OGH 8Ob65/16s

OGH8Ob65/16s22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners J*****, vertreten durch Rechtsanwälte Pieler & Pieler & Partner KG, Rechtsanwälte in Wien, Insolvenzverwalter Dr. Stephan Riel, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 17. Mai 2016, GZ 28 R 60/16y‑30, mit dem dem Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 26. Jänner 2016, GZ 14 S 166/12w‑21, Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00065.16S.0222.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der erstinstanzliche Beschluss mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass er zu lauten hat:

„Analog § 138 IO wird ein Nachtragsverteilungsverfahren eingeleitet. Der Insolvenzverwalter wird ermächtigt und aufgefordert, die schuldnerische Lebensversicherung bei der G***** AG im Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Zahlungsplan von dieser einbringlich zu machen und einen Verteilungsentwurf iSd § 129 IO vorzulegen.

Die G***** AG wird ermächtigt, den obgenannten Betrag an den Masseverwalter auszuzahlen.“

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

 

Begründung:

Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss vom 30. 10. 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und Dr. Stephan Riel zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Verfahren wurden Forderungen von insgesamt 318.002,64 EUR angemeldet und festgestellt. Am 17. 12. 2012 stellte der Schuldner einen Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans. Darin gab er an, neben einer Firmenbeteiligung kein Vermögen zu haben.

Am 19. 12. 2012 berichtete der Insolvenzverwalter, dass nach seinen bisherigen Erhebungen kein verwertbares freies Vermögen vorhanden sei. Der 1958 geborene Schuldner sei nach seiner Einschätzung nicht in der Lage, eine angemessene unselbständige Erwerbstätigkeit zu finden. Da bei einer „Liquidation“ mangels Vermögens keine Quotenzahlung zu erwarten sei, stelle der Zahlungsplan die einzige gangbare Alternative dar. Bei der Schlussrechnungs- und Zahlungsplantagsatzung am 5. 2. 2013 wurde der vom Schuldner vorgelegte Zahlungsplanvorschlag, nach dem die Gläubiger 16 % zahlbar in sieben gleich hohen Jahresraten, beginnend zwölf Monate ab Annahme, erhalten und die Masseforderungen bei sonstiger Nichtigkeit binnen drei Jahren zu bezahlen sind, mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen. Mit Beschluss vom 8. 2. 2013 bestätigte das Erstgericht diesen Zahlungsplan.

Am 20. 1. 2016 teilte der ehemalige Insolvenzverwalter dem Erstgericht mit, er habe erfahren, dass der Schuldner über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 22.261,51 EUR verfüge. Er ersuche das Erstgericht um Entscheidung, ob eine Nachtragsverteilung einzuleiten sei.

Das Erstgericht ordnete mit Beschluss die Einleitung des Nachtragsverteilungsverfahrens an und ermächtigte und beauftragte den Insolvenzverwalter, die schuldnerische Lebensversicherung einbringlich zu machen.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs des Schuldners Folge und behob den Beschluss ersatzlos. § 138 Abs 2 IO sehe in Fällen, in denen nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Vermögensstücke ermittelt werden, deren Verteilung durch den Insolvenzverwalter aufgrund des Schlussverteilungsentwurfs vor. Die Anordnung einer solchen Nachtragsverteilung bedeute weder eine Wiederaufnahme noch eine Fortsetzung des Insolvenzverfahrens. Es handle sich lediglich um eine nachträgliche Ergänzung der Schlussverteilung. Daher bestehe eine Bindung an die dem Genehmigungs- bzw Verteilungsbeschluss zugrunde liegende Höhe der einzelnen Forderungen und die darauf jeweils entfallende Quote. Da die Nachtragsverteilung nach der Konzeption des Gesetzes eine vorangegangene Schlussverteilung voraussetzt, komme sie etwa beim Zwangsausgleich (Sanierungsverfahren) und nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Vermögens nach § 123a IO nicht in Betracht. Vor der Annahme eines Zahlungsplans sei dagegen zwingend das Vermögen des Schuldners zu verwerten, weshalb eine Schlussverteilung stattzufinden habe. Daher sei nach Annahme eines Zahlungsplans unter den Voraussetzungen des § 138 Abs 2 IO eine Nachtragsverteilung durchzuführen.

