OGH 5Ob58/17s

OGH5Ob58/17s23.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Gemeinde W*, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH & Co KG in Gänserndorf, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts sowie Löschung eines Pfandrechts ob der Liegenschaft EZ 571 KG Z*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 15. Dezember 2016, AZ 22 R 175/16i, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 4. November 2016, TZ 8984/2016 bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E118348

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Liegenschaft EZ 571 KG Z*, die bei Antragstellung noch im jeweils Hälfteeigentum von Karl und Helene K* stand, war (C‑LNr 1) mit einem Wiederkaufsrecht gemäß Punkt III des Kaufvertrags vom 2. 5. 1979 für die nunmehrige Antragstellerin belastet. Im Rang danach (C‑LNr 3) ist ein Pfandrecht über den Höchstbetrag von 70.000 EUR zugunsten der * AG einverleibt.

Die Antragstellerin begehrte unter Vorlage des Urteils des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 27. Oktober 2014, AZ 12 C 1306/14w samt Rechtskraftbestätigung, der Bestätigung über die laut Urteil zu leistende Zahlung vom 19. April 2016 in öffentlich beglaubigter Form und zweier Unbedenklichkeitsbescheinigungen die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an der Liegenschaft EZ 571 KG Z* im Rang des Wiederkaufsrechts sowie die Einverleibung der Löschung des Wiederkaufsrechts und des Pfandrechts.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung des Eigentumsrechts im laufenden Rang und verfügte aufgrund dessen die Löschung des Wiederkaufsrechts gemäß § 136 Abs 1 GBG, wies hingegen das Mehrbegehren auf Einverleibung der Löschung des Pfandrechts ab. Eine Löschungserklärung der Pfandgläubigerin sei nicht vorgelegt worden, obwohl das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf die dort Beklagten als Eigentümer der Liegenschaft verpflichte, der nunmehrigen Antragstellerin eine grundbuchsfähige Löschungserklärung der Pfandgläubigerin auszufolgen.

Dem nur gegen die Abweisung der Einverleibung der Löschung des Pfandrechts gerichteten Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht nicht Folge. Das vorgelegte Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf habe die Rechtslage zwischen der Antragstellerin und den Eigentümern derart gestaltet, dass die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts von der Vorlage einer Löschungserklärung abhängig gemacht worden sei. Soweit sich aus dem materiellen Recht anderes ergebe, sei auf den Inhalt der öffentlichen Urkunde zu verweisen. § 367 Abs 1 EO sei nicht geeignet, dem Löschungsantrag zum Erfolg zu verhelfen, weil der Exekutionstitel nicht auf Abgabe einer Willenserklärung laute und den Inhalt der gewünschten Urkunde nicht wörtlich wiedergebe. Die Entscheidung SZ 49/143 sei in einem Streitverfahren ergangen und daher nicht einschlägig, überdies fehle es hier an einer aus dem Grundbuch ersichtlichen Beendigung des Pfandrechts im Sinn einer Bezeichnung eines Endtermins. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 30.000 EUR. Da das Rekursgericht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt sei, sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Der – nach Verbesserungsauftrag fristgerecht im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachte – außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin macht geltend, entgegen der Auffassung des Rekursgerichts sei es nicht in der Disposition der Parteien des Verfahrens 12 C 1306/14w des Bezirksgerichts Gänserndorf gelegen gewesen, eine Löschung des Pfandrechts zu erwirken. Grundlage des Löschungsbegehrens sei vielmehr § 468 ABGB und die im konkreten Fall gegebene zeitliche Beschränkung des Pfandgebers in Bezug auf die verpfändete Sache gewesen, damit habe sich das Rekursgericht nicht auseinandergesetzt. Höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage gebe es nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens lediglich die von den Vorinstanzen beschlossene Abweisung der Einverleibung der Löschung des Pfandrechts zugunsten der * AG ist; dass das Erstgericht das Eigentumsrecht der Antragstellerin im laufenden Rang einverleibte und das Wiederkaufsrecht nach § 136 Abs 1 GBG löschte, blieb schon im Rekursverfahren unbekämpft und ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

2. Das als Eintragungsgrundlage vorgelegte Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf hat – als Folge der Rechtskraft – zwar ohne Zweifel Bindungswirkung zwischen den Parteien dieses Prozesses in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch, über den im Urteil entschieden wurde (RIS‑Justiz RS0041567). Damit ist zwar bindend davon auszugehen, dass die damaligen Eigentümer der EZ 571 KG Z*, Helene und Karl K*, gegenüber der Antragstellerin (ua) verpflichtet sind, ihr eine grundbuchsfähige Löschungserklärung in Bezug auf das Pfandrecht der * AG auszufolgen. Entgegen der Meinung des Rekursgerichts wurde aber die materielle Rechtslage in Bezug auf die Pfandgläubigerin selbst, die in diesem Verfahren nicht Partei war, durch dieses Urteil in keiner Weise gestaltet oder verändert.

