European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00065.18H.1120.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 6.811,14 EUR (darin 515,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Strittig ist im Revisionsverfahren, ob die Beklagte das von den Klägerinnen in Ökostromanlagen verfeuerte Brennmaterial nach dem höheren Tarif für „feste Biomasse“ (§ 7 Abs 1 der Verordnung über die Festsetzung der Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Ökostromanlagen, BGBl II 2002/508, in weiterer Folge: EinspeisetarifV 2002) zu vergüten hat (Standpunkt der Klägerinnen), oder ob dafür der für die Verwendung des Energieträgers „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ vorgesehene niedrigere Tarif gemäß § 7 Abs 2 EinspeisetarifV zur Anwendung gelangt (Standpunkt der Beklagten).
Die Erstklägerin betreibt an drei Standorten in Österreich Heizkraftwerke (Ökostromanlagen), die Zweitklägerin betreibt an einem vierten Standort in Österreich ein Heizkraftwerk (Ökostromanlage). Sämtlichen vier Kraftwerken wurden die für die Errichtung notwendigen Genehmigungen unstrittig zwischen 31. 12. 2002 und 31. 12. 2004 erteilt, alle vier Kraftwerke wurden vor dem 30. 6. 2006 in Betrieb genommen. Die Klägerinnen haben mit der (damaligen) Ökobilanzgruppenverantwortlichen (vgl § 14 ÖSG 2002, BGBl I 2002/149) für alle vier Kraftwerke zwischen Dezember 2002 und August/September 2005 Verträge über die Abnahme und Vergütung von Ökostrom abgeschlossen. Die beklagte Aktiengesellschaft – die Ökostromabwicklungsstelle nach dem Ökostromgesetz 2012, BGBl I 2011/75, ist – ist nunmehr unstrittig Vertragspartnerin der Klägerinnen.
Die Klägerinnen begehren – der Höhe nach mit Ausnahme der Zinsen nicht strittige – Differenzzahlungen zwischen der für die Jahre 2010 und 2011 erhaltenen Vergütung für gelieferten Ökostrom und der ihrer Ansicht nach richtig zu bezahlenden Vergütung nach der EinspeisetarifV 2002, BGBl II 2002/508. Sie brachten dazu zusammengefasst vor, dass sie in den Kraftwerken Brennstoffe verheizt hätten (insbesondere Rinde aus Sägewerken; in geringerer Menge Sägespäne und in ganz geringfügigem Umfang Pellets), die nach dem (höheren) Tarif gemäß § 7 Abs 1 EinspeisetarifV für „Biomasse“ zu vergüten seien. Die Rinde stamme nur aus der Entrindung von Rundhölzern in Sägewerken, daher aus mit der Forstwirtschaft verbundenen Industriebetrieben. Daran ändere der Umstand nichts, dass die Sägewerksbetreiber auch noch andere Tätigkeiten ausüben. Rinde sei kein „Abfall“, sondern ein Sägenebenprodukt, daher ein Produkt bzw Erzeugnis. Rinde erfülle auch nicht den Abfallbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes, sie habe einen positiven Marktwert. Der Umstand, dass die Rinde als „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ mit einer Schlüsselnummer in der Anlage zum ÖSG 2002 versehen sei, führe für sich allein noch nicht dazu, dass es sich dabei um Abfall handle. Brennstoffe, die sowohl „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ als auch „Biomasse“ seien, seien als Biomasse zu vergüten. Beim Einsatz als Brennstoff koste Rinde etwa gleich viel wie das unzweifelhaft Biomasse darstellende Waldhackgut, sodass es auch sachgerecht sei, wenn der jeweils daraus erzeugte Ökostrom gleich vergütet werde.
Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass Rinde und Sägespäne eine Schlüsselnummer als „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ hätten. Es handle sich dabei um Abfälle, die nach dem Tarif für „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ zu vergüten seien. Waldhackgut sei hingegen Biomasse. Darüber hinaus seien die Lieferantinnen der Klägerinnen nicht als der Forstwirtschaft verbundene Industriezweige anzusehen. Sie seien insbesondere auch Holzgroßhändler und produzierten industriell Holzplatten, Pellets und Leimbinder sowie sonstige Holzprodukte. Ein berindeter Baumstamm, der aus der Natur entnommen und vom Menschen bearbeitet wurde, sei nicht „Biomasse“ im Sinn des Ökostromgesetzes. Die von den Klägerinnen verwendeten Brennstoffe seien sowohl „Biomasse“ als auch „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“. Aus den Gesetzesmaterialien zum Ökostromgesetz ergebe sich, dass diese Brennstoffe daher nach der spezielleren Regelung des § 7 Abs 2 EinspeisetarifV mit dem Tarif für „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ zu vergüten seien. Das Ökostromgesetz normiere einen eigenen Abfallbegriff, es könne dazu nicht auf das Abfallwirtschaftsgesetz zurückgegriffen werden. Rinde sei der preisgünstigste Brennstoff, sie eigne sich nicht für den Weiterverkauf. Da die (örtlich nahegelegenen) Lieferanten der Klägerinnen das geschnittene Holz zu Leimbindern, Holzsperrplatten und Pellets weiterverarbeiten, könnten Verunreinigungen der Brennstoffe nicht ausgeschlossen werden. Die von den Klägerinnen verwendeten Brennstoffe seien daher nicht vollständig biologisch abbaubar.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren beider Klägerinnen in der Hauptsache statt. Es ging dabei über den bereits oben wiedergegebenen Sachverhalt zusammengefasst von folgenden Feststellungen aus:
„Das Heizkraftwerk Y***** [Anm.: von der Erstklägerin betrieben] grenzt an ein Werk der S***** GmbH [Anm.: Lieferantin der Erstklägerin] an. Letzteres besteht aus einem Rundholzlagersammelplatz mit Sortieranlage, mehreren Gebäuden für Trockenkammern, einer Entrindungsanlage, einem Hobelwerk, einem Sägewerk und einem Leimbinder‑ und Brettsperrholzwerk. Die Holzstämme werden per LKW oder Bahn zum Rundholzlagerplatz angeliefert und mittels einer Sortieranlage nach Größe für die weitere Bearbeitung sortiert. Baumstämme mit Rinde gelangen in die Entrindungsanlage. In dieser werden die Holzstämme vollkommen entrindet. Die Baumstämme ohne Rinde gelangen in das Sägewerk. Die feuchte Rinde, welche in der Entrindungsanlage anfällt, wird von dieser direkt mittels Förderband zum Brennstoffvorratslager des Heizkraftwerkes transportiert. Die von der S***** GmbH gelieferte Rinde stammte in den Jahren 2010 und 2011 ausschließlich aus der Entrindungsanlage, nicht aus der nachgelagerten Weiterverarbeitung des Schnittholzes (Leimbinderwerk und Brettsperrholzwerk).