Im vorliegenden Fall habe jedoch vor Annahme und Bestätigung des Zahlungsplans keine Vermögensverwertung und auch keine Schlussverteilung stattgefunden. Es gebe daher auch keinen Verteilungsentwurf oder -beschluss, auf Grundlage dessen eine Nachtragsverteilung stattfinden könnte. Die Durchführung eines eigenen Verteilungsverfahrens mit entsprechenden Teilnahmerechten und Rechtsschutzgarantien für alle Beteiligten sei im Gesetz aber nicht vorgesehen. Eine Nachtragsverteilung nach § 138 IO komme daher nicht in Betracht.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, da es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Nachtragsverteilung nach Annahme eines Zahlungsplans, abgewichen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Schuldner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.

1. Mit Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses wurde der Insolvenzverwalter seines Amtes enthoben. Mit der Bewilligung der Nachtragsverteilung ist er neuerlich zur Amtsausübung einzuberufen (8 Ob 232/00a; 8 Ob 80/06g; Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , Österreichisches Insolvenzrecht, Band IV § 138 Rz 13). Das ist mit der vom Erstgericht ausgesprochenen Ermächtigung, die Lebensversicherung einzuziehen und einen Nachtragsverteilungsentwurf vorzulegen, geschehen. Damit ist aber die Rekurslegitimation des Insolvenzverwalters im Hinblick auf seine Rechtspflicht, die Interessen der Gläubiger und der Insolvenzmasse zu wahren, zu bejahen.

2. In der Schlussverteilung soll nach Feststellung des gesamten Aktiv- und Passivstandes die ganze Masse verteilt werden ( Dellinger/Oberhammer , Insolvenzrecht Rz 535). § 138 IO legt unter der Überschrift „Nach der Schlussverteilung frei werdendes oder zum Vorschein kommendes Insolvenzvermögen“ in seinem Abs 1 fest, dass dann, wenn nach Vollzug der Schlussverteilung bei Gericht erlegte Beträge für die Masse frei werden oder sonst Beträge der Masse zufließen, diese aufgrund des Schlussverteilungsentwurfs vom Insolvenzverwalter mit Genehmigung des Insolvenzgerichts zu verteilen sind. § 138 Abs 2 IO ordnet an, dass das Gleiche gelten soll, wenn nach Schlussverteilung oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Vermögensstücke ermittelt werden, die zur Insolvenzmasse gehören. Nach Feil (Insolvenzordnung 8 , § 138 Rz 1) bedeutet die Nachtragsverteilung funktionell eine einer Wiederaufnahme durch das Prozessgericht vergleichbare Beschlussfassung in den Fällen, in denen sich die Annahme einer vollständigen Verwertung der Masse durch Schlussverteilung gemäß § 136 IO als möglicherweise unzutreffend erweist.

3. In Insolvenzverfahren, in denen es dagegen nicht zur Verwertung des gesamten Schuldnervermögens und daher zu keiner Schlussverteilung kommt, kommt dementsprechend auch eine Nachtragsverteilung nicht in Betracht. Im Sanierungsverfahren (früher: Zwangsausgleich) etwa ist der Schuldner grundsätzlich nur zur Quotenleistung verpflichtet. In jenen Fällen, in denen vorhandenes Vermögen aus welchen Gründen immer nicht bekannt gewesen ist, ist daher die Willensbildung der Gläubiger bei ihrem Abstimmungsverhalten davon betroffen. Diese Willensbildung kann jedoch nicht durch eine angeordnete Nachtragsverteilung korrigiert werden (8 Ob 240/02f). In Betracht kommt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine Unwirksamerklärung des Sanierungsplans nach § 161 IO.

Auch beim Liquidationsausgleich findet – anders als beim Zahlungsplan – keine Vermögensverteilung vor Annahme des Ausgleichsvorschlags statt. Es erfolgt nur eine vollständige Verwertung des Vermögens durch den Sachwalter. Eine unmittelbare Anwendung des § 138 Abs 2 IO scheidet daher auch in solchen Verfahren aus (8 Ob 240/02f).

