OGH 8Ob240/02f

OGH8Ob240/02f20.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Zwangsausgleichssache des (ehemaligen) Gemeinschuldners Dipl. Ing. Michael P*****, vertreten durch Aschaber König Ermacora Lässer, Rechtsanwälte in Innsbruck, über die Revisionsrekurse 1. des Masseverwalters und Sachwalters im Zwangsausgleich Dr. Christian Girardi Mas, Rechtsanwalt in Innsbruck,

2. der Republik Österreich, 3. des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, Zweit- und Drittrevisionsrekurswerber vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 16. Oktober 2002, GZ 1 R 192/02y-89, womit über Rekurs des (ehemaligen) Gemeinschuldners der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. September 2002, GZ 19 S 300/95f-85, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Anträge der Republik Österreich sowie des (ehemaligen) Masseverwalters und Sachwalters im Zwangsausgleich auf Nachtragsverteilung eines Einkommensteuerguthabens des (ehemaligen) Gemeinschuldners in Höhe von EUR 91.796,18 abgewiesen werden.

Text

Begründung

Über das Vermögen des (ehemaligen) Gemeinschuldners wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. 8. 1995 zu 19 S 300/95f der Konkurs eröffnet und der Erstrevisionsrekurswerber zum Masseverwalter bestellt.

Am 23. 7. 1997 erstattete der Gemeinschuldner einen Zwangsausgleichsvorschlag und bot eine 20 %ige Quote, zahlbar innerhalb von zwei Jahren, an. In der Tagsatzung vom 6. 10. 1997 (ON 67) erfolgte eine Erörterung des Zwangsausgleichsantrages. Dazu ist protokolliert: "Der Schuldner erklärt, dass seine Angaben im vorliegenden Konkursverfahren richtig und vollständig sind und dass er keine Vermögensstücke verschwiegen habe. Der Schuldner unterwirft sich nunmehr bis zur Erfüllung des Zwangsausgleiches der treuhändigen Überwachung durch den Masseverwalter als Sachwalter der Gläubiger. Der Schuldner verpflichtet sich, nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkursverfahrens binnen 14 Tagen sein gesamtes, dem Konkurs unterworfenes Vermögen zur treuhändigen Verwaltung dem Sachwalter der Gläubiger zum Zwecke der Zwangsausgleichserfüllung zu übergeben. Der Schuldner erteilt dem Sachwalter die unwiderrufliche Vollmacht, sein gesamtes übergebenes Vermögen bestmöglich zu verwerten. Nach vollständiger Verwertung des übergebenen Vermögens ist die Überwachung zu beenden. Der Sachwalter wird überdies ermächtigt, eine Auszahlung an die Gläubiger anteilsmäßig vorzunehmen, wenn sich bei der Verwertung eine höhere Quote als die angebotene Zwangsausgleichsquote ergeben sollte. Der Schuldner bietet nunmehr seinen Konkursgläubigern eine Quote von 22 %, zahlbar bis 31. 12. 1997, an."

Nach Genehmigung der Änderung des Zwangsausgleichsvorschlages wurde der Vorschlag mit den gesetzlich geforderten Gläubigermehrheiten angenommen.

Nach Erstattung (ON 69) und konkursgerichtlicher Genehmigung (ON 75) der Schlussrechnung des Masseverwalters hob das Erstgericht mit Beschluss vom 17. 12. 1997 (ON 77) das Konkursverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung des am 6. 10. 1997 angenommenen Zwangsausgleichs gemäß § 157 Abs 2 KO auf und ordnete gemäß §§ 157a ff KO die Überwachung der Zwangsausgleichserfüllung an, wobei der bisherige Masseverwalter zum Sachwalter bestellt wurde. Laut Abschlussbericht des Masseverwalters und Sachwalters im Zwangsausgleich vom 13. 1. 1998 erfolgte die Liquidation des gesamten verwertbaren Vermögens, wobei es zu einer Quotenausschüttung von insgesamt 25,52 % kam. Wesentlicher Bestandteil des liquidierten und den Gläubigern ausgeschütteten Vermögens war der Erlös aus der Veräußerung des "P***** Hofes", der nach konkursgerichtlicher Genehmigung um S 11,000.000 veräußert wurde. Diese Veräußerung war nur möglich geworden, nachdem der Vater des ehemaligen Gemeinschuldners als hinsichtlich der Liegenschaft Veräußerungs- und Belastungsverbotsberechtigter der Veräußerung zugestimmt hatte. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 14. 1. 1998 (ON 79) wurde die Überwachung der Erfüllung des Zwangsausgleiches gemäß § 157g Abs 1 KO infolge Verwertung des gesamten übergebenen Vermögens für beendet erklärt.

