European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00115.16T.0124.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. (FH) Udo F***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A) und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs (zu ergänzen 1 und) 3 erster Fall StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in I***** im einverständlichen Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter
(A) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der B***** AG durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden, nämlich durch die Vorspiegelung von Rückzahlungsfähigkeit und ‑willigkeit (a und b) sowie Provisionsberechtigung (c) nachgenannter, tatsächlich nicht existierender Personen, wobei er (zu a und b) gefälschte Finanzierungsanträge, Identitäts‑ und Bonitätsnachweise vorlegte, zu Handlungen verleitet, durch die das genannte Unternehmen einen großteils jeweils 5.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden in Höhe von insgesamt 124.562,74 Euro erlitt, und zwar
a) zur Eröffnung von Girokonten unter jeweiliger Einräumung eines Kontokorrentkreditrahmens und Genehmigung dessen Ausschöpfung und Überziehung,
1. am 25. Juni 2007 betreffend ein auf Paola A***** lautendes Konto (Schaden 38.941,31 Euro);
2. am 20. August 2008 betreffend ein auf Mag. Maria P***** lautendes Konto (Schaden 52.261,43 Euro);
b) am 5. Februar 2009 zur Eröffnung eines auf Mag. Maria P***** lautenden Kreditkontos und Überweisung der Kreditsumme von 32.500 Euro auf das unter A/a/1 angeführte Girokonto am 16. Februar 2009 (Schaden 32.500 Euro);
c) am 11. März 2009 zur Überweisung einer Provision in Höhe von 860 Euro für die Vermittlung von Kreditvergaben an Paola A*****, Mag. Maria P***** und Helga J***** auf ein auf Ingo M***** lautendes Konto;
(B) seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, nämlich als Kundenbetreuer selbständig Kredite bis zu 35.000 Euro zu vergeben, wissentlich missbraucht und dadurch die B***** AG in einem Betrag von 105.010,47 Euro am Vermögen geschädigt, indem er zu Gunsten nachgenannter Personen, deren Identität frei erfunden war,
a) am 6. Oktober 2009 einem näher bezeichneten Girokonto, lautend auf Ingo M*****, einen Kontokorrentkreditrahmen in Höhe von 30.000 Euro einräumte (Schaden 35.010,47 Euro);
b) Abstattungskredite vergab und die Zuzählung der jeweiligen Kreditsummen veranlasste, und zwar
1. am 8. März 2010 an Ingo M***** (Schaden 35.000 Euro);
2. am 9. Juli 2010 an Paola A***** (Schaden 35.000 Euro).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und „9a“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Die Verfahrensrüge (Z 4) scheitert schon daran, dass sie sich auf einen in der Hauptverhandlung am 20. Jänner 2016 gestellten Beweisantrag beruft, der in der gemäß § 276a zweiter Satz zweiter Halbsatz StPO wiederholten Hauptverhandlung am 27. Juni 2016 nicht neuerlich gestellt wurde. Dass die „bisherigen Verhandlungsergebnisse“ und das „bisherige Hauptverhandlungsprotokoll“ eingangs der wiederholten Hauptverhandlung (ON 31 S 2) verlesen wurden, ändert daran nichts (RIS‑Justiz RS0099049; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 310, 313; Danek/Mann, WK‑StPO § 238 Rz 4).
Im Übrigen waren die thematisierten Anträge auf Beischaffung und Verlesung diverser Revisionsberichte der B***** AG bloß zum Beweis dafür gestellt worden, dass der Beschwerdeführer „während der Dauer seiner Beschäftigung alle Anweisungen und Regeln beachtete, die für seine Tätigkeit maßgeblich waren“ und „in der selben Weise tätig geworden war“ wie in vergleichbaren Kreditfällen seiner Abteilung aus den Jahren 2006 bis 2010, welche „von der Revision unter Bedachtnahme auf die damals geltenden Mitarbeiter‑Richtlinien und Dienstanweisungen geprüft wurden“, „weshalb der Angeklagte keinen Befugnismissbrauch zu verantworten hat“ (ON 19 iVm ON 21 S 23). Weshalb die bloß formale Einhaltung von Dienstvorschriften (zudem in nicht verfahrensgegenständlichen Fällen), auf deren Nachweis die Anträge demzufolge abzielten, mit Blick auf die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe (täuschungsbedingter sowie unter Missbrauch seiner Befugnisse selbst vorgenommener Kreditvergaben an frei erfundene Personen) für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sein soll und inwieferne die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen, war den Anträgen nicht zu entnehmen, womit sie auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330).
