OGH 1Ob149/17v

OGH1Ob149/17v30.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, *****, vertreten durch Dr. Christine Ulm, Rechtsanwältin in Graz, wegen 58.246,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. Juni 2017, GZ 5 R 27/17f‑16, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Jänner 2017, GZ 15 Cg 31/15d‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00149.17V.0830.000

 

Spruch:

Der in der außerordentlichen Revision enthaltene Rekurs gegen die Verwerfung der Berufung wegen Nichtigkeit und die außerordentliche Revision werden zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit sich das außerordentliche Rechtsmittel gegen die Verwerfung der Berufung wegen Nichtigkeit (nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO) wendet, ist es absolut unzulässig:

Eine – wie hier – bereits vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz kann vor dem Obersten Gerichtshof nicht geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042981 [T3, T6, T10, T14, T29]), handelt es sich doch dabei um einen Beschluss gemäß § 519 Abs 1 ZPO, der – auch wenn er in das Berufungsurteil aufgenommen wurde – absolut unanfechtbar ist (RIS‑Justiz RS0043405), weil er unter keine der in dieser Bestimmung geregelten Ausnahmen fällt. Nach einhelliger Meinung sind solche Entscheidungen in dritter Instanz nicht bekämpfbar (1 Ob 124/17t; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 503 ZPO Rz 69, jeweils mwN).

2. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien – wie der vom Kläger angestrebten Ernennung zum Mitglied des Landesverwaltungsgerichts Steiermark, mit deren Wirksamkeit ein öffentlich‑rechtliches Dienstverhältnis begründet würde (§ 34 Abs 2 Z 1 Steiermärkisches Landesverwaltungsgerichtsgesetz [StLVwGG] LGBl 2013/57 idF LGBl 2013/175; Brandstetter/Lukas in Fischer/Pabel/Raschauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2014] Kap 8 Rz 36) – kommt dem Obersten Gerichtshof zum einen keine Leitfunktion zu (RIS‑Justiz RS0116438 [T1]; vgl RS0123321); zum anderen ist die Frage des rechtzeitigen Zugangs einer empfangsbedürftigen Erklärung (zB nach § 862a ABGB) eine solche des Einzelfalls (vgl dazu RIS‑Justiz RS0014089).

3. Die Vorinstanzen sind der Begründung der – die Parteien betreffenden – Entscheidung 9 ObA 47/16a (dazu Schrank, Leitentscheidungen der Höchstgerichte zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht [49. Lfg Oktober 2016] 1.5.2. Nr 3) folgend davon ausgegangen, dass die Bewerbung des Klägers fristwidrig erfolgte und ihm schon aus diesem Grund keine Amtshaftungsansprüche zustehen. Die Beurteilung, dass die Bewerbung des Klägers, der nicht das gemäß der Stellenausschreibung der Beklagten ausschließlich zu verwendende Formular verwendete und stattdessen eine E‑Mail‑Bewerbung am letzten Tag der Frist außerhalb der Amtsstunden geschickt hatte, verspätet eingereicht wurde, ist jedenfalls vertretbar. Die formellen Voraussetzungen (Form und Frist für Bewerbungen) ergaben sich im vorliegenden Fall in erster Linie aus dem Text der Stellenausschreibung und dürfen von den Beklagten als Dienstgeber festgesetzt werden. § 3 Abs 3 StLVwGG regelt nur, dass vor der Ernennung einer Landesverwaltungsrichterin/eines Landesverwaltungsrichters die betreffende Stelle öffentlich auszuschreiben ist, die Ausschreibung spätestens innerhalb eines Monats nach Freiwerden einer Stelle in einer bestimmen Zeitung zu erfolgen hat und überdies auf andere geeignete Weise, insbesondere auf den Internetseiten des beklagten Landes und des Landesverwaltungsgerichts, bekannt gemacht werden kann. Dass die Vorinstanzen im Einklang mit der genannten höchstgerichtlichen Entscheidung einen haftungs-begründenden Sorgfaltsverstoß eines mit dem Ernennungsvorgang betrauten Organs der Beklagten verneinten, ist keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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