OGH 1Ob200/17v

OGH1Ob200/17v15.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätinnen Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Mag. Korn als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin G***** V*****, vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in Mistelbach, gegen den Antragsgegner Ing. W***** V*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Dr. Rainer Toperczer und Mag. Diether Pfannhauser, Rechtsanwälte in Wien, wegen nachehelicher Vermögensaufteilung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 24. August 2017, GZ 20 R 71/17g‑140, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 28. November 2016, GZ 2 Fam 11/14a‑128, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00200.17V.1215.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Entscheidungen werden dahin abgeändert, dass Punkt 7. des erstgerichtlichen Beschlusses lautet:

„Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner binnen sechs Wochen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 30.000 EUR zu leisten.“

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 3.154,94 EUR (darin 525,82 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit wird der festgestellte Sachverhalt eingangs der Entscheidung nur zusammengefasst dargestellt. Eine genauere Wiedergabe erfolgt jeweils im Zusammenhang mit der Erörterung der im Revisionsrekursverfahren noch strittigen Punkte.

Die 1996 geschlossene Ehe wurde – nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft am 1. April 2006 – Mitte 2007 geschieden. Einen wesentlichen Vermögenswert stellt eine von der Frau in die Ehe eingebrachte Liegenschaft dar, die durch die während der Ehe vorgenommenen (umfangreichen) Investitionen eine Wertsteigerung von 320.000 EUR erfuhr. Weiters existierten Wertpapierdepots und Sparguthaben im Wert von rund 323.000 EUR sowie ein Pkw mit einem Wert von 21.000 EUR, für den der Mann bis 2015 an Versicherungsprämien und Steuern 6.830 EUR bezahlte. Vor Aufhebung der Lebensgemeinschaft hatten die Ehegatten im Jahr 2004 insgesamt rund 154.000 EUR als Teilzahlungen für zwei Wohnungen in Dubai geleistet, womit etwa die Hälfte des Kaufpreises bezahlt war. Noch vor der geplanten Fertigstellung im Jahr 2007 entschloss sich der Mann im März 2006, als das Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft absehbar wurde, die erworbenen Rechte abzustoßen, was einen erheblichen Verlust nach sich zog. Nachdem er auf Angebote seines Vertragspartners auf Vertragsauflösung eingegangen war, wurde ihm ein Betrag von 53.833,36 EUR überwiesen. Aufgrund einer Anzeige der Frau war viele Jahre lang ein Finanzstrafverfahren gegen den Mann wegen des Verdachts der Steuerverkürzung in den Jahren 2002 bis 2007 anhängig, welches 2013 beendet wurde. Im Ergebnis hatte der Mann für die Jahre 2002 bis 2006 an Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen, Kommunalabgaben, Umsatzsteuer‑ und Einkommensteuer 53.180 EUR nachzuzahlen. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren entstanden ihm (2012 und 2013) steuerrechtliche Beratungskosten von 60.076,35 EUR und Rechtsanwaltskosten in nicht feststellbarer Höhe. Mit Vergleich vom 8. April 2008 bereinigten die Parteien Unterhaltsansprüche der Frau gegenüber dem Mann für die Zeit vom 1. 6. 2003 bis zur Scheidung mit einer Zahlung von 25.000 EUR. Seit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft lebt die Frau mit den gemeinsamen, noch nicht selbsterhaltungsfähigen und daher unterhaltsberechtigten Kindern in der auf der von ihr eingebrachten Liegenschaft errichteten vormaligen Ehewohnung (Haus mit 297 m2 Wohnfläche). Bei Vermietung der Liegenschaft ab April 2006 wäre ein monatlicher Nettomietzins von 1.500 bis 1.600 EUR zu lukrieren gewesen. Wäre das Haus leer gestanden und im „Absenkbetrieb“ gehalten worden, um eine Verschlechterung der Substanz zu verhindern, wären jährlich rund 3.900 EUR an Betriebskosten (Strom, Gas, Gemeindeabgaben, Versicherung, Kehrung) angefallen; diese Kosten trägt die Frau seit April 2006 alleine.

