European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123298
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Mit ihrer Mietzins- und Räumungsklage vom 3. 10. 2014 begehrten die Kläger (als Eigentümer und Vermieter eines Geschäftslokals) von den Beklagten (als den Mietern dieses Bestandobjekts) die Zahlung rückständiger Mietzinse und – unter Berufung auf die gleichzeitige Auflösung des Mietverhältnisses gemäß § 1118 ABGB – die Räumung des Bestandobjekts. Unter einem beantragten die Kläger die pfandweise Beschreibung nach § 1101 ABGB. Mit Beschluss vom 13. 10. 2014 bewilligte das Erstgericht die pfandweise Beschreibung.
Das Verfahren über die Mietzins- und Räumungsklage ist nach wie vor in erster Instanz anhängig. Die pfandweise Beschreibung konnte anlässlich zweier Vollzugsversuche nicht vollzogen werden, weil die Örtlichkeit jeweils versperrt war. Am 22. 5. 2017 beantragten die Kläger den Vollzug der bewilligten pfandweisen Beschreibung. Mit Beschluss vom 15. 1. 2018 bewilligte das Erstgericht („auf Grundlage des Beschlusses vom 13. 10. 2014“) den neuerlichen Vollzug.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 15. 1. 2018 nicht Folge. Das Erstgericht habe die beantragte pfandweise Beschreibung – entgegen der Argumentation der Beklagten in deren Rekurs – zutreffenderweise bewilligt. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss sei aber gar nicht über die Bewilligung der pfandweisen Beschreibung entschieden worden, sondern nur über den Vollzug derselben. Eine Auseinandersetzung mit diesem Umstand erfolge im Rekurs nicht, es werde nicht dargelegt, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts (über die Voraussetzungen der Bewilligung eines neuerlichen Vollzugs) unrichtig sein solle. Die Rechtsrüge sei daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht ersichtlich seien. § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gelte gemäß dem für die pfandweise Beschreibung anzuwendenden § 402 Abs 1 EO nicht.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
1. Die pfandweise Beschreibung von Einrichtungsgegenständen und Fahrnissen des Mieters gemäß § 1101 ABGB wird durch die Art XIII Z 6 und XXVII EGEO (nur) verfahrensrechtlich zu einer Sicherungsexekution eigener Art. Hinsichtlich des Verfahrens sind demnach grundsätzlich die Vorschriften über die einstweiligen Verfügungen anzuwenden (7 Ob 100/08v mwN; RIS-Justiz RS0037834). Dies gilt auch für die neuen Bestimmungen, wie etwa § 402 Abs 1 EO (RIS-Justiz RS0037834 [T3]).
2. Gemäß § 402 Abs 1 EO ist im Rechtsmittelverfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer Exekution § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden; ein Revisionsrekurs ist demnach nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluss zur Gänze bestätigt hat. Die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (Konformität) gilt daher gemäß § 402 Abs 1 EO hinsichtlich pfandweiser Beschreibungen nicht (7 Ob 100/08v = RIS-Justiz RS0037834 [T4]).
3.1. § 402 Abs 1 EO nimmt nur die dort genannten Sachentscheidungen von der Konformitätssperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO aus (4 Ob 241/17w; RIS-Justiz RS0097225 [T10]; König, Einstweilige Verfügungen5, Rz 6.80, 6.94/2). Eine solche Sachentscheidung liegt hier aber nicht vor.
3.2. Gegenstand der angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen ist nicht die Bewilligung der pfandweisen Beschreibung selbst, sondern der auf Basis des Bewilligungsbeschlusses angeordnete Vollzug derselben. Vollzugsanordnungen werden in § 402 Abs 1 EO nicht erwähnt. Die Bestimmung wird zwar teilweise analog auf andere bestätigende Beschlüsse angewandt (vgl 4 Ob 241/17w; RIS-Justiz RS0104478; RS0106985). Analogie setzt jedoch eine planwidrige Lücke voraus; das Gesetz muss, gemessen an seiner Absicht und Teleologie, ergänzungsbedürftig sein, ohne dass diese Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RIS-Justiz RS0008866; RS0008826 [T1]). Durch die Bestimmung des § 402 Abs 1 EO sollte der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für die dort genannten Entscheidungen beseitigt werden, weil diesen Entscheidungen wiederholt richtungsweisende Bedeutung zukommt und darin oft Rechtsfragen gelöst werden, die für das (anschließende) meritorische Verfahren Bedeutung haben, in dem wegen der unterschiedlichen Revisions- und Revisionsrekurs-bestimmungen die Rechtsmittelbeschränkung nicht gilt (AB 718 BlgNR XVIII. GP ; 4 Ob 241/17w mwN). Auf bloße Vollzugsanordnungen treffen diese Motive des Gesetzgebers nicht zu. Vollzugsanordnungen aufgrund einer einstweiligen Verfügung unterliegen daher – anders als einstweilige Verfügungen selbst und sonstige Beschlüsse, die in ihrer Tragweite der Erlassung, Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung sehr nahe kommen – der Konformitätssperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (7 Ob 100/08v; 7 Ob 636/95 = RIS-Justiz RS0102984).
3.3. Bestätigende Beschlüsse betreffend die Vollzugsanordnung sind demnach auch dann jedenfalls unanfechtbar, wenn sie auf der Bewilligung einer pfandweisen Beschreibung beruhen. Der Revisionsrekurs des Beklagten war daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
4. Der Revisionsrekurs der Beklagten wurde von deren im Verfahren ausgewiesenem Vertreter entgegen § 89c Abs 5 Z 2 GOG nicht im Elektronischen Rechtsverkehr, sondern per Telefax (und ohne dessen Unterschrift) eingebracht. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens ist hier aber entbehrlich und der Formmangel ohne Bedeutung, weil das Rechtsmittel jedenfalls unzulässig und zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0005946; RS0120029; RS0128266 [T1, T12]).
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