3. Grundsätzlich können Einverleibungen (§ 26 Abs 1 GBG) nur aufgrund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind. Gemäß § 31 Abs 1 kann die Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. Privaturkunden, aufgrund derer eine Einverleibung stattfinden soll, müssen außer den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG gemäß § 32 Abs 1 lit b auch die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, dass er in die Einverleibung einwillige, enthalten. Nach diesen allgemeinen grundbuchsrechtlichen Vorschriften bedarf die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts daher entweder einer grundbuchsfähigen Löschungserklärung der Pfandgläubigerin, die nicht vorgelegt wurde, oder aber einer diese Zustimmung ersetzenden gerichtlichen Entscheidung (vgl RIS‑Justiz RS0011645), die hier schon deshalb nicht vorliegt, weil das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf nicht gegen die Pfandgläubigerin ergangen ist.

3. Allerdings weist der Revisionsrekurs zu Recht darauf hin, dass die Antragstellerin schon in ihrem Antrag die Löschung des Pfandrechts unter Hinweis auf § 468 ABGB mit der Begründung beantragt hat, das Pfandrecht sei durch den Eintritt der vereinbarten auflösenden Bedingung der Ausübung des Wiederkaufsrechts erloschen. Damit sprach die Antragstellerin offenbar die Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 Abs 1 GBG an. Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist nach § 136 Abs 1 GBG auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Die Anwendung des § 136 GBG setzt voraus, dass nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten und grundbücherlich noch nicht durchgeführt ist (RIS‑Justiz RS0060992; RS0061010). Als Grundlage der Eintragung genügt diesfalls der „Nachweis der Unrichtigkeit“; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (RIS‑Justiz RS0061010 [T4, T5]). Wäre demnach das Erlöschen des Pfandrechts nach § 468 ABGB im konkreten Fall tatsächlich offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen, wäre die begehrte (Einverleibung der) Löschung des Pfandrechts allenfalls tatsächlich nicht aufgrund der vorgelegten einverleibungsfähigen Urkunden, sondern auf Basis des § 136 Abs 1 GBG zu bewilligen. Dass das zwischen der Antragstellerin und den vormaligen Liegenschaftseigentümern ergangene Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf an der materiell‑rechtlichen Rechtslage insoweit etwas ändern hätte sollen, ist weder aus dessen Spruch noch aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen.

4. Damit bleibt die Frage zu klären, ob sich aus dem Grundbuchstand in Verbindung mit den vorgelegten Urkunden das Erlöschen des Pfandrechts der E* nach § 468 ABGB hier tatsächlich offenkundig ergibt. Dies ist letztlich zu verneinen.

4.1. Ausgangspunkt der Überlegungen ist § 468 ABGB. Nach dieser Bestimmung erlischt das Pfandrecht mit der Zeit, auf welche es eingeschränkt war, folglich auch mit dem zeitlichen Recht des Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war, oder aus den öffentlichen Büchern bekannt sein konnte. Die Bestimmung stellt einerseits klar, dass das Pfandrecht rechtsgeschäftlich befristet werden kann (Oberhammer/Domey in Kletecka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 468 Rz 1). Nur zu diesem – hier nach dem Grundbuchstand nicht gegebenen – Fall nahm das Rekursgericht Stellung, nur darauf bezog sich die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung SZ 49/143.

4.2. Daneben erlischt das Pfandrecht nach dem zweiten Halbsatz dieser Bestimmung aber auch durch den Untergang des belasteten Rechts (Oberhammer/Domey aaO Rz 2), der sich etwa aus zeitlich beschränktem oder auflösend bedingtem Eigentum ergibt (Fidler in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB³‑Klang § 468 Rz 5).

