OGH 5Ob115/17y

OGH5Ob115/17y29.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Sonja Z*, 2. Dkfm. Gerhard S*, 3. Dr. Ursula L*, 4. Dr. Eva K*, 5. Gabriele W*, 6. DI Christian F*, 7. Gabriele F*, 8. Maged I*, 9. Elfriede N*, 10. Erwin N*, 11. DI Andreas D*, 12. Mag. Elfriede K*, 13. DI Christian A*, 14. Mag. Ingrid A*, 15. DI Heinrich B*, 16. DI Dr. Monika H*, 17. Dr. Werner P*, 18. Margit B*, 19. Dr. Susanne H*, 20. Dr. Gregor H*, 21. DI Dagmar H*, 22. Hanna J*, 23. Ing. Peter J*, 24. Helga H*, 25. Josef H*, 26. Mag. Gernot H*, 27. Mag. Karin H*, 28. Mag. Reinhard G*, 29. Josef S*, 30. Maria S*, 31. Patrick A*, 32. Renate A*, 33. DI Wolfgang O*, 34. Mag. Sonja W*, sämtliche vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. M* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Mag. Claudia Vitek, Rechtsanwältin in Wien, 2. Gerhard P*, 3. Jacqeline A*, 4. G*, registrierte Genossenschaft mbH, *, vertreten durch Telos Law Group Winalek, Wutte‑Lang, Nikodem, Weinzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, 5. Dr. Elisabeth T*, nunmehr Dr. Peter und Kerstin A*, 6. Michaela G*, 7. Franz H*, 8. Herbert J*, 9. Gunther A*, 10. Dr. Ute S*, 11. Mag. Alexander Z*, nunmehr Mag. Stefan B* und DI Sabine S*, 12. Mag. Helena L*, 13. DI FH Daniel D*, 14. Mag. Silke P*, 17. Dr. Valentin L*, wegen §§ 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 1 und 4 WEG, und einstweiliger Verfügung, über den Revisionsrekurs der Viertantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss und den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. März 2017, GZ 38 R 226/16s‑26, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 12. April 2017, GZ 38 R 226/16s‑29, mit dem der Sachbeschluss und die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts Hernals vom 6. Juni 2016, GZ 6 Msch 11/16b‑14, bestätigt wurden, den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E119537

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs gegen den Sachbeschluss wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie einschließlich ihres in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Teil zu lauten haben wie folgt:

Der Antrag, die Erstantragsgegnerin sei schuldig es zu unterlassen, die von ihr angekündigten Fensterreparaturarbeiten (laut Vorausschau 2016 und Quartalsbericht vom 20. 1. 2016) bis zum Vorliegen eines allfälligen diese Maßnahme genehmigenden rechtswirksamen Mehrheitsbeschlusses durchführen zu lassen, wird abgewiesen.

Die Antragsteller haben binnen 14 Tagen der Erstantragsgegnerin deren mit 1.049,48 EUR (darin 174,18 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, der Viertantragsgegnerin hingegen die mit 1.090,51 EUR (darin 181,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit 809,04 EUR (darin 108,84 EUR USt und 156 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.“

Die Antragsteller haben der Viertantragsgegnerin binnen 14 Tagen deren mit 860,90 EUR (darin 104,48 EUR USt und 234 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Die Antragsteller werden mit ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.

II. Dem Revisionsrekurs gegen die einstweilige Verfügung wird Folge gegeben.

Die Entscheidung der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich ihres in Rechtskraft erwachsenen Teils zu lauten haben wie folgt:

Der Antrag, der Erstantragsgegnerin zur Sicherung der Ansprüche der Antragsteller bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegenständlichen Verfahrens, sofern nicht vorher eine diese Maßnahmen genehmigender Mehrheitsbeschluss vorliege, zu untersagen, Reparaturarbeiten an den Fensterkonstruktionen der Liegenschaft * zu beauftragen und durchführen zu lassen, wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Erstantragsgegnerin ist die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage L* auf der Liegenschaft EZ *. Die Antragsteller und die übrigen Antragsgegner sind deren Mit‑ und Wohnungseigentümer. Die Viertantragsgegnerin war Bauträgerin der etwa 2000 errichteten Anlage, deren Wohnungen sie sukzessive im Lauf der Jahre abverkaufte. Sie ist aktuell nur mehr Wohnungseigentümerin von zwei Wohnungen im Haus. Ihr Verwaltungsvertrag wurde durch Mehrheitsbeschluss zum 31. 12. 2009 beendet.

