European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00047.16A.0525.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Die öffentliche Stellenausschreibung für das Landesverwaltungsgericht Steiermark zu GZ A***** vom 2. Mai 2014 lautete auszugsweise:
„...
Fristende: 23.05.2014 ...
Für die Bewerbung verwenden Sie bitte ausschließlich das Formular 'Bewerbung um Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Land Steiermark'.
Dieses Formular erhalten Sie via Internet unter *****, bei den Bezirkshauptmannschaften, im Büro für BürgerInnenberatung, … sowie im Amt der Steiermärkischen Landesregierung … .
Bewerbungen mit unvollständig ausgefülltem Formular, fehlenden Unterlagen oder nach Fristablauf eingelangte Bewerbungen (Bewerbungen müssen spätestens am letzten Tag der Bewerbungsfrist eingereicht worden sein) werden nicht berücksichtigt.
Ihre Bewerbung können Sie persönlich oder per Post einreichen:
● persönlich: A5 Personal, *****, von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00 bis 12.30 Uhr
● per Post: Amt der Steiermärkischen Landesregierung, A5 Personal, *****
…“
Auf der Homepage der Beklagten sind deren Amtsstunden unter der Überschrift „Kontakt“ ersichtlich. Auf dieser ist unter den Überschriften „ Schriftliche Anträge und Kontaktaufnahme“ bzw „ Elektronische Anbringen“ auch festgehalten: „ Sie können Anbringen gerne auch elektronisch (per E-Mail, Fax oder Online-Formular) einbringen, aber beachten Sie bitte die technischen Voraussetzungen . Falls Sie uns außerhalb der Amtsstunden ein elektronisches Anbringen übermitteln, wird es erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen und bearbeitet. Es gilt daher auch erst zu diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt. “
Der Kläger bewarb sich mit E-Mail vom 23. Mai 2014, gesendet um 16:57 Uhr, bei der Beklagten um eine Stelle als Richter des Landesverwaltungsgerichts Steiermark. Das Formular verwendete er nicht.
Der Personalausschuss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark erteilte der Bewerbung des Klägers mit der Begründung eine Absage, dass seinem Antrag aus formalen Gründen nicht nachgekommen werden habe können.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz iSd § 21 Stmk L-GBG, weil er im Zuge seiner Bewerbung wegen seines Alters, seines Geschlechts, seiner Weltanschauung und wegen fehlender Beamten- bzw Landesbediensteteneigenschaft diskriminiert worden sei. Die Rechtsansicht der Beklagten, dass er seine Bewerbung verspätet eingebracht habe, sei nur ein Vorwand für seine Nichteinbeziehung in das Auswahlverfahren. Mit dem Fristende könne nur 24:00 Uhr gemeint sein. Ihm sei von einem Mitarbeiter der Beklagten gestattet worden, die Bewerbung per E‑Mail einzubringen.
Die Vorinstanzen folgten dem Standpunkt der Beklagten und wiesen das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens zu den Diskriminierungsgründen ab, weil keine fristgerechte Bewerbung des Klägers vorgelegen sei. Das Steiermärkische LandesverwaltungsgerichtsG, insbesondere dessen §§ 3, 34, enthalte keine Regelungen für die Form der Bewerbung. Da weder das AVG noch das DienstrechtsverfahrensG 1984 noch das Ausschreibungsgesetz auf das Bewerbungsverfahren anzuwenden sei, sei den Form- und Fristerfordernissen der Bewerbung nur die Stellenausschreibung zugrunde zu legen, die auch nicht unbillig sei. Dass Anbringen per E-Mail nicht zulässig seien, entspreche vielen Verfahrensordnungen. Der Stellenausschreibung sei klar zu entnehmen, dass für die Bewerbung das dort genannte Formular zu verwenden und dieses persönlich oder per Post einzureichen sei und dass Bewerbungen mit unvollständig ausgefülltem Formular, fehlenden Unterlagen oder nach Fristablauf eingelangte Bewerbungen nicht berücksichtigt würden. Dass besondere Regelungen betreffend die Übermittlungsart eines bestimmten Anbringenstyps getroffen werden könnten, entspreche auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Die per E‑Mail eingebrachte Bewerbung erweise sich schon aus diesem Grund als unzulässig. Auf die Aussage eines nicht näher definierten Mitarbeiters der Beklagten hätte sich der Kläger nicht verlassen dürfen.