4.3. Ob ein derartiger, dem § 468 ABGB zu unterstellender Grund für das Erlöschen des Pfandrechts vom Grundbuchsgericht unmittelbar oder – mangels Zustimmung des Pfandgläubigers – nur nach Klarstellung in einem Rechtsstreit wahrgenommen werden kann, ließ die Entscheidung 5 Ob 74/98p (NZ 1998/430 [Hoyer]) ausdrücklich offen, während GlUNF 6476 die Klarstellung im Rechtsstreit forderte. Auch hier bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung, weil – wie im Folgenden noch zu zeigen ist – die Rechtsstellung des Wiederkaufsverpflichteten nicht derjenigen eines auflösend bedingten oder zeitlich beschränkten Eigentümers gleichzuhalten ist, sodass eine Anwendung des Tatbestands des § 468 ABGB schon aus rechtlichen Gründen ausscheidet.

5. Das Wiederkaufsrecht im Sinn des § 1068 ABGB ist das Recht, eine verkaufte Sache wieder einzulösen. Die Rechtsnatur des Wiederkaufsrechts war lange umstritten (Aicher in Rummel 3 § 1068 ABGB Rz 2; Mayer‑Maly in Klang IV/2, 721 f). Die Konstruktion als Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB wurde bereits in der älteren Rechtsprechung abgelehnt (SZ 3/61; SZ 5/228; vgl Aicher aaO). In SZ 40/66 qualifizierte der Oberste Gerichtshof zwar die dort für die Ausübung des Wiederkaufsrechts vereinbarten Bedingungen als „auflösend“, ohne dass dies aber entscheidungswesentlich gewesen wäre. Diese Beurteilung blieb vereinzelt, in ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung wird vielmehr nun judiziert (RIS‑Justiz RS0020175), dass die Rechtsgrundlage eines Wiederkaufsrechts der ursprüngliche Kaufvertrag sei. Zur Geltendmachung genügt die einseitige Erklärung des Wiederkaufsberechtigten, die Rückstellung des Kaufgegenstands zu fordern. Mit dieser Erklärung kommt der bereits mit dem ersten Kaufvertrag bedingt abgeschlossene zweite Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande. Demgemäß wird der Vorbehalt des Wiederkaufs nicht als auflösend, sondern als aufschiebend bedingter Kaufvertrag gewertet (RIS‑Justiz RS0024137). Vereinzelt findet sich auch die Auffassung (RIS‑Justiz RS0024137 [T1]), das Wiederkaufsrecht sei als Optionsvertrag oder als optionsähnlicher Vertrag anzusehen. In die letzte Richtung geht auch die heute überwiegende Lehre (Welser/Zöchling‑Jud, BR II14 Rz 769; Aicher in Rummel 3 § 1068 Rz 2; Apathy/Perner in KBB5 § 1068 Rz 1; Verschraegen in Kletecka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 1068 Rz 6; Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1068 Rz 2), wonach das Wiederkaufsrecht als Gestaltungsrecht zu qualifizieren sei, weil der Wiederkaufsberechtigte sein Recht kraft einseitiger unwiderruflicher Erklärung, die Sache zurückzukaufen, ausübe. Selbst Spitzer (aaO), der davon spricht, das Wiederkaufsrecht belasse dem Erwerber nur „widerrufliches Eigentum“, gibt der Einordnung als Option den Vorzug, zumal sie nicht zum Außerkrafttreten des unter Umständen lange wirksamen Grundlagenvertrags nötige, sondern im Weg einseitiger Gestaltung den darin angelegten Wiederkaufsvertrag zum Leben erwecke. Unter Hinweis auf F. Bydlinski (in Klang IV/2, 749 ff) meint er (ebenso wie Aicher in Rummel ABGB3 § 1068 Rz 2 unter Berufung auf den BGH), dass sich die Lehre vom Gestaltungsrecht und die Bedingungskonstruktion im Übrigen nicht vollends ausschließen würden. Eine abschließende Klärung der Rechtsnatur erübrigt sich im vorliegenden Fall. Sowohl nach der nunmehr herrschenden Rechtsprechung als auch der herrschenden Lehre ist nämlich davon auszugehen, dass die Rechtsstellung des Wiederkaufsverpflichteten jedenfalls nicht die eines von vornherein zeitlich beschränkten oder auflösend bedingten Eigentümers ist.

