OGH 3Ob82/18g

OGH3Ob82/18g23.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in den beiden verbundenen Rechtssachen des Klägers Ing. K*****, vertreten durch Dr. Karl‑Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte I***** AG, *****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die auf Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1. S***** Ltd. *****, vertreten durch die Meinhart Nowak Rechtsanwalts GmbH in Wien, 2. S***** AG, *****, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, 3. I***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch die Lederer Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 4. A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 7. März 2018, GZ 2 R 22/18w‑39, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00082.18G.0523.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb diese als nicht zulässig zurückzuweisen ist. Das ist kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 ZPO):

1.1.  Die gesonderte verjährungsrechtliche Anknüpfung an einen von mehreren Beratungsfehlern hat zur Voraussetzung, dass der behauptete Beratungsfehler tatsächlich als eine eigenständige den geltend gemachten Anspruch begründende Pflichtverletzung zu qualifizieren ist. Ob die mangelhafte oder fehlende Aufklärung über einen Umstand eine eigenständige, von anderen abgrenzbare Pflichtverletzung oder bloß einen Aspekt und unselbständigen Bestandteil einer einzigen Pflichtverletzung darstellt, ist in erster Linie nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Weist die unterbliebene Aufklärung über einen Umstand einen engen inhaltlichen Bezug zu einer ebenfalls unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über einen anderen Umstand auf, rechtfertigt es dieser Zusammenhang, beide Aufklärungsfehler zu einem einheitlichen Beratungsfehler zusammenzufassen; dann liegen nicht mehrere getrennte, sondern nur ein einheitlicher Beratungsfehler mit einzelnen verschiedenen Aspekten vor (RIS‑Justiz RS0050355 [T10] = 5 Ob 133/15t; 10 Ob 70/15i). Die Verjährung für jeden Beratungsfehler in der Anlageberatung ist hingegen dann getrennt zu beurteilen, wenn bei mehreren spezifischen Risiken jeweils eine gesonderte Verletzung von Aufklärungspflichten in Betracht kommt (1 Ob 112/17b = RIS‑Justiz RS0050355 [T12]).

1.2.  Die unterlassene Aufklärung darüber, dass dem hier vorliegenden Pensionsvorsorgemodell – wie der Kläger behauptet – von vornherein unrealistische Planannahmen zugrunde lagen, betrifft das Risiko, dass die vom Kläger erwartete „Selbstfinanzierung“ des Modells nicht eintritt, dass der Kläger also – anders als angenommen und (angeblich) zugesichert – (zusätzliche) Eigenleistungen (sei es laufend oder bei Endfälligkeit der Fremwährungskredite), erbringen muss. Dieses Risiko entspricht jenem, das bei der (angeblich) unterbliebenen Aufklärung über die Möglichkeit von Tilgungs‑ oder Deckungslücken angesprochen worden wäre, weil es auch dabei um die Gefahr geht, dass der Kläger (mehr) Eigenleistungen als angenommen und (angeblich) zugesichert zu erbringen hat. Wodurch sich die unterbliebene Aufklärung über den einen bzw den anderen Umstand inhaltlich unterscheiden sollte, kann die Revision daher nicht einmal ansatzweise darlegen.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Kläger behaupte einen einheitlichen Beratungsfehler, der verjährungsrechtlich keine Differenzierung erfordert, ist somit zumindest vertretbar. Daher liegt auch der vom Kläger monierte Feststellungsmangel nicht vor.

2.1.  Im Übrigen tritt die Revision der – der vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Verjährung von Ansprüchen aus Beratungsfehlern bei einem wie hier vorliegenden Veranlagungs‑ und/oder Finanzierungskonzept, das eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern vorsieht (vgl 7 Ob 56/15h; 5 Ob 177/15p; 5 Ob 133/15t; 1 Ob 88/16p; 3 Ob 240/16i; 1 Ob 190/16x; 1 Ob 28/17z; 7 Ob 158/17m; RIS‑Justiz RS0087615 [T9 und T10]), entsprechenden – weiteren Rechtsansicht der Vorinstanzen, dem Kläger habe schon Anfang 2008 klar sein müssen, dass das Gesamtkonzept nicht mehr seinen ursprünglichen Erwartungen entsprach, zu Recht nicht substantiiert entgegen: Musste der Kläger doch – entgegen seiner feststehenden Absicht, keine Eigenmittelzuschüsse zu tätigen – nicht unbeträchtliches eigenes Vermögen dauernd einsetzen (jährliche Zuzahlung: 6.000 EUR) und daher damit rechnen, dass er mit seiner Veranlagung Verluste einfahren und eine Deckungslücke entstehen könne, sodass an der Zuverlässigkeit der Beratung jedenfalls zu zweifeln war (vgl 7 Ob 56/15h).

2.2.  Demnach war im Zeitpunkt der Klageeinbringung im März 2009 die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen.

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