Am 15. 7. 2002 gab das Finanzamt Innsbruck bekannt, dass sich durch den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid Oktober bis Dezember 1997 eine Forderung des Finanzamtes in Höhe von S 1,308.800 (EUR 95.114,21) ergeben habe, die aus der Masse entrichtet worden sei. Durch eine spätere Prüfung für das Jahr 1997 habe sich herausgestellt, dass ein für 1997 erklärter Veräußerungsgewinn bereits 1994 hätte besteuert werden müssen. Die Überzahlung aus der Veranlagung 1997 in Höhe von S 1,263.143 (EUR 91.796,18) stünde den Gläubigern zu, weshalb der Antrag auf Veranlassung einer Nachtragsverteilung gestellt werde.

Diesem Antrag schloss sich der (ehemalige) Masseverwalter an. Der ehemalige Gemeinschuldner sprach sich gegen eine Nachtragsverteilung aus.

Das Erstgericht ordnete gemäß § 138 KO die Einleitung des Nachtragsverteilungsverfahrens an und setzte den (ehemaligen) Masseverwalter und Sachwalter im Zwangsausgleich in sein Amt ein. Gemäß § 138 KO habe der Masseverwalter den nach der Erfüllung des Zwangsausgleiches vom Finanzamt Innsbruck infolge Erteilung einer Gutschrift in die Masse als zu Unrecht bezahlte Masseforderung zurückgeflossenen Betrag von EUR 91.796,18 nach Abzug der Kosten des Masseverwalters aufgrund des Verteilungsentwurfes an die Konkursgläubiger zu verteilen. Der Gemeinschuldner habe im Rahmen der treuhändigen Überwachung den Sachwalter ermächtigt, den Mehrerlös aus der Verwertung seines gesamten übergebenen Vermögens anteilsmäßig an die Konkursgläubiger auszuzahlen.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Gemeinschuldners gab das Rekursgericht Folge und behob den angefochtenen Beschluss ersatzlos. Darüber hinaus sprach das Rekursgericht aus, dass die Anträge des Finanzamtes Innsbruck sowie des Masseverwalters und Sachwalters auf Nachtragsverteilung des Steuerguthabens zurückgewiesen würden. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur dazu vorliege, ob nach Beendigung des Ausgleichsverfahrens eine Nachtragsverteilung gemäß § 138 Abs 2 KO zulässig sei.

Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass das Gesetz keine Regelung darüber treffe, wie zu verfahren sei, wenn sich nach Erfüllung des Zwangsausgleiches bzw nach Aufhebung des Konkurses gemäß § 157 KO herausstelle, dass für Masseforderungen sichergestelltes Vermögen frei werde oder nachträgliches Vermögen auftauche, das der Konkursmasse zugehörig gewesen sei. Die Wiederaufnahmemöglichkeiten des Gesetzes beträfen nur Fälle, die auf einer deliktischen Handlung des Masseverwalters oder des Gemeinschuldners beruhten. Es stelle sich daher die Frage, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliege und diese durch eine analoge Anwendung des § 138 KO geschlossen werden könne. Der Oberste Gerichtshof (ZIK 2001/49) habe ausgesprochen, dass § 193 Abs 1 KO der Möglichkeit einer Nachtragsverteilung nicht entgegenstehe, wenn nach rechtskräftigem Zahlungsplan Vermögen des Schuldners auftauche. Zur Begründung habe der Oberste Gerichtshof angeführt, dass im Unterschied zum Zwangsausgleich vor Annahme des Zahlungsplanes das gesamte Vermögen des Schuldners zu verwerten sei, eine Schlussverteilung stattfinde und demnach durch die Nachtragsverteilung in den bestehenden Zahlungsplan nicht eingegriffen werde. Sowohl der Oberste Gerichtshof als auch die Lehre gingen übereinstimmend davon aus, dass die Bestimmung des § 138 Abs 2 KO über eine Nachtragsverteilung im Zwangsausgleich - zumindest nach Rechtskraft des Beschlusses gemäß § 157 KO - auch nicht analog anzuwenden sei, weil eine gerichtliche Entscheidung über eine Schlussverteilung nicht erfolge. Wegen der mit der Ausgleichserfüllung verbundenen Restschuldbefreiung sei eine Nachtragsverteilung nicht mehr denkbar. Im vorliegenden Fall hätten die Beteiligten den angenommenen Zwangsausgleich offensichtlich als Liquidationsausgleich verstanden. Es sei zu erörtern, ob die Argumentation auch für diesen im Gesetz nicht näher geregelten Typus Geltung habe. Beim Liquidationsausgleich habe der Ausgleichsschuldner sein gesamtes Vermögen einem Sachwalter zur Verwertung übertragen. Nach überwiegender Lehre und herrschender Rechtsprechung sei der Sachwalter Treuhänder in der Erscheinungsform der Ermächtigungstreuhand. Während sich beim Sanierungsausgleich die Ausgleichsgläubiger mit der im Ausgleich vereinbarten Quote selbst dann abfinden müssten, wenn der Treuhänder einen Überschuss erwirtschafte, sei bei einem entsprechend formulierten Liquidationsausgleich der gesamte Verwertungserlös an die Gläubiger auszuzahlen, auch wenn dadurch die vereinbarte Mindestquote erheblich überschritten werde. Es könnte hier argumentiert werden, dass das gegen eine Nachtragsverteilung sprechende Argument, dass der Zwangsausgleich keine Veränderung erfahren dürfe, nicht schlagend sei, weil ohnehin der gesamte Verwertungserlös den Gläubigern auszufolgen sei. Allerdings sei zu beachten, dass auch ein derartiger Treuhandliquidationsausgleich, dessen Erfüllung durch den Treuhänder erfolge, in Wahrheit einen Quotenausgleich darstelle. Auch beim Liquidationsausgleich müsse das Vermögen innerhalb der höchstens viereinhalbjährigen Frist (§ 157g KO) verwertet und verteilt sein. Nur im Falle eines Quotenausfalls hätten die Gläubiger die Möglichkeit, vom Schuldner diesen Ausfall unter Androhung des Wiederauflebens der Forderungen einzufordern. Jedenfalls könne ein nach Ablauf dieser Frist erworbenes oder hervorgekommenes "Massevermögen" nicht mehr zur Befriedigung der Ausgleichsgläubiger, auch nicht im Wege einer Nachtragsverteilung, herangezogen werden. Von einer planwidrigen Regelungslücke könne daher nicht gesprochen werden. Eine analoge Heranziehung der Bestimmung des § 138 Abs 2 im Zwangsausgleich sei nicht geboten.

Überdies sei zu berücksichtigen, dass das aus der ursprünglichen Vorschreibung (Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für das 4. Quartal 1997) resultierende Guthaben erst nach Konkursaufhebung (aber noch vor dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses) entstanden sei. Dieses Guthaben falle nicht in das vom Gemeinschuldner an den Sachwalter übergebene "Massevermögen".

Dagegen wenden sich die Revisionsrekurse des Masseverwalters und der Finanzprokuratur; Letztere auch namens des Konkursgläubigers "Insolvenz-Ausfallgeld- Fonds".