6. In einem nächsten Schritt ist die Frage nach der Rechtswirkung des verbücherten Wiederkaufsrechts auf nachfolgende bücherliche Belastungen zu erörtern. § 1070 ABGB sieht vor, dass der Vorbehalt des Wiederkaufs nur bei unbeweglichen Sachen stattfindet und dem Verkäufer nur auf seine Lebenszeit gebührt. Ist das Recht in die öffentlichen Bücher einverleibt, kann die Sache auch einem Dritten abgefordert werden und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.

6.1. Die weitaus überwiegende Lehre lässt auch das verbücherte Wiederkaufsrecht nicht wie ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot wirken.

Mayer‑Maly (Klang IV/2 742) lehrt, die Wirkung des verbücherten Wiederkaufsrecht erschöpfe sich in der Absicherung des Rückforderungsanspruchs gegen Dritte, es sei kein nach § 94 GBG zu behandelndes Hindernis für die bücherlichen Rechte durch Dritte. Soweit Dritten Rechte an der Kaufsache eingeräumt worden seien, erlöschen diese nicht, wenn es zur Ausübung des verbücherten Wiederkaufsrechts komme. Das Recht des Dritten werde durch den Umstand, dass an der Sache ein verbüchertes Wiederkaufsrecht besteht, nicht einmal geschmälert. Wegen einer durch eine Belastung verursachten Wertminderung könne sich der verbücherte Wiederkaufsberechtigte nur an seinen Kontrahenten halten.

Aicher in Rummel 3 § 1070 Rz 10 meint ebenso, die Wirkung des verbücherten Wiederkaufsrechts erschöpfe sich darin, dass der Wiederkäufer die Sache von jedem Dritterwerber zurückfordern könne, es beinhalte kein Veräußerungsverbot. Mit der Ausübung des verbücherten Wiederkaufsrechts erlöschen nicht die vom Wiederkaufsverpflichteten eingeräumten oder gegen ihn erwirkten Belastungen am Grundbuch. Jüngere Hypotheken bleiben gegenüber dem älteren Wiederkaufsrecht bestehen.

Höller in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 9 GBG Rz 63 vertritt die Auffassung, ein verbüchertes Wiederkaufsrecht beinhalte kein Belastungsverbot, dingliche Rechte, die der Wiederkaufsverpflichtete einräume oder gegen ihn erwirkt werden, gingen durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts nicht unter. Für dadurch bewirkte Wertminderungen müsse der Wiederkaufsverpflichtete jedoch Ersatz leisten. Dies gelte insbesondere auch für Pfandrechte; selbst gegen im Rang nachfolgende bzw zeitlich später eingetragene Pfandrechte wirke das Wiederkaufsrecht nicht, sodass ein das Wiederkaufsrecht Ausübender die Liegenschaft mit den neu begründeten Pfandrechten übernehmen müsse.

Rechberger/Bittner vertreten im Grundbuchsrecht2 Rz 129 ebenso diese Auffassung, die Belastung einer Liegenschaft mit einem Wiederkaufsrecht stelle somit kein Hindernis für Hypothekare dar, sie als Sicherheit anzunehmen.

Lediglich Spitzer in Schwimann/Kodek ABGB4 § 1069 Rz 2 meint, im Fall des verbücherten Wiederkaufsrechts seien nachrangige Lasten gemäß §§ 468 und 527 ABGB ohnehin zeitlich beschränkt.

6.2. In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vertrat 1 Ob 644/87 (JBl 1988, 35) die Auffassung, das verbücherte Belastungs‑ und Veräußerungsverbot wirke dinglich, während das für den Fall der Weiterveräußerung eines Grundstücks an einen bestimmten Personenkreis einverleibte Wiederkaufsrecht nicht die Belastung der Liegenschaft selbst in einem Ausmaß verhindere, dass es die Ausübung des Wiederkaufsrechts wirtschaftlich sinnlos erscheinen lasse (RIS‑Justiz RS0010741). Der Oberste Gerichtshof schloss sich der Auffassung von Mayer‑Maly an, das verbücherte Wiederkaufsrecht erschöpfe sich in der absolut wirkenden Absicherung des Rückkaufanspruchs gegen Dritte, deren Rechtserwerb es aber nicht hindere. Ein dingliches Verbot das Grundstück zu veräußern oder zu belasten, sei darin nicht zu erkennen.