Das Erstgericht ging von einem aufzuteilenden Vermögen im Gesamtwert von rund 718.000 EUR aus, das gleichteilig auf die Streitteile zu verteilen sei. Bei der Aufteilung in Anschlag zu bringen sei auch die nachträgliche Zahlung von Steuern und Abgaben. Hätte der Mann die Schulden pünktlich berichtigt, wären die ehelichen Ersparnisse zum 1. 4. 2006 um diese Beträge (53.180 EUR) geringer. Gleiches gelte für die nach der Trennung geleistete Unterhaltsnachzahlung, die mit einem Betrag von 18.750 EUR auf die Zeit vor der Aufhebung der Gemeinschaft entfalle. Hingegen seien die Zahlungen an Steuerberater und Rechtsanwälte im Zusammenhang mit dem Finanzstrafverfahren nicht eigens zu berücksichtigen, weil es sich um reine Unternehmensschulden handle. Im Ergebnis sei auch der Auffassung des Mannes nicht zu folgen, dass bei der Aufteilung zu seinen Gunsten der Vorteil der Frau zu berücksichtigen sei, der darin liege, dass sie seit mehr als zehn Jahren die Ehewohnung bewohne und er davon ausgeschlossen sei. Wolle man dafür ein Sechstel des „fiktiven Mietzinses“ in Rechnung stellen, werde dies durch den Umstand aufgewogen, dass die Frau über den gesamten Zeitraum mit Erfolg darum bemüht gewesen sei, die Liegenschaft in einem guten technischen und gepflegten Zustand zu erhalten. Vielmehr stehe ihr gegenüber dem Mann „eine Forderung von 20.787 EUR“ entsprechend der Hälfte der festgestellten Betriebskosten im „Absenkbetrieb“ zu. Das Eigentum an der Liegenschaft mit der Ehewohnung sei der Frau zuzuweisen: Sie habe den „Grundstock“ der Liegenschaft in die Ehe eingebracht, zu ihrer Ausgestaltung in der Ehe einen wesentlichen Beitrag geleistet und lebe dort mit den weiter unterhaltsberechtigten Kindern durchgehend seit über 20 Jahren. Der Wert der dem Mann zugewiesenen Teile der Aufteilungsmasse (Wertpapierdepots, Sparguthaben, Pkw, die aus Dubai refundierten Teilkaufpreise) betrage 372.010,45 EUR. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass er an Steuern, Abgaben und der Unterhaltsnachzahlung 71.930 EUR zu leisten gehabt habe, sodass ihm wirtschaftlich bloß 300.080,45 EUR verblieben. Damit bestünde ein Ausgleichsbedarf von rund 22.900 EUR zugunsten des Mannes. Zudem seien ihm seine Steuer‑ und Versicherungsaufwendungen für den Pkw (6.830 EUR) zu ersetzen, wohingegen er seinen Anteil (20.787 EUR) an den erörterten Betriebskosten zu leisten habe. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, die Frau zu einer (gerundeten) Ausgleichszahlung von 9.000 EUR zu verhalten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Die vom Erstgericht vorgenommene Vermögensaufteilung im Verhältnis 1 : 1 sei insoweit gerechtfertigt, als bei einer sogenannten Hausfrauen‑Ehe der Beitrag des den Haushalt führenden und die Kinder betreuenden Ehegatten jenem des im Erwerbsleben stehenden Partners gleichwertig sei. Ein eklatantes Überwiegen der Beiträge des Mannes liege nicht vor. Hier habe sich die Frau seit 1998 ausschließlich um die beiden (1992 und 1995 geborenen) gemeinsamen Kinder sowie den gesamten Haushalt gekümmert und zusätzlich im Betrieb des Mannes ohne gesondertes Gehalt ausgeholfen. Entgegen der Auffassung des Mannes falle die „eheliche Liegenschaft“ nicht als Ganze mit ihrem aktuellen Verkehrswert in die nacheheliche Aufteilung. Wenn die während der ehelichen Gemeinschaft bewirkte Wertschöpfung im Vergleich zum Wert des Eingebrachten erheblich überwiege, könne dies zwar dazu führen, dass die Liegenschaft als Ganze in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei, doch verkenne der Mann den Bedeutungsgehalt dieser Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs. Hier sei der von der Frau eingebrachte „Altbestand“ aus ihren vorehelichen Mitteln finanziert worden, wogegen durch die Investitionen während der aufrechten Gemeinschaft lediglich eine Wertsteigerung eingetreten sei. Nur diese unterliege (rechnerisch) der Aufteilung, wogegen der von der Antragstellerin eingebrachte „Altbestand“ nicht zugunsten des Mannes zu berücksichtigen sei.