Der (ehemalige) Gemeinschuldner, der die ihm eingeräumte Möglichkeit der Erstattung einer Stellungnahme nützte, beantragt, den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Sie sind jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, dass sämtliche Rechtsmittelwerber zur Erhebung des Revisionsrekurses legitimiert sind: Mit der vom Erstgericht ausgesprochenen Bewilligung der Nachtragsverteilung wurde der Masseverwalter neuerlich zur Amtsausübung berufen (ZIK 2001/49). Mit dieser Bewilligung erfolgte konstitutiv eine "Verstrickung" der in die Nachtragsverteilung einzubeziehenden Vermögensstücke (vgl dazu 3 Ob 94/95). Damit ist aber nicht nur die Legitimation des Masseverwalters, sondern auch jene der Zweit- und Drittrevisionsrekurswerber als Gläubiger im Konkurs angemeldeter Forderungen zu bejahen: Nach ständiger Rechtsprechung ist im Konkursverfahren grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der sich in seinem Recht gekränkt zu sein erachtet. Voraussetzung der Rekurslegitimation ist, dass der Rekurswerber in seinem Recht verletzt sein kann; ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht (RIS-Justiz RS0065135). Will man nun den Konkursgläubigern nicht ohnehin im Nachtragsverteilungsverfahren bereits analog § 71c KO Rekurslegitimation zuerkennen, so ist jedenfalls ihr rechtliches Interesse daran evident, ob bestimmte Vermögensstücke einer Nachtragsverteilung zu unterziehen sind.

Für das Konkurseröffnungsverfahren hat der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen (RIS-Justiz RS0116129; RZ 2002/15), dass die Anwendbarkeit des Art 6 EMRK zu bejahen ist, weshalb dem Rechtsmittelgegner eine Möglichkeit zur allfälligen Widerlegung von Rechtsmittelgründen zu bieten sei. Unter Berücksichtigung, dass auch die hier in Frage stehende Nachtragsverteilung massiv in die zivilrechtliche Position des (ehemaligen) Gemeinschuldners eingreift, wurde diesem die Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme zu den Revisionsrekursen eingeräumt.

Ob im konkreten Fall eine Nachtragsverteilung anzuordnen ist, hängt zunächst von der Qualifikation des Abgabenguthabens ab: Das Konkursgericht ist funktionell zur Beurteilung der Vorfrage, ob nach Konkursaufhebung ermittelte Vermögensstücke zur Konkursmasse gehören, zuständig (RIS-Justiz RS0065222; ZIK 1995, 156).

Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung kommt es für die insolvenzrechtliche Qualifikation von Abgabenforderungen nicht auf das Entstehen oder die Fälligkeit der Steuerschuld auf der Grundlage eines abgabenrechtlichen Sachverhaltes an. Es ist die Verwirklichung des Sachverhaltes selbst maßgeblich (RIS-Justiz RS0064620). Entgegen der Auffassung des Gemeinschuldners hat daher eine formale Anknüpfung an § 4 Abs 2 BAO nicht zu erfolgen. Sowohl die aufgrund des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 10-12/97 entstan- dene, aus der Masse entrichtete Abgabenforderung in Höhe von S 1,308.800 wie auch das sich durch eine nachträgliche Prüfung ergebende Guthaben von S 1,263.143 bezog sich nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vorbringen des Masseverwalters auf einen Veräußerungsgewinn für die Aufgabe eines Hotelbetriebes, der bereits 1994 - und nicht 1997 - hätte erklärt werden müssen. Der maßgebliche Sachverhalt, der zur Abgabenforderung bzw zum nun strittigen Guthaben führte, (zum Begriff Guthaben vgl VwGH 86/13/0172) verwirklichte sich somit jedenfalls vor Abschluss des Zwangsausgleiches. Ist aber für die Qualifizierung einer Abgabenforderung der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wird, muss das umgekehrt auch für die insolvenzrechtliche Qualifikation betreffend Abgaberückforderungen (Steuerguthaben) angenommen werden. Auch hier kommt es auf den Zeitpunkt des das Steuerguthaben auslösenden Rechtsgrundes an (vgl dazu OLG Linz ZIK 1996, 62). Der Zeitpunkt des das Steuerguthaben auslösenden Rechtsgrundes liegt aber nun nicht - wie der ehemalige Gemeinschuldner behauptet - in der nachträglichen Prüfung, sondern darin, dass die Veranlagung nicht bereits 1994 erfolgte. Diese Beurteilung steht auch mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise in Einklang: Wäre die Veranlagung bereits ursprünglich richtig (nämlich 1994) erfolgt, wäre die Masse nicht 1997 mit dem (über)bezahlten Abgabebetrag belastet worden. In der bereits erwähnten Entscheidung 8 Ob 232/00a (ZIK 2001/49) wurde die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung nach § 138 Abs 2 KO auch in einem Fall bejaht, in welchem der Schuldner bereits einen Zahlungsplan vorgelegt hatte, der rechtskräftig gerichtlich bestätigt worden war. Erst nach rechtskräftiger Konkursaufhebung und Enthebung des Masseverwalters, der eine Quote von insgesamt 2,88 % ausgeschüttet hatte, wurde die Einleitung des Nachtragsverteilungsverfahrens beantragt. Dabei wurde hervorgehoben, dass sich der Zahlungsplan vom Zwangsausgleich dadurch unterscheide, dass gemäß § 193 Abs 2 KO vor der Annahme des Zahlungsplans zwingend das Vermögen des Schuldners verwertet werden müsse. Anders als beim Zwangsausgleich finde daher eine Schlussverteilung statt. Es gehe nicht um den Zahlungsplan als solchen, sondern darum, dass die ihm vorangegangene Schlussverteilung möglicherweise unvollständig geblieben sei. Die für diesen Fall bestehende Regelung des § 138 KO werde durch § 193 Abs 1 KO nicht verdrängt.

Kodek (Nachträgliches Hervorkommen von Schuldnervermögen beim Zahlungsplan - Zugleich eine Besprechung von 8 Ob 232/00a, RdW 2001/363) hält der Entscheidung im Wesentlichen entgegen, dass die im § 156 Abs 1 iVm § 193 Abs 1 KO angeordnete Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung des Ausfalls auch jenen Betrag umfasse, der den Gläubigern deshalb entgehe, weil entgegen § 193 Abs 2 KO keine vollständige Verwertung des Schuldnervermögens erfolgt sei. Der Oberste Gerichtshof gehe offenbar davon aus, dass sich die restschuldbefreiende Wirkung des Zahlungsplans nur auf zukünftig erworbenes Vermögen des Schuldners beziehe. Dass allerdings die Zustimmung der Gläubiger zum Zahlungsplan, wenn der Schuldner Vermögen verschwiegen habe, auf unvollständiger Grundlage beruht habe, rechtfertige nicht, diese Zustimmung einfach als unwirksam zu behandeln. Vielmehr müsse - im Sinne der §§ 158, 161 KO - der Zahlungsplan zunächst beseitigt werden, bevor die Gläubiger wieder uneingeschränkt auf das Vermögen des Schuldners greifen könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt sei aus Gründen der Rechtssicherheit auch ein fehlerhaft zustande gekommener Zahlungsplan grundsätzlich wirksam. Das Gebot der vorherigen Verwertung des Vermögens sei eine Verfahrensbestimmung im Sinne des § 195 Abs 2 KO. Deren Einhaltung sei Voraussetzung für die Bestätigung des Zahlungsplans. Ein Verstoß gegen das Verwertungsgebot könne im Rekurs gegen den Bestätigungsbeschluss geltend gemacht werden. Es bedürfte besonderer Gründe, warum gerade ein Fall eines Verstoßes gegen Verfahrensbestimmungen auch noch nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses noch dazu von Amts wegen wahrgenommen werden können soll. Diese unbefristete Möglichkeit der Wahrnehmung eines Verfahrensverstoßes stünde wertungsmäßig in einem Spannungsverhältnis zu §§ 158, 161 KO, die eine nachträgliche Beseitigung des Zahlungsplans nur für besonders schwerwiegende Mängel vorsähen und diese auch relativ engen zeitlichen Grenzen unterwürfen. Der Gesetzgeber habe den Zahlungsplan nur als eine Unterart des Zwangsausgleichs angesehen. Eine Verschiedenbehandlung von Zahlungsplan und Zwangsausgleich sei daher nicht zu rechtfertigen. Konecny (Zahlungsplan und Nachtragsverteilung, ZIK 2001/241) bejaht die Zulässigkeit einer Nachtragsverteilung bei Abschluss eines Zahlungsplans mit dem Argument, dass grundlegende Unterschiede zwischen Zwangsausgleich, bei welchem eine Nachtragsverteilung abzulehnen sei, und Zahlungsplan bestünden: Wer mittels Zahlungsplans von seinen Verbindlichkeiten loskommen wolle, müsse vorher sein exekutionsunterworfenes Vermögen bekannt geben und im Rahmen eines gerichtlichen Verwertungs- und Verteilungsverfahrens nach den Bestimmungen der KO zur Verfügung stellen. Die Bestimmungen für den Zahlungsplan sähen zwar auch eine dem Zwangsausgleich ähnliche Schuldenregulierung mittels Quotenzahlung vor. Zusätzlich werde aber zwingend ein Verteilungskonkurs angeordnet. Anders als beim Zwangsausgleich verlange der Gesetzgeber beim Zahlungsplan zwei Leistungen des Schuldners für das Erreichen der Restschuldbefreiung (Zahlungsplanquote zuzüglich Sonderzahlung). Eine mit dem Recht auf Sonderzahlung vergleichbare verfahrensrechtliche Position hätten die Gläubiger beim Zwangsausgleich nicht. Ob dort Vermögen verwertet und zur Quotenzahlung verwendet werde, sei Sache entsprechender Vereinbarungen mit dem Gemeinschuldner und damit allein Inhalt des Zwangsausgleichs.