Das Heizkraftwerk S***** [Anm.: von der Erstklägerin betrieben] befindet sich neben dem Sägewerk und dem Leimbinderwerk der S***** GmbH. Deren Betrieb umfasst einen Rundholzlagersammelplatz mit Sortieranlage, eine Entrindungsanlage, ein Hobelwerk, ein Sägewerk und ein Leimbinderwerk. Die Holzstämme werden per LKW oder Bahn zum Rundholzlagerplatz angeliefert und mittels einer Sortieranlage nach Größe für die weitere Bearbeitung sortiert. Baumstämme mit Rinde gelangen in die Entrindungsanlage. In dieser werden die Holzstämme vollkommen entrindet. Die Baumstämme ohne Rinde gelangen in das Sägewerk. Das Heizkraftwerk S***** wird beheizt mit Rinde und Waldhackgut, geliefert von der S***** GmbH. Für die Belieferung mit Rinde wurde eigens ein Förderband zwischen der Entrindungsanlage, die sich am Rundholzlagerplatz befindet, und dem Heizkraftwerk errichtet. Die gesamte in der Entrindungsanlage angefallene Rinde wird mittels Förderband zum Brennstoffvorratslager des Heizkraftwerkes transportiert. Die von der S***** GmbH gelieferte und verfeuerte Rinde stammte in den Jahren 2010 und 2011 ausschließlich aus der Entrindungsanlage, nicht aus der nachgelagerten Weiterverarbeitung des Schnittholzes (Leimbinderwerk und Brettsperrholzwerk).
Das Heizkraftwerk B***** [Anm.: von der Erstklägerin betrieben] befindet sich in einem weitläufigen Werk der S***** GmbH. Auf dem Werksgelände befinden sich zwei Rundholzlagerplätze, jeweils mit eigener Sortieranlage, Sägewerke, Trockenkammern, einem Hobelwerk und Leimbinderwerk. Die Holzstämme werden per LKW oder Bahn zu den Rundholzlagerplätzen angeliefert und mittels einer Sortieranlage nach Größe für die weitere Bearbeitung sortiert. Die Baumstämme mit Rinde werden in der Entrindungsanlage vollkommen entrindet. Die Baumstämme ohne Rinde werden im Sägewerk weiter bearbeitet. Das Heizkraftwerk B***** wird beheizt mit Rinde und Waldhackgut, die geliefert wird von der S***** GmbH. Für die Belieferung mit Rinde sind Förderbänder zwischen den Entrindungsanlagen und dem Heizkraftwerk errichtet. Die gesamte in den Entrindungsanlagen anfallende Rinde wird ausschließlich mittels Förderband zum Brennstoffvorratslager des Heizkraftwerkes transportiert. Die 2010 und 2011 gelieferte und verfeuerte Rinde stammte ausschließlich aus der Entrindungsanlage.
Beim Heizkraftwerk ***** L***** [Anm.: von der Zweitklägerin betrieben] befindet sich ein Werk der S***** GmbH [Anm.: Lieferantin der Zweitklägerin] . Auf dem Werksgelände befinden sich ein Rundholzlagerplatz mit Sortieranlage, eine Entrindungsanlage, ein Sägewerk, Trockenkammern, ein Hobelwerk und ein Brettsperrholzwerk. Die Holzstämme werden per LKW oder Bahn zum Rundholzlagerplatz angeliefert und mittels einer Sortieranlage nach Größe für die weitere Bearbeitung sortiert. Die Baumstämme mit Rinde werden in der Entrindungsanlage vollkommen entrindet. Die Baumstämme ohne Rinde werden im Sägewerk weiter bearbeitet. Das Heizkraftwerk *****L***** wird beheizt mit Rinde, Sägespänen und Waldhackgut aus dem benachbarten Werk der S*****. Für die Belieferung mit Rinde wurde eigens ein Förderband zwischen der Entrindungsanlage und dem Heizkraftwerk errichtet. Die für das Heizkraftwerk gelieferte Rinde stammt ausschließlich aus dem Sägewerksbetrieb. Die gesamte in der Entrindungsanlage angefallene Rinde wird direkt mittels Förderband zum Brennstoffvorratslager des Heizkraftwerkes transportiert. Die 2011 gelieferte Rinde stammt ausschließlich aus dem Sägewerksbetrieb und nicht aus der nachgelagerten Weiterverarbeitung des Schnittholzes.
Die Standorte Y*****, S***** und B***** waren ursprünglich reine Sägewerksstandorte. Im Laufe der Zeit wurden an diesen Standorten weitere Verarbeitungsschritte, etwa der Betrieb von Schnittholztrocknungsanlagen, integriert. Grundsätzlich gilt, dass durch den Betrieb des Heizkraftwerkes Strom erzeugt wird und mit der entstehenden Abwärme die Schnittholztrocknung versorgt wird.
Zusammengefasst liegt – dies gilt auch für die Jahre 2010 und 2011 – folgender genereller Ablauf in den jeweiligen Sägewerken vor: Das Rundholz wird zum Sägewerk geliefert und zuerst entrindet. Die daraus abfallende Rinde ist der Brennstoff für die Biomassekraftwerke. Das entrindete Rundholz wird in weiterer Folge zu Brettern oder Schnittholz verarbeitet, wobei Sägespäne anfallen. Diese Sägespäne werden wiederum mit den Heizkraftwerken der Klägerinnen getrocknet und weiter zu Pellets verarbeitet. Die Spänetrocknung selbst wird meistens vom Pelletswerk betrieben, ist aber am jeweiligen Standort der Klägerinnen integriert. Das getrocknete Schnittholz wird auch gehobelt, wobei Hobelspäne anfallen. Diese Hobelspäne werden dann meistens direkt zu Pellets verarbeitet.
Die Rinde, die in den Biomassekraftwerken verheizt wird (und in den Jahren 2010 und 2011 verheizt wurde) stammt zu 100 % aus der Entrindung des an die gegenständlichen Standorte gelieferten Rundholzes. Es existieren Förderbänder in Y*****, B***** und ***** L*****. Bei der Produktion von Leimbindern und Brettsperrholz fällt keine Rinde an. Die verfeuerte Rinde ist nicht verunreinigt.
Die S***** GmbH erwirbt das an die Klägerinnen gelieferte Holz entweder ab Waldstraße oder am Stock, wo seitens der S***** GmbH auch die Schlägerungen übernommen werden, oder frei Werk.“
Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass die von den Klägerinnen verfeuerte Rinde als „Biomasse“ anzusehen und mit dem dafür gebührenden Tarif zu vergüten sei, weil sie ein „biologisch abbaubarer Anteil von Abfällen aus Industrie“ sei. Die von den Klägerinnen verfeuerte Rinde falle zur Gänze direkt an den einzelnen Standorten in der Entrindungsanlage an und gelange von dort auf direktem Weg in das jeweilige Biomasseheizkraftwerk. In den weiteren Verarbeitungsschritten falle keine Rinde an, die in weiterer Folge in das Bioheizkraftwerk gelangen könnte. Dass auf Rinde das Tatbestandsmerkmal „biologisch abbaubar“ zutreffe, habe keine der Parteien substantiiert in Frage gestellt. Aus der Entscheidung 3 Ob 66/13x ergebe sich, dass etwas der Definition „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ unterfallen und dennoch „Biomasse“ sein könne.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache (mit Ausnahme des Zuspruchs an Zinsen) als Teilurteil.