Die Anlage hat mittlerweile rund 16 Jahre alte Holzfenster, ein Drittel davon ist derart mangelhaft, dass eine Sanierung – soweit noch möglich – unwirtschaftlich wäre. Bei allen Fenstern sind die Bauanschlussfugen mangelhaft ausgeführt, sodass langfristig Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen kann. Nahezu alle Terrassentüren sind bauordnungswidrig eingebaut, weil ein ausreichender Hochzug zum Schutz vor Feuchtigkeit verabsäumt wurde. Zwei Erkerkonstruktionen aus Holz mussten bereits saniert werden, bei beiden wurden massive Baumängel festgestellt, die einen Austausch erzwangen und aufgrund des Vermorschungsgradesder eingebauten Schrauben ein Abstürzen von ganzen Elementen befürchten ließen. Ob die anderen Erker der Liegenschaft ähnliche Mängel aufweisen, ist erst nach Bauteilöffnungen gesichert feststellbar.

Gegenstand einer Eigentümerversammlung am 29. 4. 2014 waren verschiedene Varianten der Sanierung und der komplette Austausch der Fenster. 71,3 % der Wohnungseigentümer beschlossen die Fenster der Liegenschaft zur Gänze zu erneuern und bestehende Holzfenster gegen Kunststoff‑/Alufenster der Marke I* auszutauschen, und zwar auf der Basis eines Kostenvoranschlags von rund 670.000 EUR. Ebenfalls 71,31 % markierten zur Frage, ob sie mit einer teilweisen Erneuerung der Fenster‑ und Fenstertüren einverstanden oder nicht einverstanden sind, den Passus „nicht einverstanden“. Die am 21. 5. 2014 im Haus angeschlagenen Beschlüsse fochten mehrere Antragsgegner an, das Verfahren ist zu 6 Msch 21/14x des Bezirksgerichts Hernals noch anhängig, ein Sachbeschluss erster Instanz steht aus. Eine Umsetzung dieses Beschlusses durch die Hausverwaltung erfolgte bislang nicht, weil sie den Komplettaustausch der Fenster als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ansieht.

Insbesondere die Viertantragsgegnerin übt Druck auf die Hausverwaltung aus, Wartungs‑ und Sanierungsarbeiten an einzelnen Fenstern durchführen zu lassen. In der Vorausschau 2016 (Punkt 1) kündigte die Erstantragsgegnerin Erhaltungsarbeiten an, insbesondere die Fenstersanierung entsprechend einer Prognose eines Architekten um 529.651,88 EUR netto, dazu ein Übergehen und Einstellen der Fenster im ersten Quartal 2016 um 15.960 EUR netto; sie erläuterte die geplanten Arbeiten im Quartalsbericht vom 20. 1. 2016 (Beil ./G), dergestalt, dass Ziel der nun angedachten Fenstersanierung die Beibehaltung der bestehenden Fenster sei, die lediglich repariert und deren mangelhafte Anschlüsse von außen fachgerecht hergestellt würden.

Der Stand der Reparaturrücklage betrug Ende 2015 rund 250.000 EUR, Ende Mai 2016 (Beschlussfassung erster Instanz) maximal 400.000 EUR. Da die Erstantragsgegnerin eine Auftragserteilung zur bloßen Sanierung der Fenster als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung ansieht, plant sie derzeit keine Beschlussfassung zu dieser Frage. Eine Beschlussfassung des Inhalts, dass der Hausverwaltung die Durchführung von Wartungs‑ oder Sanierungsarbeiten an den Fenstern untersagt werde, gab es nicht, jedenfalls die Viertantragsgegnerin hätte einen derartigen Beschluss beeinsprucht.

Die Antragsteller, die die Mehrheit der Wohnungseigentümer darstellen, begehrten die im Spruch näher umschriebene Unterlassung und zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruchs eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung. Die Umsetzung der nunmehr angekündigten Sanierung widerspreche dem Wunsch der Mehrheit der Wohnungseigentümer nach Vollaustausch der Fenster und wäre grob unwirtschaftlich. Es handle sich dabei um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung, die der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedurft hätte. Den Provisorialantrag begründeten sie damit, dass bei Durchführung der angekündigten punktuellen Fensterreparatur den Wohnungseigentümern ein unwiederbringlicher Schaden drohen würde.

