OGH 8ObA75/18i

OGH8ObA75/18i25.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Stegmüller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Krachler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mo*****, vertreten durch LIKAR Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Ma*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen 3.412,08 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 3.213,03 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Oktober 2018, GZ 7 Ra 44/18x‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00075.18I.0125.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin schloss mit der K***** GmbH in Liquidation, deren Gesamtrechtsnachfolgerin die Beklagte ist, beginnend mit 20. 2. 2017 einen bis 20. 4. 2017 befristeten Dienstvertrag als Angestellte. Zum Hauptaufgabengebiet der Klägerin gehörte der Verkauf von Anzeigen für die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten herausgegebenen Spezial-Interest-Magazine. Um ein Magazin fertigstellen zu können, trat die für die GmbH bestellte Liquidatorin vor dem Ende der Befristung an die Klägerin heran, ob sie ihr nach dem 20. 4. 2017 noch vier Tage, also bis 27. 4. 2017 weiter helfe, denn dann ginge das Magazin am 28. 4. 2017 in Druck. Die Klägerin war damit einverstanden.

Die Vorinstanzen wiesen die wegen termin- und fristwidriger Dienstgeberkündigung per 27. 4. 2017 erhobenen Ansprüche der Klägerin übereinstimmend ab.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin rügt, wie bereits im Berufungsverfahren, als Aktenwidrigkeit, dass das Erstgericht ein Enddatum für das über den 20. 4. 2017 hinausgehende Dienstverhältnis festgestellt hat, obwohl die Liquidatorin in ihrer Aussage kein bestimmtes Enddatum genannt habe.

Eine Aktenwidrigkeit besteht nur dann, wenn ein Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und den darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen allein auf die unrichtige Wiedergabe des Inhalts eines Aktenstücks zurückzuführen ist und nicht – wie hier – in der Gewinnung der Feststellungen aufgrund von Schlussfolgerungen liegt (RIS‑Justiz RS0043421; RS0043324).

Überdies ist lediglich die Verneinung einer in zweiter Instanz gerügten Aktenwidrigkeit mit aktenwidriger Begründung insoweit im Revisionsverfahren anfechtbar (8 ObA 73/06b). Entgegen der Meinung der Klägerin hat das Berufungsgericht aber die Aussage der Liquidatorin, sie habe die Klägerin gebeten, ihr zu helfen, bis das Magazin fertig sei, das seien diese vier Tage gewesen, dem Verhandlungsprotokoll entsprechend wiedergegeben.

2. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungs-verfahrens zeigt die Klägerin mit der Behauptung, das Berufungsgericht habe ihr zu Unrecht entgegen gehalten, nicht vom festgestellten Sachverhalt auszugehen, nicht auf, stützt sie ihre Argumentation doch auch im Revisionsverfahren nicht auf die getroffenen Feststellungen, sondern auf ein Zitat aus der Parteienvernehmung.

3.1 Ob ein Vorbringen als erstattet anzusehen ist, hängt nach ständiger Rechtsprechung von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt, soweit es sich um keine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung handelt, regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0042828 [T23]).

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich die Beklagte durch entsprechendes Sachvorbringen (Hilfe bei der Fertigstellung des Magazins für vier Tage nach Ablauf der ersten Befristung) auf eine sachliche Rechtfertigung für die Befristung berufen habe, bewegt sich im Rahmen des dem Berufungsgericht zukommenden Beurteilungsspielraums.

3.2 Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt ist (RIS‑Justiz RS0028327 [T1]). Mangels sachlichen Grundes für die Befristung ist von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen (RIS‑Justiz RS0028327 [T11]). Ob die Aneinanderreihung von Dienstverträgen unter den konkret gegebenen Umständen gerechtfertigt ist oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls, die regelmäßig keinen Anlass für grundlegende Ausführungen des Obersten Gerichtshofs bietet (RIS‑Justiz RS0028327 [T13]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die einmalige Verlängerung der Befristung sei hier durch die notwendigen Fertigstellungsarbeiten am Magazin und die wirtschaftlich äußerst angespannte Situation der in Liquidation befindlichen Beklagten sachlich gerechtfertigt, ist im Hinblick auf die ausdrückliche Projektbezogenheit der Weiterbeschäftigung vertretbar.

Daran vermag die Klägerin mit ihren feststellungswidrigen Behauptungen, über die Befristung habe weder Einvernehmen noch Klarheit bestanden und die Dauer der Befristung sei von der Willkür der Beklagten abhängig gewesen, keine Bedenken zu wecken.

Von einer (konkludenten) Fortsetzung des ersten befristeten Dienstverhältnisses sind die Vorinstanzen nicht ausgegangen, sondern vom Abschluss eines neuen, zwecks Beendigung der Arbeiten am Magazin auf vier Tage befristeten Vertrags.

3.3 Sowohl das Vorbringen der Revisionswerberin, es sei offensichtlich, dass keine besonderen wirtschaftlichen Gründe für die zweite Befristung vorgelegen sein könnten, weil – wie sich nunmehr herausgestellt habe – die GmbH gar nicht liquidiert, sondern mit Umwandlungsvertrag vom 9. 5. 2018 auf die Gesellschafterin übertragen worden sei, als auch die Behauptung, die Fortsetzung der Tätigkeiten der GmbH durch die Beklagte im Rahmen eines Einzelunternehmens lasse an einen Betriebsübergang denken, verstoßen gegen das Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0041812).

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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