Im Umfang der Entscheidung über das Zinsenbegehren hob es das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Rechtlich teilte es in der Hauptsache die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die von den Klägerinnen verfeuerte Rinde als „Biomasse“ im Sinn des § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002 idF BGBl I 2008/114 (2. ÖSG‑Novelle 2008) sei. Es sei nicht in Zweifel zu ziehen, dass Rinde biologisch abbaubar sei. Rinde sei auch als „Abfall“ anzusehen. Aus der Entscheidung 3 Ob 66/13x ergebe sich jedoch, dass Rinde dessen ungeachtet „Biomasse“ sein könne. Auch betrieben die Lieferantinnen der Klägerinnen im konkreten Fall mit der „Forstwirtschaft“ verbundene Sägewerke. Die Tatsache, dass die Erstklägerin im Jahr 2010 in einem der von ihr betriebenen Heizkraftwerke 85 smr (Schüttmeter) Pellets verfeuert habe, sei im Vergleich zu den insgesamt hier in Rede stehenden 311.909 smr an verfeuertem Material in sinngemäßer Anwendung von § 273 ZPO vernachlässigbar (dazu sei auch auf die Mischregel in § 7 Abs 2 Z 4 EinspeisetarifV zu verweisen). Richtig sei, dass auch Sägespäne verfeuert worden seien, denen ebenso wie Rinde eine Schlüsselnummer zugewiesen sei. Auch Sägespäne seien als „Abfall“ und „biologisch abbaubar“ anzusehen, sodass der Umstand, dass ihnen eine Schlüsselnummer zugewiesen worden sei, nichts an ihrer Qualität als „Biomasse“ ändere. Auch die Sägespäne entstammten einem mit der Forstwirtschaft verbundenen Industriezweig der Sägewerke.
Das Berufungsgericht ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof zu, weil zu beantworten sei, „wie sich eine Gesetzesänderung auswirkt, ohne dass eine darauf bezogene Ausführungsverordnung geändert wird; und wie der Begriff des ̍Industriezweigs̍ gegenüber dem jeweiligen Unternehmen abzugrenzen ist, aus dem das verfeuerte Material stammt“.
Gegen dieses Urteil richtet sich die von den Klägerinnen beantwortete Revision der Beklagten, mit dem diese die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin macht vor allem geltend, dass Rechtsprechung zur Auslegung der Legaldefinitionen „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ und „Biomasse“ im Sinn des § 5 Abs 1 Z 1 und 4 ÖSG 2002 idF 2. ÖSG‑Nov 2008 iVm mit der EinspeisetarifV 2002 fehle. Während das Gesetz mehrfach novelliert worden sei, sei die Verordnung nicht verändert worden. Die Entscheidung 3 Ob 66/13x sei noch zur Rechtslage nach dem ÖSG 2002 vor der 2. ÖSG‑Novelle 2008 ergangen. Die Brennstoffe Rinde und Sägespäne würden sowohl der „lex generalis“ „Biomasse“ als auch der „lex specialis“ „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ unterfallen. Der „spezielle“ Tarif für „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ verdränge daher den „allgemeinen Tarif“ für „Biomasse“. Nur Waldhackgut – dem keine Schlüsselnummer zugeordnet sei – stelle „Biomasse“ dar. Dass zwischen „Biomasse“ und „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ bei der Vergütung zu unterscheiden sei, ergebe sich insbesondere auch aus § 11 Abs 1 Satz 8 ÖSG 2002. Es fehle auch Rechtsprechung, wie der Begriff „Abfälle“ in den Legaldefinitionen des ÖSG 2002 auszulegen sei. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 3 Ob 66/13x Rinde als „Abfall“ qualifiziert. Dies gelte auch für Sägespäne, denen ebenfalls eine Schlüsselnummer zugeordnet sei. Der Abfallbegriff des Ökostromgesetzes sei autonom nach diesem und nicht nach den abfallwirtschaftlichen Gesetzen auszulegen. Darüber hinaus fehle es an der vom Obersten Gerichtshof geforderten funktional engen Verbundenheit der Industriezweige mit der Forstwirtschaft, weil die Lieferantinnen der Klägerinnen an den hier in Rede stehenden Standorten auch Tätigkeiten der Leimbinder‑ und Sperrholzindustrie ausübten. Sollte entgegen dem Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin vom Vorliegen von Biomasse auszugehen sein, so liege eine solche nur vor, wenn gänzliche biologische Abbaubarkeit bestehe. Diese sei aber im vorliegenden Fall bestritten worden und fehle. Die Verbrennung von Pellets sei vernachlässigt worden.
Dazu ist auszuführen:
1. Voranzustellen ist, dass sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 66/13x mit den auch hier zu behandelnden Fragen zur Rechtslage nach dem ÖSG 2002 idF vor der 2. ÖSG‑Nov 2008, BGBl I 2008/114, bereits auseinandergesetzt hat. Nach dieser Entscheidung kann insbesondere auch Rinde dann Biomasse sein und nach dem dafür zur Verfügung stehenden höheren Tarif gemäß § 7 Abs 1 EinspeisetarifV vergütet werden, wenn sie die Kriterien der Definition (feste) Biomasse erfüllt. Daran ist auch im konkreten Fall ungeachtet der späteren Novellierungen des ÖSG 2002 aus folgenden Gründen festzuhalten:
2. Zum Begriff der „Biomasse“ :
2.1 Biomasse bezeichnet in erster Linie pflanzliches Material, das – im Gegensatz zu fossiler Energie wie Erdöl, Kohle oder Erdgas – nicht über geologische Prozesse verändert wurde ( Wallisch , Die „Biomasse“ als Rechtsbegriff, RdU‑UT 2012/18, 56 [57]).
2.2 Mit dem ÖSG 2002, BGBl I 2002/149, setzte der Gesetzgeber die Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 betreffend Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern im Elektrizitätsbinnenmarkt (in Folge: RL 2001/77 ) um (§ 3 ÖSG 2002). Die Richtlinie zählte in Art 2 lit a („erneuerbare Energiequellen“) erneuerbare nichtfossile Energiequellen auf zu denen auch „Biomasse“ gehörte. „Biomasse“ wurde gemäß Art 2 lit b RL 2001/77 definiert als: „der biologisch abbaubare Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige sowie der biologisch abbaubare Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten“ .