Zur Frage, ob die gesamte Anzahlung für den geplanten Erwerb von Wohnungen in Dubai in Höhe von 154.000 EUR oder lediglich der nach Vertragsauflösung zurückgezahlte Betrag von rund 54.000 EUR als zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vorhandenes Vermögen wertmäßig der Aufteilung unterliegt, verwies das Rekursgericht darauf, dass nicht feststellbar gewesen sei, ob mit der Anzahlung bereits dingliche Rechte erworben worden seien, die einer Bewertung zugänglich wären. Bei der Ermittlung der einzelnen Vermögenswerte seien zwar nicht die seinerzeitigen Anschaffungskosten maßgebend, sondern der Wert im Zeitpunkt der Auseinandersetzung, für dessen Ermittlung § 273 ZPO heranzuziehen sei, doch fehle nicht nur eine Feststellung über die Höhe des möglichen Verkaufserlöses zum Aufteilungsstichtag; vielmehr habe die Frau nie behauptet, dass der Mann bei einem früheren Rückverkauf einen höheren Erlös erzielen hätte können. Nicht zuletzt erschiene es unbillig, dem Mann den Verlust aus dem schließlich gemeinsam avisierten „Dubai‑Geschäft“ ungeachtet der für die letztlich gefasste Verkaufs‑ bzw Rücktrittsentscheidung maßgeblichen Gründen alleine zuzuweisen.

Zur Unterhaltsrückzahlung, die das Erstgericht mit 18.750 EUR einem Zeitraum vor Aufhebung der Gemeinschaft zugeordnet hatte, verwies das Rekursgericht darauf, dass das Begleichen solcher rückständiger Unterhaltsforderungen nach ständiger Rechtsprechung die aufzuteilenden ehelichen Ersparnisse verringere, weil sie aus deswegen ersparten (zurückbehaltenen) Mitteln angesammelt wurden. Deshalb sei der vom Erstgericht vorgenommene Abzug von der Aufteilungsmasse nicht zu beanstanden.

Zu Unrecht fordere der Mann eine wertmäßige Berücksichtigung der Benützung der vormaligen Ehewohnung unter Heranziehung eines fiktiven Mietzinses. Der Oberste Gerichtshof lehne es in ständiger Rechtsprechung ab, einem Ehegatten deshalb, weil er die Ehewohnung während des Aufteilungszeitraums allein gebraucht, ein Benützungsentgelt aufzuerlegen und dieses bei der nachehelichen Aufteilung zu berücksichtigen. Vielmehr könne eine solche Benützung nur im Rahmen der Billigkeitsentscheidung bei Festsetzung der Ausgleichszahlung angemessen Beachtung finden. Im Vorgehen des Erstgerichts, welches jenen Wohnwert, den die Antragstellerin durch die Weiterbenützung während des Aufteilungsverfahrens hatte, jenen – auch dem Antragsgegner zugute kommenden – Erhaltungsarbeiten gegenüberstellte, die sie währenddessen an der Liegenschaft leistete, könne ein solcher angemessener Ausgleich der beiderseitigen Aufwendungen bzw Vorteile erkannt werden. Es bedürfe eines nicht zu unterschätzenden Aufwands, ein Haus über mehr als zehn Jahre in einem guten Zustand zu erhalten. Da eine Überschreitung des dem Gericht eingeräumten Ermessensspielraums nicht vorliege, müssten weitere Überlegungen, etwa zur Anzahl der Mitbewohner, nicht angestellt werden. Auch im Zusammenhang mit der Beurteilung der fiktiven „Betriebskosten im Absenkbetrieb“ sei dem Erstgericht keine Fehlbeurteilung vorzuwerfen. Die Frau habe insoweit ja nicht gebrauchsabhängige Kosten (im eigenen Interesse) getragen, sondern vielmehr Aufwendungen, die zur Aufrechterhaltung der Bewohnbarkeit der ehelichen Liegenschaft erforderlich seien (Verhindern des Einfrierens von Rohren etc) und daher jedenfalls angefallen wären.