Die Erstantragsgegnerin wendete mangelnde Aktivlegitimation der Antragsteller ein. Aufgrund der drohenden Kondensat‑ bzw Nässeschäden sei sie im Rahmen der ordentlichen Verwaltung angehalten, entsprechende Erhaltungsarbeiten zu veranlassen, zumal nicht absehbar sei, dass die Eigentümer zu einer Einigung hinsichtlich der Fensterthematik gelangen würden, die im Rahmen einer rechtswirksamen Beschlussfassung auch umgesetzt werden könne. Insbesondere das im Beschlussanfechtungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten verpflichte die Hausverwaltung, erforderliche Sanierungsmaßnahmen feststellen zu lassen und entsprechende Aufträge zu erteilen. Auch die Viertantragsgegnerin bestritt die Aktivlegitimation der Antragsteller, ein entsprechender Beschluss der Eigentümergemeinschaft existiere nicht. Es seien keineswegs sämtliche Fenster bzw Fensteranschlüsse mangelhaft. Eine wirtschaftlich und technisch sinnvolle Sanierung sei nicht nur durch Komplettaustausch der Fenster, sondern ebenso durch gezielte Sanierungsmaßnahmen möglich. Da in den einzelnen Objekten bereits ernste Schäden des Hauses entstanden seien, müsse die Erstantragsgegnerin gemäß § 28 Abs 2 Z 1 WEG im Rahmen der ordentlichen Verwaltung tätig werden und diese Objekte sanieren. Die einstweilige Verfügung sei im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren unzulässig und mangels drohenden unwiederbringlichen Schadens nicht zu erlassen.

Das Erstgericht verpflichtete die Erstantragsgegnerin zur Unterlassung der von ihr angekündigten Fensterreparaturarbeiten laut Vorausschau 2016 und Quartalsbericht vom 20. 1. 2016 bis zum Vorliegen eines allfälligen die Maßnahme genehmigenden rechtswirksamen Mehrheitsbeschlusses sofern nicht Gefahr in Verzug vorliegt und wies das Mehrbegehren ab. Mit derselben Einschränkung erließ es auch die beantragte einstweilige Verfügung.

Es ging davon aus, die Hausverwaltung habe den Beschluss vom 29. 4. 2014 zu beachten, wonach die Mehrheit mit einer teilweisen Erneuerung der Fenster und Fenstertüren nicht einverstanden gewesen sei. Es sei ihr verwehrt Maßnahmen zu setzen, die im Fall der Rechtswirksamkeit des Beschlusses die Umsetzung der Maßnahme de facto unmöglich machten. Aufgrund des Alters der Fenster sei die angekündigte Sanierung unwirtschaftlich und im Hinblick darauf, dass die Kosten in der Rücklage nicht gedeckt seien, als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme anzusehen. Mängel im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG stünden derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die Aktivlegitimation der Antragsteller sei zu bejahen, weil die Antragstellung im Verfahren als Weisung an die Verwalterin anzusehen sei.

Die einstweilige Verfügung sei zulässig, eine Anspruchsgefährdung nach § 381 Z 1 EO liege vor. Allerdings sei eine Einschränkung der Verwaltungsbefugnis im Rahmen der ordentlichen Verwaltung in den Fällen rechtswidrig, wo unverzügliches Handeln erforderlich sei, um Personen‑ oder Sachschäden zu vermeiden. Derartige Maßnahmen könne die Hausverwaltung weiterhin setzen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Viertantragsgegnerin in der Hauptsache und betreffend die einstweilige Verfügung nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und ließ – nach Berichtigung – den Revisionsrekurs jeweils zu.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Die Antragstellung durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer sei zwar keine Weisung gegenüber der Hausverwaltung im Sinn des § 20 Abs 1 WEG und begründe die Aktivlegitimation nicht. Allerdings habe die Mehrheit ihren Willen zur Erneuerung anstelle bloßer Sanierung ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, der „Nebeneffekt“ des Beschlusses zugunsten der Erneuerung liege darin, dass die Hausverwaltung die darin enthaltene Weisung, grundsätzlich keine bloßen Sanierungen mehr vorzunehmen, zu befolgen habe. Dass es sich um privilegierte Arbeiten handle, sei aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableitbar. Die Weisung sei nicht gesetzwidrig, zumal das Wahlrecht zwischen Sanierung und Erneuerung einen Teil der Rechte aller Wohnungseigentümer darstelle, die im Rahmen der Willensbildung über die ordentliche Verwaltung ausgeübt würden.