2.3 In der Stammfassung (StF) des ÖSG 2002 wurde „Biomasse“ als erneuerbarer Energieträger (§ 5 Abs 1 Z 3 ÖSG 2002) definiert. Der Ausdruck „Biomasse“ bezeichnete gemäß § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002 „ den biologisch abbaubaren Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige.“
2.4 Die Bestimmung des Begriffs der „Biomasse“ wurde mit der ÖSG‑Novelle 2006, BGBl I 2006/105, nicht verändert, er wurde jedoch in § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002 übernommen.
2.5 Mit der 2. ÖSG‑Nov 2008, BGBl I 2008/114, wurde der Begriff der „Biomasse“ in § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002 um den biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus der Industrie und Haushalten erweitert.
2.6 Die RL 2001/77 wurde mit der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (in Folge: RL 2009/28 ) aufgehoben (im Wesentlichen mit 1. 1. 2012, Art 26 Abs 3 RL 2009/28 ). Die RL 2009/28 wurde am 5. 6. 2009 veröffentlicht (ABl L 140) und trat gemäß Art 28 am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Ebenso wie in der RL 2001/77 wird in Art 2 Abs 2 lit a RL 2009/28 „Biomasse“ als Energie aus erneuerbaren, nicht fossilen Quellen bezeichnet. Nach Art 2 Abs 2 lit e RL 2009/28 bezeichnet der Ausdruck „Biomasse“ den „biologisch abbaubaren Teil von Erzeugnissen, Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft mit biologischem Ursprung (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige einschließlich der Fischerei und der Aquakultur sowie den biologisch abbaubaren Teil von Abfällen aus Industrie und Haushalten“ .
2.7 Die RL 2009/28 wurde in Österreich mit dem Ökostromgesetz 2012, BGBl I 2011/75, umgesetzt (§ 3 Z 1 ÖSG 2012). Das ÖSG 2012 trat im Wesentlichen mit 1. 7. 2012 in Kraft (§ 57 ÖSG 2012 iVm K BGBl I 2012/11). Gleichzeitig wurde das ÖSG 2002 aufgehoben (§ 57 Abs 1 Satz 3 ÖSG 2012 iVm K BGBl I 2012/11). Das ÖSG 2012 ist – was zwischen den Parteien nicht strittig ist – auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anzuwenden.
2.8 Das ÖSG 2002 hat bereits in der Stammfassung Abfälle bestimmter Herkunft in den Begriff der „Biomasse“ einbezogen (3 Ob 66/13x). Daran hat sich durch die Novellierungen lediglich geändert, dass die Herkunftsbereiche ausgeweitet wurden. Dass der Herkunft der Abfälle während der gesamten Geltungsdauer des ÖSG 2002 dennoch Bedeutung zukam, ergibt sich schon daraus, dass Abfälle, die nicht aus einem der im Gesetz genannten Bereiche stammten, auch dann nicht „Biomasse“ sein können, wenn sie einen hohen biogenen Anteil haben.
3. Zum Begriff der „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ :
3.1 Die RL 2001/77 enthielt keine Differenzierung zwischen den vom österreichischen Gesetzgeber verwendeten Definitionen der „Biomasse“ und des „Abfalls mit hohem biogenen Anteil“ (3 Ob 66/13x). Sie überließ aber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Verwendung einer eigenen Definition des Begriffs „Biomasse“ zu anderen Zwecken als den in der RL 2001/77 verfolgten (ErwGr 9 RL 2001/77 ). Auf die Verwendung von Abfällen durch die Mitgliedstaaten als erneuerbare Energiequellen für die Stromerzeugung nahm die RL 2001/77 im Erwägungsgrund 8 Bedacht, der auszugsweise lautet: „Sofern die Mitgliedstaaten Abfälle als Energiequelle nutzen, müssen sie die geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Bereich der Abfallbewirtschaftung einhalten. Die Anwendung dieser Richtlinie lässt die Begriffsbestimmungen der Anhänge II A und II B der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle unberührt“ .
3.2 Bereits die RL 2001/77 verwies daher in Bezug auf die Verwendung von Abfällen als Energiequelle auf das Abfallwirtschaftsrecht der Union. Daran hat sich auch mit der RL 2009/28 nichts geändert.
3.2.1 Die im Erwägungsgrund 8 der RL 2001/77 genannte RL 75/442 wurde aufgehoben (Art 20 der Abfall‑RL 2006/12/EG ). Die Abfall‑RL 2006/12/EG wurde ihrerseits mit 12. 12. 2010 durch die nunmehr in Kraft stehende Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien über Abfälle (in Folge: Abfall‑RL 2008/98 ) aufgehoben (Art 41 Abfall‑RL 2008/98 ).
3.2.2 Mit der Richtlinie (EU) 2015/1513 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 zur Änderung der Richtlinie 98/70/EG über die Qualität von Otto‑ und Dieselkraftstoffen und zur Änderung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen wurde in Art 2 Abs 2 lit p RL 2009/28 eine Begriffsbestimmung für „Abfall“ eingeführt, die auf das Abfallwirtschaftsrecht der Union verweist:
„̍A bfall‘ im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der [Abfall‑RL 2008/98 ]; Stoffe, die absichtlich verändert oder kontaminiert wurden, um dieser Definition zu entsprechen, fallen nicht unter diese Begriffsbestimmung“ .
Nach dem Erwägungsgrund 15 der RL 2015/1513 sollten die Mitgliedstaaten die Verwendung von Recyclingmaterialien im Einklang mit der Abfallhierarchie (Art 4 Abfall‑RL 2008/98 ) und dem Ziel der Schaffung einer Recycling‑Gesellschaft fördern und die Deponierung oder Verbrennung solcher Recyclingmaterialien nach Möglichkeit nicht unterstützen.
3.2.3 Das Unionsrecht schafft daher keinen eigenen Abfallbegriff für das Recht der Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen.
3.3 „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ ist seit der Stammfassung des ÖSG 2002 neben „Biomasse“ – und ohne Rangordnung – als „erneuerbarer Energieträger“ angesehen worden (§ 5 Abs 1 Z 3 ÖSG 2002 in der StF; § 5 Abs 1 Z 11 ÖSG 2002 idF BGBl I 2006/105 und idF BGBl I 2008/114).
3.4 Mit dem Ausdruck „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ bezeichnete § 5 Abs 1 Z 5 ÖSG 2002 in der StF „die in der Anlage angeführten Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüsselnummer des österreichischen Abfallkatalogs (ÖNORM S 2100) “.