Übereinstimmung besteht nun insoweit, als sowohl Kodek als auch Konecny die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung im Zwangsausgleich grundsätzlich abzulehnen scheinen.

Ein reiner Quotenzwangsausgleich kann tatsächlich niemals zu einer Nachtragsverteilung führen: Der Schuldner ist in diesem Fall nur zur Quotenleistung verpflichtet. Sowohl die Willensbildung der Gläubiger bei der Ausgleichstagsatzung als auch die Ausgleichserfüllung selbst bezieht sich nur auf die Quote. Es kann daher die Ausgleichserfüllung selbst nicht mangelhaft sein, auch wenn nicht sämtliche Vermögenswerte bekannt waren. Vielmehr wird in jenen Fällen, in denen vorhandenes Vermögen aus welchen Gründen immer nicht bekannt war, die Willensbildung der Gläubiger bei ihrem Abstimmungsverhalten davon betroffen sein. Diese Willensbildung kann jedoch nicht durch eine angeordnete Nachtragsverteilung korrigiert werden. In diesem Fall ist mit Kodek davon auszugehen, dass eine Korrektur der mangelhaften Willensbildung nur im Wege der Unwirksamerklärung beseitigt werden kann.

Nun liegt aber die Besonderheit des hier zu beurteilenden Falles darin, dass ein sogenannter Liquidationszwangsausgleich geschlossen wurde:

Dabei überträgt der Ausgleichsschuldner sein Vermögen einem Sachwalter und ermächtigt und bevollmächtigt ihn mit der Vermögensverwertung. Bei dem als Einrichtung der Ausgleichserfüllung anerkannten Liquidationsausgleich erwirbt der Sachwalter Eigenrechte zur Geltendmachung in fremdem Interesse. Er ist Treuhänder in der Erscheinungsform der Ermächtigungstreuhand (ÖBA 1991/287; SZ 71/176; RIS-Justiz RS0052204; RS0052096). Auch ein Zwangsausgleich ist als Liquidationsausgleich möglich (SZ 71/176).