Bei der Aufhebung des Konkurses nach § 123a IO mangels kostendeckenden Vermögens wurde eine Nachtragsverteilung ebenfalls abgelehnt. Dabei wurde darauf verwiesen, dass auch eine in Analogie zu § 138 IO durchzuführende Nachtragsverteilung auf einem Schlussverteilungsentwurf beruhen müsste, der bei dieser Beendigungsform aber nicht vorliege (8 Ob 132/12p). Reckenzaun (Teilaufhebung des Konkursverfahrens, ZIK 2013, 165 f) wandte dagegen ein, dass aus dem Normzweck nicht begründbar sei, § 138 IO nur dann anzuwenden, wenn es zuvor zu einer Ausschüttung an Insolvenzgläubiger gekommen sei. Auch wenn es in diesen Verfahren zu keiner Schlussverteilung komme, sehe § 124a Abs 3 IO vor, dass der Insolvenzverwalter in Fällen der Masseunzulänglichkeit einen Verteilungsentwurf vorzulegen habe. § 138 IO sei daher analog für Nachtragsausschüttungen an Massegläubiger heranzuziehen. In diesem Sinn gingen auch die ErläutRV zu § 124a IO davon aus, dass die Regeln über die Nachtragsverteilung entsprechend gelten, wenn nach der Konkursaufhebung Vermögen hervorkommt (ErläutRV 988 BlgNR 21. GP 34).

4. Auch zur Zulässigkeit einer Nachtragsverteilung nach Annahme eines Zahlungsplans hat der Oberste Gerichtshof bereits Stellung genommen. In der Entscheidung 8 Ob 232/00a wurde dazu die Auffassung vertreten, dass im Fall der Aufhebung des Konkurses nach § 196 Abs 1 KO (nunmehr jeweils IO) bei Vorliegen der in § 138 Abs 2 KO genannten Voraussetzungen – also bei nachträglicher Ermittlung von Vermögensgegenständen, die zur Konkursmasse gehören – eine Nachtragsverteilung stattzufinden hat. Der Zahlungsplan unterscheide sich vom Zwangsausgleich (nunmehr Sanierungsplan) darin, dass gemäß § 193 Abs 2 KO vor seiner Annahme zwingend das Vermögen des Schuldners verwertet werden müsse. Der Verwertungserlös des Vermögens sei unabhängig vom Zahlungsplan an die Gläubiger zu verteilen; diese erhielten neben den im Zahlungsplan vorgesehenen Leistungen eine separate Sonderzahlung. Anders als beim Zwangsausgleich finde daher eine Schlussverteilung statt. Da die Auswirkung der Ermittlung bisher nicht bekannten Konkursvermögens nicht den Inhalt des Zahlungsplans, wohl aber die (dessen Voraussetzung darstellende) Schlussverteilung betreffe, könne daher aus dem System des Zwangsausgleichs nicht geschlossen werden, dass im Falle der Konkursaufhebung nach Bestätigung des Zahlungsplans bei Ermittlung bisher nicht bekannten Konkursvermögens eine Nachtragsverteilung nicht in Betracht kommt. (…) Auch § 193 Abs 1 KO, der normiere, dass für den Zahlungsplan – soweit nichts anderes angeordnet ist – die Bestimmungen über den Zwangsausgleich gelten, stehe der Bejahung der Möglichkeit der Nachtragsverteilung im Falle der Aufhebung des Konkurses nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans nicht entgegen. Im hier interessierenden Zusammenhang gehe es nicht um den Zahlungsplan als solchen, sondern darum, dass die ihm vorangehende Schlussverteilung möglicherweise unvollständig geblieben sei. Die für diesen Fall bestehende Regelung des § 138 KO werde daher durch § 193 Abs 1 KO nicht verdrängt. Auch im Falle der Aufhebung des Konkurses nach § 196 Abs 1 KO habe daher bei Vorliegen der in § 138 Abs 2 KO genannten Voraussetzungen eine Nachtragsverteilung stattzufinden.

Diese Entscheidung wurde in der Literatur, wie bereits vom Rekursgericht dargestellt, unterschiedlich beurteilt. Nach der Ansicht von G. Kodek (Nachträgliches Hervorkommen von Schuldnervermögen beim Zahlungsplan, RdW 2001/363, 329; Handbuch Privatkonkurs Rz 375 f) ist der Zahlungsplan nur als Unterart des Zwangsausgleichs anzusehen, der hinsichtlich des Umfangs der Restschuldbefreiung nicht anders beurteilt werden könne als dieser. Für eine Nachtragsverteilung sei schon wegen der mittlerweile eingetretenen Restschuldbefreiung aufgrund des Zahlungsplans kein Raum. Durch diese seien die Konkursforderungen – auch bezüglich des bei der Abstimmung vorhandenen Vermögens – erloschen. Damit sei aber eine Nachtragsverteilung mangels offener Konkursforderungen gar nicht mehr möglich; vielmehr müssten vorerst die Wirkungen des Zahlungsplans beseitigt werden, was mittels Klage auf Unwirksamerklärung erreichbar sei.