3.4.1 Die Anlage zu § 5 Abs 1 Z 5 ÖSG 2002 untergliederte sich in zwei Tabellen:
In Tabelle 1 waren folgende Holzabfälle (Gruppe 1) genannt (SN = Schlüsselnummer):
„SN Abfallbezeichnung
171 Holzabfälle aus der Be‑ und Verarbeitung
17104 Holzschleifstaub und ‑schlämme
17114 Staub und Schlamm aus der Spanplattenherstellung
17115 Spanplattenabfälle
172 Holzabfälle aus der Anwendung
17202 Bau- und Abbruchholz
[Anm 1) ohne salzimprägnierte Hölzer]
17207 Eisenbahnschwellen
17209 Holz (zB Pfähle und Masten), ölimprägniert“
In den Anmerkungen zu Tabelle 1 hielt der Gesetzgeber fest, dass der Feststoffgehalt der in dieser Tabelle angeführten Abfälle überwiegend (über 90 %) aus organischem Kohlenstoff besteht. Ungeachtet möglicher Verunreinigungen (zB ölimprägniertes Holz; Eisenbahnschwellen) handelt es sich dabei jedoch nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Z 5 ÖSG 2002 um „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“.
In Tabelle 2 waren weitere Holzabfälle genannt.
Tabelle 2 wurde in der Anlage mit folgendem Text eingeleitet (Hervorhebungen durch den Senat):
„Die nachfolgend in der Tabelle 2 mit der fünfstelligen Schlüsselnummer des Abfallkataloges angeführten Abfälle hohen biogenen Anteils (mit den angegebenen Einschränkungen) sind, soweit eine biologische Verwertung nicht möglich oder vorzuziehen ist, als‚ Abfälle mit hohem biogenen Anteil‘ zu qualifizieren:
Tabelle 2
SN Abfallbezeichnung
17 Holzabfälle
171 Holzabfälle aus der Be- und Verarbeitung
17101 Rinde
17102 Schwarten, Spreißel aus sauberem, unbeschichtetem Holz
17103 Sägemehl und Sägespäne aus sauberem, unbeschichtetem Holz
172 Holzabfälle aus der Anwendung
17201 Holzemballagen und Holzabfälle, nicht verunreinigt
17203 Holzwolle, nicht verunreinigt …“.
3.4.2 Zum ÖSG 2002 in der Stammfassung BGBl I 2002/149 existieren keine Gesetzesmaterialien (3 Ob 66/13x mwH).
3.5 Der Begriff des „Abfalls mit hohem biogenen Anteil“ wurde mit der ÖSG‑Novelle 2006, BGBl I 2006/105, dahin verändert, dass nicht mehr auf die ÖNORM S‑2100, sondern auf Anlage 5 des Abfallverzeichnisses der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl II 2003/570, in der Fassung der Verordnung BGBl II 2005/89 verwiesen wurde.
3.5.1 Anlage „1“ (Anm.: es existierte nur eine Anlage mit zwei Tabellen) des Gesetzes zählte „Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs 1 Z 1“ auf und lautete auszugsweise (Hervorhebung durch den Senat):
„ Abfälle mit hohem biogenen Anteil sind die nachfolgend in Tabelle 1 und (mit den angegebenen Einschränkungen) in Tabelle 2 angeführten Abfallarten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüssel-Nummer und gegebenenfalls durch die zusätzliche zweistellige Spezifizierung gemäß Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung. Teilmengen von Abfallarten, die nicht in den Tabellen 1 und 2 angeführt sind, gelten nicht als Abfälle mit hohem biogenen Anteil oder als Biomasse. “
3.5.2 In Tabelle 1 der Anlage zum ÖSG 2002 idF BGBl I 2006/105 sind – wie bereits nach der Stammfassung – Holzabfälle genannt, die Verunreinigungen aufweisen können (zB teerölimprägniertes Holz, Eisenbahnschwellen). Dabei handelt es sich – nun auch deutlich nach dem Text der Anlage – um „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“.
3.5.3 In Tabelle 2 sind ua „Rinde“ (SN 17101) und „Sägespäne aus naturbelassenem, sauberem, unbeschichtetem Holz“ (SN 17103) genannt. Sie gehören zur „Gruppe 1, ‚Natives‘ biologisches Material, dh Pflanzen, Pflanzenteile (inklusive Extraktionsrückstände) und tierische Gewebe in ihrer natürlichen Zusammensetzung“.
3.5.4 In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu auszugsweise (ErläutRV 655 BlgNR 22. GP 11):
„ Durch die im § 5 Abs 1 vorgesehene Ergänzung der Begriffsbestimmungen werden jene Begriffe exakt umschrieben, an die die neu vorgesehenen Bestimmungen des 3a. und 4a. Teils anknüpfen und mit Rechtsfolgen verbinden. “
In den genannten neu geschaffenen Teilen finden sich Bestimmungen über das Fördervolumen (Teil 3a) und das Ausschreibungsverfahren (Teil 4a, §§ 25a bis 25h, der Regierungsvorlage; die geplanten Bestimmungen des Teils 4a wurden jedoch nicht beschlossen).
3.5.5 Bereits die ÖSG‑Novelle 2006 enthält in der Anlage 1 daher den Hinweis, dass die nicht in den Tabellen angeführten Abfälle weder „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ noch „Biomasse“ sind. Der Hinweis auf „Biomasse“ an dieser Stelle wäre nicht erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht selbst davon ausgehen würde, dass Abfälle – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (s dazu 3 Ob 66/13x) – „Biomasse“ sein können. Schließlich ist auch „Biomasse“ im Sinn des ÖSG 2002 definitionsgemäß Teil von Abfällen. Fehlt es an der vollständigen biologischen Abbaubarkeit (wie das teilweise bei den in Tabelle 1 genannten Abfällen bei Verunreinigung möglich wäre), liegt keine „Biomasse“ vor.
3.6 Nach der 2. ÖSG‑Novelle 2008, BGBl I 2008/114, bezeichnete der Ausdruck „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ in § 5 Abs 1 Z 1 ÖSG 2002 „die in der Anlage 1 angeführten Abfälle, definiert durch die zugeordnete 5‑stellige Schlüsselnummer gemäß Anlage 5 des Abfallverzeichnisses der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl II Nr 570/2003, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 89/2005“.
Es entfiel damit das bis dahin bestehende Erfordernis der Herkunft der Abfälle aus „Industrie, Gewerbe und Haushalten“.
3.6.1 In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu auszugsweise (ErläutRV 553 BlgNR 23. GP 9 f; Hervorhebung durch den Senat):
„Administrative Verbesserungen
Im Zuge der Gesetzesnovelle werden, unter anderem, folgende administrative Verbesserungen durchgeführt: …
In den Begriffsbestimmungen wird eine Abgrenzung der Biomasse von Abfall mit hohem biogenen Anteil getroffen: es erfolgen hierzu Klarstellungen zum Begriff ‘Biomasse‘ dahingehend, dass für Einsatzstoffe der Anlagen 1 und 2 des Ökostromgesetzes jedenfalls die spezielleren Regelungen für Abfall mit hohem biogenen Anteil anzuwenden sind. Abfall mit hohem biogenen Anteil wird dabei, im Gegensatz zu sonstigen Abfällen, vom umfassenderen Begriff der Biomasse erfasst. …“
Im „Besonderen Teil“ der Gesetzesmaterialien heißt es weiter (ErläutRV 553 BlgNR 23. GP 13; Hervorhebung durch den Senat):
„Zu Z 5 bis 12 (§ 5 Abs 1)
Die vorgenommenen Änderungen dienen der Klarstellung und der Anpassung an die übrigen Bestimmungen dieser Novelle.