Die vom Gemeinschuldner in seiner Stellungnahme geäußerte Ansicht, es sei kein Liquidationsausgleich, sondern ein sogenannter Sanierungsausgleich geschlossen worden (vgl zu den Begriffen Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht5, 194 f), lässt sich mit dem Akteninhalt nicht vereinbaren: Den Liquidationsausgleich kennzeichnen drei wesentliche Merkmale (Schuhmacher, Der Liquidationsausgleich in der Praxis, JBl 1990, 5): 1. die Vereinbarung, dass das gesamte oder doch wesentliche Vermögen des Ausgleichsschuldners zum Zwecke der Ausgleichserfüllung verwertet wird; 2. dass der Schuldner hiezu einem Sachwalter der Gläubiger eine unwiderrufliche Verwertungsvollmacht ausstellt; 3. die Abrede, dass der nicht durch die Verwertung des Vermögens gedeckte Teil der Forderungen (mit Ausnahme des auf die angebotene Quote fehlenden Betrages, des Unterschiedsbetrages) erlassen wird.

Der Liquidationsausgleich steht zwischen Ausgleich und Konkurs. In der Überantwortung des Vermögens an einen Sachwalter zur Verwertung liegt die Liquidierungskomponente, während in der dafür den Schuldner erwarteten Restschuldbefreiung die Ausgleichskomponente zu erblicken ist.

Sämtliche dieser Merkmale erfüllt der in der Folge von den Gläubigern angenommene Zwangsausgleichsvorschlag des Gemeinschuldners. Der wesentliche Unterschied zwischen dem hier vorliegenden Liquidationsausgleich und dem Zahlungsplan besteht darin, dass bei Ersterem keine Vermögensverteilung vor Annahme des Ausgleichsvorschlages stattfindet, bei Letzterem hingegen die Tagsatzung zur Verhandlung und Beschlussfassung über den Zahlungsplan vor Verwertung des Schuldnervermögens nicht stattfinden darf (§ 193 Abs 2 KO).

Daraus folgt zunächst, dass eine "Verteilung" im technischen Sinn im Zwangsausgleich nicht vorgesehen ist. Auch im Liquidationsausgleich erfolgt nur eine vollständige Verwertung des Vermögens durch den Sachwalter. Eine unmittelbare Anwendung des § 138 Abs 2 KO scheidet daher hier aus.

Wenn überhaupt, könnte nur die (neuerliche) Anordnung der Überwachung der Ausgleichserfüllung (§§ 157 ff KO) angeordnet werden. Gemäß § 157g Abs 1 KO ist die Überwachung auf Antrag des Schuldners oder des Sachwalters durch das Konkursgericht auf Kosten des Schuldners für beendigt zu erklären, wenn der Schuldner oder der Sachwalter glaubhaft macht, dass der Ausgleich erfüllt oder dass die festgesetzte Bedingung eingetreten ist. Gemäß § 157g Abs 3 KO tritt anstelle der in § 157g Abs 2 KO genannten Zahlungsfrist die Frist von 18 Monaten vom Tag der Annahme des Ausgleichs an, wenn der Schuldner einem Sachwalter Vermögen übergeben hat. Das Konkursgericht hat die Überwachung auf Antrag des Sachwalters zu erstrecken, wenn dies dem überwiegenden Interesse der Beteiligten entspricht. Die Frist kann auch mehrmals, jedoch höchstens insgesamt um drei Jahre erstreckt werden.

Wie Konecny aaO S 147 zutreffend darlegt, ist es zum Unterschied zur gesetzlich geregelten Sonderzahlung vor Annahme des Zahlungsplans im Falle des Zwangsausgleichs allein vom Inhalt der Vereinbarung mit dem Gemeinschuldner abhängig, ob dort Vermögen verwertet und zur Quotenzahlung verwendet wird.