Die festgestellten bzw vom Mann darüber hinaus behaupteten Vertretungs‑ und Beratungskosten im Finanzstrafverfahren seien vom Erstgericht zutreffend als unternehmerische Verbindlichkeiten beurteilt worden, die im Rahmen der nachehelichen Vermögensaufteilung keine Bedeutung hätten. Mit seiner Behauptung, das Finanzstrafverfahren habe nur seine Einkommensteuer‑schulden betroffen, gehe er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach dessen Gegenstände rückständige Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Kommunalabgaben, Umsatzsteuer und Einkommensteuer gewesen seien. Er habe zu keinem Zeitpunkt aufgeschlüsselt, welche Beratungskosten konkret auf seine Einkommensteuerschuld entfallen seien. Einen inneren Zusammenhang zum ehelichen Gebrauchsvermögen bzw den ehelichen Ersparnissen, der keinesfalls offenkundig sei, habe er damit nicht in ausreichender Form behauptet bzw bewiesen. Dass die darüber hinaus aufgewendeten Rechtsanwaltskosten nicht näher zugeordnet werden konnten, sei auf keinen Fehler des Erstgerichts zurückzuführen. Konkretere Feststellungen seien aber auch deshalb entbehrlich, weil auch diese Kosten dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen seien.

Nach ständiger Rechtsprechung sei die Ehewohnung regelmäßig demjenigen Ehegatten zuzuweisen, in dessen Haushalt die gemeinsamen, nicht selbsterhaltungsfähigen Kinder leben, auch wenn diese bereits volljährig sind und studieren. Dieser Umstand sei vom Erstgericht bei der Zuteilung der Ehewohnung im Rahmen seiner Billigkeitsentscheidung zu Recht zugunsten der Frau berücksichtigt worden. Mit seiner Behauptung, dass die Kinder auswärts studierten und der häuslichen Betreuung nicht mehr bedürften, entferne sich der Antragsgegner vom festgestellten Sachverhalt. Auch seine Überlegungen zur mangelnden Finanzierbarkeit einer angemessenen Ausgleichszahlung durch die Frau entbehrten einer Grundlage im festgestellten Sachverhalt. Soweit er von einem Betrag von mehreren 100.000 EUR ausgehe, sei seine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Vielmehr sei nur jene Ausgleichszahlung zu beachten, die vom Gericht als angemessen festgesetzt werde. Es entspreche auch den Feststellungen, dass die Antragstellerin einen wesentlichen Beitrag zur Ausgestaltung der Ehewohnung geleistet habe und sich von 1998 bis 2006 als Hausfrau (im Wesentlichen) ausschließlich um den gemeinsamen Haushalt, die Ehewohnung und die Kinder gekümmert habe. Die Berücksichtigung dieses Beitrags nicht nur bei der Bemessung der Aufteilungsquote, sondern auch bei der Zuweisung der Ehewohnung sei unproblematisch. Auf die Gründe seines seinerzeitigen Auszugs aus der Ehewohnung komme es nicht an. Darauf, dass er allenfalls während der Ehe nacheheliche Ersparnisse für gemeinsame Zwecke eingesetzt habe, komme es nicht an, soweit solche Werte nicht abgrenzbar in der Aufteilungsmasse fortwirken.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die nach dem Grundsatz der Billigkeit vorzunehmende Aufteilung jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhänge und somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu lösen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zur Klarstellung der Rechtslage in einem bestimmten Streitpunkt zulässig und (in geringem Umfang) teilweise berechtigt.

Mit seinen Revisionsrekursausführungen zu den Streitpunkten Aufteilungsquote, Einbeziehung der Liegenschaft mit der Ehewohnung und Steuerberatungs‑ und Rechtsanwaltskosten ist der Antragsgegner grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts zu verweisen (§ 71 Abs 3 AußStrG). Für eine Vermögensaufteilung im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Antragsgegners werden keine überzeugenden Argumente ins Treffen geführt. Entgegen seiner Auffassung begründet es auch keinen rechtlichen Feststellungsmangel, wenn sein Vermögensstand vor der Eheschließung und zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nicht festgestellt wurde. Voreheliches Vermögen ist nur insoweit gesondert zu beurteilen, als es noch abgrenzbar vorhanden ist oder in bestimmten Vermögensgegenständen fortwirkt (vgl RIS‑Justiz RS0057490); grundsätzlich kommt es nur auf das während der ehelichen Gemeinschaft geschaffene Vermögen und die dazu jeweils geleisteten Beiträge an. Im Übrigen kann ein Vermögensverlust die verschiedensten Ursachen haben, insbesondere wenn – wie hier – erhebliche finanzielle Mittel in den (Aus‑)Bau eines luxuriösen Einfamilienhauses fließen, die sich in dessen Verkehrswert nur teilweise niederschlagen.