Zu § 5 Abs 1 Z 1 und 4
Die nunmehr vorgesehene Definition des Begriffes ‘Biomasse‘ orientiert sich an den Begriffsbestimmungen des Art 2 lit b) der Richtlinie 2001/77/EG . Demnach sind vom Begriff Biomasse nicht nur biologisch abbaubare Abfälle der Forstwirtschaft und der damit verbundenen Industriezweige umfasst, sondern auch der biologisch abbaubare Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten. Diese Neudefinition hat zur Folge, dass alle Stoffe, die unter die Anlage 1 fallen, unabhängig von ihrer Herkunft Abfall mit hohem biogenen Anteil sind, wobei jedoch für diese Stoffe, die in den Anlagen 1 und 2 umschrieben werden, gemäß § 11 gesonderte Einspeisetarife vorgesehen sind. Weiters wird in den Begriffsbestimmungen für die Einspeisung von Biogas eine Regelung getroffen.“
3.6.2 Mit der 2. ÖSG‑Nov 2008 nahm der Gesetzgeber die bisher in der – nach wie vor einzigen – Anlage (mit zwei Tabellen) zum Ökostromgesetz enthaltene Wendung, dass Abfälle, die nicht solche mit hohem biogenen Anteil im Sinn des § 5 Abs 1 Z 1 ÖSG 2002 sind, keine Biomasse darstellen, in die Begriffsdefinition für Biomasse in § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002 auf („Abfälle, auf die Z 1 nicht anwendbar ist, sind nicht Biomasse im Sinne dieses Bundesgesetzes“). Diese Vorgangsweise des Gesetzgebers verstärkt das bereits zur ÖSG‑Nov 2006 ausgeführte Argument (Pkt 3.5.5), dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass Abfälle mit hohem biogenen Anteil – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (3 Ob 66/13x) – Biomasse sein können. Diese Intention des Gesetzgebers ergibt sich deutlich auch aus den oben hervorgehobenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 2. ÖSG‑Nov 2008. Der Hinweis auf die gesonderten Einspeisetarife gemäß § 11 ÖSG 2002 ändert daran nichts. Gemäß § 11 Abs 1 Satz 8 ÖSG 2002 idF der 2. ÖSG‑Nov 2008 ist bei der Vergütung zwischen „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ und „Biomasse“ zu unterscheiden. Daraus folgt jedoch nicht, dass „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ auch dann, wenn er zur Gänze biologisch abbaubar ist und die gesetzlich erforderliche Herkunft aufweist, nur als „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ zu vergüten sei, weil es sich in diesem Fall ja um „Biomasse“ handelt (3 Ob 66/13x).
3.7 Die ÖSG‑Novelle 2009, BGBl I 2009/104, brachte im hier relevanten Zusammenhang keine Veränderungen der Rechtslage (dies gilt auch für die ÖSG‑Novellen 2007, BGBl 2007/10, und die (erste) ÖSG‑Nov 2008, BGBl I 2008/44).
4. Zu den Vergütungsregelungen :
4.1 Das ÖSG 2002 in der StF regelte unter anderem in § 2 Abs 1 Z 3 Abnahme‑ und Vergütungspflichten und in § 2 Abs 1 Z 4 die Voraussetzungen für und die Förderung der Erzeugung elektrischer Energie aus erneuerbaren Energieträgern.
4.1.1 Wesentliches Ziel des ÖSG 2002 war es, „im Interesse des Klima‑ und Umweltschutzes den Anteil der Erzeugung von elektrischer Energie in Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger in einem Ausmaß zu erhöhen, dass im Jahr 2010 der in der [RL 2001/77 ] als Referenzwert angegebene Zielwert von 78,1 % erreicht wird.“ (§ 4 Abs 1 Z 1 ÖSG 2002).
4.1.2 Gegenstand der Förderung waren gemäß § 2 Abs 2 Z 1 ÖSG 2002 die (Hervorhebungen durch den Senat) „Förderung durch Mindestpreise und Abnahmepflicht von Strom, der auf Basis von erneuerbaren Energieträgern erzeugt wird, nicht jedoch Strom, der auf Basis von Wasserkraftwerken mit einer Engpassleistung von mehr als 10 MW, Tiermehl, Ablauge, Klärschlamm oder Abfällen, ausgenommen Abfall mit hohem biogenen Anteil, erzeugt wird“ .
4.2 Unter einer „Ökostromanlage“ verstand § 5 Abs 1 Z 12 ÖSG 2002 eine Erzeugungsanlage, die aus erneuerbaren Energieträgern Ökostrom erzeugt und als solche anerkannt ist.
4.2.1 Gemäß § 10 Abs 1 ÖSG 2002 waren die Ökobilanzgruppenverantwortlichen verpflichtet, die ihnen angebotene elektrische Energie aus Ökostromanlagen zu den gemäß § 18 ÖSG 2002 genehmigten Allgemeinen Bedingungen und den gemäß § 11 ÖSG 2002 festgelegten Preisen abzunehmen.
4.2.2 Gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 ÖSG 2002 hatte der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit den Bundesministern für Justiz und für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung Preise pro kWh für die Abnahme von elektrischer Energie aus Ökostromanlagen, für die eine Abnahme‑ und Vergütungspflicht gemäß § 10 ÖSG 2002 bestand, festzusetzen. Gemäß § 10 Abs 2 ÖSG 2002 waren die Preise entsprechend den Zielen des ÖSG 2002 so zu gestalten, dass kontinuierlich eine Steigerung der Produktion von elektrischer Energie aus Ökostromanlagen erfolgt. Die Preise hatten sich an den durchschnittlichen Produktionskosten von kosteneffizienten Anlagen zu orientieren und waren in Abhängigkeit von den verschiedenen Primärenergieträgern festzulegen, wobei die technische und wirtschaftliche Effizienz zu berücksichtigen war. Wie ausgeführt verlangt § 11 Abs 1 Satz 8 ÖSG 2002 idF 2. ÖSG‑Nov 2008, bei der Vergütung zwischen „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ und „Biomasse“ zu unterscheiden.
4.3 Auf Grundlage des § 11 ÖSG 2002 wurde die EinspeisetarifV 2002 erlassen, die mit 1. 1. 2003 in Kraft trat (§ 11 EinspeisetarifV 2002).