Rechtliche Beurteilung
In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Der Kläger richtet sich gegen die Beurteilung, dass er die Bewerbungsformerfordernisse deshalb nicht erfüllt habe, weil er sich bei seiner Bewerbung nicht des Bewerbungsformulars bedient habe, die Bewerbung nicht persönlich oder postalisch eingereicht habe und weil die E‑Mail-Bewerbung verspätet eingelangt sei.
Selbst wenn man dem Kläger darin folgen wollte, dass eine entgegen dem Ausschreibungstext ohne Bewerbungsformular erfolgte Bewerbung eine „gleichwertige Bewerbungsart“ darstellte und dass ihm eine elektronische Übermittlung seiner Bewerbung zugesagt worden sei (ON 5 S 2), ginge daraus noch nicht hervor, dass er die Bewerbung nach Maßgabe des Ausschreibungstextes und der Anbringungserfordernisse der Beklagten auch fristgerecht eingebracht hatte.
Der Kläger bezweifelt nicht, dass das AVG, insbesondere dessen § 13 Abs 1 iVm Abs 5 („Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen ...“), hier nicht anwendbar ist. Vielmehr will er die Rechtzeitigkeit des Einlangens seiner Bewerbung nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten („Geschäftsanbahnungsstadium“) beurteilt wissen. Damit ist für ihn aber nichts gewonnen, weil nach diesen der Zeitpunkt des Einlangens einer Willenserklärung, wenn dem keine zwingende gesetzliche Anordnung entgegensteht, vom Erklärungsempfänger bestimmt werden kann und im Übrigen in der Regel auch die Vertragsauslegung ergibt, dass eine am Ablauftag der Frist vorzunehmende Handlung zu den gewöhnlichen Amts‑ oder Geschäftsstunden vorzunehmen ist (s dazu Bollenberger in KBB 4 § 903 ABGB Rz 1). Schließlich erlaubt selbst § 27 Abs 2 Satz 2 AusschreibungsG 1989 bezüglich den Bundesdienst betreffende Bewerbungen der in der Ausschreibung angeführten Stelle, eine ausschließliche Online-Bewerbung vorzusehen und den Zeitpunkt, bis zu dem die Bewerbung einlangen muss, festzulegen. Die Erwägungen des Klägers zu einer analogen Geltung des AusschreibungsG 1989 stützen seinen Standpunkt daher nicht.
Hier hat sich der Kläger einer nicht in der Ausschreibung vorgesehenen Bewerbungsmodalität bedient und sich per E-Mail beworben. Die Beklagte hat auf ihrer Homepage ihre Amtsstunden bekannt gegeben und für Eingaben per E-Mail explizit darauf hingewiesen, dass außerhalb der Amtsstunden übermittelte elektronische Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als „eingebracht und eingelangt“ gelten. Am Interesse der Beklagten, dass fristgebundene Anbringen am Tag des Fristendes während der Amtsstunden einzubringen sind, ist danach nicht zu zweifeln. Dass dies für eine Bewerbung nicht gelte, weil damit keine amtliche oder hoheitliche Tätigkeit einer Behörde in Anspruch genommen werde, ist insofern unzutreffend, als der Hinweis der Beklagten keine derartige Beschränkung enthält.
Auch ist keine Verletzung einer Schutzpflicht durch die Beklagte darin zu erkennen, dass sie in der Ausschreibung nicht auf die Einhaltung der Amtsstunden bei Einbringung einer E-Mail-Bewerbung am letzten Bewerbungsfristtag hinwies, sah sie eine derartige Bewerbung doch grundsätzlich nicht vor.
Der Hinweis des Klägers auf § 89c GOG geht fehl, weil E-Mails keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs sind ( Gitschthaler in Rechberger , ZPO 4 § 74 Rz 15 mwN; § 5 Abs 1a ERV 2006; § 1 Abs 1 der VwGH‑EVV).
Im Ergebnis ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Bewerbung des Klägers fristwidrig erfolgte, somit nicht korrekturbedürftig. Für die Annahme des Klägers im erstinstanzlichen Vorbringen, bei der Beurteilung der Bewerbung als verspätet handle es sich offensichtlich nur um einen Vorwand, besteht keine Grundlage. Es bestand daher kein Anlass zur Prüfung, ob der Ablehnung der Beklagten, die Bewerbung des Klägers inhaltlich zu evaluieren, die behaupteten diskriminierenden Motive zugrunde lagen.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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