Dagegen betont Konecny (Zahlungsplan und Nachtragsverteilung, ZIK 2001/241, 146 ff) den grundlegenden Unterschied zwischen dem Zwangsausgleich (bei dem eine Nachtragsverteilung nicht in Betracht komme) und dem Zahlungsplan: Durch § 193 Abs 2 KO, nach dem vor Annahme des Zahlungsplans zwingend das Schuldnervermögen verwertet werden müsse, werde dem Schuldner die Verpflichtung auferlegt, sein Vermögen als Vorleistung für eine Restschuldbefreiung an die Konkursgläubiger aufzuteilen. Wer mittels Zahlungsplans von seinen Verbindlichkeiten loskommen wolle, müsse vorher sein exekutionsunterworfenes Vermögen bekannt geben und zur Verfügung stellen und das im Rahmen eines gerichtlichen Verwertungs- und Verteilungsverfahrens nach den Bestimmungen der KO. Überdies habe die Sonderzahlung den gesamten Vermögenswert zu umfassen, spreche doch § 193 Abs 2 KO von der Verwertung „des Vermögens“, was jedenfalls alle zur Masse gehörenden Sachen des Schuldners einschließe. Die Bestimmungen für den Zahlungsplan sähen zwar auch eine dem Zwangsausgleich ähnliche Schuldenregelung mittels Quotenzahlung vor, zusätzlich aber zwingend einen Verteilungskonkurs. Der Gesetzgeber räume den Konkursgläubigern das Recht auf eine separate Sonderzahlung ein, die nicht in die Zahlungsplanquote einzuberechnen sei. Eine vergleichbare verfahrensrechtliche Position habe die Gläubigerschaft beim Zwangsausgleich nicht. Ob dort Vermögen verwertet werde, sei Sache entsprechender Vereinbarungen mit dem Gemeinschuldner und damit allein Inhalt des Zwangsausgleichs. Eine Schlussverteilung, die nicht das gesamte Schuldnervermögen erfasst habe, sei daher unvollständig und zu ergänzen. Ein Schuldner, dessen Vermögen nicht zur Gänze an die Konkursgläubiger verteilt wurde, habe seine Vor‑(aus‑)leistung für die Restschuldbefreiung noch nicht erbracht. Damit sei aber auch das Recht der Konkursgläubiger auf die separate Sonderzahlung noch nicht vollständig erledigt. Daran ändere das Zustandekommen des Zahlungsplans nichts, denn § 193 Abs 2 KO stelle klar, dass zwei Schritte zu setzen seien, um die Restschuldbefreiung ohne Einschränkungen zu erlangen. Ein Schuldner könne sich daher durch das Unterlassen der Bekanntgabe/Zurverfügungstellung seines Vermögens ungeachtet der Annahme eines Zahlungsplans nicht von der zwingend angeordneten Verwertung des Restvermögens samt Ausschüttung des Erlöses befreien.

Der Zahlungsplan sei keine Gesamtregelung bezüglich der Konkursforderungen. Berücksichtige man die zwingend zu leistende Sonderzahlung im Umfang des Vermögenswerts und die damit bewirkte Teilbefriedigung der Konkursgläubiger, könne Gegenstand eines Zahlungsplans nur noch die Schuldenregelung bezüglich der durch Verteilung des Vermögensrealisats nicht gedeckten Konkursforderungen sein. Soweit Forderungsteile unter Heranziehung des gesamten Schuldnervermögens beglichen werden könnten, treffe sie der Zahlungsplan nicht; damit könne aber der Schuldner selbst durch Zahlung einer Quote in diesem Umfang keine Restschuldbefreiung erreichen.

In der nachfolgenden Entscheidung 8 Ob 1/08t hat sich der Oberste Gerichtshof in Auseinandersetzung mit diesen Literaturmeinungen ausdrücklich Konecny angeschlossen und an seiner zu 8 Ob 232/00a geäußerten Rechtsansicht der Zulässigkeit von Nachtragsverteilungen nach Annahme eines Zahlungsplans festgehalten.

5. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem diesen Entscheidungen zugrunde liegenden dadurch, dass es vor Annahme des Zahlungsplans zu keiner Schlussverteilung gekommen ist, da zu diesem Zeitpunkt kein verwertbares Vermögen bekannt war. Eine unmittelbare Anwendung des § 138 IO kommt daher nicht in Betracht.