Der Auffassung des Revisionsrekurswerbers, die Liegenschaft unterliege mit ihrem vollen aktuellen Wert der Aufteilung, weil die überwiegende Wertschöpfung während der ehelichen Gemeinschaft eingetreten sei, liegt ein grundsätzliches Missverständnis zugrunde. Die von ihm angesprochene Judikatur (RIS‑Justiz RS0057681) betrifft die Frage, ob die Liegenschaft iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG als von einem Ehegatten eingebracht nicht der Aufteilung unterliegt– dann wäre lediglich die Werterhöhung durch die Investitionen zu berücksichtigen – oder ob im Falle einer erheblich überwiegenden Wertschöpfung während der Ehe insgesamt nicht mehr von einer eingebrachten Sache gesprochen werden kann. Sollte Letzteres der Fall sein, steht diese Sache auch real für die Aufteilung zur Verfügung, wogegen sonst der Vorteil des Liegenschaftseigentümers, der die Sache behalten würde, nur wertmäßig – letztlich durch eine Ausgleichszahlung – auszugleichen wäre. Keinesfalls kann eine Qualifikation als insgesamt „nicht eingebracht“ und damit der Aufteilung auch real unterliegend aber dazu führen, dass dem anderen Ehegatten auch der fortwirkende Wert der eingebrachten Sache anteilig zukäme (vgl nur 1 Ob 58/17m). Vielmehr ist in einem solchen Fall der eingebrachte Wert eigens zu berücksichtigen und dem betreffenden Ehegatten rechnerisch vorweg zuzuweisen (RIS‑Justiz RS0057490 [T4, T5]).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin dem Antragsgegner zwar die Hälfte der Liegenschaft geschenkt, doch führt dies nach ständiger Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0113358 [T3, T4]) dazu, dass ihr die betreffende Liegenschaftshälfte (bzw deren Wert) grundsätzlich ohne Ausgleich zurückzustellen ist. Damit ist das von den Vorinstanzen gewonnene Ergebnis grundsätzlich richtig, dass nämlich lediglich die während der ehelichen Gemeinschaft durch Investitionen geschaffene Wertsteigerung (rechnerisch) aufzuteilen ist, wogegen der eingebrachte und fortwirkende Wert allein der Frau zukommt.

Im Zusammenhang mit den Steuerberatungs‑ und Rechtsanwaltskosten, die dem Antragsgegner im Finanzstrafverfahren entstanden sind, ist das Rekursgericht angesichts der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zum Ergebnis gelangt, dass es sich dabei um Verbindlichkeiten handelt, die dem Unternehmen des Antragsgegners zuzuordnen sind. Danach wurden in diesem Verfahren Verkürzungen an Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen, Kommunalabgaben, Umsatzsteuer und Einkommensteuer festgestellt, wobei lediglich Letztere den nicht unternehmerischen Bereich betreffen könnte. Seine nunmehr aufgestellte Behauptung, ein Großteil der vom Finanzamt ursprünglich behaupteten Abgabenverkürzung habe die Einkommensteuer betroffen, ist durch die Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt. Warum es für das Aufteilungsverfahren von Bedeutung sein sollte, dass das Verfahren über Anzeige der Antragstellerin eingeleitet wurde, vermag der Antragsgegner nicht zu erklären. Ebenso wie unternehmerische Aktiva nicht der Aufteilung unterliegen, gilt dies auch für im Rahmen des Unternehmens begründete Verbindlichkeiten wie die hier zu beurteilenden Vertretungskosten. Zudem ist der Schluss des Antragsgegners, wenn schon Steuerschulden für Zeiträume aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft die Aufteilungsmasse verringerten, müsse dies ebenso für Verbindlichkeiten gelten, die zur Vermeidung zusätzlicher Steuer‑ und Abgabenschulden eingegangen wurden, unzutreffend. Schließlich wurden diese Kosten erst viele Jahre nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft aufgewendet, weshalb eine ganz andere Situation vorliegt als im Hinblick auf die nachträglich gezahlten Steuern und Unterhaltsbeträge, die ja bei pünktlicher Zahlung das zum maßgeblichen Stichtag vorhandene Vermögen verringert hätten.