4.3.1 Der Anwendungsbereich dieser Verordnung erstreckt sich auf die Festsetzung von Preisen für die Abnahme elektrischer Energie aus sonstigen Ökostromanlagen (§ 5 Abs 1 Z 12 ÖSG 2002), denen nach dem 31. 12. 2002 die für die Errichtung notwendigen Genehmigungen erteilt wurden (§ 1 Abs 1 Z 2 EinspeisetarifV 2002). Die Verordnung gilt gemäß § 1 Abs 2 EinspeisetarifV nur für Neuanlagen, für die bis 31. 12. 2004 alle für die Errichtung notwendigen Genehmigungen vorlagen und die bis 30. 6. 2006 in Betrieb gingen. Diese Voraussetzungen sind nach dem insofern nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerinnen im vorliegenden Fall erfüllt.
4.3.2 Gemäß § 2 EinspeisetarifV gelten die in der Verordnung enthaltenen Preise (Tarife) für die Abnahme elektrischer Energie durch Ökobilanzgruppenverantwortliche für einen Zeitraum von 13 Jahren ab Inbetriebnahme der Anlage.
4.3.3 § 7 EinspeisetarifV 2002, auf den sich Klägerinnen und Beklagte berufen, regelt die Festsetzung der Preise für Ökostrom aus fester „Biomasse“ und „Abfällen mit hohem biogenen Anteil“ für Neuanlagen. Die Bestimmung normiert drei Tarifgruppen:
a) Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Stromerzeugungsanlagen (Neuanlagen), die unter ausschließlicher Verwendung des Energieträgers feste „Biomasse“ (zB Waldhackgut) betrieben werden (§ 7 Abs 1 EinspeisetarifV);
b) (niedrigere) Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Stromerzeugungsanlagen (Neuanlagen), die unter ausschließlicher Verwendung des Energieträgers „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ betrieben werden (§ 7 Abs 2 EinspeisetarifV);
c) Preise für die Abnahme elektrischer Energie aus Hybrid‑ und Mischfeuerungsanlagen bei Zufeuerung in kalorischen Kraftwerken (Neuanlagen), die unter Einsatz der Energieträger „Biomasse“ oder „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ betrieben werden (§ 7 Abs 3 EinspeisetarifV).
Die EinspeisetarifV 2002 unterscheidet daher bei der Vergütung – wie von § 11 Abs 1 Satz 8 ÖSG 2002 verlangt – zwischen „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ und „Biomasse“.
4.4 Die nachfolgenden Novellierungen des ÖSG 2002 änderten nichts an der Anwendbarkeit der EinspeisetarifV 2002 auf die von ihrem Anwendungsbereich umfassten Ökostromanlagen. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Anordnung in § 10 Abs 1 Z 2 Satz 1 ÖSG 2002 idF ÖSG‑Nov 2006, die lautete:
„ Abnahme‑ und Vergütungspflicht
§ 10 Die Ökostromabwicklungsstelle ist verpflichtet, nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Fördermittel für Ökostromanlagen, die ihr angebotene elektrische Energie aus Ökostromanlagen zu den gemäß § 18 genehmigten Allgemeinen Bedingungen und zu nachstehenden Preisen abzunehmen:
1. …
2. aus sonstigen Ökostromanlagen, die nach dem 31. Dezember 2002 und bis zum 31. Dezember 2004 in erster Instanz genehmigt wurden, zu den durch die Verordnung BGBl II Nr 508/2002 in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 254/2005, bestimmten Fristen und Preisen, unbeschadet der Bestimmungen des § 10a. …“.
4.4.1 Die Verordnung BGBl II 2005/254 weitete den Anwendungsbereich für Neuanlagen insofern aus, als diese von der EinspeisetarifV 2002 auch dann erfasst sein sollten, wenn sie auf Basis von fester „Biomasse“ und „Abfällen mit hohem biogenen Anteil“ betrieben werden und bis 31. 12. 2007 in Betrieb gehen (Änderung des § 1 Abs 2 EinspeisetarifV mit Z 1 BGBl II 2005/254). Im Übrigen blieb § 7 EinspeisetarifV unberührt.
4.4.2 In § 10a ÖSG 2002 idF der ÖSG‑Nov 2006 wurden Einschränkungen der Abnahmepflicht geregelt, dies betrifft nicht die hier zu beurteilenden Rechtsfragen.
4.4.3 Mit der 2. ÖSG‑Nov 2008 wurde zwar die Bestimmung des § 10 ÖSG 2002 geändert; der eben wiedergegebene § 10 Abs 1 Z 2 Satz 1 ÖSG 2002 blieb aber unverändert.
4.4.4 Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Anwendungsbereich der in weiterer Folge zum ÖSG 2002 ergangenen Ökostromverordnungen BGBl II 2006/401, II 2008/59, II 2009/53, II 2010/42 und II 2011/25 jeweils Ökostromneuanlagen, die auf Basis von fester Biomasse und Abfällen mit hohem biogenen Anteil betrieben werden, betrifft, die nach dem 31. 12. 2007 in Betrieb gingen (jeweils § 1 Abs 2 Z 2 der V), sodass auch insofern keine Überschneidungen vorliegen.
5.1 In der Entscheidung 3 Ob 66/13x (dazu Schanda , Ökostromgesetz: Vergütung für Stromerzeugung aus Biomasse, ecolex 2014/234, 574; Rabl , Aktuelle Rechtsprechung im Energierecht – zur „Energiewende“, RdU‑UT 2014/33, 115 [118]) wies der Oberste Gerichtshof darauf hin, dass der Begriff des „Abfalls mit hohem biogenen Anteil“ in der RL 2001/77 nicht vorkommt. Der – allein – in der RL 2001/77 genannte Begriff der „Biomasse“ schließt auch Abfälle bestimmter Herkunft mit ein. Dann, wenn die verwerteten Abfälle die Definition von („reiner“) fester „Biomasse“ erfüllen – wozu neben der gänzlichen („100 %igen“) biologischen Abbaubarkeit auch die Herkunft der Abfälle aus der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft oder damit verbundener Industriezweige gehört – gebührt auch die Vergütung für die Energieerzeugung aus fester „Biomasse“ nach der EinspeisetarifV. Abfälle mit (fünfstelliger) Schlüsselnummer können daher sowohl „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ als auch „Biomasse“ sein. Nur die geringere Vergütung steht nach der EinspeisetarifV zu, wenn die Kriterien für (feste) „Biomasse“ bei solchen Abfällen nicht erfüllt sind.
Aus dem Wort „verbunden“ (in § 5 Abs 1 Z 4 ÖSG 2002) geht hervor, dass die „verbundenen Industriezweige“ nicht nur in einem losen Zusammenhang mit der Land‑ und Forstwirtschaft stehen dürfen; vielmehr muss eine funktional enge und unmittelbare Verbindung bestehen. Eine solche ist beispielsweise in der Sägeindustrie gegeben (nicht aber im Holzgroßhandel oder in der Tischlerei‑ und Spanplattenindustrie).
