich eine schwere Körperverletzung zuzufügen versucht, indem er ihm mit einer Glasflasche einen Schlag auf den Kopf versetzte;
E/ eine fremde Sache, nämlich die Eingangstüre zur Wohnung der Laura P*****, beschädigt, indem er heftig dagegen schlug und trat (US 8), wodurch das Türblatt und das Schloss verzogen wurden.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Zu A/ und E/ des Schuldspruchs wird trotz des das gesamte Urteil umfassenden Aufhebungsantrags kein Vorbringen erstattet, weshalb auf die Beschwerde in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen war (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Zu B/ des Schuldspruchs behauptet die Rechtsrüge, es fehle der Äußerung an der Eignung, begründete Besorgnisse einzuflößen, es handle sich lediglich um eine „milieubedingte Unmutsäußerung“, die Formulierung wäre zu unkonkret. Damit orientiert sich der Rechtsmittelwerber nicht an der ersichtlich auch zum Bedeutungsinhalt der Äußerung im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellung, wonach der Angeklagte seinem Opfer Angst machen wollte, dass er es tatsächlich mit der Flasche schlage und ihm dadurch zumindest leichte Verletzungen (Hämatome, Prellungen) am Körper zufügen werde (US 7; RIS‑Justiz RS0099810, RS0092448 [T5], RS0092588).
Soweit die Rechtsrüge zu C/ des Schuldspruchs kritisiert, dass das Ersturteil bloß die Feststellung enthalte, dass der Angeklagte dem Opfer eine schwere Körperverletzung zufügen wollte (US 7), jedoch keine Konstatierungen zur Wissensseite treffe, legt sie nicht dar, weshalb dies nicht den Anforderungen des bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB) genügen und die Wissenskomponente nicht im Wollen des Täters denknotwendig mitenthalten sein sollte (RIS‑Justiz RS0089034).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über dessen Berufung folgt (§ 285i StPO).
Gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung richtet sich der Wiedereinsetzungsantrag des Privatbeteiligten L*****. Dieser erweist sich als unzulässig.
§ 364 Abs 1 Z 3 StPO verlangt, dass zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Prozesshandlung nachgeholt wird (RIS‑Justiz RS0101314 [T1]).
Der Privatbeteiligte kann Nichtigkeitsbeschwerde nur ergreifen, wenn er wegen eines Freispruchs des Angeklagten auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Vorliegend wurde der Angeklagte jedoch schuldig erkannt (A/; das Freispruchsfaktum [US 3] betrifft nicht den genannten Privatbeteiligten).
Der Mangel des Fehlens der Unterschrift eines berechtigten Verteidigers (§ 285a Z 3 StPO) war nicht sanierbar, weil es nach dem Gesagten an Zulässigkeitsvoraussetzungen der Nichtigkeitsbeschwerde fehlt ( Ratz , WK‑StPO § 285a Rz 7 f).
Zu einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist ein Privatbeteiligter nicht legitimiert (§ 283 Abs 2 StPO).
Mit Blick auf die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche bleibt zu ergänzen, dass der Privatbeteiligte in seinem Wiedereinsetzungsantrag mit der Bezugnahme auf seinen Protokollberichtigungsantrag (ON 66), über welchen das Erstgericht abweisend entschieden hat (ON 70), gar keinen Wiedereinsetzungsgrund behauptet.
Der Wiedereinsetzungsantrag war daher ebenso wie die Rechtsmittel des Privatbeteiligten zurückzuweisen.
Damit ist auch die
Beschwerde gegen die Abweisung des
Protokollberichtigungsantrags, der sich auf keine für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde wesentlichen Umstände bezog, erledigt (RIS‑Justiz RS0126057 [T2], RS0120683, RS0125616).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 8, 10).
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