OGH 1Ob124/17t

OGH1Ob124/17t12.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** L*****, vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister und Mag. Franz Haydn, Rechtsanwälte in Schwechat, gegen die beklagte Partei E***** Z*****, vertreten durch Dr. Heimo Jilek und Dr. Martin Sommer, Rechtsanwälte in Leoben, und des Nebenintervenienten Ing. A***** G*****, vertreten durch Dr. Jutta Sturm‑Wedenig und andere Rechtsanwälte in Leoben, wegen 70.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Mai 2017, GZ 2 R 5/17y‑136, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 25. Oktober 2016, GZ 7 Cg 99/10b‑123, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00124.17T.0712.000

 

Spruch:

Der in der außerordentlichen Revision enthaltene Rekurs gegen die Verwerfung der Berufung wegen Nichtigkeit und die außerordentliche Revision werden zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit sich das außerordentliche Rechtsmittel gegen die Verwerfung der Berufung wegen Nichtigkeit (nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO) wendet, ist es absolut unzulässig:

Eine – wie hier – bereits vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz kann vor dem Obersten Gerichtshof nicht geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042981 [T3, T6, T10, T14, T29]), handelt es sich dabei doch um einen Beschluss gemäß § 519 Abs 1 ZPO, der – auch wenn er in das Berufungsurteil aufgenommen wurde – absolut unanfechtbar ist (RIS‑Justiz RS0043405), weil er unter keine der in dieser Bestimmung geregelten Ausnahmen fällt. Nach einhelliger Meinung sind solche Entscheidungen in dritter Instanz nicht bekämpfbar (7 Ob 215/13p; 7 Ob 229/13x; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 503 ZPO Rz 69, jeweils mwN).

2. Gemäß § 924 ABGB leistet der Übergeber Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Die Vermutung ist folglich bei gebrauchten Sachen nicht generell, sondern nur dann ausgeschlossen, wenn eine besonders intensive Benützung oder ein zu erwartender normaler Abnützungsschaden vorliegt, weshalb bei Fahrzeugen älteren Baujahrs mit hohem Kilometerstand nicht alle innerhalb eines halben Jahres auftretenden Mängel generell auf den Zeitpunkt der Übergabe bezogen werden können (RIS‑Justiz RS0120550 besonders [T2]). Welche Mängel hingenommen werden müssen und wann die Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB als widerlegt anzusehen ist, ist stets eine Frage des Einzelfalls (6 Ob 123/15d mwN = RIS‑Justiz RS0120550 [T3]).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dem Kläger der Beweis der Mangelhaftigkeit der Sache gelungen ist, ist nicht zu beanstanden. Der Getriebebruch, der sich fünf Tage nach der Übergabe des Rennfahrzeugs ereignete, resultierte aus Vorschäden, mögen diese – wovon der Beklagte ausgeht – auch nur zu einem Anteil von 15 % ursächlich für den Bruch gewesen sein. Seine Behauptung, dass diese Vorschäden zum Zeitpunkt der Übergabe nicht vorhanden waren, konnte er nicht beweisen.

3. Gemäß § 932 Abs 4 Satz 2 ABGB kann der Übernehmer (Preisminderung oder) Wandlung begehren, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt. Äußert der Gewährleistungspflichtige rechtliche Zweifel, ob die Leistung überhaupt mangelhaft ist, liegt noch keine endgültige Erfüllungsverweigerung vor. Die sekundären Gewährleistungsbehelfe können aber sofort geltend gemacht werden, wenn der Gewährleistungspflichtige endgültig die Nacherfüllung verweigert, weil er irrtümlich der Ansicht ist, dass keine Nacherfüllungspflicht besteht (8 Ob 145/10x; Zöchling‑Jud in Kletecka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 932 Rz 51).

Der Beklagte will die Reparaturkosten bzw Kosten für ein gebrauchtes Getriebe nur dann übernehmen, „wenn es sich um einen Gewährleistungsfall handelt“, dessen Vorliegen er jedoch bestreitet. Er verweigerte auch noch im Prozess die „Nacherfüllung“ und ist nicht ernstlich gewillt, den Mangel zu beheben und das Getriebe des Personenkraftwagens zu reparieren. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass damit von einer endgültigen Weigerung auszugehen ist, ist nicht korrekturbedürftig.

4. Das erstmals in der Berufung erstattete und in der Revision wiederholte Vorbringen zu Veränderungen, die der Kläger am Fahrzeug vorgenommen haben soll, verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 482, § 504 Abs 2 ZPO) und ist daher unbeachtlich.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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