Eine Rechtsfortbildung durch Analogieschluss setzt voraus, dass der Rechtsfall nach dem Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf, sodass eine Gesetzeslücke im Sinne einer „planwidrigen Unvollständigkeit“ besteht (RIS‑Justiz RS0098756).

Auch dem vorliegenden Verfahren liegt zu Grunde, dass die Restschuldbefreiung durch den Zahlungsplan erst nach der Verwertung des gesamten Vermögens des Schuldners eintreten sollte. In dem Umfang, in dem daher bei Annahme des Zahlungsplans nicht bekanntes verwertbares Vermögen vorhanden ist, sind die Forderungen der Gläubiger nicht erloschen und besteht ein Anspruch auf Befriedigung aus diesem Vermögen, dessen Realisierung am zweckmäßigsten durch die Anordnung einer Nachtragsverteilung analog § 138 IO entsprochen werden kann. Es würde einen Wertungswiderspruch darstellen, die Zulässigkeit der Nachtragsverteilung von der Zufälligkeit abhängig zu machen, ob das Vorhandensein verwertbaren Vermögens zur Gänze oder nur zum Teil unbekannt war und in Fällen wie dem vorliegenden das im Nachhinein aufgefundene Vermögen – außerhalb des engen Anwendungsbereichs des § 161 IO – dem Schuldner zu belassen. Es ist daher auch in Fällen, in denen vor Annahme des Zahlungsplans eine Schlussverteilung unterblieben ist, weil irrtümlich angenommen wurde, dass kein verwertbares Vermögen vorhanden ist, die Anordnung einer Nachtragsverteilung grundsätzlich zulässig.

6. Dem Rekursgericht ist darin Recht zu geben, dass Nachtragsverteilungen nach der Konzeption des Gesetzes lediglich eine Ergänzung der Schlussverteilung darstellen (8 Ob 64/16v). Sie finden daher im Regelfall in einem sehr vereinfachten Verfahren „aufgrund des Schlussverteilungsentwurfes“ statt. Nach G. Kodek handelt es sich um eine ausnahmsweise vorgesehene Bindung an die dem die Schlussverteilung genehmigenden Beschluss zugrunde liegende Höhe der einzelnen Forderungen und die darauf jeweils entfallende Quote, mithin an die – nicht in Rechtskraft erwachsende – Beurteilung der Gründe bzw Vorfragebeurteilung des Genehmigungs- bzw Verteilungsbeschlusses (G. Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Band IV § 138 Rz 30).

Allerdings kann es in Verfahren, die grundsätzlich zwingend die Verteilung des Schuldnervermögens vorsehen, für die nachträgliche Verteilung von erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens hervorgekommenen Vermögens nicht darauf ankommen, ob eine Schlussverteilung stattgefunden hat (in diesem Sinn etwa auch BGH IX ZB 40/13 zur vergleichbaren Regelung §§ 203, 211 InsO).

Vielmehr ist in solchen Fällen vom Insolvenzverwalter ein Verteilungsentwurf nach § 129 Abs 2, 3 IO vorzulegen und in weiterer Folge unter sinngemäßer Anwendung der §§ 130 ff eine entsprechende Verteilung durchzuführen.

7. Dass die Lebensversicherung, wie vom Schuldner ausgeführt, den Gläubigern „nicht verschwiegen“ wurde, lässt sich dem Akt nicht entnehmen, in dem durchgehend von einer Vermögenslosigkeit des Schuldners ausgegangen wurde. Irrelevant ist auch, zu welchem Zweck die Versicherung abgeschlossen wurde. Einen Verfügungsverzicht iSd § 108g EStG behauptet auch der Schuldner nicht.

Richtig ist allerdings, dass der Verteilung nicht der derzeitige Wert der Versicherung zu Grunde zu legen ist. Für die vor Abschluss des Zahlungsplans zwingend gebotene Verwertung des Vermögens ist Stichtag der Tag der Abstimmung über den Zahlungsplan (Kodek, Privatkonkurs Rz 369; G. Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Band IV § 138 Rz 10). Die Quote des Zahlungplans gebührt zusätzlich zu dem bis zum Tag der Abstimmung über den Zahlungsplan vorhandenen Vermögen des Schuldners. Dieser Wert der Versicherung ist daher der Verteilung zu Grunde zu legen.

8. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der erstinstanzliche Beschluss berichtigt um den der Verteilung zu Grunde zu legenden Wert der Versicherung wiederherzustellen.

9. Nach § 254 Abs 1 Z 1 IO findet im Insolvenzverfahren ein Kostenersatz nicht statt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte