European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00011.18P.0228.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die von den Beklagten als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Rechtsfrage, ob der wirtschaftliche Eigentümer einer Kapitalgesellschaft diese rechtsgeschäftlich wirksam vertreten und verpflichten kann, wurde von den Vorinstanzen in nicht zu beanstandender Weise verneint:
1.1. Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 238/09b GesRZ 2011, 43 [Frenzel/Schörghofer] = ZfRV-LS 2011/6 [Ofner] = JAP 2010/2011/24 [Rauter]), dass für eine organschaftliche oder „quasi-organschaftliche“ Vertretung durch einen „faktischen Geschäftsführer“ kein Raum besteht; die Annahme einer solchen Vertretungsbefugnis würde in jedem Einzelfall zu Abgrenzungsproblemen (ab welcher Intensität liegt „faktische Geschäftsführung“ vor?) und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit im Geschäftsverkehr führen, wohingegen den Bedürfnissen der Praxis dadurch ausreichend Rechnung getragen werde, dass die Zurechenbarkeit rechtsgeschäftlichen Handelns eines „faktischen Geschäftsführers“ nach den Grundsätzen des Vollmachtsrechts gelöst werden kann. Unter einem „faktischen Geschäftsführer“ wird dabei zumeist eine Person verstanden, die das Unternehmen leitet, ohne wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der „faktische Geschäftsführer“ gleichzeitig auch Gesellschafter ist; regelmäßig wird ein „faktischer Geschäftsführer“ dann angenommen, wenn die eigentlich bestellten Geschäftsführer als Strohmänner ihre Organfunktionen nicht ausüben und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter) die Gesellschaft tatsächlich leitet, wobei zumeist auch ein nach außen erkennbares Gerieren wie ein Geschäftsführer als erforderlich erachtet wird (2 Ob 238/09b mit zahlreichen Nachweisen aus der Literatur).
1.2. Diese Überlegungen gelten erst recht für einen „wirtschaftlichen Eigentümer“ einer Kapitalgesellschaft, der nicht auch deren Vertretungsorgan oder (zumindest) Bevollmächtigter ist. Die von der Rechtsprechung zum „faktischen Geschäftsführer“ ventilierten Abgrenzungsprobleme würden hier nämlich erst recht gegeben sein, kann es doch im Einzelfall schwierig sein festzustellen, wer tatsächlich „wirtschaftlicher Eigentümer“ ist. Daran vermag auch der Hinweis der Revision auf das am 15. 9. 2017 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz – WiEReG), https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2017/136 , nichts zu ändern: Dieses dient der Transparenz und der Verhinderung von Geldwäsche sowie Terrorismusfinanzierung (vgl ErläutRV 1660 BlgNr XXV. GP , 1), enthält aber keine Regelung betreffend Vertretungskompetenzen derartiger wirtschaftlicher Eigentümer.
1.3. Damit besteht aber der Bereicherungsanspruch der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten, an welche Zahlungen (jedenfalls) in Höhe des Klagsbetrags ohne vertragliche Grundlage geflossen sind, zu Recht.
2. Die Klägerin nimmt den Zweitbeklagten als ihren ehemaligen Geschäftsführer nach § 25 GmbHG in Anspruch. Auch diesen Anspruch haben die Vorinstanzen in vertretbarer Weise bejaht:
2.1. Den Geschäftsführer trifft die Beweislast, dass er die ihm nach § 25 GmbHG obliegende Sorgfalt angewendet hat (RIS-Justiz RS0059608). Es ist seine Sache zu behaupten und zu beweisen, dass sein Verhalten weder subjektiv noch objektiv sorgfaltswidrig war; er hat sich sowohl hinsichtlich des Verschuldens als auch hinsichtlich der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens zu entlasten (RIS-Justiz RS0059608 [T5]). Dabei handelt es sich um eine echte Beweislastumkehr, weshalb es beispielsweise für seine Entlastung nicht ausreicht, dass er bloß Umstände dartut, die seine Verantwortlichkeit ernstlich in Frage stellen (RIS-Justiz RS0059608 [T6]). Die Gesellschaft hat den Schaden dem Grunde und der Höhe nach, die Kausalität, die adäquate Verursachung und die inhaltliche Pflichtwidrigkeit oder die objektive Sorgfaltspflichtverletzung, nicht aber ein Verschulden zu behaupten und zu beweisen; dem Geschäftsführer obliegt dagegen der Beweis, dass sein Verhalten (jedenfalls) subjektiv nicht sorgfaltswidrig war (RIS-Justiz RS0121916 [T5]).
2.2. Der Zweitbeklagte hat sich im Verfahren erster Instanz (lediglich) damit verantwortet, er habe bei den verfahrensgegenständlichen Überweisungen (die er als Geschäftsführer der Klägerin an die Erstbeklagte, deren Geschäftsführer er ebenfalls war, durchführte) davon ausgehen dürfen, dass die Forderungen der Erstbeklagten zu Recht bestanden, zumal sie vom „wirtschaftlichen Eigentümer“ der Klägerin persönlich freigegeben worden waren. Dies vermag ihn allerdings nicht zu entlasten, ist doch der Maßstab der Diligenzpflicht des Geschäftsführers ein objektiver, wobei diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten vorausgesetzt werden, die für den Geschäftszweig der Gesellschaft mit beschränkter Haftung üblicherweise erforderlich sind (RIS-Justiz RS0026773); zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört es nach ständiger Rechtsprechung, das Unternehmen unter Beachtung aller maßgebenden Rechtsvorschriften zu leiten (RIS-Justiz RS0059774), wobei auf die Unmaßgeblichkeit von Handlungen des „wirtschaftlichen Eigentümers“ (auch) in diesem Zusammenhang bereits hingewiesen wurde. War es dem Zweitbeklagten als Geschäftsführer zufolge seiner faktischen Stellung im Unternehmen der Klägerin nicht möglich, seinen Pflichten nachzukommen, so hätte er von der jedem Geschäftsführer eingeräumten Möglichkeit des Rücktritts als Geschäftsführer rechtzeitig Gebrauch machen müssen (vgl RIS-Justiz RS0059531).
2.3. Im Übrigen hätte der Zweitbeklagte bei „Abschluss“ der verfahrensgegenständlichen Vereinbarung, die Rechtsgrundlage für die Überweisungen an die Erstbeklagte sein sollte, die Genehmigung der Gesellschafterin der Klägerin einholen müssen, war er doch zu diesem Zeitpunkt sowohl deren Geschäftsführer als auch Geschäftsführer der Erstbeklagten als Vertragspartnerin und fehlte es der Klägerin sowohl an einem Aufsichtsrat als auch an einem weiteren alleinvertretungsbefugten (5 Ob 67/92) Geschäftsführer (RIS-Justiz RS0059772). Das Verschulden des Zweitbeklagten lag somit bereits darin, dass er diese Zustimmung nicht einholte und damit ein rechtlich unzulässiges Geschäft vornahm (Reich-Rohrwig in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG [2015] § 25 Rz 178 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
3. Weder die übereinstimmende Abweisung des Unterbrechungsantrags der Beklagten durch die Vorinstanzen (RIS-Justiz RS0036823) noch die Verneinung einer (angeblichen) Nichtigkeit des Ersturteils durch das Berufungsgericht (RIS-Justiz RS0043405) können im Revisionsverfahren erfolgreich releviert werden.
4. Auf die behauptete Gegenforderung kommen die Beklagten im Revisionsverfahren nicht mehr zurück.
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