Rinde kann – bei Erfüllung der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen – „Biomasse“ sein. Der Schluss des Berufungsgerichts, dass dies nicht der Fall wäre, weil Rinde „zwingend“ verschmutzt wäre, überzeugt, so der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 66/13x, nicht.
5.2 Diese Grundsätze haben auch im vorliegenden Fall zur Anwendung zu gelangen, weil die von den Klägerinnen betriebenen Ökostromanlagen aus den dargestellten Gründen dem Anwendungsbereich der EinspeisetarifV 2002 unterliegen und auch nach den Änderungen des ÖSG 2002 mit den Novellen 2006 und der 2. ÖSG‑Nov 2008 „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen „Biomasse“ ist.
6.1 Erste Voraussetzung zur Qualifikation der von den Klägerinnen in den Jahren 2010 und 2011 verheizten Rinde als „Biomasse“ ist ihre gänzliche biologische Abbaubarkeit (3 Ob 66/13x). Dass (nicht verunreinigte) Rinde an sich zur Gänze biologisch abbaubar ist, hat die Beklagte nicht substantiiert in Frage gestellt. Die Beklagte hat vorgebracht, dass Verunreinigungen der Rinde im konkreten Fall nicht ausgeschlossen werden könnten. Sie hat vor diesem Hintergrund deren vollständige biologische Abbaubarkeit und den „Gang der Brennstoffe“, wie er von den Klägerinnen in den Urkunden dargestellt sei, bestritten (ON 35). Das Erstgericht hat die Herkunft der Rinde und deren Verarbeitung im konkreten Fall ebenso festgestellt wie den Umstand, dass die verfeuerte Rinde nicht verunreinigt war. Die Beklagte hat die Feststellung, dass die Rinde nicht verunreinigt war, zwar angefochten, hat aber an ihrer Stelle (nur) die Negativfeststellung begehrt: „Ob die verfeuerte Rinde verunreinigt ist, kann nicht festgestellt werden.“ (Berufung S 25). Daraus ist aber (worauf das Berufungsgericht, das die Relevanz dieser Feststellung verneint hat, zutreffend hingewiesen hat) für die Beklagte nichts gewonnen, weil aus der begehrten Negativfeststellung eine Verunreinigung der Rinde nicht abgeleitet werden könnte.
6.2 Zweite Voraussetzung für eine Qualifikation der von den Klägerinnen verheizten Rinde als „Biomasse“ im Sinn des ÖSG 2002 ist deren Herkunft aus – im konkreten Fall – der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige. Aus den zu allen vier von den Klägerinnen betriebenen Ökostromanlagen getroffenen Feststellungen ergibt sich, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, die geforderte funktional enge und unmittelbare Verbindung (3 Ob 66/13x) der von den Lieferantinnen der Klägerinnen betriebenen Sägewerke mit der Forstwirtschaft. Die Rinde stammte ausschließlich aus den Entrindungsanlagen der Sägewerke, und zwar aus der Entrindung von direkt an die Standorte gelieferten Rundholzstämmen. Der von der Revisionswerberin hervorgehobene Umstand, dass die Lieferantinnen der Klägerinnen an den Standorten auch andere Holzverarbeitungen vornehmen, ändert daran nichts. Eine dahingehende Einschränkung ist dem oben wiedergegebenen Gesetzestext des ÖSG 2002 in den verschiedenen Fassungen nicht zu entnehmen.
6.3 Die Vorinstanzen sind daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von den Klägerinnen verfeuerte Rinde im konkreten Fall als „Biomasse“ anzusehen und nach dem dafür vorgesehenen Tarif der EinspeisetarifV zu vergüten ist.
6.4 Nichts anderes gilt für die von der Zweiklägerin verfeuerten Sägespäne. Die Revisionswerberin stellt nicht in Frage, dass es sich dabei, weil auch Sägespänen eine entsprechende Schlüsselnummer in der Anlage zum ÖSG 2002 zugewiesen sei (SN 17103), um „Biomasse“ handeln könne. Auch in diesem Zusammenhang macht die Revisionswerberin geltend, dass dessen ungeachtet eine Honorierung nur nach dem niedrigeren Tarif für „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ zu erfolgen habe. Dazu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
6.5 Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts betreffend die Verheizung einer äußerst geringfügigen Menge an Pellets wird von der Revision nicht substantiiert bestritten. Dieser rechtlich gesondert beurteilbare Aspekt ist für den Obersten Gerichtshof daher nicht überprüfbar (RIS‑Justiz RS0043338 [T15]).
7.1 Dem Argument der Revisionswerberin, dass die verfeuerte Rinde zwar „Biomasse“ sein könne, aber dennoch nur nach dem niedrigeren Tarif für „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ zu entlohnen sei, weil sie – ebenso wie Sägespäne – in der Anlage zum ÖSG 2002 genannt und mit einer fünfstelligen Schlüsselnummer versehen sei, kommt keine Berechtigung zu, wozu auf die Entscheidung 3 Ob 66/13x verwiesen werden kann.
7.2 Der Behauptung, dass sich aus den Erläuterungen zur 2. ÖSG‑Nov 2008 eine Absicht des Gesetzgebers erkennen lasse, Stoffe, die – mit einer fünfstelligen Schlüsselnummer versehen – in die Anlage zum ÖSG 2002 aufgenommen wurden, auch dann nur mit dem niedrigeren Tarif für „Abfälle mit hohem biogenen Anteil“ nach der EinspeisetarifV 2002 zu vergüten, wenn sie auch „Biomasse“ seien, kommt vor dem Hintergrund des dargestellten Gesetzeswortlauts keine Berechtigung zu (aA Rabl/Hauenschild , Ökostromrecht² [2010] § 5 ÖSG Rz 4, die die Auflistung in Anhang „1“ des ÖSG als zwingende Spezialregelung ansehen). Die Gesetzesmaterialien sind weder das Gesetz selbst noch interpretieren sie dieses authentisch (RIS‑Justiz RS0008799 [T3]). Nach dem Gesetzeswortlaut ist aber „Abfall mit hohem biogenen Anteil“ dann, wenn er biologisch gänzlich abbaubar ist und die vom Gesetz geforderte Herkunft hat, „Biomasse“ und als solche nach dem höheren Tarif (hier) gemäß § 7 Abs 1 EinspeisetarifV 2002 zu vergüten (3 Ob 66/13x; Zabukovec , Ökostromgesetz und Elektrizitätswesen [2005] 60, führt aus, dass den biogenen Anteil des Abfalls seine biologische Abbaubarkeit charakterisiere. Um ein europarechtskonformes Ergebnis zu erzielen, werde man den biologisch abbaubaren Anteil der in der Anlage zum ÖSG angeführten Gruppen ex lege mit 100 % annehmen müssen; ihm folgend Thurnher/Pfefferkorn , Handbuch Ökostrom [2007] § 5 ÖSG Rz 6).
Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die ERV‑Vergütung für eine Folgeeingabe beträgt jedoch nur 2,10 EUR.
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