Die Feststellungen zum objektiven Sachverhalt gründete das Erstgericht – den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend – auf eine
vernetzte Betrachtung einer Reihe von Verfahrensergebnissen, schwergewichtig auf die bankinternen Erhebungen, nach denen die Identitäten der jeweiligen Kontoinhaber und Kreditnehmer frei erfunden waren, auf Aufzeichnungen der Überwachungskameras, aus denen sich ergab, dass die Bareinzahlungen zur (teilweisen) Bedienung der Kredite wie auch die Barabhebungen – selbst nach seinem Ausscheiden aus dem geschädigten Unternehmen – vom Beschwerdeführer selbst getätigt wurden, auf die schlechte Qualität der– ungeprüft übernommenen – großteils gefälschten Urkunden, auf das Gutachten des Schriftsachverständigen Christian J*****, wonach die Unterschriften auf den verfahrensgegenständlichen Bankunterlagen der angeblichen Kunden alle von einer Person stammten, und weitere Indizien im Verein mit allgemeiner Lebenserfahrung. Die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers wurde dabei erörtert und dargelegt, aus welchen Gründen die Tatrichter dieser nicht zu folgen vermochten und die von ihm vorgelegten Urkunden (angebliche E-Mail-Korrespondenz mit Ingo M*****) – gestützt auf die als glaubwürdig beurteilten Aussagen des Zeugen Kurt W***** – für nicht geeignet hielten, Zweifel an seiner Täterschaft zu wecken (US 11 ff).
Das dagegen nominell aus Z 5 erhobene Beschwerdevorbringen erschöpft sich darin, diesen Erwägungen auf großteils aktenfremden Behauptungen (etwa zur Gestaltung von Ausdrucken von E‑Mails, zur Abspeicherung von per E‑Mail übermittelten Daten, zur Verwendung eines „Tor‑Browsers“, zu allgemeinen Gepflogenheiten im Zusammenhang mit Barabhebungen und zur Prüfung der Kreditunterlagen) basierende eigene Auffassungen und Schlussfolgerungen gegenüberzustellen. Solcherart wird bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft (RIS‑Justiz RS0099455).
Darüber hinaus beziehen sich die Ausführungen nur auf einzelne Aspekte der vorstehend angeführten tatrichterlichen Überlegungen, die je für sich erkennbar keine notwendige Bedingung der Feststellung entscheidender Tatsachen darstellen, sondern erst in einer Gesamtschau dazu führen, und damit einer Anfechtung aus Z 5 entzogen sind (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410; RIS‑Justiz RS0116737).
Soweit die Rüge (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) Konstatierungen zur „gesamten Kreditentwicklung“ und zu den „bis Juni 2014 laufend“ erfolgten Tilgungen vermisst, legt sie nicht dar, weshalb solche ungeachtet der Urteilsannahmen zur Nichtexistenz der angeblichen Kreditnehmer und der fehlenden Einbringlichkeit zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme (US 6 ff, 16) zu treffen gewesen wären (RIS‑Justiz RS0116569; vgl im Übrigen Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 91 und 100, Kirchbacher/Presslauer in WK2 StGB § 153 Rz 41; RIS‑Justiz RS0128771, RS0094836 [T4 ff], RS0126620).
Die Ableitung der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit aus dem objektiven Täterverhalten, vor allem den wiederholten Barbehebungen über mehrere Jahre und der angespannten finanziellen Situation des Angeklagten (US 15) ist – dem weiteren Beschwerdestandpunkt zuwider – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671).
Mit (im Übrigen bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik übenden) Einwänden (nominell Z 5) gegen die Überzeugung der Tatrichter, der Angeklagte habe bereits „beim Abschluss des Kreditvertrags für Paola A***** den Abschluss der weiteren Kreditverträge geplant“ (US 15), spricht die Beschwerde keine für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an. Soweit damit zum Schuldspruch A das Vorliegen der Voraussetzungen des § 70 Abs 1 Z 2 StGB in Zweifel gezogen werden soll, wird übersehen, dass dem Angeklagten insoweit mehr als zwei selbständige schwere (§ 147 Abs 2 StGB) Betrugstaten zur Last gelegt wurden (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB), womit die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB – mit Blick auf die nach § 29 StGB gebildete Subsumtionseinheit – unabhängig von der kritisierten Feststellung zu Recht erfolgte.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch B orientiert sich nicht am festgestellten Sachverhalt (US 5 bis 11) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581). Mit der Behauptung, selbst von einer als Ingo M***** auftretenden Person getäuscht worden zu sein, bekämpft sie vielmehr ein weiteres Mal unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung. Weshalb „Bereicherungsvorsatz“ Voraussetzung für die Subsumtion nach § 153 StGB sein sollte (RIS‑Justiz RS0095455), wird im Übrigen nicht erklärt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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