OGH 2Ob89/16a

OGH2Ob89/16a23.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Tischler & Tischler Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei U***** Versicherungen AG, *****, vertreten durch Dr. Elisabeth Messner, Rechtsanwältin in Wien, wegen 58.967,22 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Februar 2016, GZ 16 R 12/16a‑64, in der Fassung dessen Berichtigungsbeschlusses vom 2. März 2016, GZ 16 R 12/16a‑65, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Dezember 2015, GZ 24 Cg 65/14a‑60, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00089.16A.0223.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.258,82 EUR (darin enthalten 376,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab:

Der Klage zugrunde liegt ein Verkehrsunfall am 28. 3. 2004 in Slowenien, bei dem die Klägerin als Insassin eines in Deutschland zugelassenen Fahrzeugs schwer verletzt wurde. Verursacht hat den Unfall der Lenker eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten österreichischen Fahrzeugs, der bei dem Unfall ums Leben kam.

Am 28. 3. 2009 erhob die Klägerin vor einem slowenischen Gericht Ansprüche gegen den slowenischen Versicherungsverband wegen Verdienstentgang und Schmerzengeld. Für die Zeit bis März 2009 wurde ihr letztlich Verdienstentgang rechtskräftig zugesprochen. Das ebenfalls erhobene Feststellungsbegehren wurde als unzulässig zurückgewiesen.

Mit der hier vorliegenden Klage vom 13. 5. 2014 begehrt sie Verdienstentgang von März 2009 bis Mai 2014 und eine „Rentenverkürzung“ von Oktober 2009 bis November 2013.

Die Vorinstanzen wiesen unter Anwendung slowenischen Rechts (wozu sie über das österreichische Bundesministerium eine umfangreiche Rechtsauskunft des slowenischen Justizministeriums eingeholt hatten: ON 35 und 43) das Begehren übereinstimmend wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Verjährung von Schadenersatzforderungen nach slowenischem Recht keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege und die sukzessive Geltendmachung solcher Ansprüche „immer wieder auftreten könne“.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist es aber nicht die Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, für die Einheitlichkeit oder gar die Fortbildung ausländischen Rechts Sorge zu tragen (RIS‑Justiz RS0042940 [T2 und T3]). Entspricht die Auslegung der nach den kollisionsrechtlichen Normen anzuwendenden ausländischen Sachnorm durch das Berufungsgericht der ständigen Rechtsprechung des ausländischen Höchstgerichts und der ausländischen Lehre, so ist das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ohne Bedeutung (RIS‑Justiz RS0042948).

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist insoweit nur denkbar, wenn bei der Entscheidung durch die inländischen Gerichte maßgebliche in der ausländischen Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansichten hintangesetzt wurden (RIS‑Justiz RS0042940).

2. Ein solcher Fall wird hier nicht aufgezeigt:

Die Revisionswerberin bringt vor, dass nach slowenischem Recht für jede einzelne wiederkehrende Leistung im Hinblick auf ihre Fälligkeit gesondert die Verjährungsfrist beginne.

Dazu sind die Vorinstanzen aber der Rechtsauskunft des slowenischen Justizministeriums, untermauert mit einschlägiger Rechtsprechung und Gesetzestexten, gefolgt, wonach bei wiederkehrend eintretenden Vermögensschäden die Verjährungsfrist mit dem Eintritt des ersten Schadens dieser Art beginnt. Erst mit dessen Geltendmachung wird die Verjährung weiterer solcher Schäden bis zur Beilegung des vorhergehenden Streits unterbrochen.

Daraus haben die Vorinstanzen gefolgert, dass hier Verjährung deshalb eingetreten sei, weil gegen die hier Beklagte ein solches Vorverfahren mit Unterbrechungswirkung nicht geführt wurde.

Diese Argumentation bekämpft die Revisionswerberin in ihrem Rechtsmittel inhaltlich nicht.

Sie hält ihr nur den Verweis auf einen slowenischen Kommentar entgegen, aus dem sie aber– abgesehen von ihrer allgemeinen Behauptung zuVerjährung – konkret nur die Kommentierung zu Unterhaltsansprüchen anführt. Inwiefern dies für die hier zu beurteilenden Schadenersatzansprüche von Relevanz wäre, erhellt sich daraus nicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus ihren – im Übrigen aus dem Zusammenhang gerissenen und auch nicht näher durch Belegstellen dokumentierten – Zitaten aus Entscheidungen des slowenischen Höchstgerichts bzw zweitinstanzlicher Gerichte.

Inwiefern die Verjährung deshalb unterbrochen worden wäre, weil der slowenische Versicherungsverband die dort zugesprochenen Beträge der Klägerin „auf Rechnung“ der hier Beklagten ausbezahlt habe, führt die Revisionswerberin über die bloße Behauptung hinaus ebenfalls nicht aus. Auch damit wird somit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.

Soweit sie sich auf das in Slowenien nach ihren Behauptungen gegen den – allerdings beim Unfall getöteten – Unfallverursacher eingeleitete Strafverfahren beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie in erster Instanz selbst ausdrücklich vorgebracht hatte, dass das Strafverfahren eingestellt wurde, weil es „gegen einen Toten natürlich nicht weitergeführt werden konnte“ (Schriftsatz ON 55, Seite 3 = AS 315). Inwiefern deshalb eine im vorliegenden Zusammenhang relevante Unterbrechung der Verjährung eingetreten sein sollte, führt sie nicht nachvollziehbar aus.

Die nunmehr behaupteten Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens wurden in der Berufung nicht gerügt, und können daher jetzt nicht mit Erfolg nachgeholt werden (RIS‑Justiz RS0043111).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS‑Justiz RS0035979, RS0035962).

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