Die einstweilige Verfügung hielt das Rekursgericht für grundsätzlich zulässig. Das Sicherungsbegehren überschreite den Unterlassungsanspruch nicht und den Antragstellern fehle es nicht an der Aktivlegitimation. Auf die Unwiederbringlichkeit eines Vermögensschadens komme es bei der Gefährdung im Sinne des § 381 Z 1 EO nicht an.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu den erheblichen Rechtsfragen zu, ob a) eine Weisung der Mehrheit den Verwalter auch ohne Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft binde, b) aus einer Mehrheitsentscheidung zugunsten einer Erneuerung zugleich eine Weisung abzuleiten sei, keine Sanierung vorzunehmen oder es diesbezüglich einer weiteren Beschlussfassung bedürfe und c) aus § 52 Abs 2 WEG eine Unzulässigkeit der Erlassung von einstweiligen Verfügungen ableitbar sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs der Viertantragsgegnerin will auf eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Abweisung des Hauptbegehrens und einer Ab‑ bzw Zurückweisung des Sicherungsbegehrens hinaus, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsteller begehren die Zurückweisung des Revisionsrekurses mangels erheblicher Rechtsfrage, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen zu Unrecht einen im außerstreitigen Verfahren durchzusetzenden Individualanspruch der Antragsteller bejaht haben. Er ist auch berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass der genaue Umfang der geplanten „Sanierungsarbeiten laut Vorausschau 2016 bzw Quartalsbericht ./G“ aufgrund des Inhalts dieser in den Feststellungen der Vorinstanzen enthaltenen, inhaltlich unbestrittenen Urkunden der rechtlichen Beurteilung ohne weiteres zugrunde gelegt werden kann (RIS‑Justiz RS0121557); zur besseren Verständlichkeit erfolgte die Wiedergabe bereits bei der Zusammenfassung des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts.

2. Die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für dieses Verfahren hat das Erstgericht ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Entscheidung 5 Ob 129/15d in den Entscheidungsgründen bejaht, was im Rechtsmittelverfahren unbekämpft blieb. Es liegt daher eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung vor (RIS‑Justiz RS0035572 [T33, T35]), die dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen ist.

3. Gemäß § 52 Abs 1 Z 6 WEG ist im Verfahren außer Streitsachen über Anträge zur Durchsetzung der Pflichten des Verwalters (§§ 20 Abs 1 bis 7, 31 Abs 3 WEG) zu entscheiden. § 20 Abs 1 Satz 1 WEG verpflichtet den Verwalter, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren (RIS‑Justiz RS0117890). Er hat in Fällen der ordentlichen Verwaltung generellen Direktiven und individuellen Weisungen der Mehrheit Folge zu leisten, soferne es sich nicht um gesetzwidrige Mehrheitsbeschlüsse handelt (RIS‑Justiz RS0083550). Erkennbar stützen sich die Antragsteller als Rechtsgrund ihres Unterlassungsanspruchs auf die Verletzung der in § 20 Abs 1 WEG genannten Pflicht zur Wahrung der Interessen aller Wohnungseigentümer und zur Befolgung nicht gesetzwidriger Weisungen (vgl 5 Ob 129/15d = immolex 2016/35 [Hagen]).

4.1. Den Antragstellern als einzelnen Wohnungseigentümern steht allerdings – selbst wenn sie insgesamt die Mehrheit darstellen – der von ihnen im außerstreitigen Verfahren geltend gemachte Anspruch nicht zu:

4.2. Das gemäß § 52 Abs 1 Z 3 WEG zur Durchsetzung in das wohnrechtliche Außerstreitverfahren verwiesene Individualrecht jedes einzelnen Wohnungseigentümers, dem Verwalter die Einhaltung seiner Pflichten aufzutragen, wird durch § 30 Abs 1 Z 5 WEG auf Verstöße gegen § 20 Abs 2 bis 7 WEG beschränkt. Darüber hinausgehende Pflichten des Verwalters können sich zwar – wie bereits erörtert – aus § 20 Abs 1 WEG ergeben, wenn es sich tatsächlich um gemeinschaftsbezogene Interessen aller Wohnungseigentümer handelt. In diesen Fällen steht es den einzelnen Wohnungseigentümern aber bloß frei, selbst ein Willensbildungsverfahren zu initiieren, um dem Verwalter von der Mehrheit rechtmäßige Weisungen erteilen zu lassen, die er zu beachten hat (5 Ob 270/07d; RIS‑Justiz RS0123164; RS0083438 [T1, T5, T7]).

4.3. § 52 Abs 1 Z 6 WEG nennt zwar auch die Pflicht nach § 20 Abs 1 WEG, sagt aber über die Aktivlegitimation für einen auf die Verletzung dieser Pflicht gestützten Antrag nichts aus. Der Eigentümergemeinschaft als Vertragspartnerin des Verwaltungsvertrags (§ 19 WEG; RIS‑Justiz RS0110934) mag es zustehen, die Einhaltung (auch) der Verwalterpflichten nach § 20 Abs 1 WEG von der Verwalterin zu begehren. Unabhängig davon, dass der Verwalter nach § 20 Abs 1 WEG verpflichtet ist, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer (und damit auch jedes einzelnen – RIS‑Justiz RS0117890) zu wahren und der Verwalter daher einer „Spaltung“ seiner Pflichten unterliegt (6 Ob 3/14f mwN), beschränkt aber die insoweit speziellere Norm des § 30 Abs 1 Z 5 WEG das Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers auf die Durchsetzung der Pflichten nach § 20 Abs 2 bis 7 WEG (A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch 3 § 30 WEG Rz 25 mwN).

4.4. Die hier begehrte Unterlassung ist nicht unter den Pflichtenkreis nach § 20 Abs 2 bis 7 WEG subsumierbar. Damit machen die Antragsteller einen Anspruch geltend, der nicht unter ihr Minderheitenrecht nach § 30 Abs 1 Z 5 WEG fällt. Ein derartiger von ihnen als einzelne Wohnungseigentümer im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren durchsetzbarer Anspruch besteht allerdings nicht. Eine Willensbildung zu initiieren um einen entsprechenden Beschluss zu fassen, an den die Hausverwaltung – bis zu dessen rechtsgestaltender Aufhebung durch das Außerstreitgericht – gebunden bliebe, bleibt ihnen unbenommen.

5. Während das Erstgericht aufgrund der mangelnden Deckung in der Rücklage und der zu erwartenden Finanzierungsprobleme für die geplanten Sanierungsarbeiten von einer Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ausging, ordnete das Rekursgericht diese der ordentlichen Verwaltung zu. Dieser Aspekt der rechtlichen Beurteilung wird im Revisionsrekursverfahren nicht mehr thematisiert. Da die Pflicht des Verwalters, im Zusammenhang mit allfälligen außerordentlichen Verwaltungsmaßnahmen die Interessen der Wohnungseigentümer zu wahren und etwa ein erforderliches Willensbildungsverfahren einzuleiten, sich ebenfalls aus § 20 Abs 1 WEG (und nicht aus § 20 Abs 2 bis 7 WEG) herleitet (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch 3 § 20 WEG Rz 147 mwN), würde im Übrigen selbst die Einordnung der hier beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen unter die außerordentliche Verwaltung am Mangel eines Anspruchs des einzelnen Wohnungseigentümers nichts ändern können.

6.1. Die Frage, in welcher Form die Erteilung einer Weisung gegenüber dem Verwalter zu erfolgen hat, ist somit letztlich nicht entscheidungsrelevant. Im Übrigen sprach der erkennende Senat bereits mehrfach aus, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer Weisungen durch Beschluss in einer Eigentümerversammlung oder im Umlaufweg erteilen kann (5 Ob 175/16w = immolex 2017/6 [Hagen]; 5 Ob 60/16h = bbl 2017/22 [Auer]; 5 Ob 147/09t = wobl 2011/7 [Schauer]; 6 Ob 3/14f = wobl 2016/84 [Hausmann]; 5 Ob 206/15b = immolex 2016/43 [Räth] = ecolex 2016/210, 474 [Klein]). Allen Wohnungseigentümern muss zuvor ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden und zwar auch denen mit einer voraussichtlich als Minderheit chancenlosen Gegenposition (vgl auch RIS‑Justiz RS0108769 [T7, T10]). Diese eindeutige Linie der Rechtsprechung wird in der Lehre überwiegend geteilt (Schauer in Illedits/Reich/Rohrwig Wohnrecht2 § 20 WEG Rz 16; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch 3 § 20 WEG Rz 17; Löcker in Hausmann/Vonkilch 3 § 24 WEG Rz 91; Würth/Zingher/Kovanyi II23 § 20 WEG Rz 6).

6.2. Aus der Beschlussfassung vom 29. 4. 2014 ist entgegen der Meinung des Rekursgerichts nach dem für die Beurteilung des Gegenstands der Beschlussfassung allein maßgeblichen (5 Ob 29/15y = immolex 2015/75 [Räth]; RIS‑Justiz RS0130029) schriftlich zur Kenntnis gebrachten Text des Beschlusses keine Weisung der Eigentümergemeinschaft an die Verwalterin abzuleiten, diese möge keine weiteren Sanierungsmaßnahmen an den Fenstern mehr vornehmen. Die Beschlussfassung bezog sich ihrem Wortlaut nach (nur) auf die Frage des Gesamtaustauschs der Fenster gegen Kunststoff‑/Alufenster, eine teilweise Erneuerung wurde abgelehnt. Dass damit über eine Sanierung der bestehenden Holzfenster im Sinn des nunmehr vorgeschlagenen Sanierungskonzepts überhaupt abgestimmt hätte werden sollen, ergibt sich aus dem Wortlaut dieses Beschlusses nicht.

7. Dieses Ergebnis ist wie folgt zusammenzufassen:

Der einzelne Wohnungseigentümer hat ein Antragsrecht im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nur im Fall, dass er im Sinn des § 30 Abs 1 Z 5 WEG dem Verwalter bei Verstößen gegen die Pflichten des § 20 Abs 2 bis 7 deren Einhaltung auftragen will; die Einhaltung der Pflichten des § 20 Abs 1 WEG – sei es die Interessenwahrungspflicht den Wohnungseigentümern gegenüber oder die Verpflichtung zur Befolgung von Weisungen – stellt kein Individualrecht der Wohnungseigentümer dar. Eine rechtswirksame Weisung an den Verwalter bedarf einer förmlichen Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft. Für die Auslegung des Beschlusses einer Eigentümergemeinschaft ist ausschließlich der angeschlagene Wortlaut des Beschlusses maßgeblich.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Da die Erst‑ und Viertantragsgegnerin im Verfahren erster Instanz in der Hauptsache durchgedrungen sind, entspricht es der Billigkeit, ihnen die verzeichneten Kosten für das Verfahren erster Instanz zuzusprechen. Am Rechtsmittelverfahren hat sich nur die Viertantragsgegnerin beteiligt, ihr steht daher der im wesentlichen tarifgemäß verzeichnete Kostenersatz zu. Die Pauschalgebühr beträgt nach TP 12a GGG für das Rekursverfahren allerdings nur 156 EUR, für den Revisionsrekurs 234 EUR. Mit ihrem Kostenrekurs waren die Antragsteller auf diese Entscheidung zu verweisen.

9.1. Der Behandlung des Revisionsrekurses in Bezug auf die einstweilige Verfügung ist voranzustellen, dass der Umstand, dass ein einstweiliges Verbot mit Zustellung der Entscheidung in der Hauptsache ohnedies überholt wäre, der Viertantragsgegnerin – schon im Hinblick auf Ersatzansprüche nach § 394 EO – noch nicht die für die Sachentscheidung über den Revisionsrekurs erforderliche Beschwer nimmt (RIS‑Justiz RS0005521).

9.2. Die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Frage nach der Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen zur Sicherung von Ansprüchen, die im Verfahren nach § 52 WEG durchzusetzen sind, wird von Lehre und Rechtsprechung tatsächlich nicht einheitlich beantwortet. Auch hier bedarf es aber keiner abschließenden Klärung, weil hier die Erlassung einer einstweiligen Verfügung schon mangels eines – allenfalls – sicherungsfähigen Anspruchs der Antragsteller nicht in Betracht kommt (vgl Punkt 5. dieser Entscheidung): Der zu sichernde Unterlassungsanspruch steht jedenfalls nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu. Schon deshalb war der Provisorialantrag in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen.

9.3. Im Provisorialverfahren wurden keine gesonderten Kosten verzeichnet.

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