Im Zusammenhang mit dem angenommenen „Wohnvorteil“ der Antragstellerin kommt der Revisionsrekurswerber neuerlich auf seine Rechtsauffassung zurück, der Antragstellerin sei ein Vermögensvorteil in Höhe des fiktiven Mietzinses für eine solche Liegenschaft zuzurechnen, obwohl das Rekursgericht deutlich darauf hingewiesen hat, dass ein solcher Ansatz von der Rechtsprechung abgelehnt wird (1 Ob 68/00g, 7 Ob 105/09f). Auch wenn der Oberste Gerichtshof darauf hinweist, dass im Rahmen der nachehelichen Aufteilung auch jener Gebrauchsvorteil auszugleichen ist, den ein Ehegatte dadurch erlangt hat, dass er während des Aufteilungsverfahrens die Ehewohnung benutzt und sich die Kosten einer anderen Wohnmöglichkeit erspart (so etwa 1 Ob 158/12k), wurde in der Vergangenheit doch betont, dass ein solcher Gebrauchsvorteil (nur) im Rahmen der Billigkeit bei der Aufteilungsentscheidung berücksichtigt werden kann (6 Ob 149/08t, 1 Ob 158/12k). Dabei kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an, etwa darauf, ob der andere Ehegatte genötigt ist, erhebliche Aufwendungen für eine eigene Wohnmöglichkeit zu tätigen, nachdem ein gemeinsames Wohnen in der bisherigen Ehewohnung nicht mehr in Betracht kommt. Derartiges wurde aber in diesem Verfahren weder behauptet noch festgestellt. Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin das Haus nicht allein bewohnt hat, sondern gemeinsam mit den beiden aus der Ehe stammenden Kindern, womit ihr der Wohnvorteil grundsätzlich nur zu einem Drittel zugekommen ist. Wenn das Rekursgericht hier einen ins Gewicht fallenden Vermögensvorteil der Antragstellerin mit dem Argument verneint hat, sie habe während des gesamten Zeitraums alle Aufwendungen getragen, die erforderlich waren, um das Haus in gutem Zustand zu erhalten, was ebenfalls dem Antragsgegner zugute komme, weil ja für die Aufteilungsentscheidung der Wert der Liegenschaft zum Aufteilungszeitpunkt herangezogen wird, ist dies nicht zu beanstanden.

Zutreffend zeigt der Revisionsrekurswerber hingegen einen Beurteilungsfehler der Vorinstanzen auf, die es zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt haben, dass sie auch jene Kosten („Betriebskosten im Absenkbetrieb“) getragen hat, die erforderlich waren, um eine Schädigung der Substanz zu verhindern und auch angefallen wären, wenn das Haus über die gesamte Zeit leer gestanden wäre. Dabei wurde offenbar übersehen, dass der Aufwand für die Erhaltung des Hauses in gutem Zustand bereits berücksichtigt und mit dem Gebrauchsvorteil der Frau „aufgerechnet“ wurde. Eine doppelte Berücksichtigung dieses Teils der Erhaltungskosten kommt aber richtigerweise nicht in Betracht, weshalb die von der Antragstellerin zu leistende Ausgleichszahlung um den insoweit ermittelten Betrag von rund 21.000 EUR, das ist die Hälfte dieser fiktiven Betriebskosten, zu erhöhen ist.