Ob eine neuerliche Anordnung der Überwachung des Schuldners möglich ist, hängt daher zunächst davon ab, ob der Inhalt des vom Schuldner erstatteten und von den Gläubigern angenommenen Zwangsausgleichsvorschlages so auszulegen ist, dass die Übergabeverpflichtung des Schuldners und die dem Sachwalter erteilte unwiderrufliche Verwertungsvollmacht auch das hier gegenständliche Abgabenguthaben umfasste: Kein Zweifel kann zunächst daran bestehen, dass - dem Wesen des Liquidationsausgleichs entsprechend - der angenommene Ausgleichsvorschlag so zu verstehen ist, dass eine Begrenzung des Anspruches der Gläubiger auf das Realisat der Vermögensverwertung durch die Quote nicht vorgesehen ist: Das ergibt sich aus der protokollierten Ermächtigung, dass der Sachwalter eine Auszahlung an die Gläubiger anteilsmäßig auch dann vorzunehmen habe, wenn sich bei der Verwertung eine höhere als die angebotene Zwangsausgleichsquote ergeben sollte. Daraus ist aber nur zu schließen, dass den Schuldner die Verpflichtung traf, dem Sachwalter das gesamte Vermögen auszuhändigen und dass auch die Verwertungsvollmacht nur dieses übergebene Vermögen betraf. Dieses Vermögen umfasste entsprechend den Angaben des Schuldners im Konkursverfahren gerade nicht das hier zu beurteilende Abgabenguthaben. Anhaltspunkte dafür, dass einem der Beteiligten bekannt war, dass eine nachträgliche Prüfung durch das Finanzamt (im konkreten Fall erfolgte die entsprechende Mitteilung des Finanzamtes mehr als vier Jahre nach Aufhebung des Konkurses und Anordnung der Überwachung der Zwangsausgleichserfüllung) ein Guthaben des Schuldners ergeben würde, das in die vom Sachwalter vorzunehmende Verwertung des Vermögens einzubeziehen wäre, bestehen nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Übergabe des Vermögens des Schuldners an den Sachwalter und die erteilte Verwertungsvollmacht sich nur auf jene Vermögenswerte bezog, die der Schuldner nach seinem Wissensstand im Konkursverfahren der Wahrheit gemäß offengelegt hatte. Damit ist aber im konkreten Fall - anders als in jenen Fällen, in welchen bereits bekannte Vermögenswerte vom Schuldner, sei es auch nur fahrlässig, verschwiegen wurden - davon auszugehen, dass die Ausgleichserfüllung selbst nicht mangelhaft erfolgte, weil das tatsächlich übergebene und bekannte Vermögen nach dem Abschlussbericht des Masseverwalters und Ausgleichssachwalters ohnehin zur Gänze verwertet wurde. Die Voraussetzungen für eine neuerliche Anordnung der Überwachung bis zur (endgültigen) Ausgleichserfüllung in Ansehung der Verteilung des Abgabenguthabens liegen somit nicht vor, weil der nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Ausgleichsvorschlag gerade nicht eine Übergabe und Verwertung von Vermögenswerten umfasste, die zum Zeitpunkt seiner Erstattung nicht bekannt waren. Diese Auslegung steht auch in Einklang mit den erwähnten Fristen des § 157g Abs 3 KO, aus welchen abzuleiten ist, dass die Dispositionsbeschränkungen des Schuldners jedenfalls innerhalb von viereinhalb Jahren vom Tag der Annahme des Ausgleichs an aufgehoben werden müssen. Unter Berücksichtigung des Tages der Ausgleichsannahme (6. 10. 1997) war diese Frist zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrages auf Nachtragsverteilung am 15. 7. 2002 verstrichen.

Eine nähere Befassung mit der Frage, ob und unter welchen Umständen (etwa bei entsprechender Formulierung des Ausgleichsvorschlages) für Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Erstattung des Ausgleichsvorschlags nicht bekannt waren, eine neuerliche, nachträgliche Anordnung der Überwachung möglich ist, erübrigt sich daher hier.

Dem unberechtigten Rekurs war ein Erfolg zu versagen. Zur Klarstellung hatte eine Maßgabebestätigung deshalb zu erfolgen, weil dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, dass der ehemalige Masseverwalter bzw ein Konkursgläubiger keinen Antrag auf Nachtragsverteilung im Sinne des § 138 KO stellen könnte.

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