6.3. Der erkennende Senat schließt sich der überwiegenden Lehre und den in 1 Ob 644/87 vertretenen Grundsätzen an. Auch das verbücherte Wiederkaufsrecht gewährt dem Wiederkaufsberechtigten lediglich das Recht, mittels einseitiger Erklärung den bereits mit dem ersten Kaufvertrag bedingt abgeschlossenen zweiten Kaufvertrag wirksam zustande kommen zu lassen und auf Basis dieses zweiten Kaufvertrags die Rückstellung des Kaufgegenstands zu fordern. Ein Verbot, die Gegenstand des Wiederkaufsrechts bildende Sache zwischenzeitig weder zu veräußern noch zu belasten, ist den Regeln über das Wiederkaufsrecht nicht zu entnehmen. Würde man einem Wiederkaufsrecht ähnliche Wirkung zuerkennen wie einem dinglichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbot, würde dies letztlich eine vom Gesetzgeber nicht erwünschte, auf längere Zeit wirkende Bindung von Vermögensmassen bewirken (Klang in Klang 2 II 185), die der nach dem Gesetz sehr eingeschränkte begünstigte Personenkreis des § 364c ABGB gerade hintanhalten sollte. In wirtschaftlicher Sicht würde ein ex-lege-Erlöschen eines im Rang nach einem verbücherten Wiederkaufsrecht einverleibten Pfandrechts im Fall der Ausübung des Wiederkaufsrechts genau zu dieser vom Gesetzgeber nicht erwünschten, lange Zeit wirkenden Bindung von Vermögensmassen führen und den Wirtschaftsverkehr massiv beeinträchtigen. Kreditgeber wären wohl kaum mehr bereit, Liegenschaften mit einem verbücherten Wiederkaufsrecht als Grundlage zur Besicherung ihrer Pfandforderung zu akzeptieren, müssten sie damit rechnen, dass die – von den Kreditgebern in keiner Weise beeinflussbare oder vorhersehbare – Ausübung des Wiederkaufsrechts zum Erlöschen ihrer dinglichen Besicherung führen würde. Hätte der Gesetzgeber der §§ 1068 ff ABGB dem verbücherten Wiederkaufsrecht derartig weitgehende Rechtswirkungen zuerkennen wollen, hätte er dies wohl deutlich zum Ausdruck gebracht, zumal § 1070 ABGB die Vorbehalte der Gesetzesverfasser gegen das Wiederkaufsrecht angesichts der empfindlichen Belastung für den ursprünglichen Käufer und die daraus resultierenden Unsicherheiten für den Rechtsverkehr zeigt (vgl Aicher in Rummel ABGB3 § 1070 Rz 1 unter Hinweis auf die Materialien). Letztlich würde das von der Antragstellerin monierte Verständnis des Wiederkaufsrechts auch im absoluten Gegensatz zu der vom Gesetzgeber in § 55 GBG vorgesehenen Maximalfrist von 1 Jahr für die Wirksamkeit einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung iSd § 53 GBG stehen; nur eine solche dient dem Zweck der vorläufigen Absicherung eines bücherlichen Ranges, um später in diesem Rang grundbücherliche Eintragungen vornehmen zu können (K. Binder in Kodek,Grundbuchsrecht² § 53 GBG Rz 1 mwN).

7. Zusammenfassend ist daher festzuhalten:

Durch die Ausübung des verbücherten Wiederkaufsrechts mittels einseitiger Erklärung des Wiederkaufsberechtigten kommt der bereits im ursprünglichen Kaufvertrag bedingt abgeschlossene zweite Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande. Der erste Kaufvertrag verliert dadurch nicht seine Wirksamkeit, er bleibt Rechtsgrundlage des Wiederkaufsrechts. Die Rechtsstellung des Wiederkaufsverpflichteten ist nicht der eines auflösend bedingten oder zeitlich beschränkten Eigentümers gleichzuhalten. Die Anwendbarkeit des § 468 ABGB auf Belastungen, die nach Verbücherung des Wiederkaufsrechts erfolgten, scheidet aus. Das Wiederkaufsrecht beinhaltet weder ein Belastungs‑ noch Veräußerungsverbot. Auch Belastungen, die nach Einverleibung des Wiederkaufsrechts einverleibt werden, halten der Ausübung des Wiederkaufsrechts stand und sind nicht etwa nach § 136 Abs 1 GBG zu löschen.

8. Damit konnte dem Revisionsrekurs im Ergebnis kein Erfolg beschieden sein.

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