Auch die Versuche der Revisionsrekursgegnerin, in Auseinandersetzung mit einzelnen Positionen aufzuzeigen, dass das Rechtsmittel schon deshalb unberechtigt sei, weil bei zutreffender Rechtsauffassung nicht sie, sondern vielmehr der Antragsgegner eine Ausgleichszahlung zu leisten hätte, müssen erfolglos bleiben. So unterlässt sie bei der von ihr angestellten Berechnung etwa die Berücksichtigung des vom Antragsgegner nachträglich bezahlten Unterhalts als Abzugspost, allerdings ohne dies auch nur andeutungsweise zu begründen. Wenn sie weiters ausführt, ihre Mutter habe das zum Zweck der Renovierung von der Antragstellerin vor der Eheschließung aufgenommene Bauspardarlehen über rund 9.000 EUR als Geschenk an diese zur Gänze vor und während aufrechter Ehe zurückgezahlt, was als (versteckte) Werterhöhung der Liegenschaft bei Ermittlung der Ausgleichszahlung nach Billigkeit zu berücksichtigen wäre, ist nicht erkennbar, auf welche Tatsachenfeststellungen sie sich dabei stützen will, wurde doch vielmehr festgestellt, dass sie dieses Darlehen aus einem Geschenk ihrer Großmutter im Jahr 1996 zurückzahlen konnte. Selbst wenn insoweit ein weiterer der Antragstellerin zuzurechnender Beitrag zur Wertsteigerung der Liegenschaft vorliegen sollte, würde sich dadurch an der Annahme etwa gleichwertiger Beiträge, die zu einer Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 führen, nichts ändern. Im Übrigen hat sie die Frage in ihrem Rekurs nicht mehr aufgegriffen, sodass der Streitpunkt als abschließend und erledigt zu betrachten ist.

Bei ihren Ausführungen zu der vor Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft geleisteten Zahlung von 154.000 EUR für den beabsichtigten Erwerb von zwei Wohnungen in Dubai übersieht die Revisionsrekurswerberin offenbar, dass es nicht darum geht, welche Zahlungen vor dem Aufteilungsstichtag geleistet wurden, sondern welcher Vermögenswert im Aufteilungsvermögen zu diesem Zeitpunkt vorhanden war. Das Rekursgericht hat dazu ausgeführt, dass zwar eine Feststellung über die Höhe des möglichen Verkaufserlöses zum Aufteilungsstichtag fehle, jedoch weder im erstgerichtlichen Verfahren noch im Rekurs behauptet worden sei, dass der Antragsgegner bei einem früheren Rückverkauf einen höheren Erlös als den anlässlich der Vertragsauflösung zurückerhaltenen Betrag (rund 54.000 EUR) erzielen hätte können. Wenn die Antragstellerin nun darauf hinweist, es wäre dem Antragsgegner unbenommen geblieben, die Restkaufpreise für die Wohnungen zu erlegen und diese zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend oder zumindest mit weit geringerem Verlust zu verkaufen, bewegt sie sich im Rahmen der Spekulation und außerhalb ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Ihre Rechtsbehauptung, das Aufteilungsvermögen wäre ohne Rückabwicklung um den Gesamtbetrag von 154.000 EUR (gemeint wohl: 100.000 EUR) größer gewesen, ist mangels entsprechender Tatsachengrundlage nicht nachvollziehbar. Wenn das Rekursgericht somit im Ergebnis die Auffassung vertreten hat, zum maßgeblichen Stichtag habe der Antragsgegner über eine Rechtsposition verfügt, die es ihm ermöglichte einen Geldbetrag von (zumindest) rund 54.000 EUR zu erlangen, ist dies nicht zu bestanden. Für einen höheren Wert wäre die Antragstellerin behauptungs‑ und beweispflichtig gewesen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich im Hinblick auf die den Revisionsrekurswerber belastende Berücksichtigung der von der Antragstellerin getragenen „Betriebskosten im Absenkbetrieb“ zu korrigieren sind und die ihr aufzuerlegende Ausgleichszahlung auf 30.000 EUR zu erhöhen ist. Damit ist auch die Einwendung des Antragsgegners, eine Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft mit der Ehewohnung an die Antragstellerin komme nicht in Betracht, weil diese nicht in der Lage sei, eine Ausgleichszahlung in Höhe von zumindest rund 400.000 EUR zu leisten, obsolet. Der Antragstellerin ist allerdings eine ausreichende Leistungsfrist einzuräumen, um sich die notwendigen Mittel für die Ausgleichszahlung zu verschaffen.

Der Antragsgegner strebte in seinem Rechtsmittel die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft gegen eine Ausgleichszahlung von 70.000 EUR an, in eventu, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 400.000 EUR aufzuerlegen. Da er mit diesem Begehren weit überwiegend erfolglos blieb, hat er der Antragstellerin gemäß § 78 Abs 2 AußStrG die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen. Angesichts der geringfügigen Abänderung bleiben die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen unverändert.

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